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Sorbische Sprache

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Sorbisch (serbšćina)

Gesprochen in

Deutschland ; geringe Sprecheranzahl in den USA und in Australien
Sprecher ca. 20.000-30.000
Linguistische
Klassifikation
Offizieller Status
Amtssprache in Brandenburg und Sachsen (regional)
Sprachcodes
ISO 639-1

ISO 639-2 (B) wen (beide sorbischen Sprachen)
hsb (obersorbisch)
dsb (niedersorbisch)
(T) –

Die beiden sorbischen Sprachen (auch Wendisch genannt, obersorbisch serbšćina, serbska rěč [riətʃ], niedersorbisch serbšćina, serbska rěc [riəts]) gehören zur Gruppe der westslawischen Sprachen. Man unterscheidet zwei Schriftsprachen, die wiederum in mehrere Dialekte zu untergliedern sind:

Geschichte des Sorbischen

Zweisprachiges Titelblatt der ersten vollständigen Bibelübersetzung in obersorbischer Sprache

Die Geschichte des Sorbischen in Deutschland nahm mit der Völkerwanderung (etwa seit dem 6. Jahrhundert) ihren Anfang. Seit dem 12. Jahrhundert, mit dem massenhaften Zuzug von bäuerlichen germanischen bzw. deutschen Siedlern aus Flandern, Sachsen, Thüringen und Franken und der vorangegangenen Verwüstung des Landes durch kriegerische Handlungen begann der langsame Rückgang der sorbischen Sprache.

Hinzu kam, dass das Sorbische eine rechtlich untergeordnete Stellung gegenüber dem Deutschen bekam, die u.a. im Sachsenspiegel festgeschrieben wurde. Später kamen Sprachverbote hinzu: 1293 wurde das Sorbische in Bernburg (Saale) vor Gericht verboten, 1327 in Altenburg, Zwickau und Leipzig, 1424 in Meißen. Weiterhin gab es in vielen Zünften der Städte des Gebietes die Maßgabe, nur Mitglieder deutschsprachiger Herkunft aufzunehmen.

Das Kerngebiet der Milzener und Lusizer, zwei der etwa 20 sorbischen Stämme, die im Gebiet der heutigen Lausitz lebten, war von deutschsprachiger Neusiedlung und rechtlichen Beschränkungen relativ wenig betroffen. Die Sprache hatte daher dort einen guten Halt. Die Sprecherzahl wuchs dort bis in das 17. Jahrhundert zu über 300.000 Sprechern an.

Das älteste schriftlich überlieferte Sprachdenkmal des Obersorbischen ist der „Burger Eydt Wendisch”, ein Bürgereid der Stadt Bautzen aus dem Jahr 1532.

Sorben in Deutschland

Insgesamt leben in Deutschland ca. 60.000 Sorben, davon ca. 40.000 in Sachsen und ca. 20.000 in Brandenburg. Somit sind die sorbischen Sprachen nach dem Dänischen und noch vor dem Friesischen zweitgrößte Minderheitensprache Deutschlands. Da die Nationalitätenzugehörigkeit in Deutschland nicht amtlich erfasst wird und das Bekenntnis zur sorbischen Nationalität frei ist, gibt es darüber nur Schätzungen. Die Zahl der aktiven Sprecher dürfte wesentlich geringer liegen. Anders als das Obersorbische gilt das Niedersorbische als akut vom Aussterben bedroht. Hochrechnungen zur Folge sprechen etwa 7.000 Menschen Niedersorbisch (welches bereits in 20–30 Jahren aussterben könnte) und circa 13.000 Obersorbisch. Nach Ansicht von Sprachexperten wird das Obersorbische im 21. Jahrhundert nicht aussterben. Für die noch fernere Zukunft lassen sich keine verlässlichen Voraussagen treffen.

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Grammatik

Die obersorbische Grammatik kennt sieben Fälle:

  1. Nominativ
  2. Genitiv
  3. Dativ
  4. Akkusativ
  5. Instrumental
  6. Lokativ
  7. Vokativ
Kasus nan
Vater
štom
Baum
bom
Baum
wokno
Fenster
  Obersorb. Niedersorb. Obersorb. Niedersorb. Obersorb. Niedersorb.
Nom. nan nan štom bom wokno wokno
Gen. nana nana štoma boma wokna wokna
Dat. nanej nanoju štomej bomoju woknu woknoju, woknu
Akk. nana nana štom bom wokno wokno
Instr. z nanom z nanom ze štomom ze bomom z woknom z woknom
Lok. wo nanje wo nanje w štomje w bomje na woknje na woknje
Vok. nano - štomo - - -
Kasus ramjo
Schulter
ramje
Schulter, Achsel
žona
Frau
žeńska1
Frau, Weib
ruka
Hand
  Obersorb. Niedersorb. Obersorb. Niedersorb. Obersorb. Niedersorb.
Nom. ramjo ramje žona žeńska ruka
Gen. ramjenja ramjenja žony žeński, žeńskeje ruki
Dat. ramjenju ramjenjeju, ramjenju žonje žeńsce, žeńskej ruce
Akk. ramjo ramje žonu žeńsku ruku
Instr. z ramjenjom z ramjenim ze žonu ze žeńsku, ze žeńskeju z ruku
Lok. wo ramjenju wo ramjenju wo žonje wo žeńsce, wo žeńskej w ruce

1Die Form žona ist im Niedersorbischen literarisch. Die zweite Deklinationsweise ist adjektivisch wegen der Endung -ska.

Im Niedersorbischen ist der Vokativ nur in einigen erstarrten Formen erhalten.

Bemerkenswert ist, dass es neben Singular und Plural noch den Dual (=Zweizahl) gibt. Singular: ruka ("Hand") Dual: ruce ("zwei Hände") Plural: ruki ("mehr als zwei Hände")

Im Gegensatz zu anderen westslawischen Sprachen (Tschechisch, Slowakisch, Polnisch, Kaschubisch) hat sich in der obersorbischen Schriftsprache und einem Teil der Dialekte bis in die heutige Zeit auch das synthetische Präteritum (Aorist, Imperfekt) erhalten. Auch in der niedersorbischen Schriftsprache war diese Form gebräuchlich, ist aber im Laufe des 20. Jahrhunderts immer seltener geworden und wird heute kaum noch verwendet.

Das Niedersorbische hat dafür aber das Supinum (als Variante des Infinitivs nach Verben der Bewegung) erhalten, z. B. "njok spaś" (ich will nicht schlafen) gegenüber "źi spat" (geh schlafen).

Nicht allzu anspruchsvolle geschriebene Texte des Sorbischen können von Muttersprachlern der westslawischen Sprachen im Allgemeinen verstanden werden.

Sprachvergleich

Deutsch Obersorbisch Niedersorbisch Polabisch Polnisch Tschechisch Slowenisch Russisch Serbisch Kroatisch Ukrainisch Mazedonisch
Mensch čłowjek cłowjek clawak, clôwak człowiek člověk človek человек (čelovék) човек (čovek) čovjek людина (ljudyna) човек (čovek)
Abend wječor wjacor vicer wieczór večer večer вечер (véčer) вече (veče) večer вечір (večir) вечер (večer)
Bruder bratr bratš brot brat bratr brat брат (brat) брат (brat) brat брат (brat) брат (brat)
Tag dźeń źeń dôn dzień den dan день (djeń) дaн (dan) dan день (deń) ден (den)
Hand ruka ruka ręka ręka ruka roka рука (ruká) рука (ruka) ruka рука (ruka) рaка (ruka)
Herbst nazyma nazyma prenja zaima, jisin jesień podzim jesen осень (óseń) jeсен (jesen) jesen осінь (osiń) eсен (esen)
Schnee sněh sněg sneg śnieg sníh sneg снег (sneg) снег (sneg) snijeg сніг (snih) снег (sneg)
Sommer lěćo lěśe let lato léto poletje лето (léto) лето (leto) ljeto літо (lito) лето (leto)
Schwester sotra sotša sestra siostra sestra sestra сестра (sestrá) сестра (sestra) sestra сестра (sestra) сестра (sestra)
Fisch ryba ryba ryba ryba ryba riba рыба (rýba) риба (riba) riba риба (ryba) риба (riba)
Feuer woheń wogeń widin ogień oheň ogenj огонь (ogóń) вaтрa (vatra) vatra вогонь (vohoń) оган (ogan)
Wasser woda wóda wôda woda voda voda вода (vodá) вода (voda) voda вода (voda) вода (voda)
Wind wětr wětš wjôter wiatr vítr veter ветер (véter) ветaр (vetar) vjetar вітер (viter) ветер (veter)
Winter zyma zyma zaima zima zima zima зима (zimá) зима (zima) zima зима (zyma) зима (zima)

Unterschiede zwischen beiden Schriftsprachen

Zwischen den beiden Schriftsprachen Obersorbisch und Niedersorbisch bestehen einige Unterschiede, insbesondere auch beim Alphabet.

Lautliche Unterschiede

Bei den Konsonanten (Mitlauten)

Die beiden Schriftsprachen unterscheiden sich sehr stark bei den Konsonanten.

Obersorb.
b c č d f g h ch j k ł m n ń p (q) r ř s š t ć (v) w (x) z ž
Niedersorb.
b c č ć d f g h ch j k ł m n ń p (q) r ŕ s š ś t (v) w (x) z ž ź
Obersorb. Niedersorb. Beispiele Bedeutung Bemerkungen
h g hora - gora Berg g > h auch im Tschechischen, Slowakischen, Ukrainischen, Weißrussischen und westlichen slowenischen Dialekten.
hołb - gołub Taube
hordy - gjardy stolz
hród - grod Burg
kniha - knigły Buch
hody - gódy Weihnachten
č c čas - cas Zeit č > c wie in polnischen und litauischen Dialekten sowie im Polabischen
čorny - carny schwarz
čert - cart Teufel
česć - cesć Ehre
ličba - licba Zahl
pčołka - pcołka Biene
š s štyri - styri vier š > s im Niedersorbischen
štwórć - stwjerś Viertel
štwórtka - stwórtka Vier
štwórtk - stwórtk Donnerstag
ć ś ćeńki - śańki dünn, zart ć > ś im Niedersorbischen außer hinter Zischlauten
bić - biś schlagen
hić - hyś gehen
puć - puś Weg
ćah - śěg Zug
ćahnyć - śěgnuś ziehen
ćahać - śěgaś
ćim - śim desto
ćichi - śichy still, ruhig
ź dźeń - źeń Tag dź > ź im Niedersorbischen
dźesać - źaseś zehn
hdźe - źo wo
hdźež - źož wo (rel.)
dźowka - źowka Tochter
dźiwy - źiwy wild
dźěło - źěło Arbeit
dźak - źěk Dank
kr, pr, tr kš, pš, tš krasny - kšasny prächtig r > š hinter stimmlosen Konsonanten vor a, o, u im Niedersorbischen
prawy - pšawy recht, richtig
prosba - pšosba Bitte
prec - pšec weg
bratr - bratš Bruder
sotra - sotša Schwester
wutroba - wutšoba Herz
trawa - tšawa Gras
jutry - jatša Ostern
wótry - wótšy scharf
ń j, ' dóńć - dojś hingehen  
nadeńć - nadejś (an)treffen, vorfinden
přeńć - pśejś hinübergehen
přińć - pśiś kommen
rozeńć - rozejś auseinandergehen
woteńć - wótejś weggehen
wuńć - wujś (hin)ausgehen
zańć - zajś vergehen
Bei den Vokalen

Sowohl das Nieder- als auch das Obersorbische verfügen über acht Vokale.

Monophthonge des Obersorbischen
  vorne zentral hinten
oral oral
geschlossen i [i] y [ɨ] u [u]
ó [ʊ]
mittel e [ɛ]   o [ɔ]
offen   a [a]  
Monophthonge des Niedersorbischen
  vorne zentral hinten
oral oral
geschlossen i [i] y [ɨ] ó [ɨ,ʊ] u [u] mittel e [ɛ]   o [ɔ]
offen   a [a]  


Diphthong beider Varitäten
ě []
Obersorb. Niedersorb. Beispiele Bedeutung Bemerkungen
'a ě, e mjaso - měso Fleisch aus Ursl. ę
dźak - źěk Dank
časty - cesty häufig
hladać - glědaś sehen, schauen, blicken
dźesać - źaseś zehn
rjad - rěd Reihe
rjany - rědny schön
swjatki - swětki Pfingsten
'e 'a mjeza - mjaza Rain 'e>'a auch im Polnischen, Weißrussischen und Bulgarischen mit anderen Regeln
čert - cart Teufel
jedyn - jaden ein
dźesać - źaseś zehn
njesć - njasć tragen
pjec - pjac backen; braten
wjeselo - wjaselo Freude
wjes - wjas Dorf
wječor - wjacor Abend
e o hdźe - źo wo e>o im Niedersorbischen
-će - -śo, -ćo (Endung der 3.Person Plural)
ćeta - śota Tante
wčera - cora gestern
i y hić - hyś gehen niedersorbische Verdumpfung von i zu y hinter ž, š, h und c (aus č)
wužiwar - wužywaŕ Benutzer, Anwender
wužiwać - wužywaś benutzen, anwenden
žiwy - žywy lebend(ig)
činić - cyniś machen, tun
šija - šyja Hals
šiška - šyška Zapfen
o 'a pos - pjas Hund aus ursprünglichem ь (vgl.: Polnisch: ie in pies)
o e susod - sused Nachbar e>o im Obersorbischen
so - se sich
žona - žeńska1 Frau
won - wen hinaus
y e, ě cyły - ceły ganz, gesamt, völlig  
cyłosć - cełosć Ganzheit, Gesamtheit
dyrbjeć - derbiś, derbjeś müssen, sollen
chcyć - kśěś wollen
cypy - cepy Dreschflegel
cyn - cen Zinn
cyrkej - cerkwja (cerkwej) Kirche
dyrić - deriś Schlag/Stoß versetzen
łu tołsty - tłusty dick, stark aus ьl bzw. ъl nach hartem Dental
dołhi - dłujki lang
dołh - dług Schuld
stołp - słup Säule
or ar (jar nach g/k) hordy - gjardy stolz aus ursprünglichem ъr
horbaty - gjarbaty bucklig
horb - gjarba Buckel
hordło - gjardło Kropf; Kehle
hornc - gjarnc Topf
or ar čorny - carny schwarz aus ursprünglichem ьr vor harten Konsonanten, sonst einheitlich er (in: smjerć - smjerś "Tod")
  • 1 Die Variante žona wie im Obersorbischen ist literarisch.

Unterschiedliche Silbenzahl

Bei einigen Wörtern unterscheidet sich die Anzahl der Silben, weil das Obersorbische hier verkürzt hat, ähnlich wie Tschechisch.

Obersorb. Niedersorb. Bedeutung
stać stojaś stehen
přećel pśijaśel Freund
horcy górucy heiß
kobła kobyła Stute
kelko keliko, kelko (arch.)1 wieviel
korto kóryto Trog
kotry kótary welcher
  • 1 Die übliche Form ist (kak) wjele.

Unterschiede in der Deklination

  • Obersorb. 7 Fälle - Niedersorb. 6 Fälle
  • Unterschiede bei der Kasusrektion
Obersorb. Niedersorb. Bedeutung
mam dweju bratrow, konjej mam dweju bratšowu, konjowu "ich habe zwei Brüder/Pferde"
mam třoch bratrow, konje mam tśoch bratšow, koni "ich habe drei Brüder/Pferde"
mam bratrow, konje mam bratšy, konje "ich habe Brüder/Pferde"
Unterschiedliches Genus
Obersorb. Niedersorb. Bedeutung Kommentare
huso (n) gus (f) Gans
  • f = Femininum/weiblich,
  • m = Maskulinum/männlich,
  • n = Neutrum/sächlich
swinjo (n) swinja (f) Schwein
jězor (m) jazoro (n), jazor (m) See
karp (m) karpa (f) Karpfen
lěs (m) lěso (n), lěs (m) Wald, Forst / Laubwald

Unterschiede in der Konjugation

Obersorb. Niedersorb. Kommentare
Bewahrung von Aorist, Imperfekt In der Schriftsprache
a-, i-, e-Konjugation o-, a-, i-, j-Konjugation1
  • 1Die perfektiven Verben der a- und i-Konjugationen bilden ihre Präsensformen heute meistens nach der o-Konjugation.

Unterschiede im Wortschatz

Obersorb. Niedersorb. Bedeutung
swoboda lichota "Freiheit"
swobodny lichy "frei"
chěža wjaža "Haus"
prajić groniś "sagen, sprechen"
patoržica gwězdka Weihnachtsabend, Heiligabend
zo dass
sewjer pódpołnoc Norden
juh pódpołdnjo Süden
wuchod pódzajtšo Osten
zapad pódwjacor Westen
wopica nałpa Affe
běrna kulka1 Kartoffel
što, čo2 co was
dyrbjeć musaś3, dejaś müssen, sollen
hač4 ako5 als (bei Steigerung)
jara wjelgin sehr
całta guska Brötchen
haj jo ja
holca źowćo Mädchen
štom bom6 Baum
palc wjeliki palc Daumen
palc Zehe
porst palc Finger
  • 1 Bedeutet auch: Kugel; Kloß.
  • 2 Diese Variante steht nur nach einer Präposition.
  • 3 Bedeutet nur: müssen.
  • 4 Bedeutet auch: bis (vor allem vor do); ob
  • 5 Bedeutet auch: als (bei Attributen); der, die, das (Relativpronomen), wie
  • 6 Nach Starosta hat štom die Bedeutung Baum nur im Dialekt, sonst bedeutet es Baumstamm.

Gemeinsamkeiten

Lautliche Gemeinsamkeiten

Konsonantische Parallelen

Ursl. Sorb. Beispiele Bedeutung Kommentare
str tr/tř - tš/tś sotra - sotša Schwester Verlust des s; sehr viele Ausnahmen
tradać - tšadaś darben, schmachten
truhać - tšuhaś hobeln, raspeln
truk - tšuk Schote
třěcha - tśěcha (stśěcha) Dach
truna - tšuna Saite
trup - tšup Grind, Schorf

Vokalische Parallelen

Veränderung Obersorb. Niedersorb. Bedeutung Kommentare
e > o wječor wjacor Abend vgl. Rus.: вечер, Tschech.: večer
čłon cłonk Glied, Mitglied vgl. Rus.: член
daloko weit, fern vgl. Pl.: daleko, Rus.: далеко, Kr.: daleko
wjesoły wjasoły froh, fröhlich, heiter vg.: Rus.: весёлый, Kr.: veseo, vesela
pjećory pěśory fünffach vgl.: Rus.: пятеро, Kr.: petero
pčoła pcoła Biene vgl.: Rus.: пчела, Kr.: pčela
sotra sotša Schwester vgl.: Rus.: сестра, Kr.: sestra
i > y1 zyma zymje Winter vgl. Tschech.: zima
nazyma nazymje Winter
kazyć kazyś verderben vgl.: Pl.: kazić, Tschech.: kaziti, Slvk.: kazit'
ǫ > u2 ruka Arm, Hand vgl.: Pl.: ręka, Kaschub.: rąka
wutroba wutšoba Herz vgl.: Pl.: wątroba "Leber"
mudry klug vlg.: Pl.: mądry
huso gus Gans vgl.: Pl.: gęś
pucher puchoŕ Blase; Harnblase vlg.: Pl.: pęcherz
pupk Nabel vgl.: Pl.: pępek
huba guba Mund vgl.: Pl.: gęba
el > ło3 žłob Rinne; Trog vgl.: Slvk.: žleb (žl'ab), Slov.: žleb, Kr.: žlijeb
młoko Milch vgl.: Tschech.: mleko, Kr.: mlijeko
er > re/rě/rje4 drjewo Holz vgl.: Kr.: drvo, Pl.: drzewo, Tsch.: dřevo, Slvk.: drevo
ol > ło5 złoto Gold vgl.: Pl.: złoto; Tschech./Slvk.: zlato, Blg.: злато
słód słod Geschmack; Süße; Malz vgl.: Pl.: słód; Tschech./Slvk.: slad, Kr.: slâd
hłowa głowa Kopf vgl.: Pl.: głowa; Tschech./Slvk.: hláva, Kr.: gláva
słoma Stroh vgl.: Pl.: słoma; Tschech.: sláma, Kr.: slama
młody jung vgl.: Pl.: młody; Tschech.: mlády, Kr.: mlad
or > ro6 hród grod Burg; Schloß vgl.: Pl.: gród; Tschech.: hrad, Kr./Slov.: grâd
mróz mroz Frost vgl.: Pl.: mróz; Tschech./Slvk.: mráz, Kr.: mraz
  • 1 Im Niedersorbischen fand diese Veränderung auch hinter h, ž, š, c (aus č) statt.
  • 2 Die gleiche Veränderung fand im Ostslawischen, im Tschechischen, im Slowakischen, im Kroatischen, im Bosnischen und Serbischen statt. Das Slowenische hat den Nasalvokal zu o verändert.
  • 3 Zwischen Konsonanten. Im Polnischen entstand hier ebenfalls ło, teilweise aber auch łó; Tschechisch, Slowakisch und Slowenisch haben hier le; Kroatisch und Serbisch haben le und lije; Bulgarisch hat hier ле [le] oder ля [lja]; die Ostslawischen Sprachen haben hier оло [olo].
  • 4 Im Niedersorbischen hat sich diese Lautung teilweise zu r(j)a weiterverändert; z.B. brjaza "Birke".
  • 5 Die gleiche Entwicklung hat auch das Polnischen durchlaufen. Im Russischen hat sich diese Lautfolge zu оло [olo] entwickelt.
  • 6 Die Entwicklung im Polnischen ist ähnlich, während im Russischen hier оро [oro] entstanden ist.

Grammatische Gemeinsamkeiten

  • Bewahrung des Duals
  • Betonung auf der ersten Silbe
  • Weitgehende Verallgemeinerung des Genitiv Plural der Substantive auf -ow

Literatur

  • Filip Rezak: Deutsch-sorbisches enzyklopädisches Wörterbuch der Oberlausitzer sorbischen Sprache. Fotomechanischer Neudruck der Ausgabe Bautzen 1920, 1. Auflage. Mit einem Vorwort von Konstantin K. Trofimowic. Bautzen: Domowina-Verlag, 1987, 1150 S., ISBN 3-7420-0183-3
  • Bjarnat Rachel: Sorbisch-deutsches und deutsch-sorbisches Ortsnamenverzeichnis der zweisprachigen Kreise. I. Teil: Bezirk Dresden. Bautzen, VEB Domowina, 1959, 135 Seiten
  • Lehrplan für Sorbisch an der Oberschule mit Sorbischunterricht. Berlin: Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik, Ministerium für Volksbildung. Teil 4/6: Klassen 4-6, 1972, 93 S.
  • Begegnungssprache Sorbisch. Bautzen: Domowina-Verlag, 1999

Siehe auch

Quellen

  • Słownik Hornjoserbsko-němski, Bautzen 1990, ISBN 3-7420-0419-0
  • Słownik Němsko-hornjoserbski, Bautzen 1986
  • Jana Šołćina, Edward Wornar: Obersorbisch im Selbststudium, Hornjoserbšćina za samostudij, Bautzen 2000, ISBN 3-7420-1779-9
  • Иржи Мудра, Ян Петр: учебник верхне-лужицкого языка, Bautzen 1983, Seite 159
  • Manfred Starosta: Dolnoserbsko-nimski słownik, Bautzen 1999, ISBN 3-7420-1096-4
  • Erwin Hannusch: Niedersorbisch praktisch und verständlich, Bautzen 1998, ISBN 3-7420-1667-9
  • Herbert Bräuer: Slavische Sprachwissenschaft, Band I, Berlin 1961, Seite 59, 80, 136
  • Фасмер: Этимологический словарь русского языка, Band III, Beispiele über str>tr/tš, Seiten 770-784

Vorlage:Slawische Sprachen