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Kluger Hans

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Der Kluge Hans war ein Pferd, welches angeblich rechnen und zählen konnte. In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg erregte der Schulmeister und Mathematiklehrer von Osten mit Hans' einzigartigem Können erhebliches Interesse.

Wissenschaftliche Sensation oder Betrug?

Datei:CleverHans.jpeg
Vorstellung des Klugen Hans

Hans beantwortete die Aufgaben seines „Lehrers“ mit dem Klopfen eines Hufes oder durch Nicken/Schütteln des Kopfes. Derart konnte Hans arithmetische Aufgaben lösen, ferner auch buchstabieren und Gegenstände oder Personen abzählen.

Schließlich wurde im September 1904 tatsächlich eine 13-köpfige wissenschaftliche Kommission unter Leitung von Carl Stumpf, einem Philosophie-Professor und Mitglied der Preußischen Akademie, aus der deutschen Reichshauptstadt eingesetzt, um dem Phänomen auf den Grund zu kommen.

Natürlich wurde ein Trick oder Betrug seitens des Mathematiklehrers vermutet, das Pferd beantwortete Aufgaben aber auch richtig, wenn ein Fremder die Fragen stellte und von Osten abwesend war.

Endlich löste Oskar Pfungst, der zu dieser Zeit noch Student von Stumpf war, das Rätsel: Hans beherrschte zwar nicht die Mathematik, konnte dafür feinste Nuancen in Gesichtsausdruck und Körpersprache seines menschlichen Gegenübers deuten. Unwillkürlich nahmen die Fragesteller vor dem entscheidenden „korrekten“ Hufklopfen des Pferdes eine gespannte Haltung ein, nach der „richtigen Antwort“ drückten sie mit ihrer Körpersprache unbeabsichtigt Signale der Erleichterung aus, die „der Kluge Hans“ in etwa 90 Prozent aller Fälle wahrnahm. Dies funktionierte natürlich nur, wenn der Fragesteller die Antwort auch selbst wusste.

Folgen für die Wissenschaft

Der sogenannte „Kluge-Hans-Effekt“ ging als wichtige Erkenntnis – nicht nur der Tierpsychologie – in die Wissenschaftsgeschichte ein, er verhalf der experimentellen Psychologie zum Durchbruch. Der Effekt kann durch Verwendung des Forschungsdesigns der sogenannten Doppelblindstudie oder von „unaufdringlichen Messungen“ vermieden werden. Auch in die Sozialforschung ist der „Kluge-Hans-Effekt“ als Reaktivität (des Befragten auf Verhalten, Äußeres und unterstellte Werthaltungen des Befragers sowie auf die Situation des Interviews, vgl. Interviewereffekt) eingegangen.

Folgen für den „Klugen Hans“

Die Spur des Pferdes, das einst „der Kluge Hans“ genannt wurde, verliert sich auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs.

siehe auch

Zahlenverständnis bei Tieren

Literatur

  • Oskar Pfungst: Der Kluge Hans: Ein Beitrag zur nichtverbalen Kommunikation. Frankfurt am Main, 3. Auflage 1983, Frankfurter Fachbuchhandlung für Psychologie (Neuauflage des Originals von 1907)
  • Helmut E. Lück, Rudolf Miller: Illustrierte Geschichte der Psychologie 2005 Beltz Verlag, Weinheim und Basel Vorlage:Link FA