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Disputation von Barcelona

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Die Disputation von Barcelona, (katalanisch Disputa de Barcelona) fand vom 20. Juli 1263 einem Freitag (in den Schabbat hinein) bis zum 24. Juli 1263 einem Dienstag in Barcelona, im Palau reial major[1], statt.

Das Streitgespräch präsentierte sich als eine formale, geordnete mittelalterliche Disputation zwischen Vertretern des Christentums und des Judentums. Inhalt des Streitgespäches war die Frage, ob Jesus der jüdische Messias sei. Sie fand im königlichen Palast (katalanisch Palau reial major) von König Jakob I. von Aragon in Anwesenheit des Königs, seines Hofes und vieler prominenter kirchlicher Würdenträger und Ritter zwischen dem Dominikanermönch Pau Cristià, einem Konvertiten vom Judentum zum Christentum, und Nachmanides, einem führenden jüdischen Gelehrten, Philosophen, Arzt, Kabbalisten und Bibelkommentator seiner Zeit statt.

Im Mittelalter kam es zu zahlreichen geordneten Disputationen zwischen Christen und Juden. Sie waren mit Talmudverbrennungen, Judenverbrennungen auf dem Scheiterhaufen und antijüdischen Pogromen verbunden. In Barcelona wurde Juden und Christen eine gewisse Freiheit gewährt ihre Argumente so vorzutragen, wie sie wollten – eine Freiheit, die Juden insbesondere späterhin in ähnlichen Disputationen nicht mehr zugestanden wurde.

Palau reial major, Saal im Königspalast, der Ort der Disputation von 1263 (Museu d’Història de Barcelona MUHBA

Historischer Hintergrund und Durchführung

Die angeordnete Disputation wurde von Raymond de Penyafort organisiert, einem bedeutenden Kanonist und dritten Ordensmeister der Dominikaner sowie Beichtvater von Jakob I.

Christiani hatte zu den Juden der Provence gepredigt. Christiani versicherte dem König, er könne die Wahrheit des Christentums anhand des Talmuds und anderer rabbinischer Schriften beweisen. Raymundus Martinus ein katalanischer Dominikaner, der als Zensor für jüdische Literatur wirkte nahm ebenfalls teil.

Nachmanides kam dem Befehl des Königs nach, verlangte jedoch, dass ihm völlige Redefreiheit gewährt werden müsse.

Nachempfundener Ramban-Disput in der Dauerausstellung im ANU – Museum des Jüdischen Volkes auf dem Campus der Universität Tel Aviv

Die Disputation fand vor dem königlichen Gericht des Königs Jakob von Aragon statt, der dem jüdischen Sprecher Nachmanides Redefreiheit garantierte und durchsetzte. Dies führte zu einer echten Konfrontation zwischen Christentum und Judentum, in der sich grundlegende Unterschiede zwischen den beiden Religionen konturierten.[2][3]

Zusammenfassend wurden folgende Themen besprochen und es sollte geklärt werden:

  • ob der Messias bereits gekommen sei;
  • ob der Messias derselbe Gott war, der von der Jungfrau Maria geboren wurde;
  • inwieweit sich die Juden an die Tora hielten;
  • Maimonides Position zu einer Überlegenheit der Philosophie über die Religion.

Pau Cristià erklärte, das Ziel der Disputation sei es gewesen, zu beweisen, dass die rabbinischen Texte selbst, somit die Autoritäten der Juden selbst, darauf hinwiesen, dass der Messias bereits gekommen sei. Er versuchte, seine These anhand homiletischer Passagen zu beweisen. Nachmanides wiederum brachte eine Reihe von Gegenargumenten vor, die jedoch von christlicher Seite zurückgewiesen wurden.[4]

Quellen

Über den Verlauf der Disputation existieren zwei Aufzeichnungen, eine lateinische Zusammenfassung, die kurz nach dem Ereignis von einem anonymen Geistlichen verfasst wurde sowie einen ausführlichen Bericht von Nachmanides, der auf Anregung des Bischofs von Girona, Pere de Castellnou (1254–1279), gegen Ende 1264 oder Anfang 1265 verfasst worden ist (publiziert im Sefer Ṿikuaḥ ha-Ramban[5]), also eineinhalb Jahre nach der Disputation. Bei Quellen sahen im Disput ihre Partei begünstigt. Der lateinische Bericht endet mit den Worten über Nachmanides: „Somit ist klar, dass er seinen Irrglauben nicht verteidigen darf und kann.“ Im Gegensatz dazu berichtet Nachmanides, dass der König am Ende der letzten Sitzung nicht anders konnte, als seine Bewunderung für ihn auszudrücken, indem er ausrief: „Nie habe ich einen Mann im Unrecht gesehen, der seinen Fall so hervorragend vertritt wie Sie.“[6]

Folgen

Im März 1264 wurde Raymundus Martinus zusammen mit dem Bischof von Barcelona, Raymond von Penyafort, beides Teilnehmer an der Disputation sowie zwei weiteren Dominikanern, Arnau de Segarra[7] und Pere Gener, beauftragt, die hebräischen Manuskripte und Bücher zu prüfen, die ihnen die Juden auf Befehl des Königs vorlegen mussten, um Passagen zu streichen, die als anstößig für die christliche Religion erachtet wurden. Dies ist der erste Fall dominikanischer Zensur des Talmud in Spanien.

Als Folge der Veröffentlichung über die Disputation zwang Jakob I. auf Druck der Dominikaner hin Nachmanides, Aragon zu verlassen und sollte nie wieder zurückzukehren dürfen. Im Jahre 1267 ließ er sich in das mamlukische Palästina nieder. Dort gründete er in der Altstadt von Jerusalem eine Synagoge, die Ramban-Synagoge.[8]

  • Andrea Livnat: Die Zwangsdisputation von Barcelona 1263: Argumentationsstrategien im christlich-jüdischen „Dialog“. haGalil. Jüdisches Leben online, 18. September 2006, auf hagalil.com [8]
  • Andrea Livnat: Die Zwangsdisputation von Barcelona 1263: Der Verlauf der Disputation. haGalil. Jüdisches Leben online, 28. September 2006, auf hagalil.com [9]
  • The Disputation of Barcelona (1263). Report of Moses Nahmanides, translated from Hebrew, and Anonymous Report, translated from Latin, auf Wayback Machine medspains.stanford.edu medspains.stanford.edu (Memento vom 7. September 2006 im Internet Archive)Vorlage:Webarchiv/Wartung/Linktext_fehlt

Literatur

  • Cecil Roth: The Disputation of Barcelona (1263). The Harvard Theological Review, Vol. 43, No. 2 (Apr., 1950), S. 117–144

Einzelnachweise

  1. siehe hierzu Plaça del Rei
  2. Richard Gottheil, Kaufmann Kohler: Disputations. Jewish Encyclopedia, auf jewishencyclopedia.com [1] Abschnitt: Paris and Barcelona.
  3. Jewish Catalonia a journey to the lands of Edom. Generalitat de Catalunya, Departament d’Innovació, Universitats i Empresa, ISBN 978-84-393-8179-2, auf empresa.gencat.cat [2] S. 24
  4. Disputation of Barcelona (July 20–24, 1263). Jewish Virtual Library, auf jewishvirtuallibrary.org [3]
  5. Nachmanides, Moses: Sefer Ṿikuaḥ ha-Ramban. Standort München, Bayerische Staatsbibliothek, A.hebr. 596,33, auf digitale-sammlungen.de [4]
  6. Andrea Livnat: Die Zwangsdisputation von Barcelona 1263: Argumentationsstrategien im christlich-jüdischen „Dialog“. haGalil. Jüdisches Leben online, 18. September 2006, auf hagalil.com [5]
  7. Arnau de Segarra (Barcelona, aprox. 1210 — Barcelona, aprox. 1270). Diccionaris de l`Enciclopèdia, auf enciclopedia.cat [6]
  8. Larry Domnitch: The Ramban Synagogue; Hope Amidst Despair. April 1999 Edition of the Jewish Magazine, auf jewishmag.com [7]