Semmeringbahn

Die Semmeringbahn ist eine Teilstrecke der Südbahn in Österreich. Sie verläuft von Gloggnitz über den Semmering nach Mürzzuschlag. Sie war die erste normalspurige Gebirgsbahn Europas und wurde 1854 eröffnet. Strecke und Lokomotivbau der Semmeringbahn gelten als Meilensteine der Eisenbahngeschichte. Seit 1998 ist sie UNESCO-Weltkulturerbe.
Streckenführung und technische Eckdaten
Die Semmeringbahn hat eine Streckenlänge von 41 km, wobei die Entfernung der beiden Endpunkte in der Luftlinie nur 21 km beträgt. Sie überwindet eine Höhendifferenz von 459 m, der Scheitelpunkt liegt auf 898 m ü. A.. Der Streckenverlauf wird von 14 Tunneln (darunter mit 1.434 m der alte und mit 1.512 m der neue Semmeringtunnel), 16 Viadukten (mehrere davon zweistöckig) und über 100 gewölbten steinernen Brücken und Durchlässen geprägt. Auf fast 60 % der Gesamtlänge beträgt die Steigung mindestens 20 ‰, mit Höchstwerten von 28 ‰. Die Strecke verläuft nur zur Hälfte gerade (22,4 km), zur anderen Hälfte (20,4 km) in Bögen, wobei 16 % der Strecke den engsten Bogenradius von 190 m aufweisen. Der größte Teil der Strecke führt Berghänge entlang, Seitentäler werden mit Viadukten überbrückt.
Streckenverlauf



Kunstbauten | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Geschichte

Vorgeschichte
Bis ins 12. Jh. war der Pass über den Semmering recht bedeutungslos, da die Kaufleute das unwegsame Gebiet mieden und den Bergen weiter östlich auswichen. Erst danach entstand ein Pfad. 1728 ließ Kaiser Karl VI. eine steile Straße mit Steigungen bis zu 17 % errichten.
Da diese Straße den Verkehrsbedürfnissen des 19. Jahrhunderts nicht mehr entsprach, wollte bereits Erzherzog Johann die Bahn von Wien nach Triest nicht über Ungarn, sondern über den Semmering bauen. Auf niederösterreichischer Seite bestand bereits die Strecke bis Gloggnitz (1842), auf steirischer Seite bis Mürzzuschlag (1844). Die Endpunkte der beiden Strecken waren durch eine 1841 gebaute Straße verbunden, auf der alle Güter mit Pferdegespannen von bis zu zwölf Pferden über den Pass transportiert wurden.
Planung

Der Bau einer Schienenverbindung über das Gebirge war also erforderlich. Allerdings war damals umstritten, ob er technisch möglich sei.
Carl Ritter von Ghega wurde 1841 Baudirektionsadjunkt und mit dem Auftrag, die Semmeringquerung zu planen. Dazu reiste er 1842 nach Großbritannien und in die Vereinigten Staaten. Aufgrund der dort gewonnenen Erkenntnisse projektierte er drei verschiedene Varianten, die er dem damaligen Generaldirektor der Staatsbahnen, Hermenegild Ritter von Francesconi, vorlegte.
Diese drei Varianten waren:
- südlich des Schottwiener Tales, wo heute die Trasse der Semmering Schnellstraße S6 verläuft,
- eine Steilrampe mit maximal 36 ‰ Steigung und
- die schließlich ausgeführte Variante.
Ritter von Ghega musste auch andere eingereichte Projekte beurteilen, die längere Tunnel vorsahen.
Technische Schwierigkeiten
In Frage kamen damals nur Tunnelbauten mit geringer Gebirgsüberdeckungen. Beim Bau längerer Tunnel war es noch notwendig, in Abständen senkrechte Schächte abzuteufen, damit der Bau nicht nur von den beiden Enden, sondern auch über diese Angriffe vorgetrieben werden konnte. Tunnel wurden noch von Hand bergmännisch vorangetrieben, da es noch keinen dafür geeigneten Sprengstoff, etwa Dynamit, gab. Der Tunnelbau war zum Teil sehr risikobehaftet: Der Weinzettlwand-Tunnel musste nach einem Felssturz, bei dem 14 Bergleute den Tod fanden, neu trassiert werden.
Die Strecke wurde geplant, als es für die vorgesehenen Steigungen noch keine geeigneten Lokomotiven für den Adhäsionsbetrieb gab. Ritter von Ghega entwickelte den schließlich eingesetzten Lokomotivtyp selbst und setzte dazu erst kurz zuvor entwickelte neueste Technologien ein. Er setzte sich damit gegen seine Gegner durch, die eine solche Strecke nur als Zahnradbahn oder mit Seilzügen für durchführbar hielten.
Gegner des Projekts
Von den Gegnern des Projekts (allen voran die Ingenieurs- und Architektenkammer) wurde das Seilebenenprinzip favorisiert, das in etwa den heutigen Standseilbahnen entspricht. Diese Technik wurde bis dahin durchgängig verwendet, um größere Steigungen zu überwinden und stellte den damaligen Stand der Technik dar.
Bau

Unter dem Eindruck der Märzrevolution von 1848 und um die Arbeitslosigkeit zu mildern, wurde verhältnismäßig schnell, bereits im Sommer 1848, mit den Bauarbeiten an beiden Streckenenden, von Gloggnitz und von Mürzzuschlag, aus begonnen. Strecke, Kunstbauten, Streckenaufsichtsbauten und Bahnhöfe wurden gleichzeitig angelegt, vielfach aus dem Ausbruchmaterial der Tunnel errichtet. Das aus der Landschaft gewonnene Material wurde so unmittelbar zu ihrer baulichen Gestaltung verwendet, Stahlkonstruktionen wurden hingegen kaum verwendet.
Ein großes Problem beim Bau der Strecke war die Tatsache, dass die Trasse mit den damaligen Mitteln nicht in der notwendigen Präzision vermessen werden konnte. Neue Instrumente und Vermessungstechniken mussten erst entwickelt werden. Das Steigungsverhältnis von bis zu 28 ‰ (= mehr als ein Meter Höhenunterschied auf 40 m Streckenlänge) und der minimale Kurvenradius von 190 m waren neu.
Die Tunnel- und Viaduktbauten der Strecken wurden von 20.000 Arbeitern, darunter ein Drittel Frauen, in sechs Jahren errichtet und stellten für die damalige Zeit sowohl in technischer als auch in organisatorischer Hinsicht eine Großleistung dar. 89 Menschen starben bei Arbeitsunfällen, mehrere hundert an den in den Arbeiterunterkünften grassierenden Krankheiten wie der Cholera.
Eröffnung
Die Bauarbeiten wurden 1854 abgeschlossen. Schon am 23. Oktober 1853 fuhr die erste Lokomotive über die Strecke Mürzzuschlag-Payerbach. Kurz darauf war der Schienenstrang durchgehend befahrbar. Am 16. Mai 1854 befuhr Kaiser Franz Josef gemeinsam mit Ritter von Ghega die Strecke. Am 17. Juli 1854 wurde sie für den Personenverkehr freigegeben. Da sie aber nur ein Teil der gesamten Südbahn war, wurde sie nie feierlich eröffnet.
Betrieb

Während an der Strecke kaum Instandhaltungen notwendig waren, machte vor allem dem Scheiteltunnel das Wasser schon um die Jahrhundertwende zu schaffen. So sollten Holztore den Tunnel vor eindringendem und dann gefrierendem Bergwasser schützen und es wurde versucht, den Tunnel mit Gasbrennern trocknen zu halten.
Zur Zeit des Baus bestanden nur geringe Erfahrungen hinsichtlich der Fahrdynamik von Eisenbahnen. Deshalb - und um Baukosten zu sparen - wurden die Viadukte als Kreisbögen errichtet. Dies hat den Nachteil, dass darüber fahrende Züge seitliche Fliehkräfte auf die Viadukte ausüben und diese dadurch stark beanspruchen. Eine Ergänzung stellten deshalb zusätzliche Stützpfeiler am Adlitzgrabenviadukt dar, weil der Viadukt abzusinken drohte. Dies war die einzige Nachbesserung an der Strecke, die noch zu Ritter von Ghegas Lebzeiten ausgeführt wurde.

Im Lauf der Jahrzehnte wuchs die Belastung der Strecke stetig. War sie anfangs nur für den Personenverkehr zugelassen, folgte im Jahr 1868 der Güterverkehr. Besonders gelitten hat die Strecke in der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Während einerseits keine Mittel für die Instandhaltung zur Verfügung standen, fuhren Kohlezüge mit bis zu 900 t Gesamtgewicht und drei Loks über den Pass. Während des Jugoslawienfeldzuges wurden täglich mehr als 75.000 t transportiert.
Im Jahr 1949 begann man für den Scheiteltunnel eine zweite, eingleisige Röhre zu errichten, die teilweise bis zu 100 m vom alten Tunnel entfernt angelegt wurde. An den Tunnelausgängen laufen die Trassen wieder zusammen. Der neue Tunnel hat eine Länge von 1.512 m. Die alte Röhre, 1.434 m lang, erhielt eine neue Auskleidung und wurde auf ein Gleis reduziert.
Zur Zeit der Dampflokomotiven, die mit besonders viel Kohle befeuert wurden, kam es in den Sommermonaten oft zu verheerenden Waldbränden entlang der Strecke. Heute werden Bahndammbrände vor allem durch Funkenflug bei Bremsvorgängen aufgrund des starken Gefälles sowie bei Wartungsarbeiten hervorgerufen (hier vor allem am Eichberg). Von 1956 bis 1959 wurde die Semmeringbahn schrittweise elektrifiziert.
Rollendes Material

Zur Entwicklung von Lokomotiven, die die Steigungen der Semmeringbahn bewältigen konnten, wurden Ingenieurwettbewerbe ausgeschrieben, bei denen auch recht abenteuerliche Konstruktionen vorgeschlagen wurden. Der im Jahr 1851 am Semmering durchgeführte Wettbewerb führte weltweit zu einem Entwicklungsschub im Lokomotivbau.
Noch während des Baus polemisierten einflussreiche Persönlichkeiten gegen die ausgewählten Lokomotiven. Vier Typen blieben als geeignet übrig, nämlich die Lokomotiven „Bavaria“ der bayrischen Firma Maffei, „Vindobona“ der Maschinenfabrik der Wien-Gloggnitzer Bahn, „Neustadt“ der Lokomotivfabrik Günther und „Seraing“ der belgischen Firma Cockerill. Wilhelm von Engerth erhielt daraufhin den Auftrag, die Vorteile der vier konkurrierenden Typen aufeinander abzustimmen.
Von der Eröffnung an war auf der Semmeringbahn der Einsatz der jeweils leistungsstärksten Lokomotiven ihrer Zeit notwendig. Die ersten eingesetzten Lokomotiven hatten die Achsfolge C2t. Da aber auf der steigungsreichen Strecke nicht Geschwindigkeit, sondern Zugkraft gefordert war, wurden in der Folge die Dampflokomotiven für alle Zuggattungen nach den Prinzipien für Güterzuglokomotiven (viele angetriebene Räder mit kleinem Durchmesser) gebaut, ein Grundsatz, der zum Standard für alle folgenden Gebirgsbahnen wurde. Schnellzüge wurden üblicherweise auf den Talstrecken mit hochrädrigen Schnellzuglokomotiven geführt, in den Bahnhöfen Gloggnitz und Mürzzuschlag wurden die Loks gewechselt oder aber Vorspann- und Nachschiebemaschinen beigegeben.
Nicht nur das Berganfahren, sondern auch die Talfahrt machte zu schaffen. So mussten vor der Einführung automatischer Bremssysteme bis zu fünf Bremser mitfahren, um den Zug sicher wieder ins Tal zu bringen.
Der elektrische Betrieb wurde 1959 mit den sechsachsigen Lokomotiven der Reihe 1010 aufgenommen. Deren Bauweise führte aber rasch zu starkem Verschleiß an Schienen und Rädern, so dass bis heute ausschließlich die jeweils stärksten vierachsigen Lokomotiven der ÖBB zum Einsatz kommen. Aktuell sind das die Maschinen der Taurus-Familie, sowie die Thyristor-Lokomotiven der Reihe 1044 und die 1042 bzw. 1142, die in den Jahrzehnten zuvor die Hauptlast trugen. Außerdem war und ist der Semmering noch immer ein Haupteinsatzgebiet für die Schnelltriebwagen der Reihe 4010.
Zahlreiche Nostalgiezüge werden von der ÖBB über den Semmering geführt. Die Dampflokomotiven dazu werden vom Eisenbahnmuseum Strasshof bei Wien und anderen Sammlungen gestellt. Eine Besonderheit stellt der „Erlebniszug Zauberberge“ dar. Er ist ein an Wochenenden und an Feiertagen planmäßig zum Normaltarif verkehrender Nostalgiezug, welcher aus historischem Wagenmaterial der ersten Klasse und einer Lokomotive der Baureihe 1010 gebildet wird.
Betrieb

Das schwer zugängliche Terrain machte für den laufenden Betrieb besondere Vorkehrungen erforderlich. So wurden entlang der Strecke insgesamt 55 Streckenwärterhäuser als zweistöckige Steinbauten in Sichtabstand errichtet. Heute sind noch etliche von ihnen vorhanden, dienen aber nun meist als Wochenendhäuser. Zusätzlich wurden noch 32 Signalhäuser in Fachwerkbauweise errichtet. Als Eisenbahnsignale dienten so genannte „Korbsignale“. Die Bahnwärter waren untereinander - erstmals auf österreichischen Bahnen - mit elektrischen Glocken verbunden. Erst später wurden Telegraphen eingesetzt. Die Bahn wurde für Linksverkehr gebaut und wird bis heute, wie die gesamte Südbahn, links geführt. Seit 1977 wird der Betrieb zwischen Payerbach-Reichenau und Mürzzuschlag von der Fahrdienstleitung im Bahnhof Semmering zentral gesteuert.
Während der gesamten Betriebszeit kam es nur zu zwei schwereren Eisenbahnunfällen (1967 und 1976).
Vergleich der Fahrzeiten und Fahrleistungen
- 1860: Fahrzeit - 2 Stunden 4 Minuten - Anhängelast 140 t
- 1938: Fahrzeit - 1 Stunde
- 1990: Fahrzeit - 42 Minuten - Anhängelast 1.000 t
Sehenswürdigkeiten entlang der Stecke

Eine Fahrt mit der Semmeringbahn ist auch heute noch dank der abwechslungsreichen Landschaft, der typischen Villenbauten und der charakteristischen Abfolge von Viadukten und Tunneln ein besonderes Erlebnis. Entlang der Trasse wurde auch ein Bahnwanderweg eingerichtet, so dass man an den zahlreichen Haltestellen auch zu- oder aussteigen kann.
Entlang der Semmeringbahn befinden sich auch zahlreiche Sehenswürdigkeiten, von denen viele aus der Zeit der Monarchie stammen, einige aber noch älter sind.:
- Schloss Gloggnitz,
- Museumsbahn Höllentalbahn,
- Historisches Postamt Küb,
- Hotel Panhans in Semmering,
- die Landschaft der Zauberberge und nicht zuletzt
- die Semmeringbahn selbst
Bedeutung und Wirkung
International
Seit 1998 ist die Semmeringbahn UNESCO-Weltkulturerbe. Im Jahr 1993 wurde sie dazu von den beiden Bundesländern Niederösterreich und Steiermark vorgeschlagen. Bereits 1923 wurde die Semmeringbahn in Österreich unter Denkmalschutz gestellt. Dieser Schutz wurde vom Bundesdenkmalamt 1997 bestätigt. Die UNESCO ließ, veranlasst durch diesen Antrag, eine globale Vergleichsstudie über Eisenbahndenkmäler erstellen, die für die Semmeringbahn die weltweite kulturelle Bedeutung bestätigte. Sie wurde daraufhin als weltweit erste Bahnlinie überhaupt in das Welterbe aufgenommen. Dabei ist die Pufferzone um das Welterbe gegenüber der UNESCO noch präzise abzugrenzen. Diese Ehrung markiert den bisherigen Höhepunkt der Wertschätzung für die Bahnlinie.
Gründe für diese Auszeichnung waren, dass ihr Erbauer Carl Ritter von Ghega sie so angelegte, dass Natur und Technik nicht gegeneinander standen, sondern aufeinander eingingen. Nur so gelang es ihm, die die erste normalspurige Gebirgsbahn Europas zu errichten. Die Semmeringstrecke wurde schon zur Zeit ihrer Fertigstellung als „Landschaftsbau“ verstanden, als eine harmonische Kombination von Technologie und Natur, die ein einzigartiges Reiseerlebnis bot. Schon Peter Rosegger beschrieb die Semmeringbahn als harmonische Kombination von Technologie und Natur.
Auch in die Weltliteratur fand die Semmeringbahn Einzug: Die Strapazen beim Bau schildert die Novelle Die Steinklopfer von Ferdinand von Saar, die zwanzig Jahre nach dem Bau entstand. Und vom ersten Kontakt und Kulturschock der örtlichen Bevölkerung beim Nutzen der neuen Technik berichtet Peter Rosegger in der Erzählung Meine erste Fahrt im Dampfwagen.
Österreich und regional
Durch den Bau der Semmeringbahn wurde die Semmeringlandschaft touristisch erschlossen. Zahlreiche Hotelbauten und Villen sind Zeugen dieser Epoche. So wuchs die Bevölkerung der Gemeinde Semmering zwischen 1869 und 1929 von ursprünglich 135 auf 1816 Einwohner. Durch den Zuzug vieler Wiener planten hier auch bekannte Architekten, wie Ferstel oder Flattich. Sie verbanden den bodenständigen, landschaftstypischen Stil mit einem „Cottagestil“.
Der enorme Aufschwung zur Jahrhundertwende und die Aufwertung der Region als Wintersportgebiet im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts wurden zunächst durch die Kriegszeit und später durch die veränderten Urlaubsbedürfnisse unterbrochen. Nicht zuletzt dadurch erhielt sich die einzigartige Kulturlandschaft unverändert.
In vielen Gemeinden wurden Straßen, Gebäude und Plätze nach der Semmeringbahn oder nach Carl Ritter von Ghega benannt. In der Semmeringregion gibt es in fast jeder Gemeinde eine Ghegagasse, aber auch im dritten Wiener Gemeindebezirk trägt eine Straße den Namen Ghegas.
Immer wieder wurde die Bahn mit der sie umgebenden Landschaft als Motiv für Briefmarken oder Geldscheine verwendet. Die Kalte Rinne war auf der Rückseite der vorletzten Ausgabe des Zwanzigschillingscheins zu sehen, die Vorderseite zeigte ein Portrait des Erbauers, Carl Ritter von Ghega (Ausgabedatum: 4. November 1968).
Semmeringbasistunnel
In ihrer Funktion als Teilstück der Südbahn, einer der meistbefahrenen Bahnstrecken Österreichs, verursacht die Semmeringbahn heute erhebliche betriebliche Einschränkungen:
- Die lange Fahrtdauer (circa eine Stunde von Wiener Neustadt nach Mürzzuschlag) ist vor allem im Personenverkehr gegenüber dem Auto nicht mehr konkurrenzfähig.
- Kombinierter Güterverkehr (Transport von Containern) ist nicht möglich, da die dazu benötigten Waggons, ebenso wie Doppelstockwagen des Personenverkehrs, wegen des durch die Tunnel vorgegebenen Profils, die Strecke nicht befahren können.
- Da wegen der starken Steigungen schwere Güterzüge mit Vorspanntriebfahrzeugen geführt oder in mehrere Teile zerlegt werden müssen, entstehen betriebliche Komplikationen und zusätzliche Kosten.
- Auch ist die Streckenkapazität durch die aufgrund der geringen Kurvenradien nur langsamen Fahrgeschwindigkeiten relativ niedrig.
- Die zahlreichen Kunstbauten machen den Erhalt der Strecke sehr teuer.
Andererseits steigt – unter anderem aufgrund des 2004 erfolgten EU-Beitritts Sloweniens – die Nachfrage nach Transportleistungen auf dieser wichtigen Nord/Süd-Achse.
1989 wurde der Semmeringbasistunnel projektiert, der die Fahrtzeit auf der Südbahn um mindestens 30 Minuten reduzieren und die technischen Begrenzungen der Semmeringbahn beheben soll, auf der nach Inbetriebnahme des Tunnels nur noch Regional- und Ausflugsverkehr fahren soll. Im aktuell gültigen Generalsverkehrsplan Österreich 2002 ist das Projekt als zweite Priorität mit einem Projektzeithorizont 2007-2011 gelistet.
Argumente für einen Semmeringbasistunnel
Argumente für den Semmeringbasistunnel sind:
- Verkehrsverlagerung auf die Schiene durch erhöhte Konkurrenzfähigkeit (Fahrzeitgewinne) mit positiven Folgewirkungen für Mensch, Umwelt und Wirtschaft;
- bessere Erreichbarkeit zwischen Obersteiermark und Wien;
- effizienterer Betrieb und erhöhte Kapazität durch Wegfall der engen Kurvenradien, Achslastbeschränkungen und Steigungen;
- Verringerter Lärm entlang der Strecke.
- weniger Energieverbrauch, ein 500t-Zug benötigt für die Semmeringstrecke genausoviel Strom, wie eine 4köpfige Familie in 10 Jahren
- sinkende Erhaltungskosten, insbesondere des Oberbaus
Argumente gegen einen Semmeringbasistunnel
Gegen den Semmeringbasistunnel gibt es wasserökologische Einwände des Landes Niederösterreich (vom NÖ-Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll unterstützt) und einiger Bürgerinitiativen. Die Argumente gegen den Basistunnel können wie folgt zusammengefasst werden:
- Unsicherheit über Veränderungen der Wasserhorizonte, mögliches Versiegen von für die Wasserversorgung wichtigen Quellen;
- Mangelnde Sicherheit des Tunnels (das Projekt ist als einröhriger Tunnel geplant);
- Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch den Tunnelaushub;
- Infragestellung der verkehrlichen Notwendigkeit des Projektes und Verweis auf Alternativen (siehe unten);
- mögliche Einstellung der historischen Bergstrecke.
Stand des Projekts Semmeringbasistunnel
Vertreter des Landes Niederösterreich, unterstützt durch die Kronen Zeitung, sind gegen den Tunnel. Eine naturschutzrechtliche Bewilligung wird nicht ausgestellt. Vertreter des Landes Steiermark, unterstützt durch die steirische Kronen Zeitung, fordern den Tunnel und vermuten Konkurrenzdenken hinter der niederösterreichischen Haltung.
Schon 1994 wurde ein Sondierstollen von steirischer Seite vorangetrieben, der auf Wasser führende Gesteinsschichten stieß. Auch wegen der Projektunsicherheit wurden die Vorarbeiten wieder eingestellt.
Da auf Grund der naturschutzrechtlichen Bedenken ein Baubeginn nicht absehbar war, wurde das Projekt im März 2005 gestoppt und soll neu geplant werden. Im Juni 2005 wurde das Projekt neu ausgeschrieben, die Planungen sollen 2008 fertiggestellt sein. Die neue Tunnelvariante soll statt in Mürzzuschlag erst im Bereich von Langenwang an die Oberfläche treten. Durch den längeren Tunnel ergibt sich eine geringere Neigung der Strecke. Da der geplante Koralmtunnel ebenfalls nur eine geringe Neigung aufweist, könnten nach Fertigstellung beider Tunnel Güterzüge die Strecke Klagenfurt-Wien ohne Einschränkungen durchgehend befahren. Gegen diese Variante gibt es allerdings Widerstand in Mürzzuschlag, welches dadurch seinen derzeitigen IC-Halt verlieren würde. Zeitweise wird in diesem Zusammenhang auch über eine unterirdische Haltestelle unter der Stadt diskutiert, deren Realisierung allerdings eher fraglich wäre da der Ort weniger als 10000 Einwohner hat und IC-Halte daher schon heute kaum gerechtfertigt erscheinen.
Alternativen zum Tunnelprojekt
- Einsatz von Neigezügen bei entsprechender Modernisierung der bestehenden Strecke. Neigezüge benötigen Übergangsbögen bzw. kurze gerade Abschnitte, um nennenswerte Fahrzeitgewinne zu erzielen. Dies erfordert Änderungen der bestehenden Gleisbogengeometrie und beeinträchtigte damit vorhandene Brücken und Tunnel. Der Güterverkehr profitierte hiervon kaum, da für ihn vor allem die Steigung den begrenzenden Faktor darstellt.
- Bau der so genannten Südostspange (umgangssprachlich auch „Kukuruzbahn“), einer weiter östlich über das flachere Burgenland verlaufenden Neubaustrecke. Diese Variante wurde schon 1848 erwogen. Eine Trassenführung über damals ungarisches Gebiet wurde für politisch zu riskant erachtet. Da eine solche Neubaustrecke länger wäre als die bestehende Südbahn, sind Fahrzeitgewinne mit einer solchen Trasse fraglich. Ferner müsste für eine Anbindung von Graz (und durch den geplanten Koralmtunnel weiter nach Kärnten und Italien) das oststeirische Hügelland durchquert werden, was wiederum etliche Kunstbauten erforderte.
- Momentan laufen bereits Planungen für die Anbindung der steirischen Ostbahn an die Koralmbahn über einen Streckenneubau von Raaba nach Gleisdorf. Außerdem soll die steirische Ostbahn elektrifiziert werden. Dadurch soll die Streckenkapazität in Richtung Ungarn erhöht werden.
- Es gibt eine Studie der Technischen Universität Wien, die einen eingleisigen Basistunnel nur für den Güterverkehr vorschlägt. Der Personenverkehr soll dann mit Neigezügen weiterhin über den Pass geführt werden. Das entschärfte das Sicherheitsproblem im Tunnel.
Die Realisierung einer dieser Alternativen ist zwar nicht auszuschließen, aber aus heutiger Sicht unwahrscheinlicher als ein Semmeringbasistunnel.
Siehe auch
- Liste von Eisenbahnstrecken in Österreich
- Sächsische Semmeringbahn in Deutschland
- Teplitzer Semmeringbahn in Böhmen
- Liste des UNESCO-Welterbes (Europa)
Literatur
- Karl-Heinz Knauer, Günter Dinhobl: Faszination Semmering : eine Ausstellung. - Wien : Technisches Museum, 2004. - ISBN 3-902183-09-8
- Wolfgang Kos (Hrsg.): Die Eroberung der Landschaft : Semmering, Rax, Schneeberg (Ausstellungskatalog). - Wien : Falter, 1992. - ISBN 3-85460-062-3
- Mihaly Kubinszky (Hrsg.): Architektur an der Semmeringbahn : schöne Landschaft, schöne Bauten. - Wien : Slezak, 1992. - ISBN 3-85416-156-5
- Richard Mauterer: Semmeringbahn : Daten, Fakten, Propaganda. - Wien: Signale-Verl., 1990. - ISBN 3-901147-01-2
- Robert Pap: UNESCO Weltkulturerbe Semmeringbahn: illustriert mit historischen Ölbildern, Aquarellen, Stichen, Lithographien und Fotos, Heimat Verlag 2000 - ISBN 3-9501-7421-4
- Günter Dinhobl: Die Semmeringerbahn, Verlag für Geschichte und Politik ISBN 3-7028-0395-5
- Gerhard Artl, Gerhard Gürtlich, Hubert Zenz (Hg.): Vom Teufelswerk zum Weltkulturerbe : 150 Jahre Semmeringbahn, Freistadt, Wien: Plöchl, 2004 ISBN 3-901407-73-1 kart.
- Markus Hehl: Das große Buch der Alpenbahnen : Über 150 Jahre Bezwingung der Alpen, München: GeraMond, 2005 ISBN 3-7654-7144-5
Weblinks
- [1] - UNESCO Welterbestätte Semmeringbahn (nur in englisch und französisch verfügbar)
- semmeringbahn.at - 150 Jahre Semmeringbahn (Gemeinde Semmering)
- semmeringbahn.info - 150 Jahre Semmeringbahn (Gemeinde Payerbach)
- Die Semmeringbahn Bilddokumentation und Berichte von den 150jahr Feiern
- www.eisenbahnen.at - Fotos von der Semmeringstrecke und der umgebenden Naturlandschaft
- bda.at
- Vorlage:Aeiou
- Seilbahnen am Semmering
- eisenbahn-links.de Weitere Infos und Links zur Semmeringbahn]
- [2] - Die Semmeringbahn
- [3] - Welterbestätte Semmeringbahn