Bulimie
ICD-10-Codes Bulimia nervosa und verwandte Essstörungen | ||||||||
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Die Bulimie (griechisch βουλιμία, voulimía, wörtlich „der Ochsenhunger“, aus βους, „der Ochse“ und λιμός, „der Hunger“ über neulateinisch bulimia [nervosa] [1]), auch Ess-Brechsucht oder Ochsen- bzw. Stierhunger genannt, gehört zusammen mit der Magersucht (griechisch-lateinisch anorexia nervosa), der Binge-Eating-Disorder und der Esssucht zu den Essstörungen.
Bulimie allein bezeichnet streng gesehen lediglich das Symptom des Heißhungers und wird dann auch als Hyperorexie (griechisches Kunstwort υπερόρεξη, aus υπερ-, „über-“ und όρεξη, „Appetit“) bezeichnet; sie tritt in diesem Sinne auch bei Unterzuckerung aus körperlicher Ursache (z. B. Diabetes mellitus Typ 1) auf.[2]
Merkmale und Symptome
Bulimie-Betroffene sind meist normalgewichtig, können aber ebenso unter- oder übergewichtig sein. Sie werden jedoch von häufigen Heißhungerattacken heimgesucht und versuchen anschließend, ihr Gewicht durch Erbrechen, Hungern, Diäten, ausgiebigen Sport oder den Missbrauch von Abführmitteln zu kontrollieren. Die Essanfälle treten mehr oder weniger regelmäßig auf - zwischen zwei Attacken können mehrere Wochen liegen, das Essen und anschließende Erbrechen kann aber auch mehrmals täglich erfolgen. Während dieser Essanfälle verlieren Bulimiker die Kontrolle über sich selbst und über die Nahrungsmengen, die sie dabei verzehren. Die Essanfälle können aber auch geplant stattfinden. Gründe für das anschließende Erbrechen sind vor allem die Angst vor einer möglichen Gewichtszunahme sowie Scham über den eigenen Kontrollverlust/das eigene Versagen. Auch müssen sich Betroffene oft allein schon wegen der Unmenge im Magen übergeben. Dieses Wechselbad zwischen Hungern und Essen mit anschließendem Erbrechen, Abführen oder Abtrainieren hat der Bulimie auch den volkstümlichen Namen Ess-Brech-Sucht gegeben.
Diese so genannte Ess-Brech-Sucht beginnt meist in einem wenig höheren Alter als die Magersucht, etwa mit 17 oder 18 Jahren. Die Betroffenen leiden meistens unter einer gestörten Selbstwahrnehmung und/oder einer Körperschemastörung (Dysmorphophobie). Wie auch die Magersüchtigen empfinden sie sich immer als zu dick, doch sind sie oft, im Gegensatz zu den Magersüchtigen, normalgewichtig. Die Ursachen der Bulimie sind ähnlich denen der Magersucht. Nicht selten geht der Bulimie eine anorektische Phase voraus oder wechselt sich mit Phasen der Magersucht ab.
Oft wird die Bulimie noch durch folgende seelische und/oder soziale Probleme begleitet:
- Missbrauch von Alkohol, Drogen, Medikamenten, starkes Rauchen
- autodestruktives Verhalten, Selbstverletzungen oder -verstümmelungen
- unkontrolliertes Mode- und Konsumverhalten, übertriebenes Geldausgeben, so genannte Frustkäufe, nicht selten auch Kaufsucht und Ladendiebstähle
- soziale Isolation, aber auch das Gegenteil: eine Überanpassung an Gruppe, Familie, Leistungszwang, Karrieredrang (jung, dynamisch und erfolgreich)
- Depressionen, Minderwertigkeitsgefühle, Unzufriedenheit über die eigene Geschlechtsrolle, zum Beispiel die Ablehnung der Weiblichkeit und Sexualität allgemein
Bulimie kann akut lebensgefährlich werden. Durch ständiges Erbrechen kann es zur Entzündung der Speiseröhre kommen. Bedingt durch das erhöhte Magensäureangebot im Mund stellen sich bei lang anhaltender Symptomatik Zahnschäden ein. Die massive Störung des Elektrolyt-Haushaltes (Kalium-, Eisen-, sowie Calciummangel) kann zu Herz-Rhythmus-Störungen führen und somit lebensbedrohlich werden.
Bulimieerkrankte versuchen meist, ihre Krankheit vor ihren Mitmenschen zu verbergen. Dadurch wird die Krankheit oft erst mehrere Jahre, nachdem sie begonnen hat, erkannt/eingestanden und behandelt. Eine frühzeitige Behandlung ist besonders wichtig, da die Aussichten auf vollständige Genesung mit jedem weiteren Jahr der Erkrankung sinken.
Therapie
Eine Behandlung der Bulimie besteht meistens aus Psychotherapie, in der die Gründe für die Krankheit gesucht werden sowie Strategien zur Bewältigung der Probleme und zur Normalisierung des Essverhaltens entwickelt werden. Die Erfolgsquote liegt derzeit bei etwa 30 bis 45 %. Weitere Ziele einer Therapie sind die Verbesserung der persönlichen Einstellung zum eigenen Körper, zu den Lebensmitteln als Lebensquelle und nicht nur als Konsumgut, zur Freude am Essen als Freude am Leben und der (Wieder-)Aufbau sozialer Kontakte. Neuere Studien zeigen, dass Bulimie auch (nicht nur!) mit Hilfe von Antidepressiva behandelt werden kann. Sinnvoll und immer häufiger ist eine Psychotherapie, die von der Einnahme von Antidepressiva begleitet wird. Somit wird es den Betroffenen unter Anderem ermöglicht, ihre Krankheit ohne lange stationäre Aufenthalte zu bewältigen, sofern sie nicht aufgrund körperlicher Komplikationen ohnehin in einer Klinik behandelt werden müssen.
Weblinks
- Facts about Bulimia
- - Unter Therapieangebote finden Sie: Kostenlose Internethilfe für an Bulimie Erkrankte - Web-basierte Psychoedukation für Frauen zwischen 16 und 30 Jahren
- Bulimie-Online.de: Informations- und Kommunikationsangebot des Hungrig-Online e.V.
- Bulimie - Patienteninfo von NetDoktor.at
- Haben Sie Bulimie? (Diagnose-Checkliste nach den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation)
- Grafik: Ursachen der Bulimie (Der Teufelskreis der Essstörungen)
- http://www.foodaddicts.org/de
- ANAD e.V. pathways - Neue Wege aus der Ess-Störung
- Bärbel Wardetzki: Iß doch endlich mal normal!
Quellen
- ↑ http://dictionary.reference.com/search?q=bulimia
- ↑ Pschyrembel Klinisches Wörterbuch Version 2002 (elektronische Fassung der 258. Auflage)