Fuzzylogik
Fuzzy-Logik (englisch: fuzzy = unscharf) ist eine Theorie, eine Verallgemeinerung der zweiwertigen Booleschen Logik, die vor allem für die Darstellung menschlichen (und damit unscharfen) Wissens entwickelt wurde.
Fuzzy-Computersysteme verarbeiten gegenüber herkömmlichen Systemen nicht nur Werte wie JA und NEIN (bzw. AN und AUS oder 1 und 0), sondern zusätzlich auch Zwischenwerte (Wahrheitswerte) zwischen WAHR (=1) und FALSCH (=0) z. B. 0,5, so dass damit auch unscharfe Angaben wie EIN BISSCHEN, ZIEMLICH oder STARK mathematisch behandelt werden können. Damit arbeiten fuzzylogikunterstützte Programme näher am menschlichen Denken als übliche Programme.
Die Fuzzy-Set-Theorie, also die unscharfe Mengenlehre, wurde bereits 1965 von L. A. Zadeh, einem Professor für Elektrotechnik an der University of California, Berkeley, USA, entwickelt. Sie ist sehr streng von der mehrwertigen Logik zu unterscheiden, die schon in den 1920er Jahren von dem polnischen Logiker Jan Lukasiewicz entwickelt wurde. Im engeren Sinne kann die so genannte Fuzzy-Logik zwar als eine mehrwertige Logik gedeutet werden, und insofern gibt es eine gewisse Nähe zur mehrwertigen Logik, für deren Wahrheitswertes einer logischen Aussage Zahlen aus dem reellen Einheitsintervall [0, 1] (die reellen Zahlen von 0 bis 1) verwendet werden, allerdings fasst Zadeh die Fuzzy Set Theorie und Fuzzy Logik sehr viel weiter, da er das Augenmerk auf die Unschärfe der Mengen legt. Der Begriff der Fuzzy Logik wurde auch nicht von Zadeh sondern erst später von dem ebenfalls in Berkeley als Professor - allerdings für Linguistik - wirkenden George P. Lakoff benutzt. Zuvor hatte Joseph Goguen, ein Doktorand von Zadeh, eine "Logik of inexact concepts" eingeführt. Heute wird die Fuzzy-Logik bzw. Fuzzy-Control vorwiegend bei der Steuerung von Maschinen und Robotern oder auch handelsüblichen Haushaltsgeräten verwendet.
Anwendungsbeispiele
Fuzzy-Logik wird sehr breitbandig in unterschiedlichsten Bereichen eingesetzt. Anwendungen finden sich in der Automatisierungstechnik, der Betriebswirtschaft, der Medizintechnik, der Konsumelektronik, der Automobiltechnik, der Regelungstechnik usw. Nützlich ist die Verwendung von Fuzzy-Logik oft dann, wenn keine mathematische Beschreibung eines Sachverhaltes oder Problems vorliegt, sondern nur eine umgangssprachliche, d.h. verbale. Auch wenn - wie fast immer - das vorhandene Wissen Lücken aufweist oder teilweise veraltet ist, bietet sich der Einsatz von Fuzzy-Logik an, um noch zu einer fundierten Aussage über einen aktuellen oder künftigen Systemzustand zu gelangen. Dann kann aus sprachlich formulierten Sätzen und Regeln mittels Fuzzy-Logik eine solche mathematische Beschreibung gewonnen werden, die in Rechnersystemen genutzt werden kann. Interessant ist dabei, dass mit der Fuzzy-Logik auch dann Systeme sinnvoll gesteuert werden können, wenn ein mathematischer Zusammenhang zwischen den Ein- und Ausgabegrößen eines Systems nicht bzw. nur mit sehr großem Aufwand hergestellt werden kann.
In einer typischen Anwendung werden Waschmaschinen so programmiert, dass sie je nach Verschmutzung der Wäsche ihre Waschmittelmenge regeln. Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass es nicht möglich ist, den Verschmutzungsgrad für Kleidung eindeutig zu bestimmen. Beispielsweise gibt es keine Definition eines Verschmutzungsgrads 55 %. Da aber die Waschmittelmenge dennoch auf einen festen Wert eingestellt werden muss, benötigt man hier eine Logik, die mit unscharfen Begriffen wie leicht verschmutzt oder stark verdreckt umgehen kann. Die Fuzzy-Logik übersetzt die Aussagen zur Wäscheverschmutzung in eine fest definierte Waschmittelmenge. Beispielsweise wird leicht verschmutzt in 23 g Waschmittel und stark verdreckt in 65 g Waschmittel umgesetzt. Entscheidend ist, dass hinter dieser Logik keine einfache mathematische (lineare) Funktion zu finden ist. Vielmehr müssen die maßgebenden Werte (23 g oder 65 g) aus Erfahrungen, Beobachtungen und empirischen Untersuchungen gewonnen werden.
Weitere Anwendungen sind die Regelung von U-Bahnen, die Prognose der zukünftigen Last in Routern bzw. Gateways oder Mobilfunk-Basisstationen, die Steuerung automatischer Getriebe in Automobilen, Alarmsysteme für die Anästhesie, Zwischenfrequenzfilter in Radios, ABS für Automobile, Brandmeldetechnik, die Prognose des Energieverbrauchs bei Energieversorgern, AF-gekoppelte Mehrfeld-Belichtungsautomatiken und AF-Prädikation in Spiegelreflexkameras etc.
Auch in betriebswirtschaftlichen Anwendungen hat Fuzzy-Logik erfolgreich Einzug gehalten. Ein erfolgreiches Beispiel ist die Intelligente Schadenprüfung (ISP), mit der sich weltweit Versicherungsunternehmen vor Versicherungsbetrug schützen.
Unscharfe Mengen
Grundlage der Fuzzy-Logik sind die so genannten unscharfen Mengen. Im Gegensatz zu traditionellen Mengen (im Kontext der Fuzzy-Logik auch scharfe Mengen genannt), in denen ein Element in einer Grundmenge entweder enthalten oder nicht enthalten sein kann, kann ein Element in einer unscharfen Menge auch ein wenig enthalten sein. Der Grad an Zugehörigkeit wird meist durch eine Zugehörigkeitsfunktion (Fuzzyfunktion) µ beschrieben, die den Elementen einer Grundmenge eine reelle Zahl zwischen 0 und 1 zuordnet.
Auch auf unscharfen Mengen sind Operationen (siehe: Mengenoperationen) wie auf scharfen Mengen möglich, wie z. B. Durchschnitt (UND), Vereinigung (ODER) und Komplement (NICHT). Zur Modellierung dieser Operationen bedient man sich der Funktionsklassen T-Norm, S-Norm und Negation.
Fuzzyfunktionen

Die Zugehörigkeitsfunktionen sind die Fuzzyfunktionen. Ein Beispiel dafür ist eine Fuzzyfunktion für das Alter eines Menschen. Diese besteht aus mehreren dachförmigen Dreiecken für verschiedene Altersbereiche. Jedes Dreieck deckt einen Bereich von mehreren Jahren des Menschenalters ab. Ein Mensch mit 45 Jahren hätte so die Eigenschaften: noch jung mit der Wertung 0,75 (das ist noch relativ viel), mittleres Alter mit der Wertung 0,25 (das ist ein bisschen) und von den übrigen Funktionen nichts. Anders ausgedrückt: mit 45 ist man ziemlich viel noch jung und ein bisschen mittelalt.
In den meisten Fällen werden Fuzzyfunktionen über Tabellen aus statistischen Erhebungen erzeugt. Diese können auch von der Anwendung selbst erhoben werden soweit eine Rückkopplung gegeben ist, wie z. B. in der Fahrstuhlsteuerung. Praktisch bedeutsam ist auch, die Erfahrungen und Intuitionen eines Experten auf dem jeweiligen Gebiet in eine Fuzzyfunktion mit einfließen zu lassen, insbesondere dann, wenn überhaupt keine statistischen Aussagen vorhanden sind, beispielsweise dann, wenn es sich um ein komplett neu zu beschreibendes System handelt.
Diese Dreiecksgestalt ist allerdings keineswegs zwingend, generell können Fuzzy-Funktionen beliebige Gestalt haben, solange die Funktionswerte im Intervall bleiben. In der Praxis werden solche Dreiecksfunktionen aufgrund ihrer einfachen Berechenbarkeit jedoch gerne hergenommen. Relativ weit verbreitet sind noch Trapeze (nicht notwendigerweise spiegelsymmetrisch), aber auch Halbkreise finden sich in einigen Anwendungen. Auch können sich prinzipiell mehr als zwei Abschnitte einer Fuzzy-Funktion überlappen (beim hier betrachteten Beispiel scheint das aber nicht sinnvoll zu sein).
Ein Beispiel für eine nicht-lineare Fuzzy-Funktion bildet die folgende S-Funktion:
Die Kurve drückt durch die Form des Buchstabens S eine ansteigende Zugehörigkeit zu der jeweils beschriebenen Menge durch einen Wert im Wertebereich aus. Je nach Anwendungsfall lässt sich eine abnehmende Zugehörigkeit durch eine entsprechende Z-Kurve ausdrücken:
Der Parameter gibt hierbei den Wendepunkt der S-Kurve an, der Wert bestimmt die Neigung der Kurve. Je größer gewählt wird, desto flacher wird der Verlauf der resultierenden Funktion.
Das Alter eines Menschen lässt sich mittels dieser Kurve wie folgt darstellen:
![]() Dabei können die umgangssprachliche Modifikatoren sehr, mehr oder weniger sowie nicht mehr durch einfache Modifikation einer gegebenen Funktion dargestellt werden:
Den Anwendungfällen entsprechend handelt es sich bei dieser Form der Repräsentation um linguistische Variablen. Schlussendlich wird aus den einzelnen gewichteten Aussagen (hier: ziemlich viel noch jung und ein bisschen mittelalt) ein einziger Zahlenwert berechnet, der das Alter in mathematischer Form auszudrücken vermag. Mit diesem Wert lässt sich dann präzise weiterarbeiten. Auch bei dieser so genannten Defuzzyfikation sind viele Verfahren möglich, das bekannteste (aber bei weitem nicht immer beste) ist sicherlich die Methode Center-of-Gravity, bei der der Zahlenwert gewichtet nach der Masse der geometrischen Form der einzelnen Abschnitte der Fuzzyfunktion gebildet wird. Eine andere Möglichkeit ist, einfach einen gewichteten Mittelwert der Funktionswerte zu bilden. BegriffsabgrenzungNicht zu verwechseln mit der Fuzzy-Logik ist die Fuzzy-Suche, die eine unscharfe Suche in Datenbanken ermöglicht, zum Beispiel, wenn die genaue Schreibweise eines Namens oder Begriffes nicht bekannt ist. Auch wenn die Fuzzy-Werte aus dem Intervall [0,1] formal an Wahrscheinlichkeitswerte erinnern, so ist Unschärfe etwas grundsätzlich anderes als Wahrscheinlichkeit. Vor allem ist zu beachten, dass die Summe zweier Funktionen, die sich überschneiden, nicht immer in der Summe 1 ergeben müssen. Sie können gleich 1 sein, aber auch darüber oder darunter liegen. Literatur
Siehe auchVerwandte Begriffe: Unschärfe und Ungewissheit Weblinks
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