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Wangerooger Inselbahn

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Inselbahn nahe dem Westanleger

Die Wangerooger Inselbahn ist eine 1000 mm-Schmalspurbahn auf der Ostfriesischen Insel Wangerooge. Sie ist das wichtigste Verkehrsmittel der Insel.

Geschichte

Von 1897 bis 1920

Die Wangerooger Inselbahn wurde 1897 in der heutigen Spurweite von 1000 mm eröffnet. Betreiberin war die Großherzoglich Oldenburgische Eisenbahn (GOE). Der Betrieb wurde von Beginn an mit Dampflokomotiven, nicht als Pferdebahn wie auf einigen benachbarten Inseln durchgeführt. Die Strecke führte vom neu erbauten Anleger im Südwesten der Insel in das Zentrum des Inseldorfs in der Inselmitte. Für die 3,5 Kilometer lange Strecke brauchte ein Zug etwa 20 Minuten bei einer Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h. Diese Zeiten sind auch heute noch gültig, wenn sich auch die Trasse mehrfach geändert hat. 1901 wurde eine 1,9 Kilometer lange Stichstrecke von der auf halber Strecke liegenden Saline zum Bahnhof Westen erbaut, um die dortigen Fremdenverkehrsbetriebe anzuschließen.

1904 wurde als zweiter Anleger der Ostanleger errichtet und durch eine 5,4 Kilometer lange Schienenverbindung mit dem Bahnhof im Inseldorf verbunden. Um den wachsenden Verkehrsströmen gerecht werden zu können, wurde ein neuer, groß dimensionierter Bahnhof am damaligen Südrand des Dorfes erbaut. Die zwei Gleise wurden von einer Bahnhofshalle überspannt. Dieser Bahnhof besteht im Wesentlichen auch heute noch.

1912 wurde ein neuer Westanleger, der etwas östlich des alten Westanlegers lag, in Betrieb genommen. Er wurde durch eine neue, etwa parallel zur bisherigen Strecke verlaufenden Trasse mit dem Abzweig Saline verbunden. Der andere Anleger im Südwesten wurde außer Betrieb genommen und die zugehörige Bahnstrecke abgebaut. Der Zweck dieser Maßnahme war ein Ausbau Wangerooges als Festung mit einem leistungsfähigen Bahnnetz. Im Verlauf des Ersten Weltkriegs wurden dazu zahlreiche Anschlussgleise zu militärischen Einrichtungen gelegt. Es gab auf der kleinen Insel bis zu vier Abschnitte der Inselbahn mit maximal 24 Anschlussgleisen.

1920 kam die Inselbahn im Zuge der Verstaatlichung der Länderbahnen zur Deutschen Reichsbahn.

1920 bis 1945

Nach der Verstaatlichung wurden die Dampflokomotiven als Baureihe 99 bezeichnet. Mitte der 1920er Jahre wurde an der Saline ein Gleisdreieck eingerichtet, das wiederum vor allem militärische Zwecke hatte, beispielsweise den schnelleren Transport von Geschützen. Dieses Gleisdreieck wurde mehrfach umtrassiert und schließlich 1969 abgebaut. Ebenfalls Mitte der 1920er Jahre wurden die ersten vierachsigen Personenwagen angeschafft, und zwei Mal pro Woche fuhr ein Kaffeezug vom Dorfbahnhof zum Bahnhof Westen und zurück.

Die Zahl der Kurgäste (und damit Fahrgäste) stagnierte um 1930 auf niedrigem Niveau, stieg aber bis 1939 auf das Sechsfache (65.500), von denen zwei Drittel über den Ostanleger anreisten.

Von 1939 bis 1952 fuhr eine Kastendampflok (Bezeichnung 99 081) auf Wangerooge, genannt „Treibhaus“.

Während des Zweiten Weltkriegs war Wangerooge erneut von hoher strategischer Bedeutung, da die Insel im Mündungsbereich der Weser und in der Nähe der damals kriegswichtigen Stadt Wilhelmshaven liegt (siehe: Militärische Geschichte Wangerooges). Am 25. April 1945 kam es zu einem schweren Luftangriff auf Wangerooge mit erheblichen Bombardierungen. Dabei wurden auch die Strecke zwischen Saline und Dorf, die Bahnhofshalle sowie zahlreiche Personen- und Güterwagen zerstört.

1945 bis heute

Die zerstörte Strecke wurde nach Kriegsende wieder aufgebaut. 1952 begann die nunmehr federführende Deutschen Bundesbahn mit der Einführung von Diesellokomotiven. Erste Diesellok war eine Gmeinder-Lok. 1957 war der Traktionswechsel abgeschlossen. 1955 wurde auch eine kleinbusartige Draisine beschafft.

Die Zahl der Passagiere, die am Ostanleger ankamen und die östliche Inselbahnstrecke befuhren, war nach dem Zweiten Weltkrieg sehr hoch. Grund war, dass die beliebte Ausflugsinsel Helgoland noch britisch besetzt war. Nach 1952 wurde Helgoland für Deutsche wieder zugänglich, so dass der Verkehr über den Ostanleger stark zurück ging. 1958 wurde er und damit auch der östliche Abschnitt der Inselbahn abgebaut. Im Dorf liegen die Gleise heute noch etwa 200 Meter Richtung Osten und dienen als Auszieh- und Anschlussgleis.

Aus einem Umbauprogramm erwarb man 1959 auf Wangerooge vierachsige Personenwagen, die den damals häufigen Umbau-Wagen der Normalspur glichen. Sie waren dunkelgrün lackiert, erhielten aber ab 1972 Werbelackierungen.

1969 und 1971 wurden insgesamt vier Diesellokomotiven der Baureihe 329 beschafft. 1977 wurde die Draisine durch ein neueres Modell ersetzt. 1981 kam ein Triebwagen der Baureihe 699 sowie einige Wagen hinzu, die vorher auf Spiekeroog im Einsatz waren und im Zuge der Stilllegung der dortigen Inselbahn obsolet geworden waren.

1990 wurden weitere zwei Diesellokomotiven, diesmal aus Rumänien, beschafft und in die Baureihe 399 eingeordnet. Weitere zwei bis drei Jahre später ersetzten 14 neue Personenwagen aus dem Reichsbahnausbesserungswerk (Raw) Wittenberge hinzu, die in hellblau/weiß, ähnlich dem Farbschema der Interregio-Züge, lackiert waren und die bisherigen Personenwagen vollständig ersetzten.

1994, mit der Gründung der Deutschen Bahn (DB), wurden die Lokomotiven der Baureihe 329 in Baureihe 399.1 umgenummert. In den beiden folgenden Jahren wurden die Gleise komplett erneuert.

Von 1997 an gab es für einige Jahre jeweils im Sommer einen musealen Dampflokbetrieb auf Wangerooge. Dazu musste eine Lokomotive vom Festland trajektiert werden.

Lokomotiven und Waggons

In den über 100 Jahren ihres Bestehens gab es bei der Wangerooger Inselbahn elf Dampflokomotiven, sechs Diesellokomotiven, einen Triebwagen sowie zwei Draisinen. Weiterhin gab es zwei- und vierachsige Kesselwagen, offene und gedeckte Güterwagen (zum Teil vierachsig) sowie zwei- und vierachsige Flachwagen.

Aktueller Betrieb

Bahnhof im Inseldorf

Die Strecke ist die einzige von der DB betriebene Schmalspurstrecke. Sie gehört zum Geschäftsbereich DB AutoZug, so dass Nahverkehrangebote wie das Schönes-Wochenende-Ticket nicht gelten. Der Fahrpreis wird im Regelfall für eine Fahrt mit Fähre und Bahn erhoben. Das Reisegepäck muss aufgegeben werden. Es gibt aber auch einen Binnentarif. Einen nennenswerten Binnenverkehr auf der Insel gibt es jedoch nicht.

Die Gleise verlaufen, wie schon seit der Gründung der Inselbahn, auf einer Sand- und Kiesbettung. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt nur 20 km/h. Ein Teil der Strecke zwischen (West-)Anleger und Saline führt durch Salzwiesen, die bei höheren Wasserständen überschwemmt sind. Außerdem ist dies ein Brutgebiet für zahlreiche Seevögel, die sich aber an den Zugverkehr angepasst haben.

In der Hochsaison kann man regen Betrieb beobachten. So sind oft zwei Züge gleichzeitig unterwegs. Gekreuzt wird direkt vor dem Anleger. Auch gibt es bei Bedarf Fahrten über Saline zum Bahnhof Westen, die nicht für den öffentlichen Verkehr freigegeben sind und meistens der Anbindung der dortigen Schullandheime dient. Einige Züge führen Flachwagen zur Gepäckbeförderung, da es keinen regulären Autoverkehr auf der Insel gibt. An Güterwagen gibt es im übrigen nur noch einige vierachsige offene Güterwagen.

Es gibt keinen festen Fahrplan, da der Fährverkehr zum Festland tideabhängig ist. Von der Jugendherberge Westturm aus hat man einen guten Rundblick über das gesamte Streckennetz.

Ausblick

Die Wangerooger Inselbahn ist Hauptverkehrsmittel der Insel und wird es voraussichtlich noch lange bleiben. Der Fährhafen kann nicht, wie auf benachbarten Inseln, nahe an das Inseldorf verlegt werden. Das rollende Material ist in gutem Zustand, die Trasse ist saniert und die Fahrgäste frequentieren die Bahn, auch aufgrund fehlender Alternativen - der Flugverkehr nimmt nur einen kleinen Teil der Passagiere auf.

Literatur

  • Egbert Nolte: Die Wangerooger Inselbahn. Verlag Kenning, Nordhorn 1999, ISBN 3-933613-07-8
  • Malte Werning: Die Inselbahn und ihre Geschichte. Lokrundschau Verlag, Gülzow 1999, ISBN 3-931647-09-9
  • [[1]] Homepage der Wangerooger Inselbahn und Fährlinie nach Harlesiel