Neuartige Rundfunkempfangsgeräte
Neuartige Rundfunkempfangsgeräte ist ein Begriff aus dem 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 15. Oktober 2004 [1], mit welchem der Rundfunkgebührenstaatsvertrag (RGebStV) in die ab dem 1. März 2005 geltende Fassung ergänzt wurde. Er umfasst nach dem Willen des Gesetzgebers alle Geräte, die über das Internet verbreitete Rundfunkangebote nutzen können.
Beliebiger Empfangsweg
Die Rundfunknutzung ist in §1 Abs.1 des RGebStV allgemein definiert: „Rundfunkempfangsgeräte im Sinne dieses Staatsvertrages sind technische Einrichtungen, die zur drahtlosen oder drahtgebundenen, nicht zeitversetzten Hör- oder Sichtbarmachung oder Aufzeichnung von Rundfunkdarbietungen (Hörfunk und Fernsehen) geeignet sind“. Dies umfasst begrifflich („...oder drahtgebundenen...“) auch über das Internet gestreamte Rundfunkangebote, auch wenn der Begriff „Rundfunk“ dies erst einmal nicht beinhaltet.
Begriffseinführung
Im Artikel 5 Absatz 3 wurde dieser Begriff verwendet, um auch für den nicht-privaten Bereich eine Zweitgerätebefreiung für Geräte zu etablieren, die gestreamte Rundfunkangebote aus dem Internet empfangen können (und somit nach bisheriger Regelung eine eigene Gebührenpflicht auslösen würden):
„1 Für neuartige Rundfunkempfangsgeräte (insbesondere Rechner, die Rundfunkprogramme ausschließlich über Angebote aus dem Internet wiedergeben können) im nicht ausschließlich privaten Bereich ist keine Rundfunkgebühr zu entrichten, wenn
2 Werden ausschließlich neuartige Rundfunkempfangsgeräte, die ein und demselben Grundstück oder zusammenhängenden Grundstücken zuzuordnen sind, zum Empfang bereitgehalten, ist für die Gesamtheit dieser Geräte eine Rundfunkgebühr zu entrichten. “ |
Ziel war die Vermeidung der Gebührenpflicht für jedes in einer Firma genutzte Gerät gemäß dieser Definition. Die Gebührenpflicht wird damit auf eine Gebühr je Betriebsgelände reduziert, was bei Filialisten jedoch in der Wirkung stark eingeschränkt ist.
Vorläufige Befreiung
§11 (Übergangsbestimmungen)[2]:
„(2) Bis zum 31. Dezember 2006 sind für Rechner, die Rundfunkprogramme ausschließlich über Angebot aus dem Internet wiedergeben können, Gebühren nicht zu entrichten.“ |
Der hier benutzte Begriff „Rechner“ ist somit weit zu fassen, da auch Internet-fähige Mobiltelefone (UMTS-Handys) etc. gemäß obiger Definition hierunter fallen.
„Internet-PC“
In der Presseberichterstattung wurde ebenso wie von Interessenvertretungen an Stelle der abstrakten Definition „neuartige Rundfunkempfangsgeräte“ der griffigere Begriff „Internet-PC“ geprägt, um der Allgemeinheit die Bedeutung des Sachverhaltes näher zu bringen. Jedoch wirkt er in seiner begrifflichen Begrenzung auch irreführend, da er andere Empfangsgeräte, beispielsweise UMTS-Handys, ausgrenzt.
Andererseits ist aber auch nicht jeder „Internet-PC“ allein durch die Internet-Verbindung ein Rundfunkempfangsgerät. Nur ein PC, der wie ein Fernseher Bild und Ton oder wie ein Radio Ton wiedergeben kann, fällt unter diesen Begriff. Für Internet-PCs ohne Soundkarte wird daher nach wie vor keine Rundfunkgebühr erhoben.
Hardwareanforderung
Grundvoraussetzung für den Internetbetrieb ist das Vorhandensein eines Modems. Dieses kann im Computergerät fest verbaut worden sein oder nachträglich extern angeschlossen sein. Eingebaute Netzwerkkarten, welche nicht an externe Modems angeschlossen sind befähigen einen Computer nicht zum Zugang in das Internet. Somit gelten auch mehrere Computer, welche ein Intranet bilden und keinen Anschluss zu einem Modem besitzen auch nicht als internetfähig.
Rundfunkgebühr
Ab dem 1. Januar 2007 werden für die Bereithaltung (Besitz) von Rechnern, die ausschließlich über das Internet zum Empfang von Rundfunk geeignet sind, in Deutschland Rundfunkgebühren in Höhe von 5,52 Euro pro Monat fällig. Die Gebühr entspricht der Rundfunkgebühr für ein Radio und fällt an, sofern im Haushalt oder Betrieb kein anderes Rundfunkempfangsgerät bereitgehalten wird.
Kritik
Gegen diese Regelung wurde von Betroffenenverbänden Kritik geäußert und eine Verfassungsbeschwerde eingelegt. Sie wenden sich gegen die Einbeziehung normaler Arbeitsgeräte in eine abstrakte Rundfunkgebührenpflicht, da diese Geräte der Erwerbsarbeit und nicht dem Medienkonsum gewidmet seien. Zudem steht ein Großteil der öffentlich-rechtlichen Rundfunkangebote, insbesondere des Fernsehens, nicht als Webstream zur Verfügung.
Das Internet ist nicht für den Rundfunkempfang ausgelegt und es ist auch dementsprechend nicht dazu geeignet. Ein einzelner Fernsehsender benötigt so viel Bandbreite, dass ein ganzer mittelgroßer DSL-Anschluss für dessen Empfang lahm gelegt wird. Zudem verursacht der Empfang eine riesige Datendurchsatzmenge. Die Datendurchsatzgebühren sind sehr teuer. Anschlüsse inkl. Daten-flatrate für DSL und SDSL kosten derzeit zwischen 40 und 200 Euro im Monat. DSL ist zudem in ländlichen Räumen oftmals nicht verfügbar und die Einwahl über Telefonmodems ermöglicht maximal einen Mono-Radiosender dessen Empfang ca. 60 Cent pro Stunde kostet (Das sind 432 Euro im Monat wenn das Mono-Internetradio 24h am Tag läuft). Während das Internetradio über ein Telefonmodem läuft, ist der Telefonanschluss über den eingewählt wurde besetzt, und es sind keine anderen Internetanwendungen parallel möglich. Mit Satellitenempfangsanlagen entstehen keine fortlaufenden Gebühren und es können über Multischalter mehrere Rundfunkgeräte betrieben werden, die Empfängerzahl ist unbegrenzt, ein Empfänger verursacht keinen Datendurchsatz. Beim sogenannten Internetrundfunk entsteht sowohl beim Sender, als auch beim Empfänger, vom Empfänger direkt verursachter Datendurchsatz und die damit verbundene Verringerung der verfügbaren Bandbreite. Das Internet wurde ursprünglich nicht für Rundfunkinhalte, sondern für geschriebenes Wort entwickelt. So werden auch heute noch nichts anderes als Zeichen im Internet übertragen. Die Rundfunkinhalte werden beim Sender in Zeichen zerlegt und beim Empfänger wieder in Bild und Ton zurückgewandelt. Die Übertragung ist nur deshalb möglich weil die Rechenleistung moderner Rechner sehr hoch ist. Das veranschaulicht schon ausreichend, dass hier das falsche Medium für Rundfunkzwecke missbraucht werden soll. Die Wikipedia selbst ist ein gutes Beispiel für sachgerechte Internetanwendung: der Informationssuchende gibt das Lemma ein und erhält sofort die Informationen die er im Moment benötigt. Rundfunkinhalte legen das Informationsnetz sinnlos lahm, da der Rundfunknutzer nichts bleibendes auf seinen Rechner bekommt, da wegen dem Urheberrecht die Streams nicht gespeichert werden. Das Internet hat zudem den Vorteil dass der Internetnutzer nicht mehr an Sendezeiten gebunden ist, sondern die Information die der Nutzer sucht bekommt er sofort, oder nach einer gewissen Downloadzeit. Durch die Idee, Rundfunkinhalte über das Internet übertragen zu wollen, werden die normalen Internetnutzer behindert, da das Internet als Ganzes durch die Rundfunkinhalte wesentlich langsamer wird, denn Datenübertragung braucht Zeit. Wichtige Infrastruktur, die für den Austausch von Daten zwischen Computern ausgelegt ist, wird für Rundfunkinhalte missbraucht, und der Wirtschaft enststeht dadurch Schaden, da wichtige Datenübertragungen nur deshalb behindert werden, weil irgendjemand meint, er müsse über das Internet Rundfunkinhalte nutzen, die über Satellitenempfang, wesentlich umfangreicher und in besserer Qualität, frei verfügbar sind.
Das Internet ist zudem ein Privatnetz und kein öffentlich-rechtliches Netz. So lange die Daten des öffentlich-rechtlichen Rundfunksenders durch teure private Computernetzwerke fließen müssen um beim Empfänger anzukommen, während sie diese lahm legen, sollten private Internetbetreiber die IPs der öffentlich-rechtlichen Streamingsender sperren. Durch IP-Sperrung sind demnach Internetanschlüsse möglich die keine öffentlich-rechtlichen Rundfunkinhalte empfangen können, und die deshalb ebenfalls von der Gebühr, die ab dem Jahr 2007 eingeführt werden soll, befreit werden sollten.
Außerdem ist der Willkür der Rundfunkanstalten Tür und Tor geöffnet, da diese beliebige bereits verbreitete technische Kommunikationsgeräte nachträglich in gebührenpflichtige "Rundfunkempfänger" "umwandeln" können, indem sie Rundfunksendungen zusätzlich auch über deren jeweilige Kommunikationswege verbreiten, wie dies z.B. bei Internet-PCs, die es schon lange vor den ersten "Internet-Rundfunksendungen" gab, bereits der Fall war.
In einem Interview Anfang August 2006 vertrat die ARD dazu den Standpunkt, dass eventuell eine einfache Radiogebühr als Gebühr für neuartige Rundfunkempfangsgeräte angebracht wäre. [3]
Quellen
- ↑ Das 8. Rundfunkgebührenänderungsgesetz (pdf)
- ↑ Der Staatsvertrag bei der GEZ (pdf)
- ↑ ARD-Interview zur Radiogebühr für neuartige Rundfunkgeräte