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Faust. Der Tragödie zweiter Teil

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Faust - Der Tragödie zweiter Teil, kurz: Faust II, schließt an Faust I an und wurde von Johann Wolfgang von Goethe 1832 abgeschlossen.

Goethe arbeitete mit Unterbrechungen über sechs Jahrzehnte am Fauststoff, den er bereits in seiner Kindheit kennengelernt hatte. Der zweite Teil der Dichtung bildete das "Hauptgeschäft" seiner letzten Lebensjahre und erschien postum 1832. Im Unterschied zum ersten Teil stehen nicht mehr das Seelen- und Gefühlsleben des einzelnen Menschen im Mittelpunkt, sondern historische Ereignisse, mythologische Themen und am Ende eine soziale Vision.

Inhaltsangabe, Interpretation

Peter Stein, der Regisseur der ungekürzten, 21-stündigen Gesamtaufführung im Jahr 2000 zum Inhalt:

  • Faust II besteht aus fünf Akten, die jeweils für sich relativ abgeschlossene Episoden darstellen.
  • Das Tragödienhafte des Faust II liegt darin, dass auf des Menschen Tun das Desaster folgt und daraufhin die Bestrafung und aus dem dann folgenden Tun wieder das Desaster resultiert, wodurch das tragische Paradox entsteht, dass Lernen nicht möglich ist, es ohne Lernen aber auch nicht geht, es also immer neue Fehler geben wird.
  • Die Handlung von Faust II läßt sich um den Begriff der Projekte einordnen. Im 1. Akt bemüht sich Faust um eine Wirtschafts- und Kulturreform, im 2. und 3. Akt um die Suche und den Besitz Helenas, und im 4. und 5. Akt um eine Militärreform und um die Realisierung seines Landgewinnungsprojekts. Diese drei großen Kreisbewegungen enden alle mit dem Scheitern Fausts.

Der folgende Wikipedia-Kommentar macht auf die Komik in dieser Tragödie aufmerksam und auf ihr optimistisches Ende. Diese Aussage wird der von Peter Stein gegenübergestellt. Kunst ist immer interpretierbar bzw. fordert dem Rezipienten seine persönliche Interpretation ab.

Erster Akt

  • Gesang des Ariel:

„Wenn der Blüten Frühlingsregen / Über alle schwebend sinkt, / Wenn der Felder grüner Segen / Allen Erdgebornen blinkt, / Kleiner Elfen Geistergröße / Eilet, wo sie helfen kann, / Ob er heilig, ob er böse, / Jammert sie der Unglücksmann.“

Faust erwacht an einem Frühlingsmorgen in „Anmutige[r] Gegend“. Elfen haben ihn in Tau aus Lethes Flut gebadet und ihm den Schlaf des Vergessens bereitet.

Analog dem ersten Teil hat Goethe auch in Faust II einen großen Eingangsmonolog vorangestellt: Im Dämmerlicht des anbrechenden Tages wartet Faust auf den Sonnenaufgang. Das „ewige Licht“ der Sonne symbolisiert in dieser Szene Erkenntnis. Als sie endlich hinter den Berggipfeln hervortritt, trifft ihr gleißendes Licht seine Augen so schmerzhaft, dass er sich abkehrt. Das Erhellen letzter Geheimnisse ist dem Menschen nicht gemäß. Die blendende Sonne korrespondiert mit der Beschwörung des Erdgeistes in der ersten Szene von Faust I. Als dieser sich endlich "in der Flamme" gezeigt hatte, musste sich Faust abwenden. „Schreckliches Gesicht!“ und „Weh! Ich ertrag' dich nicht!“

Doch lässt das „Flammenübermaß“ in Faust eine Einsicht aufblitzen, die er sich als Frage formuliert:

„Ist´s Lieb´? Ist´s Hass? die glühend uns umwinden, / Mit Schmerz und Freuden wechselnd ungeheuer,“ [...]

Es bleibt dem Zuschauer/Leser überlassen, ob er in dem Antagonismus von sozialen Regungen und Aggressivität das erkennt, „was die Welt im Innersten zusammen hält“.

Die ersten Worte Fausts in diesem Monolog waren dankbar an die Erde gerichtet. Ihren Anblick sucht er wieder, „zu bergen uns im jugendlichsten Schleier“. „Jugendlichst“ und „Schleier“ meint Unkenntnis. Vom „Feuermeer“ in seine menschlichen Schranken gewiesen, wendet er sich dem Leben zu. Hier sucht er nun die ihm zugehörige Daseinsform. Die Erde symbolisiert Leben. Das muss und kann Faust fortan genügen. Nicht in der Welt des Geistes, sondern im Weltgeschehen wird er jetzt „zum höchsten Dasein immerfort [] streben“.

Er sieht auf einen Wasserfall. Wasser ist ein Symbol und poetisches Gleichnis für Zeit. Über dem Getöse, in seinem Tröpfchendunst, steht ein sich ständig erneuernder Regenbogen: „bald rein gezeichnet, bald in Luft zerfließend“.

„Der spiegelt ab das menschliche Bestreben. / Ihm sinne nach und du begreifst genauer: / Am farbigen Abglanz haben wir das Leben.“

Symbolisch verbindet der Regenbogen Himmel und Erde. In Goethes Metaphorik bildet „des bunten Bogens Wechseldauer“ den ständigen Perspektivenwechsel ab, aus dem heraus der nach Wissen strebende Mensch die Welt erlebt: Von sinnlicher Wahrnehmung aufsteigend zu Erkenntnis und aus der Welt des Geistes wieder zurück zu Natur und Gegenständlichkeit. Die Welt als Wille und Vorstellung hat es Schopenhauer genannt.

Die nächste Szene spielt am Kaiserhof. Mephistopheles schleicht sich in der Rolle eines neuen Hofnarren ein und weiß Rat, wie die leere Staatskasse wieder gefüllt werden kann. Er überredet Kaiser und Hofleute, Papiergeld einzuführen. Der Kaiser kann nun befehlen: „So sei die Zeit in Fröhlichkeit vertan! / Und ganz erwünscht kommt Aschermittwoch an. / Indessen feiern wir auf jeden Fall / Nur lustiger das wilde Karneval“.

Nach dem Mummenschanz des Karnevals fordert der Kaiser von Faust, Helena und Paris herbeizuschaffen, die Urbilder menschlicher Schönheit. Faust: „Erst haben wir ihn reich gemacht, / Nun sollen wir ihn amüsieren“. Mephistopheles weiß, wo die Mittel hierfür zu finden sind. Er schickt Faust in die Tiefe, ins Reich der „Mütter“, den Bewahrerinnen der Mythen. Dort wird er das erforderliche Rüstzeug in Gestalt eines Dreifußes finden. Mit dem Schlüssel, den der Teufel ihm mitgibt, soll er den Dreifuß berühren. Dann wird ihm das antike Requisit willig in die Oberwelt folgen.

Datei:Paris und Helena.jpg
Der Kaiser will, es muß sogleich geschehn,
will Helena und Paris vor sich sehn;
das Musterbild der Männer so der Frauen
in deutlichen Gestalten will er schauen.
Geschwind ans Werk! ich darf mein Wort nicht brechen.

Gemälde von Jacques-Louis David (1788).

Faust besteht den bedenklichen Gang zu den Müttern. Die Inszenierung gelingt und schlägt um in Komik: Faust verwechselt die von ihm geschaffenen Kunstgebilde mit der Wirklichkeit, wird auf Paris eifersüchtig, mischt sich in den Spuk ein und will Helena und Paris trennen! Es kommt zu einer Explosion, Faust sinkt zu Boden. Mephistophles trägt den ohnmächtigen Faust auf der Schulter weg und spricht zum Publikum: „Da habt ihr´s nun! mit Narren sich beladen, / Das kommt zuletzt dem Teufel selbst zu Schaden.“

Zweiter Akt

Mephistopheles hat den bewusstlosen Faust in seine alte Studierstube versetzt. Im Laboratorium nebenan trifft er dessen emsigen Famulus Wagner, der gerade dabei ist, eine wissenschaftliche Großtat zu vollbringen: Er schafft einen künstlichen Menschen, den Homunculus. Das zarte Kunstgebilde vermag aber nur in seiner Phiole zu existieren. Nicht von ungefähr ist bei seiner Herstellung der Teufel anwesend. Homunculus begrüßt ihn mit: „Du aber, Schalk, Herr Vetter, bist du hier? / Im rechten Augenblick, ich danke Dir“.

Nach der gescheiterten Helena-Beschwörung am Kaiserhof führt Homunculus Mephisto und den noch immer ohnmächtigen Faust durch die Lüfte zu der klassischen Walpurgisnacht. Der Szenenwechsel zeigt zunächst die „Pharsalische[n] Felder[n]“, das antike Schlachtfeld, auf dem Pompeius von Caesar besiegt wurde. Es herrscht "Finsternis". "Wachfeuer glühen, rote Flammen spendende, / Der Boden haucht vergoss´nen BLutes Widerschein." Homunculus in seiner leuchtenden Phiole schwebt "Über [diesem] Flamm- und Schaudergrauen" wie ein "Meteor", verbreitet Licht und beendet damit die "gespenstisch[e]" Stimmung. Faust erwacht. Ihm fließen neue Kräfte zu, als er den Boden fühlt, auf dem die Gottheiten und Heroen der klassischen Antike zu Hause sind. Der mittelalterliche, nordische Teufel fühlt sich dagegen fehl am Platze. Doch zu seiner Verwunderung erkennt er in einigen antiken Schreckgestalten „Nahverwandte“. Von den Phorkyaden, dem Inbegriff des Häßlichen und Nächtlichen, borgt er sich schließlich Gestalt und Erscheinung aus.

Faust sucht in den mythologischen Gefilden nach Helena, Homunculus nach der Vervollkommnung zum ganzen Menschen. Am Ende der klassischen Walpurgisnacht zerschellt Homunculus am Muschelwagen der schönen Meeresgöttin Galatea. Es entsteht ein Meeresleuchten. Die hier hymnisch gesteigerte Dichtung lässt den Zuschauer/Leser eine Liebesvereinigung von Geist und Schönheit ahnen, aus der Helena wiedergeboren wird.

Dritter Akt

Helena ist angekommen. In klassischem Versmaß, in Hexametern, spricht sie zum Publikum. In Gestalt der antiken Phorkyas treibt Mephistopheles die ratlose Helena Faust in die Arme. Beide werden ein Paar. Die Verbindung symbolisiert die Epoche der Renaissance: Die Rückbesinnung auf die klassische Antike (Helena) am Ende des christlichen Mittelalter (Faust). Der Sohn von Faust und Helena, Euphorion, steht für die deutsche Klassik. Ihr Höhepunkt ist zur Zeit der Entstehung von Faust II bereits überschritten. Euphorion stürzt sich bei seinem übermütigen Himmelsflug zu Tode. Helena verlässt Faust und folgt ihrem Sohn in den Hades. Helena: „Ein altes Wort bewährt sich leider auch an mir: / Dass Glück und Schönheit dauerhaft sich nicht vereint“.

Vierter Akt

Faust und Mephistopheles sind zum Kaiser zurückgekehrt, der sich im Krieg mit einem Gegenkaiser befindet. Mit Hilfe der von Mephistopheles bestellten Berggeister erringen sie den Sieg über den Gegenkaiser. Faust erbittet sich als Dank den Strand des Reiches. Dort will er Meeresboden entwässern und urbar machen.

Fünfter Akt

Gerettet ist das edle Glied
der Geisterwelt vom Bösen,
wer immer strebend sich bemüht,
den können wir erlösen.
Und hat an ihm die Liebe gar
von oben teilgenommen,
begegnet ihm die selige Schar
mit herzlichem Willkommen.

Dantes Himmelsspirale von W.Blake (1824/27)

In seiner Maßlosigkeit verursacht Faust den Tod dreier Menschen, eines Wanderers und des friedlichen alten Ehepaars Philemon und Baucis. Mittlerweile hundert Jahre alt und blind, hält er die lärmenden Spaten, die sein Grab schaufeln, für die Gerätschaften seiner Arbeiter. Er plant, einen Damm aufschaufeln zu lassen, um dem Meer Land abzugewinnen für Besitzlose. „Nicht sicher zwar, doch tätig-frei zu wohnen“. Faust hat endlich den Sinn des Lebens gefunden: Das Wirken für die Mitwelt, Tätigsein für Andere, die ihrerseits aber eigenverantwortlich bleiben. „Nur der verdient sich Feiheit wie das Leben, / Der täglich sie erobern muss.“ Das gefahrvolle Leben der künftigen Küstenbewohner veranschaulicht diese Eigenverantwortung.

Dass er „vielen Millionen“ Räume eröffnet, wird ihm im Gedenken der Menschheit Unsterblichkeit einbringen. „Es kann die Spur von meinen Erdentagen / nicht in Äonen untergehen. - / Im Vorgefühl von solchem hohen Glück / Genieß´ich jetzt den höchsten Augenblick“. Nun kann er sagen: „Verweile doch, Du bist so schön!“. Mit dem Ausspruch dieser Formel hat er die Teufelswette verloren.

Die Gnade aber setzt dem Teufel Grenzen. „Wer immer strebend sich bemüht, / den können wir erlösen“. Während der Grablegung Fausts lenken die Engel Mephistopheles mit homoerotischer Neckerei ab - eine Posse nach Art des Jahrmarkts- und Volkstheaters - und entführen Fausts „Unsterbliches“. Der genarrte Teufel geht leer aus.

  • Epilog:

Alles Vergängliche / Ist nur ein Gleichnis; / Das Unzulängliche, / Hier wird's Ereignis; / Das Unbeschreibliche, / Hier ist es getan; / Das Ewig-Weibliche / Zieht uns hinan.

„Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis“ steht für ein zyklisches Zeitverständnis [Gegensatz: Lineare Zeitbetrachtung]. Nietzsche hat diese Sicht des Historischen die „ewige Wiederkehr“ genannt. In ihr sieht er das Kennzeichen des Ursprünglichen. Zyklisches Zeitverständnis fordern Biologie, Meteorologie, Psychologie und der Mythos. Mythische Themen haben exemplarischen Charakter. „Die Abbreviatur der Erscheinung“ hat Nietzsche den Mythos genannt. Faust II ist voll von mythischen und his„“torischen Anspielungen.

„Das Unzulängliche, hier wird´s Ereignis“ beschreibt die Vervollkommnung der stets unzulänglichen Wirklichkeit durch Kunst, im Spiegel der Kunst. Das Kunsterlebnis wird zum „Ereignis“ durch die Suggestion, die von aller großen Kunst ausgeht. Sie hebt für den Augenblick die Aporien und Gegensätze auf.

„Das Unbeschreibliche, hier ist es getan“ nimmt Bezug auf die Worte des Herrn während des Prologs im Himmel [Faust I], im Beginn der Dichtung. Dort hatte er gefordert: „Und was in schwankender Erscheinung schwebt, befestiget in dauerndem Gedanken.“ Das Dichtergenie vermag, Schwierigstes in Worte zu fassen.

Das „Das Ewig-Weibliche“: Zahlreiche Strebungen und Vorgänge, die für „Das Werdende, das ewig wirkt und lebt“ (V.346) stehen, sind im Deutschen ein Femininum: Die Liebe, die Hoffnung, die Geburt, die Mütter, aber auch Kunst und Dichtung als „Gestaltung, Umgestaltung / Des ewigen Sinnes ewige Unterhaltung“(V. 6287/88). Während in Faust II das Tätige und Gewaltsame geradezu als ein ´Ewig-Männliches´ dargestellt wird, erscheint „Das Ewig-Weibliche“ unter einer weiblichen Form [A.Schöne (1994), S.817].

Gretchens Apotheose, als sie unter den himmlischen Heerscharen wieder erscheint, allegorisiert „Das Ewig-Weibliche“.

Lesedrama

Faust II ist von Goethe als Lesedrama konzipiert worden und weniger für den Theaterspielplan. Die Gedankenfülle der 7497 Verse erschließt sich nur durch mehrmaliges Lesen.

Bedeutende Inszenierungen

  • 4. April 1854:(??) Uraufführung am Hamburger Schauspielhaus
  • 1875 /76 - Uraufführung, inklusive des postum 1832 veröffentlichten zweiten Teils, im Hoftheater zu Weimar von Otto Devrient. Diese Inszenierung, die Devrient auch in Berlin, Köln und Düsseldorf zur Aufführung brachte, hatte noch einen starren dreigliedrigen Bühnenbau. Zusätzliche Aufbauten waren für schnelle Szenenwechsel erforderlich. Übrigens ist dies der erste Weimarer Faust seit 1829.
  • 1949 - In Hannover macht Alfred Roller mit seinem „Aluminium-Faust“, in der Titelrolle Gerhard Just, den Neuanfang nach dem Krieg. Ostern war Faust I zu sehen und Faust II am 28. August. Roller bricht mit den Prinzipien der Faust-Inszenierungen des 19. Jahrhunderts. Die Bühne von Rudolf Schulz bestand aus einem halb-kugelförmigen Gerüst aus Leichtmetall. Im Hintergrund spiegelte eine Aluminiumwand die Lichtreflexe (der Phantasie). Das Metallische symbolisiert das Kosmische. Die Räumlichkeiten vom Studierzimmer bis zum Kerker werden nur angedeutet. Die fünfstündige Version von Faust I wies nur einen Strich auf: der Walpurgisnachtstraum entfiel. Auerbachs Keller war eine derbe Saufszene, die Walpurgisnacht mit Lichtreflexen auf der metallenen Wand eine Sinnesorgie. Faust war nicht mehr die wohlredende Prunkfigur des 19. Jahrhunderts, sondern der an seinem Wissen und Denken verzweifelnde Mensch, der abtrünnige Humanist.
  • 1956/57 - Im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg erfolgt unter der Regie und Intendanz (ab 1955) Gründgens´s die Neuinszenierung des Faust mit Will Quadflieg (Faust), Gustaf Gründgens (Mephisto), Ella Büchi (Gretchen), Elisabeth Flickenschildt (Marthe), Max Eckard (Valentin), Eduard Marks (Wagner), Uwe Friedrichsen (Schüler). Gustav Gründgens erarbeitete sich mit seinem Bühnenbildner Teo Otto Schritt für Schritt die entrümpelte Fassung. Beide bekannten sich zu ihrer „Einfallslosigkeit“ und zeigten die Bühne als nacktes Gerippe. Gründgens entwickelt seine Konzeption anhand des Vorspiels auf dem Theater. Entsprechend ist alles (Himmel, Hölle, große oder kleine Welt) die Welt des Theaters. Diese gefeierte Neufassung beider Teile (?) gastiert auch in Moskau und wurde 1960 mit größtem Erfolg verfilmt. Lediglich in der DDR wurde der zweite Teil negativ gesehen (Faust als kapitalistischer Ausbeuter). Damit begannen in der DDR die Bemühungen, Faust II zu übertreffen.
  • 1977 - In Stuttgart inszenierte Claus Peymann, Achim Freyer und Hermann Beil einen frivolen Spieltext. Faust I und II an zwei Tagen als zusammenhängendes Stück zur Geschichte des Heraustretens aus dem Mittelalter bis zur Entwicklung des Bürgertums. Das Bühnengerüst ist z.T. dreistufig. Ganz oben residiert der Herr mit seinen Engeln, Fausts Welt bleibt zunächst dunkel. Die Beleuchtungstechnik erschließt beispielsweise die Gretchen-Szene. Alle Szenen wurden durch Striche gekürzt mit Ausnahme der Zueignung und des Prologs im Himmel. Die Vorstellungen des Faust waren in Stuttgart zwei Jahre ausverkauft. Große Teile des jugendlichen Publikums umjubelten die Darsteller. Als Peymann Stuttgart 1979 aus politischen Gründen verlassen musste, lagen so viele schriftliche Bestellungen vor, dass der Faust fünf Jahre hätte gespielt werden können. Martin Lüttge (Faust), Therese Affolter (Gretchen).
  • 2000 - von Peter Stein; erste professionelle Gesamtaufführung beider ungekürzter Teile - mit Bruno Ganz als „alter“ und Christian Nickel als „junger“ Faust. Johann Adam Oest und Robert Hunger-Bühler teilten sich die Rolle des Mephisto. Dorothee Hartinger gab die Margarete. Insgesamt waren 80 Mitarbeiter, davon 33 Ensemble- Schauspieler beschäftigt. Sponsoren: EXPO 2000, Deutsche Bank, DaimlerChrysler, Mannesmann, Ruhrgas,die Deutsche Bundesregierung, der Berliner Senat, die Stadt Wien und 850 Privatsponsoren. Premiere am 22./23. Juli und Serie bis 24.September 2000 auf der Expo 2000 in Hannover, Gastspiel in Berlin (21.Oktober 2000 bis 15. Juli 2001) und Wien (8.September bis 16. Dezember 2001). Die Aufführungsdauer (ìncl. Pausen) betrug 21 Stunden, reine Spielzeit 15 St., aufgeteilt auf zwei Wochenend- bzw. sechs Abendvorstellungen, in eignens für dieses Großprojekt adaptierten Hallen. In den beiden Spielhallen wurden 18 unterschiedliche Bühnenräume realisiert, zwischen denen das Publikum gehend wechselte.

Vertonungen

Literatur

  • Albrecht Schöne: Johann Wolfgang Goethe. Faust. Kommentare.

Frankfurt a.M. (Deutscher Klassikerverlag) 1994, 2.Auflage ISBN 3-618-60270-7

  • Gero von Wilpert: Goethe-Lexikon. Stuttgart (Kröner) 1998, ISBN 3-520-40701-9
  • Theodor W. Adorno: Zur Schlußszene des Faust. In: Noten zur Literatur. Frankfurt a.M. (Suhrkamp) 1974.
  • Gerhard Kaiser, Ist der Mensch zu retten? Vision und Kritik der Moderne in Goethes Faust
  • Ulrich Gaier, Fausts Modernität
  • Ulrich Gaier, Faust-Dichtungen
  • Michael Jäger, Fausts Kolonie, Goethes kritische Phänomenlogie der Moderne
  • C. Eller u. T. Kaminski, Faust-Spektrum
  • Oskar Negt: Die Faust-Karriere. Vom verzweifelten Intellektuellen zum gescheiterten Unternehmer 2006


Wikisource: Faust II – Quellen und Volltexte