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Friedrich Theodor Vischer

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Friedrich Theodor Vischer (* 30. Juni 1807 in Ludwigsburg; † 14. September 1887 in Gmunden am Traunsee) war ein protestantischer Theologe und deutscher Schriftsteller und Politiker.

Vischer wurde als Neffe Schiller und Sohn des Oberhelfers (vgl. einem Superintendenten) Christian Friedrich Benjamin Vischer und der Christiane Stäudlin, einer Schwester des Gotthold Stäudlins, geboren und hatte zwei Geschwister. Als der Vater, der zuletzt als Militärseelsorger arbeitete, an Flecktyphus starb, zog die Familie nach Stuttgart. Dort besuchte Vischer das Gymnasium. Ab 1821 besuchte er dann zusammen mit David Friedrich Strauss das niedere Seminar Blaubeuren, in dem er 1825 das Abitur ablegte.

Hiernach begann Vischer in Tübingen das Studium der Theologie, Philosophie und Philologie. Vischer hörte auch u.a. Dogmatik bei Johann Christian Friedrich Steudel, der ihn aber langweilte und wurde so vor allem von Ferdinand Christian Baur beeinflusst. 1829 lernte Vischer Ludwig Uhland und Justinus Kerner und freundete sich mit Eduard Mörike an. Auch ein Besuch Friedrich Hölderlins in seinem Turm fällt in diese Zeit. 1830 legte er dann das theologische Examen (Note Ia) ab, erhielt zudem eine Silbermedaille für seine Predigt und promoviert schließlich 1832 und legte das zweite theologische Examen ab.

Schon nach dem ersten Examen ging Vischer in das Vikariat nach Horrheim. 1831 wurde er dann Repetent in Maulbronn. Nach der Promotion begab er sich auf eine Magisterreise über Göttingen, Berlin, Dresden, Prag und Wien nach München. In Göttingen bei seinem Onkel Carl Friedrich Steudlin, lernte er Shakespeare kennen, in München sah er Aufführungen von Franz Grillparzer, Johann Nepomuk Nestroy und Ferdinand Raimund und beschäftigte sich mit Peter Cornelius, Karl Rottmann und Julius Schnorr von Carolsfeld. 1834 fand Vischer dann als Repetent an das Tübinger Stift, wozu noch eine erfolgreiche Bewerbung auf eine Pfarrstelle in Herrenberg rückgängig gemacht werden musste. Bei Antritt der Repententenstelle war Vischer jedoch innerlich bereits der Universitätstheologie entfremdet.

So nahm er für November 1835 eine Stelle als Privatdozent für Ästhetik und deutsche Literatur in Tübingen an und habilitierte sich mit der hierzu nachgereichten Schrift Über das Erhabene und das Komische. 1837 konnte er gegen einigen Widerstand dann zum außerordentlichen Professor ernannt werden. In diesem begann er auch, zusammen mit David Strauss den gegen den orthodoxen Hegelianismus Berlins aufbegehrenden Arnold Ruges in den Jahrbüchern für wissenschaftliche Kritik zu unterstützen und selbst die links-hegelianischen Hallischen Jahrbücher für deutsche Wissenschaft und Kunst herauszubringen. Über diese Mitarbeit und einen Streit über dessen Werk Der alte und der neue Glaube  kam es dann zum Bruch mit Strauß. Schon zuvor hatte sich Vischer von Karl Rosenkranz distanziert. Zuletzt führte Ruges' indifferenten Haltung gegenüber Bruno Bauer dann auch zum Ende der Mitarbeit an den Jahrbüchern.

Vom Sommer 1839 bis in den Herbst 1840 bereiste Vischer Italien und Griechenland und hielt darauf dann auch Vorlesungen zur Kunstgeschichte und Malerei, aber auch Kollegien zu Goethe, insbesondere den Faust, und Shakespeare, die stark frequentiert wurden. 1844 wurde er zum ordentlichen Professor ernannt und erhielt den neu geschaffenen Lehrstuhl für Ästhetik und deutsche Literatur. Das in der Antrittsvorlesung hervorgebrachte Bekenntnis zum Pantheismus mündete dann aber über einige Kritik der Kollegen und einen wollwollenden Fackelzug der Studenten 1845 in eine zweijährige Suspendierung bei vollen Bezügen.

Eine kurz darauf folgende erste Sammlung politischer Beiträge, erschienen als Kritische Gänge, wurde kurz nach der Veröffentlichung indiziert. Die Beendung von Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen gelang dennoch. Ab 1847 hielt Vischer dann wieder Vorlesungen, zog kurz darauf (1848) aber als Abgeordneter des Kreises Reutlingen/Urach für die Linksdemokraten in die Frankfurter Nationalversammlung und trat nun als vehementer Kritiker Bismarcks (nach dem Frankreich-Feldzug dann als dessen Befürworter) auf. 1849 fand er sich enttäuscht wieder in Tübingen ein, stieß nun aber auf nahezu offene Ressentiments, sodass er ab 1855 als Dozent für Ästhetik und deutsche Literatur an das Polytechnicum in Zürich ging. 1857 vollendete er seine Ästetik oder Wissenschaft des Schönen (6 Bde.), die bei Heinrich von Treitschke Bewunderung , bei Eduard von Hartmann aber Kritik fand, und freundete sich mit Gottfried Keller, Jacob Burckhardt, Gottfried Semper, Mathilde Wesendonck und Richard Wagner an. Kurz nach der Ästhetik folgte mit Auch Einer ein philosophischer Roman.

In den Jahren 1858 und 1860 unternahm Vischer weitere Studienreisen nach Italien. 1862 begab er sich zu einem Kur-Aufenthalt auf Norderney. Dann verfasste der mittlerweile als Goethe-Fachmann bekannte Vischer seine zwiespältig aufgenommene Satire auf Goethes Faust II mit dem Titel Faust. Der Tragödie dritter Teil. (Schon 1836 wurde unter einem Pseudonym eine Posse in diese Richtung veröffentlicht - Den Ärger über die vermeintliche Humorlosigkeit der Philologen verbralisierte Vischer 1885 in einem Nachspiel).

1864 wurde Vischer in die Königlich Bayerische Akademie der Wissenschaften aufgenommen und 1866 dann erneut als ordentlicher Professor nach Tübingen berufen, während ihm in Zürich Karl Reinhold Köstlin folgte. 1867, 1870 und noch einmal 1881 unternahm Vischer weitere Reisen in den Norden Italiens. 1870 erfolgte noch einmal eine (erfolglose) Kandidatur für den württembergischen Landtag. Im selben Jahr verlieh ihm der Württembergische König den mit dem Personaladel verbundenen Kronenorden. Anlässlich seines 80. Geburtstages erhielt Vischer dann von König Karl das Komturkreuz des Friedrichsordens. Vischer, der bis in das hohe Alter lehrte, verstarb am 14. September 1887 auf dem Weg nach Venedig in Gmunden nach einer schweren Infektion.


Literatur

siehe Literaturverzeichnis