Indus-Siegel
Mit Glyptik bezeichnet man die Steinschneidekunst im besonderen Hinblick auf Siegel. Siegel haben in der Kunst Vorderasiens einen hohen Stellenwert. Sie sind oft beschriftet und mit Szenen dekoriert, die wertvollen Hinweise zur Geschichte, Mythologie und soziale Organisation liefern.
Die Indus-Kultur ist nicht besonders reich an monumentalen Kunstwerken. Es gibt zahlreiche, eher bescheidene Tonfiguren, es gibt einige wenige Steinskulpturen und es gibt vor allem die Architektur der Städte, die ein hohes kulturesses Niveau belegen. Daneben sind es aber vor allem die zahlreichen Siegel, die als direkter Ausdruck des Kunstempfindens der Indus-Kultur gewertet werden können.
Die ersten Siegel tauchten 1875 bei den Grabungen von Sir A. Cunningham in Harappa auf, wurden aber zu dieser Zeit nicht weiter beachtet. Erst 1912 erregten sie das Interesse der Wissenschaft als das Britische Museum einige dieser Siegel erwarb und sie von J. f. Fleet veröffentlicht wurden. Seitdem sind mehrere tausend dieser Siegel gefunden worden und sie gelten neben der Architektur als orginelleste Schöffung der Indus-Kultur. Sie widerlegen auch, dass die Indus-Kultur monotom und vollkommen langweilig war, wie es oft behauptet wurde.
Die Indussiegel sind meist quadratisch. Sie sind zum großen Teil aus Steatit gefertigt, obwohl Examplare aus Fritte, Silber, Marmor, Kalzit, Kalkstein und Ton auch belegt sind. Auf der Vorderseite befindet sich in der Regel das Bild eines Tieres. Am beliebtesten war das Einhorn, bei dem es sich aber wohl eher um eine stilisierte Darstellung eines Rindes gehandelt hat. Das Einhorn wird so gut wie immer mit einem weiteren Gegenstand dargestellt. Die Identifizierung dieses Objektes, der vor dem Einhorn steht bereitet Schwierigkeiten. Vielleicht handelt es sich um einen Ständer mit Opfergaben.
Neben dem Einhorn tauchen auf den Siegel, jedoch viel seltener, andere Tiere als einziges Motiv auf, so z.B. Elefanten, der Tiger und das Krokodil. Seltener sind menschliche Figuren, die meist als Gottheiten interpretiert werden.
Oberhalb dieser Figuren finden sich in der Regel Zeichen der Indus-Schrift. In der Tat sind die Siegel die Hauptquelle für diese Schrift.
Wie verschiedene Funde belegen sind die Indus-Siegel auch wirklich als Siegel und nicht nur als Amulette benutzt worden. Sie signalisierten offensichtlich Eigentum und Besitz.
Literatur
- Ute Franke Voigt: Die Glyptik der Harappa-Kultur, In Vergessene Städte am Indus, Mainz am Rhein 1987, ISBN 3805309570, S. 187-195