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Gera

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Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 17. August 2003 um 14:47 Uhr durch Steffen Löwe Gera (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Karte Gera in Deutschland


Gera ist eine kreisfreie Stadt im Bundesland Thüringen. Sie ist nach der Landeshauptstadt Erfurt die zweitgrößte Stadt des Landes.

Daten und Fakten

  • Lage: 12°05' östlicher Länge, 50°52' nördlicher Breite
  • Fläche: ca. 151 km²
  • Einwohner: ca. 112.000 (Frauen: 58.000, Männer: 54.000)
  • Bevölkerungsdichte: 735 Einwohner/km²
  • Höhe: 205 m ü.d.M. (höchster Punkt: 354 m)
  • Kfz-Zeichen: G


Name

Der Name Gera stammt von dem frühgermanischen "ger-aha", was wahrscheinlich "gurgelndes Gewässer" oder "gurgelnder Fluss" bedeutet. Früher versuchte man die Silbe "ger" als "Keil" oder "Speer" zu deuten. Demzufolge hätte der Name "Keilförmiger Landstrich an einem Fluss" bedeutet.
Ursprünglich bezeichnete der Name "Gera" nur einen Landstrich, erst im 12. Jahrhundert entstand in dessen Zentrum eine Siedlung gleichen Namens.


Geschichte

Frühgeschichte

Das Stadtgebiet Geras ist seit der Altsteinzeit besiedelt. In der "Lindenthaler Hyänenhöhle" wurden im 19. Jahrhundert bedeutende prähistorische Funde gemacht. Das älteste Relikt menschlicher Besiedlung im Stadtgebiet ist ein ca. 80.000 Jahre alter Faustkeil, gefunden bei Gera-Pforten.
Um Christi Geburt ist Gera ein Zentrum der Eisenverhüttung. Davon zeugen die Eisenöfen, die in den 1920er und 1930er Jahren bei Gera-Tinz entdeckt wurden und sich heute im Museum für Ur- und Frühgeschichte in Weimar befinden.
Im 6. Jahrhundert verlassen die Germanen im Zuge der Völkerwanderung Ostthüringen, ab dem 8. Jahrhundert ist eine slawische Besiedlung nachweisbar.

Mittelalter

Am 31. März 995 schenkt Otto III. dem Bischof von Naumburg das Gebiet Crossen (nördlich von Gera), in der Grenzbeschreibung wird der Name "Gera" erstmalig erwähnt.
Am 26. April 999 schenkt Otto III. dann das Gebiet Gera seiner Schwester Adelheid, der Äbtissin von Quedlinburg. Danach findet der Name über ein Jahrhundert lang keine Erwähnung mehr. Erst im 12. Jahrhundert tauchen einige "Edle von Gera" namentlich in Urkunden auf, und 1121 und 1146 werden zahlreiche Dörfer im Norden des heutigen Stadtgebietes urkundlich erwähnt, die sich damals im Besitz der Namburger Bischöfe befanden.
1209 erhalten die Vögte von Weida das Gebiet Gera. Aus ihnen gehen die Grafen und Fürsten von Reuß hervor, die die Geschichte der Stadt über sieben Jahrhunderte bestimmen werden.
Wann genau Gera Stadtrecht erhielt, ist nicht bekannt. In einer Urkunde vom 25. Oktober 1237 ist ertmals von den "Bürgern der Stadt Gera" die Rede. Da in einer undatierten Urkunde von ca. 1200 noch vom "Dorf Gera" gesprochen wird, erfolgte die Stadtgründung wahrscheinlich im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts.
Über die ersten Jahrhunderte der Stadt weiß man nicht viel. 1254 soll späteren Quellen zufolge das erste Rathaus errichtet worden sein, die Stadtmauer vermutlich im 14. Jahrhundert. 1450 kommt es zu einer starken Zerstörung im Sächsischen Bruderkrieg, von der sich die Stadt jedoch relativ schnell erholt. Zu Bedeutung kommt nun die Textilproduktion, die für die nächsten Jahrhunderte einen der wichtigsten Erwerbszweige darstellen wird. 1460 wird "Gerisch Tuch" zum ersten Mal auf der Leipziger Messe gehandelt. In dieser Zeit wurden die Grundlagen für die Blüte der Stadt im 16. und 17. Jahrhundert gelegt.

Frühe Neuzeit

Wie schon erwähnt, stellen das 16. und 17. Jahrhundert eine Blütezeit für Gera dar. Tuchherstellung und Handel florieren, auch das Brauwesen ist bedeutend. Nicolaus de Smit (1541-1623), ein niederländischer Tuchhändler, verbessert um 1600 die in Gera angewandten Verfahren zur Tuchherstellung. Das Haus Reuß hat mit Heinrich Posthumus (1572-1635) in dieser Zeit seinen bedeutendsten Vertreter.
Ab 1546 (Schmalkaldischer Krieg) ist Gera offiziell Lehen der böhmischen Krone, der böhmische König hat jedoch keinen Einfluss auf Gera. Dennoch besteht das Lehensverhältnis formal bis 1806/07. Der Dreißigjährige Krieg zieht auch an Gera nicht spurlos vorüber - 1639 zerstört ein von plündernden schwedischen Soldaten gelegtes Feuer die Stadt zu einem Drittel.
Auch später wird Gera noch mehrmals von Katastrophen heimgesucht - 1686 verbrennen zwei Drittel der Stadt bei einem durch Fahrlässigkeit verursachten Stadtbrand. Noch übertroffen wird die Brandkatastrophe aber von dem Stadtbrand am 18. September 1780, bei dem praktisch die gesamte Altstadt in Schutt und Asche gelegt wird.
1802 stirbt die Grafenlinie Reuß-Gera aus, durch Vereinigung mit dem Fürstentum Reuß-Schleiz und später mit Reuß-Ebersdorf entsteht das Fürstentum Reuß jüngere Linie.

Spätere Neuzeit

Vom 11. bis 13. Oktober 1806 weilt Napoleon in Gera, er verlässt es am Morgen des 13. Oktober in westlicher Richtung und siegt am nächsten Tag in der Schlacht bei Jena und Auerstedt.
Nach den Napoleonischen Kriegen setzt schnell die Industrialisierung ein. 1833 nimmt die erste Dampfmaschine den Betrieb auf, und 1859 wird die Eisenbahnstrecke nach Weißenfels eingeweiht. Der wichtigste Erwerbszweig in Gera bleibt weiterhin die Textilproduktion.
1892 erhält Gera als zweite deutsche Stadt eine Straßenbahn: 1893 wird in Gera der Deutsche Arbeiter-Turner-Bund gegründet.
Im Zuge der Novemberrevolution muss der letzte Fürst von Reuß jüngere Linie im Jahr 1918 abdanken, ab 1920 ist GeraTeil des neugegründeten Landes Thüringen.

Zeitgeschichte

Wie überall in Deutschland ist die Zeit der Weimarer Republik auch in Gera von politischer Instabilität geprägt. Beim Kapp-Putsch kommt es 1920 in der Stadt zu Unruhen, bei denen einige Menschen ums Leben kommen. 1925 spricht Adolf Hitler erstmals in Gera.
Als die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 die Macht im Deutschen Reich übernehmen, hat das auch für Gera fatale Auswikungen. Der bisherige Oberbürgermeister, Dr. Kurt Herrfurth, muss in den Ruhestand gehen, um dem Nationalsozialisten Walter Kießling Platz zu machen.
Nachdem es schon 1943/44 zu Bombenangriffen gekommen war, wird die Stadt am 6. April 1945 schwer zerstört. Der Todesmarsch der Buchenwald-Häftlinge führt auch durch Gera.
Am Ende des Zweiten Weltkriegs wird die Stadt am 14. April 1945 von den Amerikanern befreit, dann ab 2. Juli auf Grund alliierter Vereinbarungen sowjetisch besetzt. Durch die Sowjets beginnt nun der Aufbau des Sozialismus.
Von 1952 bis 1990 ist Gera Bezirksstadt (Bezirk Gera), 1959 wird es auch Großstadt.
Ab 1972 entsteht im Stadtteil Lusan das größte Neubaugebiet des Bezirkes, Ende der 1980er Jahre leben dort 45 000 Einwohner.
Trotz allem muss man sagen, dass die DDR-Zeit für Gera eine Blütezeit darstellt. Textilindustrie, Elektronikinductrie und optische Industrie garantieren Tausende Arbeitsplätze, auch das kuturelle Leben ist vielseitig - ab Ende der 70er Jahre findet in Gera aller zwei Jahre das Kinderfilm- und -fernsehfestival "Goldener Spatz" statt, 1981 wird das Kultur- und Kongresszentrum eingeweiht, 1984 finden im Bezirk Gera die Arbeiterfestspiele der DDR statt.
Am 22. Oktober 1989 schließen sich in Gera einige Hundert Jugendliche zu einer spontanen Demonstration zusammen, ab 26. Oktober gibt es jeden Donnerstag eine Demonstration. Bis 1990 werden diese Donerstagsdemos durchgeführt.
Am 6. Mai 1990 finden in Gera Kommunalwahlen statt, es siegt die CDU mit Michael Galley. Am 22. Juli desselben Jahres wird Gera Teil des neuen Landes Thüringen. Als größte Stadt des "alten" Thüringen in den Grenzen vor 1933 hatte es sich auch um die Funktion als Landeshauptstadt beworben, war aber in der Abstimmung dem zwar früher preußischen, dafür aber größeren und zentral gelegenen Erfurt unterlegen.
1994 zahlreiche Eingemeindungen von Orten vor allem nördlich und östlich der Stadt, der Landkreis Gera wird aufgelöst. Außerdem wird im selben Jahr der Oberbürgermeister erstmals in Geras Geschichte direkt gewählt, es siegt der parteilose Ralf Rauch. Zwar kann er durch den Bau mehrerer neuer Einkaufszentren den Einzelhandel fördern und größere Handelsketten nach Gera locken, die Ansiedlung neuer Industriebetriebe gelingt jedoch nicht.

Politik

Oberbürgermeister des 20. Jahrhunderts

  • 1898-1918 Ludwig Ernst Huhn (parteilos)
  • 1918-1925 Kurt Herrfurth (parteilos)
  • 1925-1933 Walter Arnold (parteilos)
  • 1933-1936 Walter Kießling (NSDAP)
  • 1936-1945 Otto Zinn (NSDAP)
  • 1945 Rudolf Paul (parteilos)
  • 1945-1948 Friedrich Bloch (parteilos)
  • 1948-1956 Curt Böhme (SED)
  • 1956-1958 Otto Assmann (SED)
  • 1958-1962 Wilhelm Weber (SED)
  • 1962-1988 Horst Pohl (SED)
  • 1988-1990 Horst Jäger (SED)
  • 1990-1993 Michael Galley (CDU)
  • 1993-1994 Andreas Mitzenheim (CDU)
  • 1994-? Ralf Rauch (parteilos)

Sitzverteilung im Stadtrat

  • CDU: 16
  • PDS: 15
  • SPD: 10
  • Arbeit für Gera: 5

Ergebnisse der Bundestagswahl 2002 im Wahlkreis Gera/ Saale-Holzland

Erststimme

  • SPD: 36,6%
  • CDU: 27,1%
  • PDS: 25,0%
  • FDP: 6,3%
  • Grüne: 3,0%
  • NPD: 2,1%

Zweitstimme

  • SPD: 39,5%
  • CDU: 26,4%
  • PDS: 20,1%
  • FDP: 6,1%
  • Grüne: 3,7%
  • NPD: 1,6%
  • Schill: 1,3%
  • REP: 0,6%

Bundestagsmandat: Karsten Schönfeld (SPD)

Geographie

Gera liegt im östlichsten Zipfel des Freistaates nahe der Grenze zu Sachsen im Tal des Flusses Weiße Elster ca. 200 Meter ü.d.M. Die hauptsächlich vertretenen Gesteinsarten sind Kalkstein und Rotliegendes. Im Norden des Stadtgebietes gibt es geringe Vorkommen von Braunkohle, die im 19. Jahrhundert abgebaut wurde.
Bei Gera (Weida) liegt die Stelle des südlichsten Vordringens der eiszeitlichen Gletscher in Deutschland.


Persönlichkeiten

  • Otto Dix, Maler und Grafiker, geboren 1891 in Gera-Untermhaus, gestorben 1969 in Singen
  • Heike Drechsler, Leichtathletin, geboren 1964 in Gera, Olympiasiegerin 1992 und 2000
  • Johann Heinrich Gottfried Koch, Schauspieler und Theaterleiter, geboren 1705 in Gera, gestorben 1775 in Berlin
  • Olaf Ludwig, Radrennfahrer, geboren 1960 in Gera-Thieschitz, Olympiasieger 1988
  • Hans Otto, Schauspieler, geboren 1900 in Berlin, gestorben 1933 in Berlin, spielte 1924-26 am Stadttheater Gera
  • Rudolf Paul, Politiker, geboren 1893 in Gera, gestorben 1978, 1945-1947 Landespräsident von Thüringen
  • Horst Salomon, Schriftsteller, geboren 1929 in Pillkallen, gestorben 1972 in Gera


Sehenswürdigkeiten

  • Schloss Osterstein (größtenteils zerstört 1945)
  • Mohrenplatz
  • Theater Gera/Altenburg (erbaut 1902, Jugendstil)
  • Kunstsammlung/Orangerie
  • Marktplatz mit Simson-Brunnen
  • Rathaus (erbaut 1576, Renaissance)
  • Stadtapotheke (mit außergewöhnlichem, reich verziertem Erker)
  • Kirche St. Johannis (Neogotik)
  • Kirche St. Salvator (Barock)
  • Kirche St. Trinitatis
  • Sorge/Zschochernstraße
  • Höhler der Stadt (frühere Bierkeller)
  • Otto-Dix-Haus
  • Ferbersches Haus (Museum für Angewandte Kunst)
  • Schreibersches Haus (Naturkundemuseum, ältestes Gebäude der Altstadt)
  • An der Wasserkunst
  • Ferberturm
  • Fuchsturm
  • Gladitschturm
  • Tierpark (seit 1973)
  • Lasur


Kultur und Bildung

  • ca. 40 Schulen
  • Stadt- und Regionalbibliothek mit Hauptstelle und 5 Zweigstellen im Stadtgebiet
  • Volkshochschule
  • Theater mit 3 Gebäuden (Großes Haus, Kammerspiele, Kleines Theater
  • Kino (UCI)
  • Kabarett "Fettnäppchen"
  • Kultur- und Kongresszentrum
  • verschiedene Kunst- und Kulturfestivals (siehe Veranstaltungen)


Wirtschaft

vor 1990:

  • Werkzeugmaschinenbau
  • Textilindustrie
  • Elektronik/Gerätebau
  • Außenstellen von Carl Zeiss Jena (Lusan, Keplerstraße)
  • Brauerei

heute:

  • Gewürzherstellung
  • Kosmetikartikel
  • Margarineherstellung
  • Einkaufszentren (u. a. Gera-Arcaden, Amthor-Passage, Elster-Forum)
  • Arbeitslosenquote: 19,2% (10.400)


Verkehr

  • Länge des Straßennetzes: 507 km
  • zugelassenem Kfz: 56.024
  • Autobahn A 4 (Anschlussstellen Gera-West und Gera-Leumnitz, in Planung Anschlussstelle Gera-Bieblach)
  • Bundesstraßen B 2, B 7, B 92
  • 2 Straßenbahnlinien, eine dritte in Bau (gegenwärtige Netzlänge: 14,5 km)
  • 13 Buslinien
  • täglich im Nahverkehr beförderte Personen: 60.500
  • 7 Bahnhöfe (Verbindungen u. a. nach München, Rostock, Göttingen)
  • Flugplatz

Stadtteile

  • Bieblach
  • Bieblach-Ost
  • Debschwitz
  • Frankenthal
  • Langenberg
  • Leumnitz
  • Liebschwitz
  • Lusan
  • Pforten
  • Tinz
  • Untermhaus
  • Zwötzen


Veranstaltungen

  • Goldener Spatz (seit 2003 gemeinsam mit Erfurt)
  • Geraer Ballett-Tage (seit 1979)
  • Maifest
  • Tierparkfest
  • "Sommernachtstraum" (Stadtparkfest)
  • "Alles Theater" (Theatertage)
  • Höhlerfest
  • Dahlienfest
  • Geraer Märchenmarkt (Weihnachtsmarkt)
  • 2007 wird Gera mit Ronneburg Austragungsort der Bundesgartenschau sein.


Sport

Erfolgreich ist Gera vor allem im Speedskating. Im Fußball ist der bedeutendste Verein der 1. FC Gera 03 (früher TSV 1880 Gera-Zwötzen), der in der Thüringenliga spielt. Der bis vor kurzem größte Verein, der 1. SV Gera, musste nach der Saison 2002/2003 Insolvenz anmelden.
Außerdem ist Gera ein Zentrum des Reitsports (Reitsportanlage Gera-Milbitz). Früher spielte Gera auch im Boxen und im Radsport eine Rolle. Zwischen 1967 und 2001 war es 14-mal Etappenort der Internationalen Friedensfahrt.
Es ist bis 2007 eine neue Vierfeld-Sporthalle geplant, es existiert bereits ein modernes Hallenbad. Außerdem gibt es 4 Freibäder.

Partnerstädte