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Lkw-Maut in Österreich

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Mauttafel bei jeder Autobahnauffahrt

In Österreich wurde am 1. Januar 2004 die Gebührenpflicht für alle Kraftfahrzeuge, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t übersteigt, (im Gegensatz zu Deutschland) auf allen österreichischen Autobahnen und Schnellstraßen eingeführt. Damit fallen nicht nur LKW und Autobusse, sondern auch Wohnmobile mit mehr als 3,5 t höchst zulässigem Gesamtgewicht unter die Mautpflicht. Für diese Fahrzeuge fällt andererseits die Vignettenpflicht und die Straßenbenützungsabgabe weg. Außerdem wurde gleichzeitig die Kraftfahrzeugsteuer auf das Niveau von 2000 reduziert und die Mineralölsteuer erhöht.
Das System ging nach der Erprobung pünktlich am 1. Januar 2004 in Funktion.
Mauterhebung gibt es in vielen europäischen Staaten. So wird eine Lkw-Maut in Deutschland geplant und in der Schweiz wird seit Anfang 2001 für LKW die Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) fällig.

System

In Österreich wurde 2002 bis 2003 ein multi lane free flow-Mautsystem entlang der Autobahnen und Schnellstraßen auf DSRC-Basis errichtet. Dies bedeutet, dass das System die Mautabbuchung ohne Geschwindigkeitsverringerung und ohne Benutzung spezieller Fahrspuren vornimmt. Dazu wurden ca. 430 Mautportale über den Fahrbahnen aufgestellt. In den LKW müssen so genannte GO-Boxen an der Innenseite der Windschutzscheiben der Fahrzeuge angebracht werden, die mit den Sendern auf den Portalen auf DSRC-Mikrowellenbasis kommunizieren.
Bei den in Österreich zum Einsatz kommenden GO-Boxen ist nur ein minimaler Installationsaufwand (Ankleben der GO-Box) notwendig, was vom Lenker selbst durchgeführt werden kann und soll. Das Gerät hat eine eigene Stromversorgung (Batterie), die auf 5 Jahre ausgelegt ist.

Die Bedienung der GO-Box ist sehr einfach. Der Fahrer muss vor Fahrtantritt nur die Gesamtanzahl der Achsen von LKW und Anhänger bzw. Bus durch Tastendruck einstellen bzw. überprüfen (2, 3 oder 4 Achsen).

Verrechnung

Die Gebühren werden dabei während der Fahrt (quasi "online") abgerechnet oder von der GO-Box abgebucht. Ein kurzer Piepton beim Durchfahren informiert darüber, ob die Mauttransaktion ordnungsgemäß erfolgt ist. Für die Verrechnung kann entweder auf der GO-Box ein Guthaben bis max. 500 Euro gespeichert werden (das Pre-Pay-Verfahren) oder die Verrechnung erfolgt im Nachhinein über ein Kreditkartensystem, Tankkarten oder die Maestro-Karte (Post-Pay-Verfahren).

Zum Erwerb der GO-Boxen stehen 220 Verkaufstellen (meist Tankstellen) im Inland und im angrenzenden Ausland bereit. Ein direktes Bezahlen der Maut an eigenen Terminals (wie in Deutschland geplant) oder an Vertriebsstellen ist in Österreich nicht vorgesehen. Zur Erfassung der Mautpreller gibt es ca. 100 Portale. Bei diesen Doppelportalen sind jeweils auf dem ersten Portal Scanner, die die Achsanzahl erfassen und mit den Mikrowellensendern gekoppelt sind, die mit der GO-Box kommunizieren. Auf dem zweiten Portal sind Kameras installiert, die bei Ungereimtheiten den LKW zur Erfassung das Kennzeichen fotografieren und die Daten zur Einleitung eines Prüfverfahrens an die Asfinag senden..
Außerdem werden von der Asfinag auch mobile Ermittler (genannt Enforcement-Truppe) eingesetzt, die auch die Vignette der PKW kontrollieren.

Die Mauttarife sind nach der Achsanzahl gestaffelt und betragen netto (ohnne USt) pro Kilometer:


  • LKW/Bus mit 2 Achsen: 0,13 Euro
  • LKW/Bus mit 3 Achsen: 0,182 Euro
  • LKW/Bus mit 4 oder mehr Achsen: 0,273 Euro

Ab 2005 soll eine weitere Staffelung der Mauttarife nach der Schadstoffklasse des mautpflichtigen Fahrzeuges erfolgen, so dass schadstoffärmere Fahrzeuge (EURO 3 und 4) geringere Mauttarife zahlen sollen.

Allerdings gibt es noch 6 Sondermautstrecken, die einen höheren Tarif haben. Dies sind:

Kompatibilität mit ausländischen Systemen

  • Schweiz: Verwendet werden kann statt der GO-Box auch die Schweizer LSVA-Box Tripon.
  • Deutschland: Damit auch ein Zusammenarbeiten mit den deutschen On-Board-Units (OBU) von Toll Collect möglich ist, müssen diese eine Softwareanpassung und eine von der EU empfohlene DSRC-Schnittstelle (Dedicated Short Range Communication) besitzen. Die Softwareanpassung wird von Toll Collect aber beim geplanten Systemstart am 1. Januar 2005 noch nicht implementiert sein. Daher ist nicht zu erwarten, dass die deutschen OBU mit Systemstart in Deutschland in Österreich zur Mautentrichtung nutzbar sein wird.

Betreiber

Errichtet und betrieben wird das Mautsystem von der Firma EUROPPASS, die ein Tochterunternehmen der italienischen Firma Autostrade ist, die 2002 einen Vertrag mit der ASFINAG abgeschlossen hat. Die Vertragsdauer beträgt 10 Jahre mit einer Option auf weitere 5 Jahre.

Ausnahmen von der LKW-Maut

Folgende Fahrzeuge sind nach verschiedenen Gesetzen von der Maut ausgenommen

  • Militärfahrzeuge ("Heeresfahrzeuge")
  • Fahrzeuge des Straßendienstes
  • Blaulichtfahrzeuge
  • Fahrzeuge der öffentlichen Sicherheit (Zollwache,Justizwache)
  • Fahrzeuge für UNO Einsätze

Quelle:ÖAMTC

Chronik

Bereits 1996 wurde ein eigenes Gesetz zur Einführung der LKW-Maut in Österreich beschlossen (Bundesstraßenfinanzierungs-Gesetz), das eine LKW-Maut ab 1998 vorsah. Durch das höchst ungerechte und aufwendige Mautsystem, das damals vorgesehen war, verzögerte sich die Umsetzung von Jahr zu Jahr. Erst nach einer politischen Abstimmung und Erlassung einer neuen, systemneutralen Gesetzesgrundlage (Bundesstraßen-Maut-Gesetz) konnte es 2001 zu einer europaweiten Ausschreibung kommen. Drei Anbieter, die Gebote abgegeben hatten, legten Pläne für Mautsysteme auf Mikrowellen- (DSRC-System) und Satelitenbasis vor. Da sich das einfachere und bereits in mehreren Staaten bewährte DSRC-System - vor allem wegen der günstigeren Betriebskosten - durchsetzte, kam es erst 2002 zur Auftragsvergabe. Auch die deutsche Toll Collect bot in Österreich ihr Satelitensystem an, wurde aber an 3. und letzter Stelle gereiht. Zum Zug kam die italienische Autostrade, die für das operative Geschäft in Österreich 2002 eine Tochterfirma, die Fa. Europpass (Geschäftsname auch "GO Maut") gründete. Am 10. Oktober 2002 wurde das erste Portal österreichweit auf der A2 aufgestellt. Am 22. September 2003 startete der Probebetrieb mit einigen hundert LKW bis Mitte November. Am 26. November 2003 hat Verkehrsminister Hubert Gorbach eine Verordnung erlassen, die den planmäßigen Start erlaubte. Dieser ist auch planmäßig am 1. Januar 2004 erfolgt.

Anlaufschwierigkeiten gab es im Jänner 2004 nur beim Verkauf der GO-Boxen. Betreiber und Frächter schoben sich gegenseitig die Schuld zu. Der Betreiber beklagt, dass die Frächter bis zum letzten Tag gewartet haben, die GO-Box zu kaufen, während die Frächter beklagen, dass sie im Juli schon bestellt hatten, aber keine Boxen bekommen haben. Da auch schon beim Kauf das Computersystem zum Einbuchen benötigt wird, kam es zu hohen Wartezeiten im System. Auch den Banken wird vorgeworfen, die Bonitätsprüfungen, die zur Anmeldung notwendig sind, zu langsam durchzuführen. Die Erkennung der GO-Boxen in den Mautportalen sollte anstandslos funktionieren.

Im März 2004 wurden trotz gegenteiliger Behauptungen des Systembetreibers Europpass die ersten systembedingten Schwierigkeiten durch Beschwerden der Frächter bekannt. So wird beispielsweise bei Staus unter den Mautbrücken dieser Abschnitt mehrfach abgebucht oder die Go-Boxen reagieren nicht bei Durchfahrt. Fahrer, bei denen ein solcher Abschnitt fehlte, wurden als Mautpreller angehalten und mit Strafzahlungen in Höhe von 220 Euro belegt. Öfters tauchten auch Abschnitte auf der Abrechnung auf, die gar nicht befahren wurden. Weiterhin wurde die Art der Rechnungslegung kritisiert, die schon bei mittleren Frächtern leicht 1000 Seiten monatlich umfassen könne. Offensichtlich hat auch das deutlich länger als das Toll Collect System getestete Europpass-System noch deutliche Anlaufschwierigkeiten. (siehe auch z.B. Oberösterreichische Zeitung)

Da trotz aller Bemühungen der Europpass und Asfinag die Probleme mit den nicht erfassten Mautabschnitten unlösbar blieben und die Mautordnung in der 2003 erlassenen Fassung die Fahrer und deren Firmen erheblich belasteten, wurde auf Druck der Wirtschaftskammer die Mautordnung mit Wirkung vom 1. Juli 2004 geändert. Dadurch ist es seither für die Fahrer nicht mehr erforderlich, dass sie ein Stummbleiben der GO-Boxen beim Durchfahren eines Mautportals binnen 5 Stunden UND 70 Kilometer altiv melden müssen. Nunmehr hat die Europpass die rechtliche Möglichkeit, die fehlenden Abschnitte selbstständig nachbuchen, was die Mautzahlung garantiert ohne die Fahrer abzustrafen.

Im Dezember 2003 hat die Autostrade dem deutschen Verkehrsminister Stolpe angeboten, auch in Deutschland innerhalb von sechs Monaten ein funktionierendes Maut-System zu errichten. Die Autostrade war auch bereit, bei verspättrem Beginn des eigenen Mautsystems einen Betrag von 160 Millionen Euro an Deutschland zu zahlen.(Quelle:ORF)

Bereits im ersten Monat sind laut ASFINAG die Einnahmen mit 50 Millionen Euro im Plan. Hochgerechnet auf das Jahr ergibt das 600 Millionen Euro. Das ist genauso viel wie die PKW mit der Mautvignette bezahlen.

Auch bei der Verbrechensbekämpfung konnte die ASFINAG schon im Jänner 2004 mit den gespeicherten KFZ-Kennzeichen mitwirken. Nach einem tödlichen Unfall mit Fahrerflucht musste die ASFINAG nach einem Richterspruch die Daten herausgeben. Der flüchtige Lenker konnte bereits zwei Tage später ermittelt werden.

Bedingt durch so genannte Mautflüchtlinge (=Ausweichverkehr von LKW auf Nebenstraßen) mussten bereits im ersten Halbjahr 2004 zahlreiche Straßenabschnitte, die parallel zur Autobahn verlaufen, für den Durchzugsverkehr mit LKW gesperrt werden. Als Alternative wird eine Mautpflicht für das gesamte Straßennetz sowie über eine PKW-Maut nachgedacht.

Entwickler, Hersteller und Lieferant des Mautsystems

Kapsch TrafficCom AG Wagenseilgasse 1 A-1120 Wien Österreich

Siehe auch: Themenliste Straßenverkehr, Section-Control