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Polonium

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Eigenschaften
Bismut - Polonium - Astat
Te
Po
Uuh  
 
 
Allgemein
Name, Symbol, Ordnungszahl Polonium, Po, 84
Serie Metalle
LD50 6-9 ng/kg
Gruppe, Periode, Block 6 (VIA), 6, p
Aussehen silbrig
Massenanteil an der Erdhülle 2 · 10-14 %
(berechnet aus natürlichen Zerfallsreihen)
Atomar
Atommasse 208,9824
Atomradius (berechnet) 190 (135)pm
Kovalenter Radius -
van der Waals-Radius -
Elektronenkonfiguration [Xe]4f145d106s26p4
Elektronen pro Energieniveau 2, 8, 18, 32, 18, 6
1. Ionisierungsenergie 812,1 kJ/mol
Physikalisch
Aggregatzustand fest
Modifikationen α-Po, β-Po
Kristallstruktur kubisch-primitiv (α-Po)
rhomboedrisch (β-Po)
Dichte (Mohshärte) 9196 kg/m3 (-) (Gilt für α-Po)
Magnetismus unmagnetisch
Schmelzpunkt 527 K (254 °C)
Siedepunkt 1235 K (962 °C)
Molares Volumen 22,97 · 10-6 m3/mol
Verdampfungswärme 102 kJ/mol
Schmelzwärme 60,1 kJ/mol (?13 kJ/mol?)
Dampfdruck 0,0176 Pa bei 527 K
Schallgeschwindigkeit -
Spezifische Wärmekapazität -
Elektrische Leitfähigkeit 2,19 · 106 S/m
Wärmeleitfähigkeit 20 W/(m · K)
Chemisch
Oxidationszustände (-2) 2, 4, 6
Hydride und Oxide (Basizität) (PoO2)x (amphoter)
Normalpotential 0,9 V (Po2+ + 2e- → Po)
Elektronegativität 2,0 (Pauling-Skala)
Vorlage:Gefahrensymbol 1
Isotope
Isotop NH t1/2 ZM ZE MeV ZP
208Po 2,898 a Alpha
Epsilon
5,215
1,401
204Pb
208Bi
209Po 103 a Alpha
Epsilon
4,979
1,893
205Pb
209Bi
210Po 138,376 d Alpha 5,407 206Pb
212Po 304 ns Alpha 8,78 208Pb
214Po 164 μs Alpha 7,69 210Pb
216Po 0,15 s Alpha 6,78 212Pb
218Po 3,05 min Alpha 6,00 214Pb
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt,
gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Polonium ist ein radioaktives chemisches Element mit der Ordnungszahl 84 und dem Elementsymbol Po. Es wird der Elementgruppe der Chalkogene zugeordnet.

Geschichte

Polonium wurde 1898 entdeckt. Seine Entdeckerin Marie Curie nannte es zu Ehren ihres Heimatlandes Polen (lateinisch: Polonia) Polonium. Marie Curie verzichtete auf die Patentierung des Gewinnungsverfahrens, damit die Erforschung dieses Elements ungehindert weitergehen konnte. Für die Entdeckung und Beschreibung von Polonium (zusammen mit Radium) erhielt Marie Curie 1911 den Nobelpreis für Chemie.

Gewinnung und Herstellung

Poloniumisotope sind Zwischenprodukte der Thorium-Reihe und der Uran-Radium-Reihe, wobei letztere das häufigste Isotop 210Po produziert. Polonium kann daher bei der Aufarbeitung von Pechblende gewonnen werden (1000 Tonnen Uranpechblende enthalten etwa 0,03 Gramm Polonium [1]). Dabei reichert es sich zusammen mit Bismut an. Von diesem Element kann man es anschließend mittels fraktionierter Fällung der Sulfide (Poloniumsulfid ist schwerer löslich als Bismutsulfid) trennen.

Heutzutage erfolgt die Herstellung von Polonium jedoch im Kernreaktor durch Neutronenbeschuss von Bismut:

Die Halbwertszeit t1/2 für den Betazerfall von 210Bi liegt bei 5,01 Tagen. Durch Destillation werden die beiden Elemente anschließend getrennt (Siedepunkt von Polonium: 962 °C; Siedepunkt von Bismut: 1564 °C).

Eigenschaften

Polonium ist ein silberweiß glänzendes Metall. Als einziges Metall weist die α-Modifikation eine kubisch-primitive Kristallstruktur auf. Dabei sind nur die Ecken eines Würfels mit Polonium-Atomen besetzt. Diese Kristallstruktur findet man sonst nur noch bei den Hochdruckmodifikationen von Phosphor und Antimon.

Die chemischen Eigenschaften sind vergleichbar mit denen seines linken Perioden-Nachbarn Bismut. Es ist metallisch leitend und edler als Silber.

Polonium löst sich in Säuren wie Salzsäure, Schwefelsäure oder Salpetersäure.

Isotope

Bekannt sind die Polonium-Isotope 190Po bis 218Po[2], welche ausnahmslos radioaktiv sind. Die Halbwertszeiten sind recht unterschiedlich und reichen von etwa 3·10-7 Sekunden für 212Po bis zu 103 Jahren für 209Po. Das wichtigste, natürlich vorkommende Isotop 210Po hat eine Halbwertszeit von 138 Tagen und zerfällt unter Aussendung von Alpha-Strahlung in das Blei-Isotop 206Pb.

Radiotoxikologische Bedeutung

Die größte Gefährdung stellt Polonium als Zerfallsprodukt des radioaktiven Edelgases Radon dar. Radon in der Atemluft ist für ungefähr 10 % aller Lungenkrebsfälle verantwortlich. Die eigentliche Ursache ist nicht das Radongas, sondern die Inhalation der kurzlebigen Radonzerfallsprodukte, die sich im Gegensatz zum gasförmigen Radon im Atemtrakt anreichern. Die unter den Zerfallsprodukten befindlichen Poloniumisotope 210Po, 212Po, 214Po, 216Po und 218Po haben die größte radiologische Wirkung, weil sie Alphateilchen aussenden.

Während Alpha-Strahlung etwa bei äußerer Einwirkung bereits von der Haut abgeschirmt wird, wirkt sie auf den Menschen stark schädigend, wenn Alpha-Strahler in den Körper gelangen. Polonium hat eine biologische Halbwertszeit von ca. 50 Tagen, so dass alle wichtigen Isotope vollständig oder zu einem signifikanten Anteil im menschlichen Körper zerfallen. Darüber hinaus sind Inkorporationen von außen nur schwer zu entdecken und eine Diagnose schwierig, da kaum Gammastrahlung emittiert wird. Reste und Zerfallsprodukte finden sich größtenteils im Kot sowie zu rund 10 % im Urin. Zum Beispiel produzieren 12 µg (millionstel Gramm) Polonium 210 eine Aktivität von ca. 2 GBq (Milliarden Becquerel). Das genügt bei einer Absorptionsmasse von ca. 75 kg um innerhalb von ca. 6 Stunden eine Äquivalentdosis von 10 Sievert zu erzeugen, die allgemein als letale Strahlungsdosis angenommen wird.

Einer speziellen Polonium-Exposition sind Raucher ausgesetzt. Als mögliche Quellen kommen sowohl die im Tabakanbau eingesetzten Phosphatdüngemittel als auch eine Adsorption atmosphärischer Einträge durch die Tabakpflanzen in Frage. Die Anteile der Teer-Kanzerogene und der radioaktiven Exposition am Prozess der Krebsentstehung werden kontrovers diskutiert.[3][4]

Im November 2006 kam das Isotop 210Po in die internationalen Schlagzeilen, als der ehemalige russische Geheimdienstagent Alexander Walterowitsch Litwinenko durch diese Substanz starb.

Verwendung

Polonium wird in Verbindung mit Beryllium in transportablen Neutronenquellen benutzt. Dabei wird die Kernreaktion 9Be(, n)12C zur Erzeugung freier Neutronen genutzt.

In manchen Entelektrisatoren wird 210Po eingesetzt, z. B. in Anlagen, in denen Papier gerollt wird, oder wenn optische Linsen von statischen Aufladungen befreit werden sollen.

210Po wurde historisch auch in kurzlebigen Radioisotopengeneratoren eingesetzt wie z. B. in frühen Satelliten[5]. Heute kommen i. A. nur noch langlebigere Isotope anderer Elemente zum Einsatz.

Auch in Kernwaffen wurde Polonium als Neutronenquelle eingesetzt. So wurden zum Beispiel in den amerikanischen Atombomben Little Boy und Fat Man, die auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen wurden, Initiatoren aus Polonium und Beryllium zum Start der Kettenreaktion verwendet.

Verbindungen

Sauerstoffverbindungen

Poloniumdioxid, (PoO2)x, ist wie das Oxid des Gruppennachbarn Tellur (Tellurdioxid, (TeO2)x) eine ionische Verbindung, die in einer gelben und einer roten Modifikation auftritt. Weiterhin kennt man Poloniumtrioxid (PoO3).

Sulfide

Schwarzes Poloniumsulfid (PoS) erhält man durch Fällung von in Säure gelöstem Polonium mit Schwefelwasserstoff.

Wasserstoffverbindungen

Poloniumwasserstoff (H2Po) ist eine bei Raumtemperatur flüssige Wasserstoff-Verbindung, von der sich zahlreiche Polonide ableiten lassen.

Halogenide

Poloniumhalogenide kennt man mit den Summenformeln PoX2, PoX4 und PoX6. Zu nennen sind Poloniumdifluorid, Poloniumdichlorid (rubinrot), Poloniumdibromid (purpurbraun) und Poloniumtetrafluorid, hellgelbes Poloniumtetrachlorid, rotes Poloniumtetrabromid, schwarzes Poloniumtetraiodid sowie das weiße, leicht flüchtige Poloniumhexafluorid.

Wiktionary: Polonium – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Polonium – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. Holleman, Wiberg; Lehrbuch der Anorganischen Chemie; 101. Auflage; S.635
  2. http://atom.kaeri.re.kr/cgi-bin/nuclide?nuc=Po Polonium Daten bei KAERI (Einem koreanischen Kernforschungsinstitut)
  3. http://www.sueddeutsche.de/panorama/artikel/367/32335/print.html
  4. http://www.qualm-nix.de/umwelt.htm
  5. http://www.ohio.doe.gov/oh_seb/docs/isotopes.pdf Ausführlicher Bericht über Gewinnung und frühe Verwendung von Polonium (und anderen Elementen).