Vorsichtsprinzip
Das Vorsichtsprinzip ist im deutschen Bilanzrecht ein dominierender Grundsatz. Es ist im Vorlage:Zitat de § HGB (Allgemeine Bewertungsgrundsätze) geregelt. Im Absatz 1 Nr. 4 steht:
- Es ist vorsichtig zu bewerten, namentlich sind alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlussstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen, selbst wenn diese erst zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekanntgeworden sind; Gewinne sind nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind.
Das Vorsichtsprinzip ist damit eines der wichtigsten Prinzipien in der doppelten Buchführung nach dem HGB. Es fand sich bereits in der dynamischen Bilanztheorie, die von Eugen Schmalenbach Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt wurde. Das Vorsichtsprinzip wird durch drei spezielle GoB konkretisiert:
Gewinne dürfen erst ausgewiesen werden, wenn sie durch den Umsatzvorgang realisiert worden sind. So ist zum Beispiel eine Bewertung von Aktien zu einem über den Anschaffungskosten liegendem Kurswert nach deutschen HGB nicht zulässig.
Stehen mehrere Werte zur Verfügung, muss immer der niedrigste genommen werden. Vorräte können z. B. nach den Einkaufspreisen oder nach dem Tageswert bewertet werden.
Während Gewinne erst dann ausgewiesen werden dürfen, wenn sie durch Umsatz realisiert worden sind, müssen Verluste dagegen schon ausgewiesen werden, wenn deren Eintritt wahrscheinlich ist. Steigt der Kurswert für Wertpapiere über den Buchwert, darf dieser nicht angepasst werden, es entstehen stille Reserven. Sollte der Kurswert jedoch unter den Buchwert sinken, so sind die Wertpapiere abzuschreiben.
Verluste sind auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erst zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt geworden sind.
Im angloamerikanischen Rechtskreis tritt das Vorsichtsprinzip gegenüber dem Wunsch, ein realistisches (d. h. auch nicht zu pessimistisches) Bild der Lage des Unternehmens zu zeigen, in den Hintergrund. Während nach deutschem HGB der Gläubigerschutzgedanke sehr wichtig ist, dominiert in den IAS und in den US-GAAP der Informationscharakter für den Kapitalmarkt.
Siehe auch: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung