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Sprachgebrauch in der DDR

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Unter DDR-Sprache wollen wir sprachliche Erscheinungen verstehen, die vor allem in Lexik und Stilistik sowohl im Alltag wie auch in den Medien in der DDR anzutreffen waren. In der DDR hätte man diesen Artikel "DDR- Sprache" geschrieben, vor einem Substantiv war generell ein Leerzeichen.

Sprachneuschöpfungen

Neologismen, die sich vom übrigen deutschen Sprachraum unterschieden, zum Teil auch aus dem Russischen stammten

Die folgende Liste enthält gemischte Begriffe, die noch weiter unterschieden werden können:

a) Begriffe, die von allen ohne oder fast ohne inneres Widerstreben benutzt wurden, um bestehende Sachverhalte zu bezeichnen, ohne diese auf- oder abzuwerten. Beispiele: ABV, Broiler, HO, Kaufhalle, Wandzeitung, sozialpolitische Maßnahmen, Babyjahr, Ehekredit.

b) Begriffe, deren Gebrauch Linientreue oder eine kommunikative Zwangssituation kennzeichneten. Beispiele: Abschnittsbevollmächtigter, Genosse, Klassenfeind, Werktätige, unser (sollte das Volkseigentum und die Gemeinsamkeit betonen) "unsere Deutsche Demokratische Republik".

c) Begriffe, deren Gebrauch Ironie gegenüber dem System deutlich machte. Beispiele: Bonbon, Bückware, Ochsenkopfantenne. Auch Begriffe aus b) wurden durch entsprechende Überhöhung gelegentlich so benutzt.

d) Begriffe, die in einem anderen Sinn verwendet wurden als in der Bundesrepublik. Beispiele: Diktatur (ist Herrschaft einer Klasse), Stadtrat (ist Teil der Exekutive, nicht Legislative), Demokratie, militärische Überlegenheit (bestünde darin, dass das Volk die Waffen zur Verteidigung nutze), Freiheit (ist Einsicht in die Notwendigkeit)

Zeitliche, örtliche und situative Unterschiede, in welchem Sinn die Begriffe gebraucht wurden, sind außerdem möglich.


  • ABI – Arbeiter- und Bauerninspektion
  • ABFArbeiter- und Bauernfakultät
  • abkindern – einen Kredit abkindern
  • ABVAbschnittsbevollmächtigterVolkspolizist, Vertrauensbeamter, der als Ansprechpartner für ein bestimmtes, begrenztes Gebiet diente
  • ACZAgrochemisches Zentrum
  • AdLAkademie der Landwirtschaftswissenschaften der DDR
  • ADN – Allgemeiner Deutscher Nachrichtendienst
  • AdW – Akademie der Wissenschaften der DDR
  • AFArbeiterfestspiele
  • Agitprop – Abkürzung für Agitation und Propaganda
  • AKA – Marke für elektrische Haushaltgeräte
  • AktendulliHeftstreifen
  • ASK – Armeesportklub
  • AWG – Arbeiterwohnungsbaugenossenschaft
  • A&V – An -und Verkauf
  • BBZ – Berufsberatungszentrum
  • Beratungsmuster – Bezeichnung für nicht sofort erhältliche Waren in Geschäften, insbesondere bei Möbeln, Fahrzeugen und Elektrogeräten. Oft stand ein kleines Schild mit dieser Bezeichnung auf dem Ausstellungsstück. Die Wartezeit konnte mehrere Wochen bis mehrere Monate betragen (beispielsweise bei Kleinmöbeln), mehrere Monate bis Jahre (größere Möbel, Elektrogeräte) oder bis über 10 Jahren (bei Autos). Auch war es möglich, dass die Ware nie geliefert werden konnte.
  • BGL – Betriebsgewerkschaftsleitung
  • Bilanzierung – Zuweisungsprozedur für Arbeitsmaterial und Produktionsmittel an Betriebe
  • Blaue FliesenWestgeld, in Anlehnung an den 100-DM-Schein
  • Blockflöten – Bezeichnung für kleine, neben der SED bestehenden Blockparteien oder Mitglieder der SED, welche der Parteileitung treu und ohne Nachfragen folgten.
  • Bonbon – Parteiabzeichen
  • Bonze – abwertender bis beschimpfender für Partei- und Staatsfunktionäre
  • BRD – Abkürzung für die Bundesrepublik Deutschland (?)
  • Brigade – eine für einen bestimmten Bereich verantwortliche Arbeitsgruppe
  • Broiler – siehe Goldbroiler
  • BSG – Betriebssportgruppe
  • Bückeware (Bückware) – Tauschware, Schieberware, eigentlich Waren, die nur durch Bücken (unter den Ladentisch) zu erhalten waren
  • Datsche (aus dem Russischen: Datscha) – Ferien- oder Gartenhäuschen im Grünen
  • DEFA staatliche Filmgesellschaft der DDR
  • Delikat-Laden – in der Umgangssprache auch "Deli" oder "Freß-Ex" genannt. Eine ähnliche Einrichtung wie der Intershop, jedoch frei zugänglich für Käufer mit DDR-Währung. Im Sortiment waren hauptsächlich Nahrungs- und Genussmittel, ganz überwiegend aus DDR-Produktion, darunter begehrte Exportartikel und andere selten erhältliche Waren, teilweise in West-Aufmachung, auch West-Marken. Das Preisniveau lag deutlich über den Normalgeschäften. Trotz der hohen Preise kam es zeitweise zu Warteschlangenbildung.
  • Demse – feuchte, schwülwarme Luft
  • DEWAG – Deutsche Werbe- und Anzeigengesellschaft
  • DFF – Deutscher Fernsehfunk
  • DHFK – Deutsche Hochschule für Körperkultur (Sporthochschulen zum Beispiel in Leipzig)
  • Dispatcher, auch Dispetscher – (aus dem Russischen und im Russischen aus dem Englischen in Anlehnung an den Administrator in öffentlichen Einrichtungen, Hotels u. Ä. in der Sowjetunion: to dispatch = etwas erledigen, abschicken) - Einsatzleiter, Koordinator, Disponent, Administrator
  • DiversantVolksschädling, ein Agent und Attentäter oder Störer
  • DSF – Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft
  • Elaste (pl.) – Gummi und andere elastische Stoffe - siehe auch: Plaste (pl.)
  • ESP – Schulfach, Abkürzung von "Einführung in die sozialistische Produktion"
  • Erdmöbel – Bezeichnung für einen Sarg(nur DDR-Sprache?)
  • EVP – Endverbraucherpreis
  • Exquisit, Ex – Laden für teure Klamotten
  • FDJ, Freie Deutsche Jugend, Organisation für Jugendliche, "Kampfreserve der Partei" (SED)
  • FeierabendheimSeniorenheim
  • FitSpülmittel, nach dem Namen des Herstellers
  • Freilenkung von Wohnraum – Umschreibung für Einflussnahme auf Beendigung und Neubegründung von Mietverhältnissen
  • "die Freunde" – die Sowjetunion, die Sowjetbürger, die Sowjetsoldaten
  • Freundschaft – FDJ-Gruß, russisch: "Drushba" = Freundschaft, siehe auch: Völkerfreundschaft. Dies war der Gruß, mit dem FDJ-Versammlungen und ab der 8. Klasse (häufig aber nicht einheitlich) Unterrichtsstunden begonnen wurden; üblich auch bei Appell-Veranstaltungen
  • Frühjahrsschokoladenhohlkörper – Schokoladenosterhase
  • Geborgenheit: "Soziale Geborgenheit", "Geborgenheit im Alter" – Floskel aus der Parteiagitation, besonders in Printmedien und Plakatierungen (zum Beispiel anlässlich von Jahrestagen und Wahlen) genutzt.
  • Genosse, Genossin – kein spezieller DDR-Begriff; offizielle Anrede bei bewaffneten Organen mit "Genosse + Dienstgrad". Im einzelnen in der Volkspolizei, im MfS, in der Armee, der Handelsschifffahrt, der Zollverwaltung der DDR und anderen bewaffneten und/oder staatlichen Organen sowie in der SED die sonst übliche Anrede "Herr" oder "Frau" ersetzt, der "Herr Schulze" wurde also als "Genosse Schulze" angesprochen.
  • Gesellschaftliche Aktivitätehrenamtliche Tätigkeit
  • Broiler, Goldbroiler für Grillhähnchen. In Westdeutschland gab es das Grillhähnchen. Da die Regierung der DDR diesen Namen nicht übernehmen wollte, wurde ein anderer gesucht. Goldbroiler entstand aus Gold (für die Farbe des Hähnchens) und dem englischen Broiler (zu deutsch Hähnchen, Brathähnchen oder Bratrost)
  • GOL – Grundorganisationsleitung
  • Grilletta – Name für eine aus der Not geborene DDR-Kopie des Hamburgers: Bullette mit einem besonderen Brötchen, welches von seiner Weichheit allerdings nicht an das Hamburger-Wattebrötchen herankam
  • Hausbuch – offiziell per Meldegesetz vorgeschriebenes Formularbuch in Heftform, in das alle Mieter, Untermieter und Personen mit längeren Besuchsaufenthalten in einem Mehrfamilienhaus beim Hausbuchbevollmächtigten eingetragen werden mussten.
  • Hausgemeinschaft, Hausgemeinschaftsleitung (HGL) - Die Bewohner eines Mehrfamilienhauses wurden als Kollektiv betrachtet.
  • HdW – Haus der Werktätigen
  • HO – Einzelhandelsgeschäft der staatlichen Handelsorganisation
  • Intershop – Geschäfte, in denen westliche Importware gegen Valuta, in der DDR Devisen genannt, abgegeben wurde
  • JahresendflügelfigurEngel
  • JahresendprämieWeihnachtsgeld, 13. Monatsgehalt
  • Jugendfreund – Mitglied der FDJ
  • Jugendweihe Feierliche Aufnahme der Jugendlichen in die Welt der Erwachsenen analog zu Konfirmation/Firmung der Kirchen. Bereits vor der DDR in der Arbeiter-, freireligiösen und Freidenkerbewegung entstanden
  • Junge Pioniere und Thälmannpioniere – die staatliche Kinderorganisation der DDR
  • Jägerschnitzel eine panierte und gebratene Scheibe Jagdwurst
  • Kader(-abteilung, -akte, Nomenklaturkader usw.) – Personal(-abteilung, -akte, usw.)
  • Kaffee komplettKaffee mit Milch und Zucker
  • KaufhalleSupermarkt
  • KaviarbrotBaguette
  • KetwurstHot Dog
  • KochklopsKönigsberger Klops, weil laut amtlicher Schreibweise geografischer Namen nur Kaliningrad und nicht Königsberg verwendet werden sollte
  • KollektivArbeitsgruppe
  • Kombinat – mit einem Konzern vergleichbarer Zusammenschluss von (VEB-)Betrieben, siehe auch VEB
  • Komplekt von russisch "komplekt" - Eiserne Ration, Konservenverpflegung bei bewaffneten Organen
  • Konsum – Einzelhandelsgeschäft der Konsum-Genossenschaft
  • Kulturschaffender – Künstler, Schriftsteller, dichtende Arbeiter, Musiker, Maler, Schauspieler usw. (...und manchmal sogar auch die Kulturfunktionäre der Partei)
  • Kundschafter des Friedens - Bezeichnung für Geheimagent der eigenen Seite
  • LPGLandwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft, die DDR-Form der volkseigenen sowjetischen Kolchose,
  • Mach mit – Bewegung ("Pflegeobjekte", im Kontext zum Wettbewerb "Schöner unsere Städte und Gemeinden" beziehungsweise zu Subbotniks)
  • Milchgeld – Geld für Schulmilch (auch in manchen Betrieben wurde aus Gesundheitsgründen preiswerte Milch verschiedener Geschmacksrichtungen verteilt)
  • Mobilisierung von Reserven – Sprachfloskel der Parteiagitation, um die Ursachen wirtschaftlicher Probleme (meist organisatorische Mängel und fehlende Arbeitsmittel) zu kaschieren und das Schuldbewusstsein auf angeblich oder tatsächlich fehlende Arbeitsmotivation umzulenken
  • Mondos zur Sachbezeichnung gewordener MarkennameKondome, nach dem Namen des Herstellers, auch als Pariser, Gummifünfziger (wegen des EVP) oder Fromms
  • Neubau Neubaugebiet – In Westdeutschland unter dem Begriff "Plattenbau" bekannte, nach Modulbauweise errichtete 3- bis 22-geschossige Wohnhäuser
  • Nichtsozialistisches Wirtschaftsgebiet (NSW) – kapitalistische Länder
  • NickiT-Shirt
  • Niethose – Jeans
  • Ochsenkopfantenne – Fernsehantenne zum Empfang des Westfernsehens, nach dem Sender auf dem Ochsenkopf im Fichtelgebirge.
  • organisieren – etwas besorgen, beschaffen – und nicht immer auf dem üblichen oder legalen Weg
  • Patenbrigade, Patenbetrieb – Schulklassen und Kindergärten hatten in der Regel Patenschaftsverträge mit Betrieben oder deren Abteilungen. Aus diesem Grunde unterstützten die Vertreter der Wirtschaft die Kinder und Jugendlichen finanziell und teilweise auch erzieherisch. Diese wiederum bedankten sich dafür oft mit kulturellen Darbietungen. Außerdem wurde die Aktivität der Paten durch Prämienzahlungen honoriert.
  • Weltniveau – ein gern benutzer Begriff, wenn Leistungen der DDR ein dem Westen vergleichbares Niveau erreicht hatten
  • PA - Schulfach, Abkürzung von "Produktive Arbeit"
  • "Partei, die" – die SED (mit bestimmtem Artikel war prinzipiell die SED und nicht eine Blockpartei gemeint)
  • parteilich – die ideologischen Positionen von Marx und Lenin einnehmend
  • PGHProduktionsgenossenschaft des Handwerks
  • Pionierlager – Kinderferienlager, meistens Zeltlager
  • PlasteKunststoff, Chemiewerkstoff, fachlich auch: Polymere, gegliedert in Plastomere und Elastomere, davon Plaste und Elaste abgeleitet
  • Plan Wissenschaft und Technik (im Kontext der Neuererbewegung)
  • plaziert werden, ohne "tz", da die DDR die Rechtschreibreform nicht mehr erlebt hat (in manchen Restaurants wurden die Gäste vom Kellner an den Tisch geleitet, ähnlich wie in den USA und anderen Ländern)
  • PolyluxOverheadprojektor
  • Rauhfutter verzehrende Großvieheinheit (RVG) – eine Kuh
  • Reisekader – Funktionär oder Person aus dem öffentlichen Leben, die regelmäßig ins Ausland reisen durfte. Diese wurden unterschieden in NSW (siehe da) und SW (Sozialistisches Weltsystem oder Wirtschaftsgebiet
  • Sättigungsbeilage – Beilage zu Speisen, im allgemeine Gebrauch häufig alles, außer Fleisch und Gemüse, was den menschlichen Magen füllen könnte – in den Kantinen, aber auch in der Mensa und Gastronomie.
  • Schulspeisung – Ausgabe von Mittagessen in oder bei der Schule
  • Schwangerschaftsabbruch, -unterbrechung – Abtreibung
  • Sekundärrohstoffe (Sero) – wiederverwertbare (recycelbare) Abfälle und Verpackungen wie Altpapier, Flaschen und Gläser – siehe auch SERO.
  • Stomatologe – Zahnarzt
  • Straße der Besten – dort hingen die Porträts der Besten im Sozialistischen Wettbewerb in einem Betrieb
  • Subbotnik (aus dem Russ.) – (nicht immer ganz, also quasi) freiwilliger, unbezahlter Arbeitseinsatz am Sonnabend (russ. "subbota" = Sonnabend, Samstag)
  • Tafelwerk – Umfangreiche naturwissenschaftliche Formelsammlung im naturwissenschaftlichen Unterricht in der Schule (nur in der DDR-Sprache?)
  • Tempoerbsen, Tempobohnen und Tempolinsen - Nahrungsmittel zur schnellen Zubereitung
  • Thema – Forschungsprojekt
  • tote Oma, Verkehrsunfall - Grützwurst, Blutkuchen, entpellte Blutwurst
  • Trabbi oder Trabi – liebevolle Bezeichnung für lang ersehnten Familienwagen (PKW) und quasi Mitglied der Familie – den Trabant
  • TralafaTransport- und Lagerfacharbeiter
  • Untertrikotage – Unterwäsche
  • urst für sehr - Adjektiv
  • UTP - Unterrichtstag in der Produktion / Unterricht in der technischen Produktion, später auch als PA (Produktive Arbeit) und an der EOS WPA (Wissenschaftlich-Praktische Arbeit) bezeichnet.
  • Valuta, Devisen – westliches Geld, frei konvertible Währung, siehe Deutsche Mark
  • VEBVolkseigener Betrieb, siehe auch Kombinat
  • Versammlung – Besprechung, Meeting, Zusammenkunft von Parteien und Massenorganisationen
  • Völkerfreundschaft – internationale Freundschaft, hauptsächlich zu den Ländern des Ostblocks und der dritten Welt, die Völkerfreundschaft über den eisernen Vorhang war dagegen als Anbiederung an den Klassenfeind verpönt.
  • Vopo für einen Volkspolizisten.
  • WandzeitungPinnwand in den Schulen und Betrieben, die jedoch nicht für jedermann zu benutzen war, sondern mit Losungen und Appellen zum saisonalen Thema, 1. Mai, , DDR-Jahrestag, Oktoberrevolution usw. offiziell im Rahmen von Agitation und Propaganda gestaltet wurde
  • Werktätige – berufstätige, im Erwerbsleben stehende Menschen
  • Westgeld - westliches Geld, frei konvertible Währung, analog zu Valuta
  • Winkelement – Fähnchen für Veranstaltungen (Euphoriefetzen)
  • Zellstofftaschentuch – mittlerweile bekannt als "Tempo"
  • Zusammenrottung – öffentliche, aber illegale Versammlung "staatsfeindlicher" Menschen, Begriff des Strafrechts

Siehe:

Losungen und stereotype, propagandistisch verwendete Wendungen

  • "Arbeite mit, plane mit, regiere mit!"
  • Arbeiter- und Bauernstaat
  • Antifaschistischer Schutzwall – Bezeichnung der befestigten Grenze nach Westdeutschland und der Mauer
  • Berlin - Hauptstadt der DDR, auch Demokratischer Sektor, Demokratisches Berlin (amtliche Schreibweise geogr. Namen)
  • Stalinstadt für das später so umbenannte Eisenhüttenstadt (amtliche Schreibweise geogr. Namen)
  • Wilhelm-Pieck-Stadt Guben (amtliche Schreibweise geogr. Namen)
  • Thomas-Müntzer-Stadt Stolberg (amtliche Schreibweise geogr. Namen)
  • "Greif zur Feder, Kumpel!" – Aufforderung an den Arbeiter oder Werktätigen, literarisch oder journalistisch tätig zu werden
  • "Greif zur Kamera, Kumpel!" – Aufforderung an den Arbeiter oder Werktätigen, cineatisch tätig zu werden

beide entstanden auf dem und infolge des so genannten

  • Bitterfelder Weges siehe: Sozialistischer Realismus
  • Kampf- und Feiertag der Werktätigen1. Mai
  • "Jeder Mann an jedem Ort - einmal in der Woche Sport!" vermutlich zurückzuführen auf Ulbricht
  • "Diplomaten im Trainingsanzug" für international erfolgreiche Sprortler

Spaßhafte oder ironische Wörter und Wendungen

Vorausgeschickt werden muss, dass der SED-Chef persönlich (besonders Ulbricht) persönlich in die Stadtplanung von Großstädten eingriff. Zum Beispiel für Gebäude wurde gesagt:

In Berlin (wo ohnehin dominierende Gebäude im Volksmund ironisiert wurden und werden):

  • Palast der Republik
    • Erichs Lampenladen
    • Erichs Datsche am Kanal
    • Palazzo Prozzo
    • Ballast der Republik (sächsische Aussprache, auch mit einem Witz verbunden)
  • Fernsehturm
    • Pik Walter (In Anspielung auf Walter Ulbricht und die Gipfel in der UdSSR Pik Lenina, Pik Kommunismus)
    • Telespargel (umgangssprachlich, berlinerisch für Fernsehturm - typisch ostdeutsch!)
    • Die Rache des Vatikan oder die Rache des Papstes, durch die Strukturierung der Kugel am oberen Ende des Turmes entsteht bei Sonnenlicht die Reflexion eines (Kirchen-)Kreuzes, Rache bezieht sich dabei auf die negative Einstellung der DDR zur Kirche)
  • Haus des Lehrers
    • Bauchbinde für das umlaufende Fresko

In Leipzig:

  • "Weisheitszahn" für das an die Form eines Zahnes erinnernde Gebäude der Karl-Marx-Universität (jetzt: Universität Leipzig)
  • "Bemm(en)büchse" oder "Blechbüchse" für ein Kaufhaus mit Vorhangfassade aus Aluminiumblech und nierenförmigen Grundriss in Anlehnung an den Aufbewahrungsbehälter für Frühstücks- oder Pausenbrot.

In Dresden:

  • "Denkmal des letzten Straßenbahnschaffners" für das Lenin-Denkmal auf dem damaligen Leninplatz und jetzigem Wiener Platz wegen der charakteristischen Schildmütze, die Lenin, Stalin, Thälmann aber eben auch die Straßenbahnschaffner (die gegen Ende der 1960er Jahre, als das Denkmal gebaut wurde, wegrationalisiert und durch Fahrkartenentwerter ersetzt wurden) trugen.
  • Georgi-Dimitroff-Brücke - die 1945 zerstörte Augustusbrücke bzw. Friedrich-August-Brücke, die nach dem Wiederaufbau den Namen von Dimitroff mit der begründenden Quasi-Legende, warum dir Brücke so heiße, dass man bei der Bauplanung beriet und auf dresdnerische Art über die Sandsteine sagte: "Da nähm mor die mit ruff und die mit ruff" ("Da nehmen wir die mit rauf.")


In *Chemnitz (damals Karl-Marx-Stadt):

  • "Nischel" (ostmitteldeutsch "Nüschel" = Kopf, Schädel) - das Karl-Marx-Monument

Außerdem: Dresden und Leipzig:

  • "Tal der Ahnungslosen", weil der Empfang von westlichen Fernsehstationen nicht möglich war, deswegen auch die Deutung der Abkürzung ARD (siehe unten)
  • "Alexander Dubčeks letzte Rache" (neu eingeführte tschechiche Straßenbahnzüge in Dresden und auch in Leipzig, die so hart und schnell anfuhren, dass alle Fahrgäste, die sich nicht festhielten, durch die Bahn flogen.)

Weiter verbreitet:

    • Bissmark/Bismarck (bezieht sich nicht auf den ehemaligen deutschen Kanzler, sondern darauf, dass angeblich im Restaurant jeder Bissen ne Mark koste. Und ebenso für den
    • Imbiss ("Im Biss"), weil man angeblich bei jedem Bissen, also in jedem Biss, durch drängelnde und Schlange stehende Kunden beim Essen gestört wird.

Humoristische beziehungsweise sächsische Deutung von Abkürzungen

  • DDR - "Drei Doofe rabotern" (in Anlehnung an russ. "rabotat'" = arbeiten und "eingesächsicht") und "Dawaj, dawaj rabotaj(tje)" sinngemäß "Los, los! Arbeiten!" (ebenfalls in Anlehnung an russ. "dawaj" = "Los!", "Beeile dich!", "Spute dich!", "Mach hin!", "Vorwärts!" + "rabotat'" = arbeiten)
  • EDVEggönömisch Dechnisch'r Vordschridd ("versächsicht") auch: Ende der Vernunft
  • FDGB - "Frau Doktor geht baden"
  • IFA (Industrievereinigung Fahrzeugbau) – Idioten fahren Auto
  • Konsum - "Kauft, ohne nachzudenken, schnell unseren Mist"
  • Palast der Republik - "Palazzo Prozzo" und "Erichs Lampenladen"
  • UdSSR - "Unter dem Sofa sitzen Russen." vermutlich in Anlehnung an die bäuerliche Gewohnheit in Russland, (faul) auf dem Ofen zu sitzen oder zu liegen.
  • ZDF-ARDZentrales Deutsches Fernsehen Außer Raum Dresden

Projektionsworte

Projektionsworte, die westliche Medien als angebliche DDR-Idiomatismen einführten, aber in der DDR nie Sprachgut waren:

  • Apparat – in Anlehnung an Obrigkeit die ganze staatliche Verwaltung und Machtstruktur der Partei (und damit des Staates) bis in den kleinsten Betrieb, in die unwichtigste Organisation, selbst in die Schulen und in die allerletzte Landecke, daraus auch:
  • Apparatnik, Apparat(t)schik – ein (SED-)Parteifunktionär, der aus der Sicht des Apparates, der Partei- und Politbürokratie, denkt, redet und handelt. Als Projektionswort aber umstritten, da es in der russischen Umgangssprache so verwendet wird.
  • "Sudel-Ede"Karl-Eduard von Schnitzler, hingegen war "Karl-Eduard von Schnitz..." in der DDR geläufig, denn die letzte Silbe "...ler" war wegen des umgeschalteten Fernsehprogramms (besonders vor 1969 originell und witzig, wo es nur ein DDR-Programm gab!) oder wegen des ausgeschalteten Fernsehapparats nicht mehr zu hören.
  • Vopo – Volkspolizist, hingegen wurde "Bulle", "Grüner" und "Straßenförster" (besonders für die Verkehrspolizei) verwendet.

Kabarettistische Eigenschöpfungen

  • "Geflügelte Jahresendfigur" für Weihnachts-Engel (aus der Satirezeitschrift "Eulenspiegel" karikierte die bemühte offizielle Umgehung religiöser Begriffe). siehe auch Jahresendflügelfigur
  • "Arbeite mit, plane mit, regiere mit!" was propagandistisch verwendet wurde, wurde im Kabarett Herkuleskeule Dresden umgewandelt zu: "Arbeite mit, plane mit, reagiere mit!"

Siehe auch: Sprachgebrauch in Deutschland, Sprachgebrauch in Österreich