Allergie
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Als eine Allergie (griechisch αλλεργία „die Fremdreaktion“, von άλλος „anders, fremd“ und έργον „die Arbeit, Reaktion“) wird eine überschießende und unerwünschte heftige Abwehrreaktion des Immunsystems auf bestimmte und normalerweise harmlose Umweltstoffe (Allergene) bezeichnet, auf die der Körper mit Entzündungszeichen und der Bildung von Antikörpern reagiert (Antigen(Allergen)-Antikörper-Reaktion).
Der Begriff Allergie wurde 1906 von Freiherr Clemens von Pirquet, einem Wiener Kinderarzt, geprägt. Pirquet definierte Allergie sehr weit gefaßt als "veränderte Fähigkeit des Körpers auf eine fremde Substanz zu reagieren". Pirquet erkannte als erster, daß Antikörper nicht nur schützende Immunantworten vermitteln, sondern auch Überempfindlichkeitsreaktionen auslösen können. Heute beschreibt der Begriff Allergie Überempfindlichkeitsreaktionen, also Krankheitsbilder, die durch eine Immunantwort gegen ansonsten harmlose Antigene ausgelöst werden. Im engeren Sinn sind die IgE-vermittelten Überempflichkeitsreaktionen gemeint.
Symptome
Die Symptome einer Allergie können von mild bis sehr schwerwiegend und in einigen Fällen sogar akut lebensbedrohlich sein.
Es gibt mehrere verschiedene Krankheitsformen, bei denen die Symptome an verschiedenen Organen des Körpers auftreten.
Allergien können sich äußern:
- an den Schleimhäuten (allergische Rhinitis (Heuschnupfen), Mundschleimhautschwellungen, Conjunctivitis (Bindehautentzündung))
- an den Atemwegen (Asthma bronchiale)
- an der Haut (atopische Dermatitis (Neurodermitis), allergisches Kontaktekzem, Urtikaria)
- im gastro-intestinal Trakt (Erbrechen, Durchfälle, besonders bei Säuglingen und Kleinkindern)
- als akuter Notfall (anaphylaktischer Schock)
Allergiker können an einer Krankheitsform leiden, aber auch an Mischformen. Expositionsbedingt kann es kann sein, daß die Symptome nur saisonal auftreten, z.B. zur Zeit des entsprechenden Pollenflugs, oder daß die Symptome ganzjährig auftreten, wie z.B. bei Sensibilisierungen gegen Hausstaubmilbe.
Unter dem allergic marsh oder dem Etagenwechsel wird ein typischer Symptomwechsel im Laufe des Lebens verstanden. Ein Beispiel: Säuglinge mit Nahrungsmittelallergie (typische Symptome: Erbrechen, Durchfälle, atopische Dermatitis) "wachsen" in den meisten Fällen bis zm 5. Lebensjahr aus dieser Allergieform "heraus" und reagieren danach nicht mehr allergisch auf Nahrungsmittel. Es besteht dann die Gefahr, daß neue Sensibilisierungen gegen z. B. Pollenallergene entstehen und eine Asthmaerkrankung beginnt.
Auslöser
Auslöser von Allergien sind Allergene. Sie lassen sich nach verschiedenen Gesichtspunkten einteilen:
- Inhalationsallergene (u. a. aus Pollen, die weiter unterteilt werden können in Baumpollen (z. B. Birke) und Gräserpollen (z.B. Lieschgras), Kot der Hausstaubmilbe, Tierhaarallergene, Schimmelpilzsporen)
- Kontaktallergene (u. a. Tierhaare, Blumen und Pollen, Formaldehyd in Kosmetika, Latex (Einmalhandschuhe, Radiergummis, Kondome), Additive in Kraft-, Kunst- und Beschichtungsstoffen, Metalle (z. B. Nickel)
- Insektengifte (vor allem Bienen- und Wespengift)
- Nahrungsmittelallergene (Milch, Eier, Fisch, Fleisch, Obst, Getreide, Nüsse)
- Medikamente, die als Allergene wirken (u. a. Antibiotika wie Penicillin)
Von Kreuzallergien spricht man, wenn spezifische IgE-Antikörper, die gegen ein bestimmtes Allergen gerichtet sind, auch andere Allergene aus anderen Allergenquellen erkennen können. Ein Beispiel ist das oral allergy syndrome (OAS). Hier ist der Patient gegen das Hauptallergen im Birkenpollen, Bet v 1, sensibilisiert. Die Bet v 1-spezifischen IgE-Antikörper sind aber oft auch in der Lage, dem Bet v 1 sehr ähnliche Moleküle, z.B. Mal d 1 im Apfel zu erkennen, was zu allergischen Symptomen führen kann. D.h. beim Birkenpollenallergiker können beim Verzehr von Äpfeln allergische Reaktionen wie Anschwellen und Juckreiz der Mundschleimhaut auftreten, obwohl der Patient nicht ursprünglich gegen Äpfel sensibilisiert ist, sondern gegen das Birkenpollenallergen Bet v 1.
Nachweis einer Allergie
Es gibt drei Arten von Allergietests um zu ermitteln gegen welche Stoffe der Patient reagiert:
- Hauttests
- andere Provokationstests
- Blutuntersuchungen
Hauttests
Hauttests sind Standarduntersuchungen bei dem Verdacht, daß ein Patient allergisch ist. Es handelt sich um eine Form des Provokationstests. Dabei werden Allergenextrakte auf verschiedene Weisen mit der Haut in Kontakt gebracht. Sensibilisierte Betroffene zeigen nach definierten Zeiten dann lokale Reaktionen vom Sofort-Typ und/oder Spät-Typ. An ihnen kann abgelesen werden gegen welche Allergene der Patient sensibilisiert ist und der Schweregrad der allergischen Reaktion.
- Die am häufigsten angewendete Methode ist der Pricktest (auch skin prick test (SPT)), bei dem einzelne Tropfen von glyzerinisierten Allergenextrakten auf den Unterarm oder den Rücken aufgebracht werden. Durch die Tropfen hindurch wird mit einer Spezialnadel (Lanzette) etwa 1 mm in die Haut gestochen. Nach ca. 15 Minuten kann die Sofortreaktion abgelesen werden.
- Beim Prick-to-prick-Test wird erst mit der Lanzette in die vermutete Allergenquelle gestochen (Früchte, etc.) und dann in die Haut des Patienten.
- Beim Intrakutantest werden ca. 20 μl von wäßrigen Allergenextrakten mit einer Tuberkulinspritze oberflächlich in die Haut injiziert.
- Der Reibetest wird bei besonders empfindlichen Menschen angewandt. Der Arzt reibt den vermuteten Allerigeauslöser an der Innenseite des Unterarms. Bei positiver Reaktion zeigen sich großflächige Rötungen oder Quaddeln.
- Beim wegen seiner Ungenauigkeit weniger oft angewendeten Scratchtest werden Allergenextrakte auf die Beugeseite des Unterarms gegeben und die Haut mit einer Lanzette 5 mm lang oberflächlich angeritzt.
- Bei Kontaktallergien wird ein Pflastertest angewendet, der sog. Epikutantest oder Atopie-Patch-Test. Dabei werden die vermuteten Allergene in Vaseline eingearbeitet eingesetzt. Die Allergen-Vaseline-Mischungen werden auf ca. 1,5 cm im Durchmesser große und ca. 2 mm tiefe Aluminiumscheiben gebracht. Mit einem Pflaster werden diese Aluminiumkammern dann so auf die Haut am Rücken oder an den Oberarmen des Patienten geklebt, daß die Allergen-Vaseline-Mischungen auf der Haut fixiert werden. Weil Kontaktallergien Spät-Typ-Reaktionen sind, muss das Pflaster zwei bis drei Tage auf der Haut bleiben bevor ein Ergebnis abgelesen werden kann.
Andere Provokationstests
Bei anderen Provokationstests wird das vermutete Allergen dem Patienten nicht über die Haut, sondern in anderer Form zugeführt.
Bei allergischer Rhinoconjunctivitis (=Heuschnupfen) kann zur Provokation ein Allergenextrakt in die Nase gesprüht werden und anschließend die allergische Reaktion gemessen werden, indem z. B. die Schwellung der Nasenschleimhaut mittels einer sogenannten Rhinomanometrie oder der Tryptase-Spiegel im Blut gemessen wird.
Bei allergischem Asthma erfolgt die Provokation durch die Inhalation eines Allergenextrakts mit anschließender Erfassung der allergischen Reaktion mit einer Lungenfunktionsprüfung. Da Asthma meist mit einer Lungenhyperreagibilität einhergeht, kann auch unspezifisch mit ansteigenden Konzentrationen einer Metacholin-Lösung provoziert werden.
Bei schweren Nahrungsmittelallergien kann der double blind placebo controlled food challenge (DBPCFC) angewendet werden. Dabei werden einer hypoallergenen Grundnahrung nach und nach verschiedene Nahrungsmittel zugefügt und die Verträglichkeit beobachtet. So kann festgestellt werden, welche Nahrungsmittel allergische Reaktionen auslösen und es können andersherum auch Nahrungsmittel identifiziert werden, die gefahrlos konsumiert werden können. Dieses Verfahren ist allerdings sehr zeitaufwändig.
Der wesentliche Vorteil der Provokationstests liegt darin, dass eine Beschwerde-Auslösung nachgewiesen werden kann und nicht nur eine Sensibilisierung mittels Nachweis von IgE-Antikörpern im Bluttest. Da bei Provokationstests unerwartet heftige Krankheitszeichen bis zum lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock auftreten können, sollten sie nur von einem allergologisch erfahrenen Arzt durchgeführt werden, der erforderlichenfalls auch die entsprechenden Notfallmaßnahmen durchführen kann.
Blutuntersuchungen
- In Blutproben können freie IgE-Antikörper gemessen werden. Zum einen kann der Gesamt-IgE Spiegel gemessen werden, der alle freien IgE-Antikörper erfaßt. Dieser Wert ermöglicht eine Aussage darüber, ob generell vermehrt IgE-Antikörper gebildet werden. Zum anderen können auch Allergen-spezifische IgE-Antikörper nachgewiesen werden. Hier werden also die IgE-Spiegel ermittelt, die sich konkret gegen eine Allergenquelle richten.
Heute üblich sind CAP-FEIA-Bestimmungen, die statt der früher gebräuchlichen radioaktiv (125I) markierten Reagenzien, fluoreszierende Reagenzien einsetzen. Hier gilt für den gesunden Mensch ein Referenzbereich von <100 kU/L für das Gesamt-IgE. Messungen für Allergen-spezifisches IgE gelten als negativ für Werte <0,35 kUA/L. Klasse 1 (0,35-0,70 kUA/L) gilt als grenzwertig positiv. Positiv gelten die Klassen 2-6 (Klasse 2: 0,70-3,5 kUA/L; Klasse 3: 3,5-17,5 kUA/L, Klasse 4: 17,5-50 kUA/L; Klasse 5: 50-100 kUA/L; Klasse 6>100 kUA/L).
Eher veraltete Meßmethoden sind RIST (Radio-Immuno-Sorbens-Test) für das Gesamt-IgE und RAST (Radio-Allergo-Sorbens-Test) für Allergen-spezifisches IgE.
Die quantitative Messung von IgE-Antikörpern im Blut korreliert jedoch nur schlecht mit dem klinischen Bild. D.h. die Messung von IgE-Antikörpern im Blut erlaubt eine Aussage über die Sensibilisierungen eines Allergikers, aber nur bedingt eine Einschätzung der Schwere der Symptome und gar keine Aussage über die Art der Symptome.
- Ein weiterer Parameter, der in Blutproben gemessen werden kann, ist das eosinophile kationische Protein (ECP). ECP wird von aktivierten Eosinophilen ausgeschüttet. ECP ist ein Entzündungsparameter und wird zur Verlaufskontrolle bei allergischem Asthma oder bei atopischer Dermatitis bestimmt.
- Tryptase kann ebenfalls in Blutproben nachgewiesen werden. Tryptase wird von aktivierten Mastzellen ausgeschüttet und ist ein für aktivierte Mastzellen hochspezifischer Parameter. Der Tryptase-Spiegel wird auch bestimmt zur Diagnostik beim anaphylaktischen Schock, zur postmortalen Diagnose beim Asthmatod, zur Diagnostik der Mastozytose und bei der Provokationstestung bei allergischer Rhinitis.
Ursachen von allergischen Erkrankungen
Epidemiologisch ist in den letzten Jahrzehnten eindeutig ein Anstieg der Häufigkeit von allergischen Erkrankungen festgestellt worden. Eine befriedigende Erklärung für diese Zunahme gibt es - wie übrigens auch bei den Autoimmunerkrankungen - bis jetzt nicht. Überlegt werden folgende Möglichkeiten:
- Genetische Faktoren Eindeutig belegt ist ein erhöhtes Allergie-Risiko für Kinder, bei denen entweder ein oder beide Elternteile Allergiker sind. Offensichtlich spielen aber mehrere genetische Faktoren zusammen, es gibt also nicht das eine "Allergie-Gen", und es scheinen auch die unterschiedlichen Krankheitsformen (Asthma, Atopische Dermatitis, etc.) unterschiedlich genetisch determiniert zu sein. Es gibt eine Vielzahl von Kandidatengenen, die möglicherweise oder wahrscheinlich an der Entstehung von allergischen Erkrankungen beteiligt sind (u. a. ADAM33, GPRA, IL1RN, u.v.a.m.)
- Hygienehypothese Diese Hypothese baut auf die Beobachtung auf, daß allerigsche Erkrankungen besonders gehäuft in Ländern mit einem hohen Hygienestandard auftreten. Es wird vermutet, daß der Kontakt mit bestimmten Bakterien insbesondere im ersten Lebensjahr wichtig ist, um das Immunsystem in Richtung einer Th1-Antwort zu lenken, die weniger mit allergischen Reaktionen assoziiert ist.
- Mangelnder Parasitenbefall Die physiologische Funktion von IgE-Antikörpern ist die Abwehr von Wurm- und anderem Parasitenbefall. Da in den westlichen Industrienationen Parasitenbefall so gut wie nicht mehr vorkommt, bei allergischen Reaktionen aber eine verstärkte IgE-Antikörper Bildung vorliegt, wird geprüft, ob hier ein Zusammenhang bestehen könnte.
- Umweltverschmutzung Allergene, wie das Hauptallergen der Birke, Bet v 1, können an Dieselpartikel (s. auch Feinstaub) anheften und so beim Einatmen u.U. in tiefere Lungenabschnitte gelangen. Es ist möglich, daß die Dieselpartikel als "Träger" der Allergene auch eine adjuvante Wirkung haben und somit eine Sensibilisierung fördern.
- Impfungen Nicht vollständig widerlegt ist ein Zusammenhang zwischen Allergien und der hohen Durchimpfungsrate. Zweifel an diesem Zusammenhang liefern Beobachtungen in den Neuen deutschen Bundesländern bis 1989, in denen die Durchimpfungsrate deutlich höher war (nahe 100 %) als im Westen und Allergien trotz höherer Umweltbelastung (z. B. durch Braunkohleverfeuerung) nahezu unbekannt waren. Inzwischen widerlegen auch andere epidemiologischen Studien einen Zusammenhang.
- erhöhte Allergenexposition Diese Überlegung bezieht sich darauf, daß aufgrund einer erhöhten Allergenexposition vermehrt Sensibilisierungen stattfinden könnten. Ursachen für eine erhöhte Exposition könnten sein: die Zunahme des Pollenflugs, infolge einer Streßreaktion von Bäumen auf die Erderwärmung oder Schadstoffbelastung, die Zunahme der Milbenexposition durch verbesserte Isolierung der Häuser, der vermehrte Konsum exotischer Lebensmittel, wie z.B. Kiwi.
- Veränderungen in der kommensalen Flora Frühe Änderungen in der Darmflora, die durch Antibiotika und Probiotika beeinflusst werden kann, Veränderung der Hautflora z. B. durch die Einführung von Windeln
- veränderte Lebensgewohnheiten Es gibt etliche weitere Faktoren, von denen ebenfalls vermutet wird, daß sie die Entstehung von allergischen Erkrankungen begünstigen können. Das sind z. B. Rauchen, Streß, kleinere Familiengrößen, veränderte Ernährungsgewohnheiten.
Pathophysiologie
Typ-1-Allergien sind ein großes Gesundheitsproblem, speziell in den westlichen Industrienationen, wo es Schätzungen gibt, daß bis zu 25 % der Bevölkerung betroffen sind. Allergien sind verursacht durch eine unangemessene Reaktion des humoralen Immunsystems und gekennzeichnet durch die Bildung von IgE-Antikörpern gegen ansonsten harmlose Antigene, die sog. Allergene. Kleinste Mengen dieser Allergene (nanogramm Bereich) reichen, um eine Sensibilisierung, d.h. eine erste Bildung von Allergen-spezifischen IgE-Antikörpern in Gang zu bringen und in weiterer Folge die Allergen-spezifische IgE-Produktion nachhaltig aufrecht zu erhalten. Kleinste Mengen Allergen reichen ebenfalls um eine allergische Reaktion auszulösen.
Im Gegensatz zu den anderen Antikörper-Isotypen (IgM, IgA, IgG) liegen IgE-Antikörper überwiegend rezeptorgebunden vor, und zwar vor allem an der Oberfläche von Mastzellen und Basophilen. Die freien Serum-Konzentrationen von IgE-Antikörpern sind daher vergleichsweise niedrig.
Die allergische Sofort-Typ-Reaktion wird ausgelöst, wenn Allergene IgE-Antikörper, die an der Oberfläche von Mastzellen und Basophilen gebunden sind, kreuzvernetzen. Dieses Kreuzvernetzen induziert die Degranulation von Mastzellen und Basophilen, d.h. die Ausschüttung von Entzündungsmediatoren, wie von Histamin und Leukotrienen. Die freigesetzten Entzündungsmediatoren lösen innerhalb von Sekunden bis Minuten allergische Symptome aus, wie allergische Rhinitis (Heuschnupfen), Conjunctivitis (Bindehautentzündung), allergisches Asthma oder als schwerste Manifestation den anaphylaktischen Schock.
4-12 Stunden nach Allergenkontakt können auch Spät-Typ-Reaktionen, oder chronische Symptome auftreten. Diese sind maßgeblich dominiert von der Aktivierung Allergen-spezifischer T-Zellen und dem nachfolgenden Einwandern von Eosinophilen, Basophilen und Monozyten in die betroffenen Gewebe (Lunge, Haut).
(Allergien sind HLA-assoziiert - human leucocyte antigen-System).
Wenn ein Allergen die erste Schranke (Haut oder Schleimhäute) überwunden hat und von dem Immunsystem als Fremdkörper erkannt wird, werden B-Lymphozyten zur Produktion des für das Allergen passenden Antikörpers (Immunglobulin vom Typ E) angeregt. Dies dauert ein bis zwei Tage.
Diesen Vorgang nennt man die Sensibilisierungsphase, denn der Organismus ist bei einem weiteren Kontakt mit diesen Allergenen sofort in der Lage die entsprechenden Antikörper zu bilden. Die Antikörperproduktion beim ersten Kontakt mit einem Allergen löst noch keine Symptome aus.
Klinische Einteilung
Der Begriff Allergie wurde ursprünglich recht weit gefaßt definiert, nämlich als "Krankheit in Folge einer Immunantwort gegen ansonsten harmlose Antigene". In diesem Sinn umfaßt der Begriff Allergie mehrere verschiedene immunologische Krankheiten, die als erstes von Robert Royston Amos Coombs und Philip George Howthern Gell 1963 nach ihren pathophysiologischen Mechanismen in 4 Typen eingeteilt wurden.
Die klassische Einteilung nach Coombs und Gell ist wie folgt:
Typ I, Soforttyp, IgE-vermittelt
Die Typ-I-Allergie oder Soforttyp-Reaktion ist IgE-vermittelt. Die Reaktion erfolgt innerhalb von Sekunden bis wenigen Minuten. Die Reaktion wird ausgelöst, wenn aufgenommenes Allergen IgE-Antikörper, die an der Oberfläche von Mastzellen oder Basophilen gebunden sind, kreuzvernetzt. Das führt zur Aktivierung und Degranulierung der Mastzellen und Basophilen, d.h. es werden Entzündungsmediatoren, wie Histamin, Leukotriene und Prostaglandine freigesetzt.
Typische Krankheitsbilder der Soforttyp-Reaktion sind die allergische Conjunctivitis (Bindehautentzündung), allergische Rhinitis (Heuschnupfen), allergisches Asthma, Urtikaria, aber auch schwerwiegende bis lebensbedrohliche Formen, wie das angioneurotische Ödem (Quincke-Ödem und der anaphylaktische Schock.
Eine verzögerte Reaktion kann zusätzlich nach 4-12 Stunden auftreten, siehe dazu Typ IV, Spättyp.
Typ II, Antikörper-mediierter, zytotoxischer Typ
Typ II a
Bei Überempfindlichkeitsreaktionen vom Typ II a werden IgG- oder IgM-Antikörper gegen Antigene gebildet, die an Zelloberflächen oder an die extrazelluläre Matrix gebunden sind. Die betroffenen Zellen werden durch Komplement, Makrophagen und NK-Zellen zerstört (Zelllyse). Es kann dabei auch zu Schädigungen des umgebenden Gewebes kommen.
Typische Erkrankungen sind:
- Medikamenten-induzierter Mangel an Gerinnungsplättchen (Thrombopenie)
- Medikamenten-induzierter Mangel an roten Blutkörperchen (hämolytische Anämie)
- kompletter Ausfall der weißen Blutkörperchen (Agranulozytose) (selten)
- Goodpasture-Syndrom, bei dem Autoantikörper gegen Kollagen IV in der Lunge und den Nieren gebildet werden
Typ II b
Bei Überempfindlichkeitsreaktionen vom Typ II b werden Antikörper gegen Zelloberflächenrezeptoren gebildet. Die Interaktion zwischen gebildeten Antikörpern mit den Rezeptoren führt dann zu einer Überstimulierung der betroffenen Zellen.
Typische Erkrankungen sind:
- chronische Urtikaria, bei der Autoantikörper gegen den IgE-Rezeptor gebildet werden
- Basedow-Erkrankung, bei der Autoantikörper gegen den TSH-Rezeptor gebildet werden
Typ III, Immunkomplex- oder Arthus-Typ
Typ III Überempfindlichkeitsreaktionen sind gekennzeichnet durch Antikörper-Bildung gegen lösliche Antigene. In weiterer Folge kommt es zur Anlagerung von gebildeten Antikörpern an die gelösten Antigene. Da sowohl die Antikörper als auch die Antigene multivalent sind, kann es zu Komplex-Formierungen kommen, in denen sich viele Antikörper mit vielen Antigen-Molekülen zu sog. Immunkomplexen verbinden.
Die gebildeten Immunkomplexe können sich zum einen in den Kapillaren ablagern (z. B. in der Niere) und so zu Schäden führen, zum anderen aber auch Komplement aktivieren, was zu Entzündungsreaktionen führt.
Typische Erkrankungen sind:
- Serumkrankheit
- systemischer Lupus erythematodes
- Allergische Alveolitis, wie z. B. die Berufskrankheiten Farmer-Lunge, Vogelzüchterlunge, Bäckerlunge
Typ IV, Spättyp, verzögerter Typ
Typ IV Überempfindlichkeitsreaktionen werden ausgelöst durch die Aktivierung Allergen-spezifischer T-Zellen. Es werden 3 Subtypen unterschieden:
Typ IV a1
Aktivierung von Th1-Zellen
Macht man sich zu Nutze beim Tuberkulin-Test
Typ IV a2
Aktivierung von Th2-Zellen
Typ IV b
Aktivierung von zytotoxischen Lymphozyten
Nach einem halben bis drei Tagen setzen sensibilisierte T-Lymphozyten Lymphokine frei, welche weitere weiße Blutzellen zum Ort des Allergens locken, woraufhin dort eine Entzündung entsteht. Der Typ IV ist die einzige zellvermittelte Reaktion
Typische Erkrankungen / Phänomene: Kontaktallergie/-ekzem, Abstoßungsreaktion nach Transplantation, Ausschlag nach Medikamenteneinnahme, aber auch die Tuberkulinreaktion bei Verdacht auf Tuberkulose, CFS bzw. CFIDS (Chronic Fatigue Immundysfunktion Syndrom)
Folgen und Auswirkungen
Eine gefährliche Folge ist der Sekundenschlaf beim Autofahren wegen Anschwellen der Nasenschleimhäute und damit verbundener Schlaflosigkeit oder Apnoe in der Nacht. Allergiker sind öfter in Verkehrsunfälle verwickelt als Personen ohne Allergien. Eine ursächliche Rolle in diesem Zusammenhang spielt auch die Ablenkung durch Niesen oder verklebte Augen im Fall von Pollenallergien.
Therapie
Vorsorglich
- Die beste primäre Vorbeugung ist die Allergenkarenz, das heißt das Vermeiden des Kontaktes mit einem Allergen, doch dies ist nur selten möglich. Klassische Beispiele für eine mögliche Karenz sind Tierhaarallergien und Nahrungsmittelallergien.
- Kinder, die ausschließlich gestillt wurden, leiden deutlich seltener an Allergien. [1] [2]
- Als primäre Prophylaxe wird für Neugeborene mit erhöhtem Risiko, an Allergien zu erkranken, ausschließliches Stillen für wenigstens sechs Monate oder bei Stillhindernissen die Ernährung mit einer hypoallergenen Flaschennahrung empfohlen. Die Schutzwirkung wurde in klinischen Studien bestätigt.
- Noch nicht abschließend zu beurteilen ist der vorbeugende Effekt von sogenannten „Probiotika“, z. B. Lactobacillus bifidus. Diese natürlichen Darmbakterien sind z.B. in probiotischen Joghurts und mittlerweile auch in Säuglingsnahrungen enthalten. Finnische Studien geben erste Hinweise darauf, dass diese Produkte eine Schutz vor der Entstehung von Allergien habe könnten.
- Die Hyposensibilisierung ist eine Möglichkeit zur sekundären vorsorglichen Behandlung. Durch langsam ansteigende Dosen des Allergens, die in die Unterhaut gespritzt oder sublingual gegeben werden, soll das Immunsystem an das Allergen gewöhnt werden. Die Therapie erstreckt sich in der Regel über drei Jahre.
- Das Vermeiden von histaminreichen Nahrungsmitteln während der kritischen Tage des Pollenflugs kann zu einer Linderung der Symptome führen
Begleitend
- Psychosomatische Verfahren
Akut
Antiallergika werden je nach Krankheitsform in unterschiedlichen Darreichungsformen angewendet: Tabletten, Nasensprays, Asthmasprays, Augentropfen, Cremes, Salben und Injektionen.
Eingesetzt werden:
- Antihistaminika, z.B. Loratadin
- Mastzellstabilisatoren, z.B. Cromoglicinsäure
- β2-Sympathomimetika, z.B. Salbutamol
- Leukotrienrezeptor-Antagonisten bei Asthma, z.B. Montelukast
- Theophyllin bei Asthma
- Immunmodulatoren (Pimecrolimus und Tacrolimus) bei atopischer Dermatitis
- Kortison
- Immunsuppressiva in sehr schweren Fällen (Cyclosporin A)
- Seit 2005 ist in Deutschland der humanisierte monoklonale Antikörper Omalizumab (Xolair®) für die Behandlung von schwerem Astma bronchiale zugelassen
- Schwere akute Fälle (Anaphylaktischer Schock) sind lebensbedrohlich und erfordern ärztliche Nofallmaßnahmen. Patienten bei denen bekannt ist, daß sie der Gefahr laufen, einen anaphylaktischen Schock zu erleiden (z.B. bei Insektenallergien), kann eine Adrenalinspritze verschrieben werden, die sie für den Notfall stets bei sich tragen sollten.
Ausblicke
| Wirkstoff (Markenname) | Wirkprinzip | Status | Quellen | |
| CTY003-QbG10 | Immunmodulator (T-Zellen Th2 -> Th1 Shift) | Phase-IIa-Studien erfolgreich | [1] | |
| TOLAMBA | Immunmodulator (T-Zellen Th2 -> Th1 Shift) | Phase-II/III-Studie erfolgreich | [2] | |
| AIC | Immunmodulator (Histamin Reduktion) | Phase-III Studie läuft | [3] |
Pseudoallergien und Begriffsverfremdungen
Es gibt auch Krankheitsbilder, die den Symptomen einer Allergie gleichen. Sie werden als Pseudoallergien bezeichnet. Begriffsverfremdungen: In esoterischer und alternativ medizinischer Literatur wird auf Allergien wie Zuckerallergie und Wasserallergie eingegangen und es werden Therapien dagegen angeboten. Allergien auf Wasser und Zucker sind aber per Definitionem nicht möglich, da eine Allergie eine unnötige und übermäßige Immunantwort auf ein Allergen bedeutet. Wasser und Zucker sind nicht allergisierend.
Siehe auch
- Nahrungsmittelallergie
- Autoimmunerkrankung
- Neurodermitis (atopische Dermatitis)
- Histamin-Intoleranz
- Latexallergie
- Nasenschleimhautschwellung
- Omalizumab
- Sensibilisierung
- Spermaallergie
- Tierhaarallergie
Literatur
- Clemens von Pirquet: Allergie Münchener Medizinische Wochenschrift 1906;30:1457-1458
- Lothar Jäger: Allergien. Ursachen, Therapien, Vorbeugung. München: Beck 2000.
- Reinhard Jarisch: Histamin-Intoleranz, Histamin und Seekrankheit. Thieme, ISBN 3-13105382-8
F. Frössel: Schimmelpilze in Wohnungen, Baulino Verlag, Waldshut-Tiengen 2006 (ISBN 3938537183, Auflage von 2006)
Quellen
Weblinks
- Open Directory Project: Gesundheit > Krankheiten und Beschwerden > Immunsystem > Allergien
- Allergien, Chronische Erkrankungen, Immunsystem: Unabhängiges Informationsangebot der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
- Aktionsbündnis Allergieprävention
- Artikelsammlung des JAMA (1997) mit Verweisen auf weitere Arbeiten im Volltext (engl.)
- Index Leitlinien Allergologie der AWMF