Die Leiden des jungen Werthers

Die Leiden des jungen Werther ist ein Briefroman von Johann Wolfgang von Goethe. Die Ausgaben von Goethes Hand (die Erstausgabe ist im Jahr 1774 erschienen) tragen den Titel Die Leiden des jungen Werthers.
"Die Leiden des jungen Werther" war Goethes erster Roman, der ihn beinahe über Nacht in Deutschland berühmt werden ließ. Die Veröffentlichung geschah im Herbst 1774 zur Leipziger Buchmesse und wurde dort zum Schlager. "Die Leiden des jungen Werthers" war das erste und letzte Buch Goethes, das schon von Zeitgenossen gelesen wurde.
Liebe zu Charlotte Buff
Die Handlung ist weitestgehend autobiografisch: Während seiner Praktikantenzeit am Wetzlarer Reichskammergericht lernt Goethe (dank eines Empfehlungsbriefes ins Deutschordenshaus) die junge Charlotte Buff kennen und verliebt sich in sie. Charlotte jedoch ist einem Juristen namens Kestner versprochen, der dem Vater offenbar auch seriöser erscheint als der junge, künstlerisch ambitionierte Goethe, der schon damals lieber Künstler als Rechtsanwalt werden wollte. Goethe verabschiedet sich von ihr und schreibt sich, so will es die Legende, seinen Liebeskummer innerhalb von drei Monaten in diesem Briefroman vom Herzen.
Jerusalems Selbstmord
Einige Details jedoch weichen von Goethes Erlebnissen ab. Vor allem das Ende: Während Werther sich entleibt, gibt Goethe sich dem Kummer und dem Schreiben hin. Der Selbstmord ist inspiriert von einem jungen Kollegen, Jerusalem, der sich tatsächlich vor lauter Liebesunglück eine Kugel in den Kopf jagte und dessen Grab in Wetzlar zu einer Pilgerstätte junger unglücklich Verliebter wurde. Karl Wilhelm Jerusalem, ein entfernter Bekannter Goethes, beging im Oktober 1772 Selbstmord. Goethe erfuhr davon durch Kestner. Dieser hatte Jerusalem tragischerweise die Pistole geliehen, mit der er sich erschoß. Dies veranlaßte Goethe, seine eigenen Erlebnisse des Sommers 1772 mit dem Schicksal Jerusalems zu vermischen, das im Werther im zweiten Teil immer mehr in den Vordergrund rückt. Goethe übertrug viele Charakterzüge und sonstige Eigenheiten Jerusalems auf seine Wertherfigur. Um sich näher über die Umstände seines Freitodes zu informieren, kam Goethe Anfang November 1772 für kurze Zeit noch einmal nach Wetzlar. Gespräche mit Personen, die Jerusalem nahegestanden hatten, und eigene Erinnerungen bilden die Grundlage für den Roman Die Leiden des jungen Werthers. Er übernimmt sogar Passagen aus Kestners Benachrichtigung über Jerusalems Tod wörtlich.
"Werther-Fieber" und Kontroverse
Vor allem unter den Jugendlichen brach ein regelrechtes "Werther-Fieber" aus, das Werther zu einer Kultfigur werden ließ. Es gab die Werther-Mode (gelbe Hose, gelbe Weste, blauer Rock), die berühmte Werther-Tasse durfte in keinem bildungsbeflissenen Haushalt fehlen, und sogar ein Eau de Werther.
Diese Geschichte wurde vor allem von der Kirche, aber auch von zeitgenössischen Dichtern als Verherrlichung des Selbstmordes verurteilt - angeblich ahmten Jugendliche die Tat nach. Es kam sogar zu einem Prozess, in dem die Kirche die Zahl der Selbstmorde so geschickt übertrieb, dass bis heute nicht klar ist, wieviele es nun wirklich waren. Vermutlich nicht mehr als eine Handvoll. Goethe selbst argumentierte sinngemäß, er gebe durch sein eigenes Überleben das beste Beispiel ab: Man müsse sich seinen Kummer vom Herzen schreiben. Dem Bischof von Derby, Lord Bristol, der Goethe Verführung zum Selbstmord vorwarf entgegnete Goethe eher zynisch:
Und nun wollt Ihr einen Schriftsteller zur Rechenschaft ziehen und ein Werk verdammen, das, durch einige beschränkte Geister falsch aufgefaßt, die Welt höchstens von einem Dutzend Dummköpfen und Taugenichtsen befreit hat, die gar nichts besseres tun konnten, als den schwachen Rest ihres bißchen Lichtes vollends auszublasen.
Auch, wenn Goethe auch heute noch missverstanden wird: Sein Roman galt als Initialzündung der Empfindsamkeit in der Literatur, aber auch als Schlüsselroman des Sturm und Drangs. Das Buch wurde in für damalige Zeiten sehr hohen Auflagen gedruckt und war Mitauslöser der so genannten "Lesesucht".
Daß dieses Buch zu solch einem Welterfolg werden würde, hoffte er vielleicht, aber er ahnte es nicht. Um diesen auch »Wertherfieber« genannten Erfolg zu verdeutlichen, sind heute in Wetzlar neben einem wertvollen Erstdruck des Werthers Parodien, Nachahmungen, Streitschriften und Übersetzungen in zahlreichen Sprachen ausgestellt. Der Erfolg des Romans war aber mehr als nur eine Modeerscheinung. Goethe selbst sagte dazu:
Die Wirkung dieses Büchleins war groß, ja ungeheuer, und vorzüglich deshalb, weil es genau in die rechte Zeit traf. (Dichtung und Wahrheit)
Literatur
- Die neuen Leiden des jungen W. (Ulrich Plenzdorf)
- Lotte in Weimar (Thomas Mann)
Ausgaben
Als Webausgabe frei zugänglich bei [DigBib.Org][Gutenberg.Net: Band 1, Band 2]
Weblinks
- Artikel: "Goethes Werther: Gefühle bleiben aktuell" (sbznet.de)
- "Die Leiden des jungen Werthers" als (gekürztes) Hörbuch im Literatur-Café
siehe auch: