Europäische Gottesanbeterin
Europäische Gottesanbeterin | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Mantis religiosa | ||||||||||||
Linnaeus, 1758 |
Die Europäische Gottesanbeterin ist die einzige in Mitteleuropa vorkommende Vertreterin der mehr als 2.300 Arten umfassenden Ordnung Mantodea (Fangschrecken). In Deutschland ist sie in der "Roten Liste der Geradflügler" (Status Deutschland nach INGRISCH & KÖHLER 1998) (rote Liste) in die Kategorie 3 ("gefährdet") eingruppiert und genießt nach den Bestimmungen des Bundes-Naturschutz-Gesetzes (BNatSchG) in Verbindung mit der Bundes-Artenschutz-Verordnung (BArtSchV) besonderen Schutz. Deshalb darf sie u. a. weder gefangen noch gehalten werden.
Merkmale
Weibchen können bis 7,5 cm lang werden, die Männchen sind deutlich kleiner und erreichen eine Länge bis zu 6 cm. Die Grundfärbung reicht von zartgrün bis braun, an der Basis der Vorderhüften befindet sich ein schwarzer Fleck, der in der Abwehrhaltung als augenähnliche Zeichnung gezeigt wird (Mimikry). Die unterschiedlichen Färbungsvarianten sind teilweise erblich bedingt, entstehen aber auch nach den einzelnen Häutungen als Anpassung an die Umgebung.
Auffallend ist der verlängerte Halsschild und der große, dreieckige, sehr bewegliche Kopf. Während die beiden hinteren Beinpaare als Schreitbeine gestaltet sind, sind die Vorderbeine zu Fangbeinen umgebildet. Femur und Tibia sind mit Dornen zum Festhalten der Beute besetzt.
Lebensweise
Im Mittelmeerraum besiedelt die Gottesanbeterin viele unterschiedliche Lebensräume, in Mitteleuropa ist sie dagegen auf ausgesprochene Wärmeinseln beschränkt. Die Bindung an Wärmegebiete ist bedingt durch das notwendige Beuteangebot der Larven im Frühjahr, die Eier können dagegen in Steppengebieten auch Winter mit sehr hohen Minustemperaturen überstehen.
Die Larven schlüpfen im Mai/Juni, bereits Ende Juli/Anfang August sind die erwachsenen Tiere anzutreffen. Erst 14 Tage nach der Imaginalhäutung werden die Tiere geschlechtsreif. Die weitverbreitete Ansicht, das Weibchen der Gottesanbeterin würde während oder nach der Paarung das Männchen auffressen, ist nach neuerer Erkenntnis nicht zutreffend. Entsprechende Beobachtungen wurden nur bei Tieren in Gefangenschaft gemacht und sind wahrscheinlich auf Ernährungsmängel und die räumliche Nähe der Tiere zurückzuführen (ausgeschlüpfte Jungtiere beginnen in Gefangenschaft nach ca. 2-3 Tagen, sich gegenseitig anzufallen). Im Freiland tritt dagegen kein Kannibalismus auf. Die Eier werden in einem Kokon, der sogenannten Oothek abgelegt, es handelt sich dabei um eine Schutzhülle aus einer schnell erhärtenden Schaummasse, die meist 60–70 Eier enthält. Im Herbst verenden die Tiere, die Eier überwintern in den gut isolierenden Ootheken.
Verbreitung
Ursprünglich stammt die Art aus Afrika, hat sich aber in der Alten Welt über den gesamten Mittelmeerraum und große Teile Asiens östlich bis nach Japan und bis zu den großen Sundainseln ausgebreitet. In nord-südlicher Richtung reicht ihr Verbreitungsgebiet vom südlichen Westsibirien bis zum Kap der guten Hoffnung. Durch Verschleppung ist sie inzwischen auch in der Neuen Welt vertreten, und zwar auf dem Nordamerikanischen Kontinent (in weiten Teilen der östlichen USA und im südlichen Kanada). Sie fehlt - trotz manchen anderslautenden Angaben in der Literatur - in Südamerika und Australien. Die nördlichsten Vorkommen überschreiten östlich des Ural-Gebirges im südlichen Westsibirien bei Tscheljabinsk den 54., bei Omsk sogar den 55. Breitengrad und westlich des Urals in Osteuropa den 53. Grad n. Br. In Mitteleuropa reicht die Verbreitung der Gottesanbeterin - abgesehen von der Exklave Berlin-Schöneberg (52.48N-13.37E) - lediglich bis zum 51. Breitengrad (südöstliches Polen: Hochfläche von Lublin). Während Mantis religiosa auf der Nordhalbkugel südlich des 46. Breitengrades (46° n. Br.) an geeigneten Örtlichkeiten fast überall vorkommt, ist sie nördlich dieser Linie nur vereinzelt in klimatisch begünstigten Gegenden zu finden. Ein Verbreitungsschwerpunkt in Deutschland ist der südliche Oberrhein mit dem Isteiner Klotz und dem Kaiserstuhl, weitere Populationen sind aus Rheinland-Pfalz (Bienwaldgebiet und Raum Trier) bekannt. Einzelne Fundmeldungen gibt es ferner aus dem Saarland und aus Bayern (Fränkische Schweiz) sowie seit kurzem auch wieder aus Hessen, nachdem die Gottesanbeterin dort lange Zeit als ausgestorben galt. Aus Hessen und Bayern fehlen aber bisher eindeutige Hinweise auf Reproduktion (Nachweise von Ootheken). Dagegen ist seit 1998 auch ein Inselvorkommen im Stadtgebiet von Berlin-Schöneberg bekannt, dessen Individuen sich alljährlich erfolgreich fortpflanzen. Die zahlreichen neueren Fundmeldungen beweisen, dass Mantis religiosa etwa seit Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts ihr Verbreitungsareal in Mitteleuropa deutlich vergrößert hat und auch weiterhin in allmählicher Ausbreitung begriffen ist.
Bilder


Literatur
- BERG, M. K., C. J. SCHWARZ & J. E. MEHL (2006/in press): Die Gottesanbeterin, Mantis religiosa. - Die Neue Brehm-Bücherei 656, Verlag Westarp Wissenschaften, Hohenwarsleben, ca. 300 Seiten
- DETZEL, P. & R. EHRMANN (1998): Mantis religiosa LINNAEUS, 1758 – Gottesanbeterin. – In: DETZEL. P. (Hrsg.): Die Heuschrecken Baden-Württembergs. – E. Ulmer, Stuttgart: 181-187.
- INGRISCH, S. & G. KÖHLER (1998): Rote Liste der Geradflügler (Orthoptera s. l.) (Bearbeitungsstand: 1993, geändert 1997). – In: BINOT, M., R. BLESS, P. BOYE, H. GRUTTKE & P. PRETSCHER (zusammengestellt und bearbeitet): Rote Liste gefährdeter Tiere Deutschlands. – Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.), Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz, Bonn-Bad Godesberg 55: 252-254.