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Angstkrankheit

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Angstkrankheiten, Phobien und Angststörungen sind psychische Störungen, man unterscheidet grundsätzlich phobische Störungen von weiteren Angststörungen.


Folgende Unterteilung wird nach einer Klassifikation der WHO getroffen:


  • Agoraphobie: Furcht vor oder Vermeidung von Menschenmengen, öffentlichen Plätzen, Reisen allein oder Reisen weg von Zuhause.
  • Soziale Phobie: Furcht vor oder Vermeidung von sozialen Situationen, bei denen die Gefahr besteht, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen, Furcht, sich peinlich oder beschämend zu verhalten.
  • Panikstörungen: Spontan auftretende Angstattacken, die nicht auf ein spezifisches Objekt oder eine spezifische Situation bezogen sind. Sie beginnen abrupt, erreichen innerhalb weniger Minuten einen Höhepunkt und dauern mindestens einige Minuten an.
  • Generalisierte Angststörung: Eine diffuse Angst mit Anspannung, Besorgnis und Befürchtungen über alltägliche Ereignisse und Probleme über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten, begleitet von weiteren psychischen und körperlichen Symptomen.
  • Angst und depressive Störung, gemischt: Angst und Depression sind gleichzeitig vorhanden, eher leicht ausgeprägt ohne Überwiegen des einen oder anderen.

Welche Symptome treten auf?
Allgemeine Angstsymptome: Herzklopfen, Pulsbeschleunigung, Schweißausbruch, Zittern, Beben, Mundtrockenheit, Hitzewallungen. Dazu Atembeschwerden, Beklemmungsgefühl, Brustschmerzen, Übelkeit. Auch Bewußtseinsstörungen, z.B. das Gefühl, verrückt zu werden, das Gefühl, dass Dinge unwirklich sind oder man selbst "nicht richtig da" ist, Benommenheit, Schwindel, Angst zu sterben.

Spezifische Phobien und Agoraphobie:
Es besteht eine deutliche emotionale Belastung durch die Angstsymptome. Die angstauslösenden Objekte bzw. Situationen werden vermieden. Gleichzeitig besteht die Einsicht, dass die Ängste übertrieben oder unvernünftig sind. Beim Anblick des angstauslösenden Objekts bzw. der Situationen kommt es zu den oben beschriebenen Symptomen.

Soziale Phobie:
Die Angstsymptome sind die gleichen wie bereits beschrieben. Dazu eventuell Erröten, Angst zu erbrechen, Stuhl- und Harndrang oder die Angst davor.

Panikstörungen:
Panikattacken gehen besonders häufig mit Herzklopfen, Herzrasen oder unregelmäßigem Herzschlag einher. Die Betroffenen haben Todesangst vor einem Herzstillstand oder Herzinfarkt. Atemnot, Erstickungsgefühl, Engegefühl in Hals und Brust, Zittern und Schwitzen sind deutlich ausgeprägt. Dazu kommen die übrigen beschriebenen Symptome.

Generalisierte Angststörung:
Zu den körperlichen Symptomen kommen Symptome von Anspannung wie Muskelverspannungen, Ruhelosigkeit und Unfähigkeit, sich zu entspannen, Nervosität. Schluckbeschwerden, Konzentrationsstörungen, Reizbarkeit, Einschlafstörungen wegen Besorgnis und Angst. Die Betroffenen können oft nicht angeben, wovor sie Angst haben, sie werden von der Furcht gequält, dass sie oder ihre Angehörigen erkranken oder Unfälle erleiden könnten.

Angst und depressive Störung, gemischt:
Zu den Symptomen der Angst kommen die der Depression.

Wie häufig sind Angststörungen?
Angsterkrankungen sind in der Praxis häufig anzutreffen. Nach einer Studie der WHO 1996 litten ca. 8,5% der Patienten an deutschen Allgemeinarztpraxen an einer generalisierten Angststörung und 2,5 % an einer Panikstörung. Frauen erkranken circa zweimal häufiger als Männer. Menschen mit Panikstörungen leiden in der Hälfte der Falle zusätzlich an einer Agoraphobie.

Welche Ursachen werden vermutet?
Die genaue Ursache ist nicht bekannt. Wahrscheinlich besteht eine erhöhte Vulnerabilität aufgrund von genetischer Veranlagung und Hirnstoffwechselstörungen, zum Ausbruch der Erkrankung kommt es dann aufgrund von äußeren Einflüssen wie traumatische Kindheitserfahrungen oder belastende Ereignisse.

Wie wird die Diagnose gestellt?
Im Mittelpunkt der Diagnostik steht das ärztliche Gespräch. Anhand der geschilderten Symptome kann der Arzt eine erste Verdachtsdiagnose stellen. Um körperliche Beschwerden der Angst, wie z. B. Atemnot und Herzrasen, von einer organischen Erkrankung unterscheiden zu können, muß zunächst eine ausführliche medizinische Untersuchung zum Ausschluß einer körperlichen Ursache erfolgen. Dazu sind meist auch laborchemische und technische Untersuchungen erforderlich (Blutuntersuchung, EKG u.a.). Erst nach Ausschluß einer körperlichen Erkrankung soll eine seelische Störung diagnostiziert und die Behandlung geplant werden.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Die Wahl der Therapie hängt von der Art der Angststörung und dem Schweregrad ab. Die Betroffenen brauchen stützende Gespräche und Zuwendung. Sie müssen wissen, daß sie nicht an einer körperlichen Erkrankung leiden. Das Zustandekommen der körperlichen Symptome muß Ihnen erklärt werden.

Bei allen Formen der Angsterkrankungen sind psychotherapeutische Verfahren wirksam, vor allem eine Verhaltenstherapie ist erfolgversprechend. Bei schweren Störungen werden zusätzlich bestimmte Medikamente, so genannte Antidepressiva, eingesetzt. In akuten Fällen mit stärksten Ängste können vorübergehend stark wirksame, angstlösende Medikamente, so genannte Tranquilizer (Benzodiazepine, z. B. Diazepam), gegeben werden. Wegen der Gefahr der Entwicklung einer körperlichen Abhängigkeit jedoch nur im Notfall bzw. über kurze Zeit.

Bei spezifischen Phobien sind verhaltenstherapeutische Reizkonfrontationsverfahren sehr wirksam. Medikamente sind meist nicht notwendig.

Bei Panikstörungen und der Agoraphobie werden ebenfalls verhaltenstherapeutische Verfahren (Exposition, kognitive Therapie) angewendet. Hier ist die Kombination mit Antidepressiva am wirksamsten.

Soziale Phobie: In leichten Fällen reicht eine Verhaltenstherapie aus, in schweren Fällen ist die zusätzlich Gabe von Antidepressiva über mehrere Monate notwendig.

Generalisierte Angststörung: Auch hier ist eine verhaltenstherapeutische Psychotherapie notwendig, Medikamente sollten zusätzlich eingesetzt werden, wenn der Erfolg der Psychotherapie allein zu gering ist.

Wie ist der Verlauf der Erkrankung?
Angststörungen neigen zu einer Chronifizierung, d.h. dauernden Anwesenheit, wenn sie nicht behandelt werden. Bei der Panikstörung beispielsweise kommt es nur bei 10 bis 30 % der Betroffenen spontan zu einer vollständigen Gesundung. Unter Verhaltenstherapie und Medikamenteneinnahme wird die Prognose wesentlich gebessert. Die isolierten Phobien sind sehr gut zu behandeln. Grundsätzlich gilt: Je früher eine Behandlung begonnen wird, desto günstiger ist der Verlauf.

siehe auch: Angst, Phobie, Diskussion dieser Seite (Urheberrecht)

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