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Borralan-Komplex

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Der 26 Quadratkilometer große Borralan-Komplex ist eine rund 430 Millionen Jahre alte alkalische Intrusion, die im Silur zu Beginn der Skandischen Orogenese in die Moine Thrust Zone im Nordwesten Schottlands eingedrungen war. Es handelt sich hierbei um den einzigen großen, an Quarz-untersättigten Pluton der Britischen Inseln, dessen Mineralogie durch Feldspatvertreter charakterisiert wird und der an Gesteinen ein volles Spektrum von alkalischen Ultramafiten bis quarzführenden Syeniten aufweist.

Typlokalität

Die Typlokalität der Intrusion ist der Loch Borralan bei Ledmore in Assynt.

Einführung

Der Loch Borralan mit dem Suilven im Hintergrund

Im Verlauf der Kaledonischen Orogenese wurden in den Highlands Nordwestschottlands entlang der Moine Thrust Zone neoproterozoische Gesteine der Moine Supergroup nach Westen auf den passiven Kontinentalrand Laurentias überschoben. Die Moine Supergroup war ihrerseits zuvor während des Grampiums und des Skandiums metamorphosiert worden.

Der laurentische Kontinentalrand baut sich aus Grundgebirgsgesteinen auf – dies sind vorwiegend granulit- bis amphibolitfazielle TTG-Gneise des Lewisians, proterozoische Sedimente der Stoer Group und der Torridon Group sowie Sedimente eines passiven Kontinentalrandes aus dem Kambrium bis zum Ordovizium.

Im Assynt-Fenster sind vier Hauptüberschiebungen verwirklicht – (vom Hangenden zum Liegenden) die Moine Thrust, die Ben More Thrust, die Glencoul Thrust und die Sole Thrust. Im Südteil des Fensters haben sich zwei hochalkalische Intrusionen ihren Weg in die Überschiebungen gebahnt: einmal der Borralan-Komplex und der Loch-Ailsh-Komplex etwas abgesetzt im Nordosten. Die Gesteine dieser beiden Komplexe reichen von ultramafischen Melanit-Biotit-Pyroxeniten und so genannten Borolaniten (dies sind Biotit-Nephelinsyenite mit Gehalten an Pseudoleucit) bis hin zu Alkalifeldspathaltigen Syeniten und Quarzsyeniten.[1]

Geschichtliches

Der Borralan-Komplex wurde erstmals im Jahr 1895 von John Horne und Jethro Teall wissenschaftlich beschrieben.[2] Eine weitere Beschreibung durch Teall folgte im Jahr 1900[3] und im Jahr 1907 wurde der Komplex erstmals von Ben Peach und Kollegen kartiert.[4] Samuel James Shand (1910 und 1939)[5] sowie A. R. Woolley (1970 und 1973)[6] ließen detaillierte petrologische Beschreibungen folgen. Außerdem verliehen sie vielen der prägnanten Gesteine örtliche Namen wie beispielsweise Borolanit (auch in der Schreibweise Borralanit), Cromaltit, Ledmorit und Perthosit. Borolanit bezeichnet einen Nephelinsyenit und einen Pseudoleucit-führenden Syenit, Cromaltit einen Biotit-Melanit-Pyroxenit, Ledmorit einen Granat-Ägirin-Augit-Nephelinsyenit und Perthosit einen Alkalifeldspatsyenit.

Struktureller Aufbau

Der 26 Quadratkilometer große Borralan-Komplex ist um den namensverleihenden Loch Borralan aufgedrungen. Die Intrusion ist Nordwest-Südost orientiert und wird in dieser Richtung 8,2 Kilometer lang. Ihre Breite beträgt bis zu 5 Kilometer. In ihrem Zentrum erscheint ein Quarzsyenit, der im Westabschnitt von einem Alkalifeldspatsyenit und einem Ledmorit umgeben wird. Im Ostabschnitt tritt ein Borolanit an ihre Stelle. Gen Südwesten in Richtung Loch Urigill erscheinen sodann ein Ultramafit – der Bad-na-Achlaise-Ultramafit – und schließlich noch ein Karbonatit.

Petrologie

Ultramafische Pyroxenite – Cromaltite

Am Südwestrand des Borralan-Komplexes sind mehrere kleinere Körper von geschichteten ultramafischen Gesteinen anstehend.[7] Diese sehr ungewöhnlichen Gesteine enthalten in unterschiedlichen Mengen die Minerale Klinopyroxen, den Granat Melanit, Amphibol, Biotit, Magnetit, jedoch so gut wie keinen Feldspat. Die Biotitpyroxenite (auch als Jacupirangit bezeichnet) enthalten späte, poikilitische Biotite und sind als Kumulate entstanden. Melanit ist ein titanreicher, dunkler Granat mit der Formel (Ca3[Fe3+,Ti]2Si3O22), charakteristisch für alkalische Ultramafite. Die Granate in den Borralan-Ultramafiten enthalten bis zu 7 Gewichtsprozent TiO2. Die Elementkonzentrationen Ca, Fe, Ti und Mn sind in den Cromaltiten praktisch mit den Granat-Konzentrationen in den Borolaniten identisch und legen daher die Schlussfolgerung nahe, dass beide Gesteinstypen vom gleichen Stammmagma abstammen.[8]

Geochemische Differenzierung

Probenentnahmen der beiden alkalischen Komplexe (Loch Borralan und Loch Ailsh) ergaben eine geochemische Fraktionierung im QAPF-Diagramm – wobei die Entwicklung von Mafiten hin zu quarzhaltigen Syeniten erfolgte. Die frühen Abfolgen am Loch Borralan enthalten ultramafische Biotit-Pyroxenite (Cromaltite – benannt nach den Cromalt Hills), die in quarz-untersättigte Gesteine mit Feldspatvertretern übergehen, aber auch in Ledmorite (Aegirinaugithaltige Nephelinsyenite) und Borolanite (Biotit-Alkalifeldspat-Nephelin-Pseudoleucit-Syenite) im Ostteil des Komplexes. Die späte Abfolge bildet einen stöpsel- oder schichtartigen Intrusionskörper aus Alkalifeldspatsyeniten (Perthositen) und Quarzsyeniten. Diese bauen den beherrschenden Hügel Cnoc an Stroine auf. Ein abgetrennter Borolanit – die Loyne-Masse – tritt nordwestlich vom Loch Borralan zu Tage. Es dürfte sich bei ihr um eine kleine Klippenstruktur handeln, welche oberhalb der Sole Thrust eingeschoben worden war.[9]

Alter

Uran-Blei-Altersdatierungen an Zirkonen lieferten die folgenden Resultate: der Canisp-Porphyr des Vorlandes war zwischen 430,8 und 430,4 Millionen Jahre aufgedrungen, die frühe Abfolge des Borralan-Syenits zwischen 432,3 und 429,9 Millionen Jahre, die späten Borralan-Quarzsyenite zwischen 429,7 und 428,7 Millionen Jahre und der Loch-Ailsh-Syenit zwischen 430,9 und 430,3 Millionen Jahre.[10] Trotz gewisser geochemischer Unterschiede können sämtliche alkalischen Intrusionen in Assynt in etwa dem Zeitraum 431,0 bis 429,2 Millionen Jahre vor heute zugeordnet werden. Dies entspricht dem Wenlock.

Geodynamik

Der Borralan-Komplex wird zwischen zwei größere Überschiebungssysteme des Assynt-Fensters eingezwängt. Sein Liegendes überfährt im Westen anhand der Borralan Thrust die unterlagernde Sole Thrust. Die Sole Thrust hat sich hier über die gesamte Vorlandsabfolge geschoben – Durness Group, Ardvreck Group, aber auch über die Torridonian Group und kleinere Intrusionen der Northwest Highlands wie z. B. porphyrische Trachyte. Sie kommt schließlich auf das Lewisian zu liegen. Die Sole Thrust ist ihrerseits in zahlreiche steilstehende, West-vergente, sich gegenseitig überschiebende Duplexe verformt. Entlang der Borralan Thrust sind neben den Syeniten auch zahlreiche kleinere ultramafische Körper mit hochgeschleppt worden. Weiter gegen Westen greift dann die Borralan Thrust auch noch tiefer in das Pipe-Rock-Member und in das Basal Quartzite Member hinab. Im rückwärtigen Osten des Borralan-Komplexes erscheint sodann die Ben More Thrust, die ihrerseits über das Dach des Plutons hinwegfährt und sich dabei in die Ben More – Cam Loch Thrust aufspaltet.

Einzelnachweise

  1. Robert Fox und Michael P. Searle: Structural, petrological, and tectonic constraints on the Loch Borralan and Loch Ailsh alkaline intrusions, Moine thrust zone, northwestern Scotland. In: Geosphere. v. 17, no. 4, 2021, S. 1126–1150, doi:10.1130/GES02330.1.
  2. John Horne und Jethro J. H. Teall: On borralanite: An igneous rock intrusive in the Cambrian limestone of Assynt, Sutherlandshire, and the Torridon sandstone of Ross-shire. In: Transactions of the Royal Society of Edinburgh. v. 37, 1895, S. 163–178, doi:10.1017/S0080456800032579.
  3. Jethro J. H. Teall: On nepheline-syenite and its associates in the north-west of Scotland. In: Geological Magazine. v. 7, 1900, S. 385–392, doi:10.1017/S0016756800174503.
  4. Benjamin N. Peach, John Horne, W. Gunn, C. T. Clough und L. W. Hinxman: The Geological Structure of the North-West Highlands of Scotland. In: Memoir of the Geological Survey of Great Britain. Glasgow 1907, S. 668.
  5. Samuel James Shand: The Loch Borolan laccolith, northwest Scotland. In: The Journal of Geology. v. 47, 1939, S. 408–420, doi:10.1086/624788.
  6. A. R. Woolley: The structural relationships of the Loch Borralan Complex, Scotland. In: Geological Journal. v. 7, 1970, S. 171–182, doi:10.1002/gj.3350070110.
  7. D. W. Matthews und A. R. Woolley: Layered ultramafic rocks within the Borralan complex, Scotland. In: Scottish Journal of Geology. v. 13, 1977, S. 223–236, doi:10.1144/sjg13030223.
  8. R. Fox: Structural and petrological constraints on the Loch Borralan and Loch Ailsh alkaline intrusions of the Assynt Window, NW Scotland. In: Diplomarbeit. University of Oxford, Oxford, UK 2015, S. 84.
  9. Michael P. Searle, R. D. Law, J. F. Dewey und M. J. Streule: Relationships between the Loch Ailsh and Borralan alkaline intrusions and thrusting in the Moine Thrust zone, southern Assynt culmination, NW Scotland. In: R. D. Law, Robert W. H. Butler, R. E. Holdsworth, Marten Krabbendam und Rob A. Strachan, Continental Tectonics and Mountain Building: The Legacy of Peach and Horne (Hrsg.): Geological Society of London Special Publication. Band 335, 2010, S. 383–404, doi:10.1144/SP335.18.
  10. K. M. Goodenough, I. Millar, Rob A. Strachan, Maarten Krabbendam und J. A. Evans: Timing of regional deformation of the Moine Thrust Zone in the Scottish Caledonides: Constraints from the U-Pb geochronology of alkaline intrusions. In: Journal of the Geological Society. v. 168, 2011, S. 99–114, doi:10.1144/0016-76492010-020.