Zum Inhalt springen

Arier

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 3. Dezember 2006 um 16:55 Uhr durch Meskin (Diskussion | Beiträge) (Arier und Semiten). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Bedeutung von Arier (Altiranisch ar, gut, rein, edelmütig mit yan, von, Sohn von; Aryan = „die Reinen“, Sanskrit, m., आर्य, ārya, der Edle) ist vielfältig. Der Begriff wird sowohl im sprachwissenschaftlichen Sinne als auch im völkerkundlichen Sinne verwandt.

In der Sprachwissenschaft

  1. nennt man die Sprecher des indoarisch und iranischen Zweigs der Indogermanischen Sprachfamilie Arier
  2. werden die Sprecher der hypothetischen Indogermanischen Ursprache manchmal unter Arier gefasst
  3. werden teilweise auch die Sprecher der lebendigen indogermanischen Sprachen als Arier bezeichnet (Arier, Brockhaus 1997).

In der Völkerkunde

  1. werden prähistorische Völker, die 2000 v. Chr. ins Iranische Hochland und nach Indien einwanderten Arier genannt; Arier war ihre vermutliche Selbstbezeichnung (Endonym). Als Exonym ist auch Indogermane oder Proto-Indoeuropäer gebräuchlich. Sie sind die Vorfahren der Iranier sowie der Indoarier.
  2. wurde im Europa des 19. und 20. Jahrhunderts ein (hypothetischer) Volksstamm bezeichnet, von dem alle hellhäutigen Europäer („Kaukasier“) abstammen sollten.

Die völkerkundliche Sicht des Begriffs Arier wird dadurch motiviert, dass die sprachgenetische Verwandtschaft der indogermanischen Sprachen ohne ein Urvolk als Träger der indogermanischen Ursprache nicht erklärbar scheint. Die Existenz eines Urvolks sagt aber noch nichts darüber aus, ob die heutigen Sprecher der indogermanischen Sprachen von diesem Urvolk auch abstammen, weil die Übertragung der Sprache genausogut bloß durch kulturelle Kontakte geschehen sein konnte (dtv-Atlas Weltgeschichte, S.33). Eine arische Völkerwanderung nach Europa konnte allerdings durch die Altertumswissenschaften nicht nachgewiesen werden. Die Rassenlehre des 19. und 20 Jh. postulierten die hellheutigen Menschen zu direkten Nachfahren der Arier, welche daher heute noch eine arische Rasse bildeten. Auch erklärten sie die Arier zu Angehörigen einer „Herrenrasse“. Näheres siehe unter Begriff im Nationalsozialismus

Sprachwissenschaftliche Bedeutung

Hauptartikel: Indogermanische Ursprache

Die Arier sind aus sprachwissenschaftlicher Sicht die Sprecher der arischen Sprachen (indoiranische Sprachen), die wiederum in die Sprecher der iranischen Sprachen und der indoarischen Sprachen zerfallen. Die früheren Sprecher der (teilweise rekonstruierten) indogermanischen Ursprache (auch Proto-Indoeuropäer genannt) werden häufig ebenfalls als Arier bezeichnet. Gelegentlich ist fasst man auch die Sprecher heutiger indogermanischer Sprachen unter Arier zusammen. Der Begriff des Ariers ist in der Sprachwissenschaft neutral und ohne negative Konotation.

Im 18. Jh. verglich Sir William Jones die Göttervorstellungen der Ägypter, Inder, alten Griechen und Römer miteinander. Er fand bemerkenswerte Ähnlichkeit in der Mythologie und des Kultes dieser Völker. Er erkannte als erster die Verwandtschaft der klassischen Sprache der Brahmanen, Sanskrit, mit dem Griechischen, Lateinischen, Gotischen und Keltischen. William Jones verwandte den Begriff "Arisch" für sämtliche Sprachen der Indogermania. Jones vertrat noch nicht die Annahme eines gemeinsamen Ursprungs und lehnte die vergleichende Sprachforschung als Mittel nach der Suche des „Urvolkes“ ab.

Friedrich Schlegel verglich in seinem Buch „Über die Sprache und Weisheit der Inder“ Sanskrit mit anderen europäischen Sprachen und wies viele Gemeinsamkeiten in Vokabular und Grammatik nach. Die Behauptung der Gemeinsamkeiten dieser Sprachen ist nach einigen Bearbeitungen und Umformulierungen heute allgemein anerkannt. Schlegel behauptete fälschlicherweise, dass die slawischen Sprachen und indianischen Sprachen sich vom Chinesischen ableiteten. Die Ähnlichkeiten führten Ende des 18. Jh. zur der Annahme, dass Sanskrit die Ursprache der Arier gewesen sei, welche durch eine arische Völkerwanderung (arische Migrationstheorien) nach Europa gelangt seien. Eine arische Völkerwanderung ist hingegen durch die Altertumswissenschaften bisher nicht nachgewiesen worden. Anfangs war die Forschung zu den indogermanischen Sprachen besonders stark von Vorstellungen aus der Bibel geprägt. Die Annahme eines gemeinsamen völkischen Ursprungs der indogermanischen Sprachen stellte die bisher aus der christlichen Bibeltradition stammende herrschende Meinung in Frage, nach der die hebräische Sprache als Sprache des Alten Testaments die Grundsprache der christlichen Völker sei, welche ihrerseits mit einem gemeinsamen christlich-jüdischen Urvolk in Verbindung gebracht wurde. Diese Vorstellung stütze sich auf die Behauptung der Bibel, Noahs drei Söhne Japeth, Shem und Ham seien Vorfahren der Menschheit. Ein weitere biblischer Erklärungsversuch ist der Turmbau zu Babel, der die Sprachvielfalt auf ein göttliches Eingreifen infolge menschlicher Hybris zurückführte.

Heute gilt die sprachgenetische Verwandtschaft von Latein und den romanischen Sprachen, den germanischen Sprachen, den keltischen Sprachen, den slawischen Sprachen, den baltischen Sprachen, der griechischen Sprache sowie den Sprachen Albaniens, Armeniens, Persiens und Indiens als nachgewiesen. Betreffend die gemeinsame vermutete hypothetische Ursprache siehe: indogermanische Ursprache und indogermanische Sprachen

Arier als prähistorisches Volk

Umstritten ist, ob sich der Begriff des Ariers in einem rein sprachwissenschaftlichen Sinne erschöpft oder ob die Arier ein prähistorisches Volk bildeten. Diese Annahme würde eine über die sprachliche hinausgehende kulturelle und religiöse Gemeinschaft voraussetzen. Die Ähnlichkeiten zwischen den indogermanischen Sprachen werden nicht nur für die Rekonstruktion einer gemeinsamen Ursprache, sondern auch als Indiz für die Existenz eines prähistorischen Volk der Arier gewertet. Es wurde anhand persischer und indischer Schriftstücke und Überlieferungen festgestellt, dass die Sprecher dieser Sprache sich selbst wahrscheinlich als Arier (Arya) bezeichneten. Neben dieser endonymen Bezeichnung ist auch die exonyme Bezeichnung als Indogermanen oder als Proto-Indoeuropäer gebräuchlich. Dieses prähistorische Volk soll während der späteren Kupfersteinzeit bis zur frühen Bronzezeit existiert haben. Infolge dieser Annahme muss davon ausgegangen werden, dass diese Gruppe sich ab einem bestimmten Zeitpunkt räumlich getrennt hat und in verschiedene Richtungen wanderten. Damit wird nicht behauptet, dass die heutigen Sprecher indogermanischer Sprachen von dem Urvolk der Arier (außschließlich) abstammten; ebenso möglich ist die Weitergabe der Sprache über kulturelle Kontakte und die Mischung mit fremden Sprachelementen (dtv-Atlas Weltgeschichte S.33). Näheres dazu siehe unter: Arier als Abstammungseinheit.

Herkunft

Über den Lebensraum dieser Sprecher wird viel spekuliert. Aufgrund des hohen Alters der Altiranischen Sprache und des Sanskrit wird eine Verbindung mit Persien oder der Indus-Kultur (Harappa-Zivilisation) gesehen. Der Gebrauch des Begriffes Aryan in Inschriften und alten Schriften wurde so gedeutet, dass eine arische Vorgängerkultur existiert habe, welche die dravidische Indus-Kultur erobert habe. Daraufhin wurde nach dem Ursprung (Urheimat) dieser Ethnie gesucht.

Kurgan-Hypothese

Hauptartikel: Kurgankultur

Die Kurgan-Hypothese zählt wohl zu den meist verbreiteten Theorien. Diese sieht die Arier als ein nomadisches Reitervolk aus den Kirgisensteppen in der Nähe des Kaspischen Meeres. Daher stammt auch die Bezeichnung "Kaukasier". Dieser prähistorische Volk dehnte sich in mehreren Schüben sowohl nach Süden als auch nach Westen in einem Zeitraum von mehreren Jahrhunderten aus. Um 2000 bis 1500 v.Chr. erreichten die Arier den indischen Subkontinent, wo sie auf die eingeborene Bevölkerung der Dravider (möglicherweise auf den Indus-Kult) stießen, die sie unterworfen haben. Auf ihrem Weg nach Westen gründeten sie in Kleinasien das Reich der Hethiter sowie das Reich der Archäer in Griechenland (Chronik der Weltgeschichte, S.53). In Europa stießen die Arier auf die Megalithkulturen, deren Sprachen als Substrat in die indogermanischen Sprachen einfloss. Auf diese Art verbreitete die sogenannte „Kurgankultur“ ihre Sprache, Religion und Kultur. Die Kurgan-Hypothese wird von der herrschenden Meinung und auch von bekannten indischen Wissenschaftlern wie Romila Thapar vertreten.

Indigenous Aryan Theory

Die Kurgan-Hypothese wird von nationalistischen Strömungen angegriffen, die immer wieder „ihre“ Nation als die wahre Urheimat propagiert. Ein Beispiel dafür ist die Indigenous Aryan Theory. Die hindu-nationalistische Indigenous Aryan Theory im Umfeld der Bharatiya Janata Party betrachtet die Arier autochthone Bevölkerung des indischen Subkontinents, von wo aus die Arier eine Wanderung nach Europa begangen haben. Die Indus-Zivilisation basiere nicht auf dravidischen Wurzeln, sondern sei vedischen Ursprungs. Eine der Indigenous Aryan Theory vergleichbare Annahmen finden sich in zahlreichen nationalistischen Theorien des indogermanischen Sprachkreises, welche pseudowissenschaftlich argumentieren, die Arier hätten aus ihren Gebiet ihre Migration angetreten. Das galt z.B. für nationalistische Kreise in Europa, die Deutschland oder Skandinavien aus Ursprungsgebiet postulierten (Begriff im Nationalsozialismus. Weitere Beispiele dieser Art der Verklärung findet man im Iran. So sollen sich die Arier in dessen Hochebenen gebildet und von dort ausgebreitet haben.

Sonstige Theorien

Eine andere Theorie weist prähistorische arische Sprach- und Kulturreste in Sumer, Akkad und Ägypten nach, die eine frühe Präsenz der Arier im nahen Osten seit mindestens dem Anfang des 3. Jahrtausends v. Chr. nahelegt. Zudem werden selten auch Verbindungen zur noch kaum erforschten Oasenkultur in der Wüste Karakum postuliert. Einen anderen Ansatz verfolgt die Schwarzmeer-Überschwemmungs-Hypothese. Diese wurde 1996 von William Ryan and Walter Pitman, beides Geologen an der Columbia University, in einem populären Artikel der New York Times vorgestellt. Laut dieser These lebten die Arier in unmittelbarer Umgebung des prähistorischen Schwarzen Meers. Eine Flutkatastrophe soll der Auslöser für die Völkerwanderung der Arier gewesen sein.

Vielen Theorien ist gleich, dass die Arier meistens als überlegene Eroberer hervortreten. Aufgrund ihrer „höheren“ Entwicklung, sie kannten beispielsweise domestizierte Pferde und Streitwagen, waren diese militärisch im Vorteil. Eine Kultur kann jedoch nicht zweifelsfrei mit einer Sprache identifiziert werden, da keine Schriftzeugnisse überliefert sind.

Kultur und Religion

Hauptartikel: Proto-Indoeuropäer

Die Kultur und Religion der Arier bleiben größtenteils im Dunkeln. Basierend auf der Rekonstruktion ihrer Sprache und archäologischen Funden können einige Merkmale ihrer Kultur teilweise festgestellt werden. Die Arier lebten noch als Nomaden. Sie waren kriegerisch, patriachalisch und hierachisch geprägt. Aller Wahrscheinlichkeit nach hielten sie Pferde (ek'wos), Schafe, Rinder, Hunde, Ziegen und Schweine. Töpferei und Weberei waren ebenfalls bekannt. Der Ackerbau wird erst in späterer Zeit durch die Eroberung von Völkern mit überlegener Kultur übernommen (dtv-Atlas Weltgeschichte S.33). Eine mythologische Bedeutung kam der Kuh (gwous) zu. Etabliert dürfte auch das Sklavenwesen gewesen sein. Die Arier hingen einer polytheistischen Religion an. Sie verehrten mindestens einen Gott, vermutlich *diwos ph2tēr (lit. „Himmelvater“), daneben existierten wahrscheinlich noch weitere Gottheiten. Die Arier besaßen ein patrilineares Verwandtschaftsystem, das sich von der Vaterlinie ableitete. Modell war die vaterrechtlich organisierte Großfamilie.

Arier als Abstammungseinheit

Im 19. Jahrhundert lösten neue Weltanschauungen den Begriff des Ariers von der Sprachwissenschaft und von völkerkundlichen Vorstellungen und deuteten ihn zu einer biologischen Abstammungsgemeinschaft um (Genealogie): Man behauptete, dass die Arier nicht nur die früheren Sprecher der indogermanische Ursprache (sprachwissenschaftliche Sicht) seien und nicht nur die Träger einer untergegangenen gemeinsamen Kultur (völkerkundliche Sicht) bilden würden, von denen die heutigen Menschen, die eine vom Indogermanischen abstammende Sprache sprechen (also fast alle Europäer) durch kulturelle Kontakte mit den Ariern deren Sprachliche Elemente übernommen haben (Substrat), sondern auch genetisch („blutsmäßig“) von diesem durch die Sprachwissenschaft erschlossenen Ursprungsvolk abstammen würden. Diese Abstammungstheorie ist nicht geklärt. Es scheint durchaus wahrscheinlich, dass die Arier, welche in Europa die Monolithkulturen und in Indien die dravidische Harappa-Kultur eroberten, nicht nur in einen Prozess des kulturellen Austauschs sich bewegten, sondern sich auch mit der eingeborenen Bevölkerung genetisch vermischten. Sobald aber die These in den Raum gestellt wird, dass die heutige hellheutige Bevölkerung Europas außschließlich von den Ariern abstamme ("Kaukasier") und daher noch heute eine "arische Rasse" bilde, wird ein ursprünglich sprachwissenschaftlicher und völkerkundlicher Begriff in rassistischer Weise verwandt.

Arier und Semiten

Siehe auch: Antisemitismus bis 1945

Durch dieses biologische Verständnis wurde die Gemeinschaft der Arier ausschließend. Man konnte sich nicht mehr durch die Aneignung von Sprache und Kultur (Assimilation) integrieren. So wurden europäische Juden trotz ihrer hellen Hautfarbe und der ihrer jeweiligen Nationalität entsprechenden Muttersprache aus dieser Definition ausgeschlossen. Die Juden seien als Nachkommen des biblischen Volks der Israeliten Semiten. Das „Blut“ der Semiten habe sich über die Generationen auf die Juden des 19. Jahrhunderts weitervererbt. Daher spielt es nach dieser rassistischen Ansicht keine Rolle, ob Juden zum Christentum übertreten, die Nationalsprache sprechen usw., weil sie nach wie vor "semitische" Gene in sich trügen.

Zuerst tauchte die Idee einer „arischen Rasse“ in Frankreich auf (Arthur de Gobineau). Anschließend trat sie in England (Houston Stewart Chamberlain) in Erscheinung. In Indien suchte die britische Kolonialregierung die Zusammenarbeit mit der Elite. Die hohen Kasten galten dabei als Nachkommen der Arier, die die dunkelhäutigen Dravidier nach Süden verdrängt hätten. Dies führte zu gesellschaftlichen Spannungen zwischen Nord- und Südindern.

Begriff im Nationalsozialismus

Umdeutung der Herkunft

Die Theorie, die Arier hätten ihren Ursprung in den Steppen Russlands gehabt, wurde von rassistischen Kreisen im damaligen Deutschland weitgehend abgelehnt. Es wurde wissenschaftlich (z.B. Hans F.K. Günther) argumentiert, die Arier seien ursprünglich in Deutschland oder Skandinavien heimisch gewesen, oder zumindest seien dort die ursprünglichen Eigenschaften insbesondere rassischer Art besonders klar erhalten. Daneben wurden die Arier den Goten, Wandalen oder anderen Stämmen der Völkerwanderung nahegebracht. Die Arier wurden als körperlich und geistig überlegene und auf Reinheit bedachte Rasse dargestellt, die in der Geschichte als Kriegeradel und Kulturbringer gewirkt habe.

Umdeutung der Zugehörigkeitskriterien

Der Begriff des Ariers erfuhr durch die Nationalsozialisten weitere Veränderungen. Die 'Arier' wurden in eine rein germanische 'Herrenrasse' umgedeutet, deren Mission es sei, alle angeblich 'nichtarischen' Völker zu unterwerfen oder gar auszulöschen. Dabei wurden unzulässigerweise die Slawen, deren Sprachen ebenfalls der indogermanischen Sprachenfamilie angehören, von den Ariern ausgeschlossen. Die romanischen Völker, deren Sprachen auch indogermanisch sind, seien hingegen durch die Völkerwanderung teilweise germanisiert worden. Die Juden waren dieser Weltanschauung gemäß als Semiten die eigentliche Gegenrasse. Da Arabisch eine semitische Sprache ist, wurden die Araber durch ausdrücklichen Beschluss von der „Rasse“ der Semiten ausgenommen. Anhand dieser Veränderungen und Umdeutungen sieht man, wie weit sich diese rassistischen Theorien von jeder sprach- und kulturwissenschaftlichen Grundlage entfernt haben.

Umgekehrt wollte man die Finno-Ugrier als nordisches Volk in die Herrenrasse mit einbeziehen. Völker wie Ungarn, Esten und Finnen, deren finno-ugrischen Sprachen nicht Teil der indogermanischen Sprachenfamilie sind, könnten „nach strengen wissenschaftlichen Maßstäben“ nicht als „arisch“ bezeichnet werden. „Arisch“ wurde deshalb als amtlicher Rechtsbegriff ab dem Jahre 1935 nicht mehr verwandt. Anstelle des in dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums verwendeten Begriffs des Ariers (§3 Abs.1 Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums) kam die ausweislich des Gesetzestextes und seiner Begründung in den Nürnberger Gesetzen gebrauchte Formulierung „Person deutschen oder artverwandten Blutes“ (§2 Abs.1 Reichsbürgergesetz, §§1ff. Blutschutzgesetz).

Dieser Begriff ersetzt den bisher gebrauchten der arischen Abstammung. Der Begriff des Ariers war aus der Sprachwissenschaft entnommen. Er hatte ursprünglich zwar die Angehörigen einer bestimmten Rasse bezeichnet, war aber dann nur noch für Angehörige bestimmter Sprachgruppen verwendet worden. Da die Völker, die einstmals ihre arische Sprache in irgendein Land der Erde getragen hatten, vielfach völlig untergegangen sind, während Blutfremde heute diese Sprache als ihre Muttersprache sprechen, so beweist der Umstand, daß ein Mensch eine arische Muttersprache hat, durchaus nichts Endgültiges dafür, daß er blutmäßig noch irgendwie zu der Menschengruppe gehört, die ehemals wegen ihrer Abstammung als Arier bezeichnet wurden. Ebenso beweist umgekehrt der Umstand, daß heute ein Mensch eine nichtarische Muttersprache spricht, durchaus nicht zwingend, daß er nicht noch seinem Blute nach „Arier“ ist. Dies gilt z.B. für die Angehörigen der finisch-ugrischen Sprachgruppe in Europa, also vor allem für die Ungarn und die Finnen. Unter diesen mag ausnahmsweise mancher reinblütige Nachkomme von denen sein, die diese Sprache einst aus ihrer asiatischen Heimat nach Europa gebracht haben, aber die überwiegende Mehrzahl der heute lebenden Angehörigen dieser Völker ist „arischen“ Blutes, da die Nachkommen der alten Eroberer oder Einwanderer durch tausendjährige Blutmischung und Zuchtwahl größtenteils in europäischem Blut aufgegangen sind. Der Begriff des Ariers genügt also nicht mehr, um deutlich zu bezeichnen, was bezeichnet werden sollte. Die häufig gehörte Frage, ob dieses oder jenes Volk als „arisch“ zu betrachten sei, war schon in der Fragestellung falsch. Sie beruhte darauf, daß Volkstum und Rasse nicht hinreichend unterschieden wurden. Es gibt wohl kaum ein Volk auf der Erde, daß sich ausschließlich aus Angehörigen derselben Rasse zusammensetzt.

An die Stelle „deutsches oder artverwandtes Blut“ sollte nach einem Runderlass vom 26. November 1935 der Begriff „deutschblütig“ treten.

Auswirkungen

Hauptartikel: Shoa, Holocaust, Generalplan Ost, Antisemitismus bis 1945, Euthanasie

Die Nationalsozialisten rechtfertigten mit dieser zentralen Ideologie die Diskriminierung, Vertreibung und Ermordung der Juden sowie die Deklassierung der Slawen zu 'Untermenschen'. Die Menschen im Dritten Reich und den von den Nationalsozialisten beherrschten Gebieten mussten zum Beweis ihrer 'rassischen Reinheit' sogenannte Ariernachweise erbringen. Mit der Idee der Reinhaltung der arischen Rasse wurden weiter der Mord oder die Sterilisation geistig behinderter oder einfach nur unerwünschter Menschen betrieben (siehe auch Euthanasie).

Esoterik und Völkische Esoterik

Die Theosophie, eine von Helena Blavatsky und Henry Steel Olcott auf buddhistischen, gnostischen, hinduistischen und anderen Vorstellungen gegründete mythologisch-religiöse Weltanschauung des ausgehenden 19. Jahrhunderts, nahm ebenfalls Ideen über die Arier auf. Die Russin Blavatsky (eigentlich Blavatskaja, geb. v. Hahn, Tochter einer russischen Adligen und eines deutschen Offiziers in russischen Diensten) bezeichnete mit den Ariern die „fünfte Wurzelrasse“, die ihrerseits wiederum in vier „Unterrassen“ aufgeteilt ist (nordisch, fälisch, mittelländisch und ostisch). Die Angehörigen der „nordischen Rasse“ wurden hierbei von „Rassenwissenschaftlern“ wie Ludwig Ferdinand Clauß als „Leistungsmenschen“ bezeichnet. Laut Blavatsky kamen die Arier weit aus dem Norden, aus Hyperborea. Auch glaubten viele Theosophen und später auch Ariosophen, der Ursprung der Arier sei Platons Atlantis gewesen, die Arier somit die Atlanter. Die in der Theosophie entwickelte Vorstellung der Arier wurde durch die Ariosophie und die Guido-von-List-Gesellschaft verfälscht und fand ihren Weg nach Deutschland, wo durch Vermischung mit nationalistischen Elementen dem Nationalsozialismus eine seiner Grundlagen bereitet wurde.

Bewertung

Zu beachten ist der von Marija Gimbutas behauptete Ansatz, dass die Indogermanisierung eine sprachliche, möglicherweise kulturelle und religiöse, aber keine physische Verschmelzung der Völker war. Mit dieser Theorie wird eine Übertragung und Vermischung der Gene verneint. Die Indogermanisierung stelle eine Übertragung von Sprache und Kultur auf die gewaltsam unterworfenen Völker dar. Infolge der Unterwerfungen sei es zu einer allmählichen Assimilation der ehemaligen Vorbevölkerungen Europas, Anatoliens, Persiens sowie Indiens gekommen.

In neuerer Zeit wird dieser Grundgedanke aber meistens etwas relativiert. So kann eine teilweise physische Vermischung der Arier mit der jeweiligen Vorbevölkerung nicht vollständig ausgeschlossen werden. In wie fern und in welchem Ausmaß die Ethnien ineinander aufgegangen sind, lässt sich nach heutigem Wissensstand nicht beurteilen.

Begriffsgebrauch heute

Der Begriff war und ist als ethnische Bezeichnung der Iraner im Buche Avesta im Zoroastrismus, ferner als Begriff für einen edlen Geist im Buddhismus, im Hinduismus und im Jainismus in Gebrauch. Auch der frühere Schah von Persien bezeichnete sich als 'Licht der Arier' im Sinne eines Herrschers über eine Volksgruppe. Auch im Staatsnamen Iran, der aus dem Genitiv Plural 'Aryânâm' (altpersisch) in den westiranischen Dialekten zum mittelpersischen 'Eran' und neupersischen 'Iran' wurde, bezeichnet der Begriff eine Volksgruppe. So bedeutet 'Iran' nichts anderes als 'Land der Arier'. Das ostiranische Äquivalent ist Aryana, das heute noch in Tadschikistan und Afghanistan sehr beliebt ist. Danach ist die afghanische Fluggesellschaft folgerichtig Aryana Afghan Airlines benannt.

Dass es je eine identifizierbare antike Volksgruppe gegeben hat, die man als Arier bezeichnen kann, wird von manchen Wissenschaftlern bestritten. In der wissenschaftlichen westlichen Literatur werden als Arier Kulturgruppen bezeichnet, aus denen vedische und zoroastrische Glaubenssysteme hervorgegangen sind. Linguistisch werden die von Sanskrit abgeleiteten Sprachen als Indoarische Sprachen bezeichnet, um sie von den nicht-indoeuropäischen Sprachen Indiens zu unterscheiden. 'Arier' benutzen einige Wissenschaftler auch als Synonym für die Iranier.

Aufgrund des Missbrauchs, den die Nationalsozialisten mit dem Begriff „Arier“ getrieben haben, verwendet man die Bezeichnung heute in Deutschland nicht mehr als Synonym für „Indogermane“. Die (hypothetischen) Sprecher der indogermanischen Ursprache nennt man heute meist Proto-Indoeuropäer.

Von Gruppen, die eine Überlegenheit der „weißen Rasse“ über andere Menschen propagieren, wird der Begriff „Arier“ heute noch als Bezeichnung dieser „weißen Rasse“ benutzt, zum Beispiel von der Aryan Nation in den USA oder von Neonazis in Deutschland.

Literatur

  • Bryant, Edward. The Quest for the Origins of Vedic Culture: The Indo-Aryan Migration Debate. Oxford 2001
  • Derakhshani, Jahanshah. Die Arier in den nahöstlichen Quellen des 3. und 2. Jahrtausends v. Chr. Teheran, 1998. ISBN 964-90368-6-5.
  • Evola, Julius. The Doctrine of Awakening: The Attainment of Self-Mastery According to the Earliest Buddhist Texts. Rochester, Vermont: Inner Traditions, 1996. [Anm.: Julius Evola nimmt in bezug auf den Buddhismus und das Arische einen genau entgegengesetzten Standpunkt zu Houston Stewart Chamberlain ein.]
  • Gimbutas, Marija. „Das Ende Alteuropas: Der Einfall von Steppennomaden aus Südrußland und die Indogermanisierung Mitteleuropas.“ In Archeolingua. Series Minor 6. Budapest, 1994. [Anm.: Feministischer Blickwinkel auf die Problematik.]
  • Goodrick-Clarke, Nicholas. Hitler's Priestess: Savitri Devi, the Hindu-Aryan Myth, and Neo-Nazism. New York/London: NYU, 1998. ISBN 0814731104. [Anm.: Über den Hintergrund rechten Arier-Verständnisses am Beispiel von Savitri Devi.]
  • Haudry, Jean. Die Indo-Europäer: Eine Einführung. Wien: Karolinger, 1986. ISBN 385418025X. (Anm.: Über die okkulten Hintergründe der Rassenideologie und Arier-Fantastereien im Nationalsozialismus.)
  • Mallory, J. P. In Search of the Indo-Europeans: Language, Archaeology and Myth. ISBN 0500276161.
  • Poliakov, Léon: Der arische Mythos – Zu den Quellen von Rassismus und Nationalismus. Hamburg 1993 ISBN 3-88506-220-8
  • Rajaram, N.S. und Frawley, David. Vedic Aryans and the Origins of Civilisation. A Literary and Scientific Perspective. Quebec 1997.
  • Schmoeckel, Reinhard. Die Indoeuropäer. ISBN 3-404-64162-0.
  • Tilak, Bâl Gangâdhar. The Orion; or Researches into the Antiquity of the Vedas. 7. Aufl. Poona: Shri J.S. Tilak, 1994.
  • Tilak, Bâl Gangâdhar. The Arctic Home in the Vedas: Being also New Key to the Interpretation of Many Vedic Texts and Legends. Poona: Shri J.S. Tilak, 1971.

Siehe auch