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Helvetische Republik

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Flagge der Helvetischen Republik

Die Helvetische Republik (franz. République helvétique, ital. Repubblica elvetica) war eine durch französischen Revolutionsexport auf dem Boden der Alten Eidgenossenschaft errichtete Tochterrepublik, die am 12. April 1798 ausgerufen und am 10. März 1803 aufgelöst wurde. Dieser Abschnitt der schweizerischen Geschichte wird Helvetik genannt.

Geschichte

Die Helvetische Revolution 1798

Die verschiedenartigen Staaten, die bis 1798 auf dem Boden der heutigen Schweiz die Alte Eidgenossenschaft bildeten, schafften es zwischen dem Ausbruch der Französischen Revolution und 1798 nicht, ihre individuellen Verfassungen den Forderungen der neuen Zeit anzupassen. Auch eine Reform und Stärkung des gemeinsamen Bundes kam nicht zustande. Die Missstände in der Alten Eidgenossenschaft wurden nach 1789 aber immer offensichtlicher, da das Ancien Régime insbesondere in den aristokratisch beherrschten Stadtkantonen alles daran setzte, kritischen Stimmen zum Verstummen zu bringen. Durch hartes Durchgreifen werden etwa die Untertanen der Städte Bern und Zürich 1792 bzw. 1795 in die Schranken verwiesen, als sie die «gnädigen Herren» um Reformen angehen (→Stäfner Memorial). Die Anhänger der Revolution, bzw. der politischen und gesellschaftlichen Reformen wurden in der Alten Eidgenossen als «Patrioten» bezeichnet. Ihre zentralen Anliegen waren eine Abschaffung der Privilegien der herrschenden Familien, Abschaffung der Untertanenverhältnisse, des Feudalismus, Einführung moderner Verfassungen, Wirtschafts-, Meinungs- und Handelsfreiheit.

Frédéric-César Laharpe, Erzieher Zar Alexander I. und Waadtländer Patriot

Die Lage blieb in der Alten Eidgenossenschaft aber trotz aller Agitation der Patrioten bis 1797 relativ ruhig. Den Anstoss zum Sturz des Ancien Régime gab eigentlich die Gründung der Cisalpinischen Republik in Italien. Der französische General Napoleon Bonaparte, der im Auftrag des Direktoriums in Norditalien gegen Österreich und Sardinien-Piemont kämpfte, fasste mit der Errichtung dieser Tochterrepublik die verschiedenen ehemaligen Staaten Norditaliens zusammen. Napoleon drängte aus strategischen Gründen auf eine Revolutionierung der Eidgenossenschaft, um eine Verbindung zwischen Frankreich und seinen neuen Einflussgebieten in Italien herzustellen. Zwischen Frankreich und der Eidgenossenschaft hatten bis zum Sturz des Königs ausgesprochen gute Beziehungen bestanden, weshalb die Eidgenossenschaft auch viele politische Flüchtlinge aus Frankreich beherbergte und so zu einem regelrechten Hort der Gegenrevolution geworden war. Dies lieferte Frankreich einen weiteren Grund, eine nachhaltige politische Veränderung in seinem Sinn zu fördern. Im Frieden von Campo Formio wurde im Oktober 1797 der Erste Koalitionskrieg beendet. Frankreich erhielt alle linksrheinischen Gebiete des Heiligen Römischen Reiches, womit auch die Angliederung des Fürstbistums Basels als Département du Mont Terrible an Frankreich sanktioniert wurde. Frankreich deshalb gleichzeitig diplomatischen Druck auf die Eidgenossenschaft auszuüben und durch Geld und Propaganda die Patrioten zu unterstützen. Unterstützt wurde Frankreich durch die in Paris im Exil lebenden Patrioten, vor allem durch den Waadtländer Frédéric-César Laharpe.

Portrait von General Napoleon Bonaparte 1797

Die französische Förderung der Patrioten in der Eidgenossenschaft fiel auf fruchtbaren Boden, insbesondere in den Landesteilen, die sich am stärksten benachteiligt sahen. Die Untertanengebiete der Drei Bünde im Veltlin schlossen sich schon 1797 der Cisalpinischen Republik an, da ihnen die Gleichberechtigung verwehrt blieb. Der Abfall der Ennetbirgischen Vogteien im Tessin schien ebenfalls nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Grosse Unruhe breitete sich vor allem auch in den französischsprachigen Untertanengebieten Berns in der Waadt aus. Die Eidgenossenschaft sah sich nicht in der Lage zu reagieren. Die Tagsatzung in Aarau im Dezember/Januar 1797/98 konnte sich nicht einmal auf die Entsendung einer Gesandtschaft nach Paris einigen, da befürchtet wurde, Frankreich könnte von der Eidgenossenschaft politische Reformen verlangen! Ausser einer Beschwörung der Alten Bünde und einer beschwichtigenden Mitteilung an die Gemeinen Herrschaften, sie möchten ihre Beschwerden schriftlich einreichen, kamen keine Entscheidungen zustande. In Paris beschlossen gleichzeitig am 8./9. Dezember 1797 der französische Direktor Jean François Reubell, Napoleon Bonaparte und der Basler Peter Ochs die Umwandlung der Eidgenossenschaft in einen Einheitsstaat. Ochs sollte die Verfassung für die neue Republik entwerfen. Den schweizerischen Patrioten sollte es selbst überlassen bleiben, eine Revolution durchzuführen, Frankreich lediglich indirekt unterstützend wirken. Als Vorbereitung verlegte Napoleon noch im Dezember eine Division aus Italien nach Versoix und liess den südlichen Teil des ehemaligen Fürstbistum Basels, Moutier, Erguel und Montagne de Diesse und Biel militärisch besetzen. Die eidgenössischen Verbündeten des Zugewandten Ortes Biel schauten dem tatenlos zu. Weiter erklärte sich Frankreich zum Schutzherrn und Fürsprecher des Waadtlandes.

Die Helvetische Revolution und der «Franzoseneinfall» 1797/98

Die Revolution begann schliesslich im Herrschaftsgebiet der Stadt Basel. In Liestal wurde am 17. Januar 1798 ein Freiheitsbaum aufgerichtet und die Untertanen stürmten die Schlösser, Sitze der städtischen Landvögte. Die städtische Regierung dankte darauf ab und am 5. Januar trat die Basler Nationalversammlung als erstes revolutionäres Parlament zusammen. Weitere Revolutionen folgten im Waadtland, wo am 24. Januar die Lemanische Republik ausgerufen wurde, und im Unterwallis. In Freiburg, Bern, Solothurn, Schaffhausen und zuletzt auch in Zürich gingen die Regierungen nun auf die Forderungen der Untertanen ein und begannen mit Verfassungsrevisionen und akzeptierten die Volkssouveränität und die Gleichberechtigung der Landschaft. Noch im Februar erklärten sich die meisten Gemeinen Herrschaften nach dem Vorbild des Thurgaus, der am 1. Februar seine Unabhängigkeit erklärt hatte, für frei. Innerhalb weniger Wochen veränderte sich so die Alte Eidgenossenschaft von Grund auf. Die verschiedenen ehemaligen Gemeinen Herrschaften erklärten sich nun zu souveränen Kantonen und wünschten von den XIII Alten Orten in die Eidgenossenschaft aufgenommen zu werden. Das französische Direktorium wünschte jedoch keine Erweiterung der Alten Eidgenossenschaft sondern eine Einheitsrepublik nach französischem Vorbild. Diesem Wunsch entsprach die von Ochs mitte Januar vorgelegte Helvetische Einheitsverfassung, die in Frankreich gedruckt wurde und anfangs Februar überall in der Eidgenossenschaft kursierte. Von den konservativen und föderalistisch gesinnten Kreisen wurde die Verfassung allerdings vehement abgelehnt und als «Ochsenbüchlein» bezeichnet.

Vorschlag zur Neuordnung der Schweiz als Helvetische Republik vom 15. Januar 1798
Die Titelseite der Zürcher Zeitung vom 14. März 1798 meldet die Einnahme von Bern durch die Invasionstruppen und die Konfusion und Uneinigkeit der Eidgenössischen Verteidigung.

Die ehemaligen bernischen Untertanengebiete im Waadtland waren in der Zwischenzeit von französischen Truppen besetzt worden, um die Lemanische Republik gegen Bern zu schützen, das die Revolution im Aargau gewaltsam unterdrückt hatte. Die Generale Brune und Schauenburg rückten am 1. März auf Befehl des Direktoriums mit ihren Truppen vom Jura und vom Waadtland her gegen Bern vor, das vom Direktorium als Kern der Opposition gegen die Einheitsverfassung angesehen wurde. Der Widerstand Solothurns wurde bei Lengnau, der Widerstand Berns bei Neuenegg, Fraubrunnen und Grauholz gewaltsam gebrochen. Am 5. März besetzten französische Truppen die Stadt Bern.

Vorschlag zur Aufteilung der Schweiz in drei Republiken vom 16./19. März 1798 (Guillaume Brun)

Der Kampf um die neue Staatsordung 1798

Über die neue Verfassung der Schweiz entbrannte zwischen Januar und März 1798 ein komplizierter Streit. Neben der in Paris abgesegneten Einheitsverfassung kursierten weitere Verfassungsentwürfe in den Kantonen, die je nachdem mehr oder weniger Autonomie für Kantone vorsahen. Das Direktorium befahl deshalb am 27. Januar General Brune, die Eidgenossenschaft aufzuteilen um primär die Verbindung zwischen Frankreich und Norditalien über die Pässe Simplon und Grosser St. Bernhard zu sichern. Brune gründete deshalb am 16. März die Rhodanische Republik bestehend aus der Waadt, Freiburg, dem Berner Seeland, dem Berner Oberland, dem Wallis und dem Tessin; Hauptstadt Lausanne. Der Rest der Eidgenossenschaft sollte zwei Staaten bilden: Die Helvetische Republik aus zwölf Kantonen mit der Hauptstadt Aarau; der Tellgau bestehend aus der Innerschweiz und Graubünden. Auf die Intervention von Laharpe in Paris entschied das Direktorium sich schliesslich doch noch gegen den Teilungsplan, weshalb Brune am 22. März die Aufteilung widerrief. Der französische Regierungskommissär Marie-Jean-François-Philibert Lecarlier verkündete der Schweiz darauf am 28. März, dass der Pariser Entwurf der Helvetischen Verfassung verbindlich wäre und befahl die sofortige Konstituierung der Helvetischen Republik. Am 12. April fanden sich unter Druck der französischen Besatzung in Aarau 121 Deputierte der Kantone Aargau, Basel, Bern, Freiburg, Leman, Luzern, Oberland, Schaffhausen, Solothurn und Zürich ein und begründeten den neuen Einheitsstaat. Die Kantone der Inner- und Ostschweiz verweigerten den Beitritt. Als Nationalfarben wurden Grün, Rot und Gelb festgelegt. Das erste helvetische Direktorium, die Regierung, bestand aus Lucas Legrand, Maurice Glayre, Victor Oberlin, Ludwig Bay und Alphons Pfyffer.

Schon bei der Konstituierung der Helvetischen Republik war die Uneinigkeit der Kantone durch die Abwesenheit der Kantone aus der Innerschweiz und der Ostschweiz offensichtlich geworden. Die Landsgemeindekantone wollten ihre Souveränität nicht opfern, die zahlreichen kleinen, erst während der Helvetischen Revolution in die Freiheit entlassenen Ostschweizer Kantone und Republiken hielten an der gerade gewonnen Freiheit fest und die alten Republiken Wallis und Drei Bünde sahen sich gar nicht mehr als Teil der Eidgenossenschaft. Besonders in den katholischen Gebieten lehnte die Bevölkerung unter dem Einfluss der Geistlichkeit die Helvetische Verfassung als «Höllenbüchlein» ab wegen der Religionsfreiheit, die als Angriff auf die Kirche verstanden wurde. Die Patrizierfamilien fürchteten ihren politischen Einfluss zu verlierten aber auch ihre Einkünfte, die sich vornehmlich aus den Pensionen des Söldnerwesens und den Einkünften aus den Untertanengebieten spiesen.

Alois von Reding, Landeshauptmann von Schwyz, führender Vertreter der Föderalisten

Auf die friedlichen Bemühungen der französischen Gesandten und der Vertreter der helvetischen Republik hin schlossen sich einzig Obwalden und nach einem zwölftägigen Ultimatum vom 11. April 1798 auch die Ostschweiz der Republik an. Die Waldstätte gingen darauf unter dem Landeshauptmann von Schwyz, Alois von Reding, zum Angriff über und konnten bis ins Freiamt, nach Rapperswil, Luzern und über den Brünig vorstossen. Als General Schauenburg zum Gegenangriff ansetzte war der Widerstand jedoch nach drei Tagen gebrochen. Reding musste trotz militärischen Erfolgen bei Rothenturm am 4. Mai 1798 in eine ehrenvolle Kapitulation einwilligen. Der Widerstand des Wallis wurde ebenfalls durch französische Truppen am 17. Mai gebrochen. Die Konstituierung der helvetischen Kantone Bellinzona und Locarno in den ehemaligen Ennetbirgischen Vogteien im Tessin erfolgte dann im Juli und August.

Historische Karte der Helvetischen Republik

Die ursprüngliche Einteilung der Kantone der Helvetischen Republik wurde nach dem Widerstand der Innerschweiz noch einmal revidiert. Die Landsgemeindekantone Uri, Schwyz, Zug, Glarus, Appenzell und Unterwalden hätten eigentlich trotz ihrer geringen Bevölkerungszahl als Kantone bestehen bleiben sollen, da man hoffte, sie so eher für die neue Verfassung zu gewinnen. Nach ihrer gewaltsamen Eroberung wurden Uri, Schwyz, Zug und Unterwalden jedoch zum Kanton Waldstätte, Glarus mit Sargans zum Kanton Linth und Appenzell mit St. Gallen zum Kanton Säntis zusammengefasst. Das politische Gewicht der Landkantone wurde so im Senat von 48 auf 12 und im Grossen Rat von 40 auf 15 reduziert.

Karikatur auf die Helvetische Revolution: Während die Bevölkerung von Zürich um den Freiheitsbaum tanzt, schaffen die Franzosen den Staatsschatz weg (1848)

Ein grosses Problem für die Helvetische Republik stellte von Anfang an die französische Besatzung dar, der sie doch eigentlich ihre Existenz verdankte. Die Finanzierung der Besatzungskosten durch Kriegssteuern strapzierte die finanzielle Leistungsfähigkeit der Schweiz aufs Äusserste: Nicht nur hatte Frankreich das gesamte Staatsvermögen der Republiken Bern, Freiburg, Solothurn Luzern und Zürich sowie ihre gesamten Zeughausbestände beschlagnahmt (allein aus Bern ca. 6 Millionen Francs in Bar und 18 Millionen in Schuldverschreibungen), sondern es waren darüber hinaus auch noch weitere 16 Millionen Francs als förmliche Kriegssteuer zu entrichten, die das Patriziat aufbringen sollte. Insgesamt sollen nach französischen Berechungen die für damalige Verhältnisse ungeheure Summe von 20 Millionen Francs durch den französischen Staat mit dem Feldzug in die Schweiz eingenommen worden sein. Dabei sind die Kosten der Einquartierungen, Plünderungen, Unterschlagungen und die Bestechungsgelder nicht eingerechnet. Der grösste Teil der Gelder floss direkt in die Finanzierung des Ägyptenfeldzugs. Wegen der Lasten der Besatzung kam es zwischen dem helvetischen Direktorium und dem französischen Kommissärs zu ständigen Spannungen. Im Juni wurden deshalb auf seinen Druck die Direktoren Bay und Pfyffer abgesetzt und durch die Frankreich ergebenen Laharpe und Ochs ersetzt.

Das Verhältnis zwischen der Helvetischen Republik und Frankreich wurde schliesslich durch einen förmlichen Allianzvertrag am 19. August 1798 abschliessend geregelt. Beide Staaten verpflichteten sich zu wechselseitiger defensiven und offensiven Unterstützung – die faktische Neutralität der Schweiz unter französischem Schutz des 17./18. Jahrhunderts endete damit definitiv. Frankreich wurde die freie Benützung der Heeresstrassen durch das Wallis über den Simplon und entlang des Rheins und des Bodensees in Kriegs- und Friedenszeiten zugesichert. Frankreich verpflichtete sich dafür, die Versorgung der Helvetischen Republik mit Salz zu übernehmen, ihr Staatsgebiet und ihre Verfassung zu garantieren und – in geheimen Zusatzartikeln – das Fricktal, Graubünden und das Vorarlberg mit ihr zu vereinen. Die Besatzungstruppen sollten drei Monate nach der Ratifizierung des Vertrages zurückgezogen werden. Nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden am 19. September 1798 wurde die Helvetische Republik diplomatisch auch von allen mit Frankreich verbündeten Staaten und Spanien anerkannt.

Die Unterwerfung Nidwaldens und der Zweite Koalitionskrieg 1799

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Der römische Kaiser Franz II., hier als Kaiser Franz I. von Österreich dargestellt (1832)

Der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, der Habsburger Franz II., anerkannte die Helvetische Republik nicht, die durch den Allianzvertrag zu einem französischen Vasallenstaat geworden war. Aus diesem Grund flohen alle Feinde der Helvetischen Republik, sowohl die konservativen alten Herrscher und Patrizier wie auch vergrämte liberale Föderalisten in den Machtbereich Habsburgs und versuchten, vom Exil aus den Widerstand zu organisieren. Mit habsburgischem Geld wurde vornehmlich in der Ostschweiz agitiert. Der Plan der Exilanten richtete sich vor allem dahin, die noch nicht an die Helvetische Republik angeschlossenen Drei Bünde dazu zu bringen, den Kaiser um Schutz vor Frankreich anzurufen. Anschliessend sollten sich die Schweizer erheben und mit Hilfe habsburgischer Truppen das Land befreien sowie die alte Ordnung wieder aufgerichtet werden.

Im August 1798 begann die Agitation erste Früchte zu tragen. Seit dem 12. Juli bestand die gesetzliche Pflicht, dass jeder Bürger der Republik einen Eid auf die Verfassung ablegen musste, in dem er gelobte, dem Vaterland und der Sache der Freiheit und Gleichheit treu zu dienen. In fast allen Kantonen wurde der Eid ohne Widerstand öffentlich geleistet, nur in Schwyz und Nidwalden weigerte durch die Agitation der Kirche und der Exilanten sich ein Teil des Volkes und begann am 18. August den Aufstand gegen die Republik – auf Hilfe durch Habsburg vertrauend. Nach gescheiterten Vermittlungsversuchen marschierten französische Truppen am 9. September zum zweiten Mal in die Innerschweiz ein und brachen den Widerstand mit äusserster Härte (→Schreckenstage von Nidwalden). Anschliessend wurden alle verbliebenen Sonderrechte der Innerschweiz aufgehoben und die helvetischen Räte siedelten im Oktober in die verfassungsmässige Hauptstadt Luzern über.

In den Drei Bünden eskalierte die Sitation ebenfalls im August. Durch die Agitation Habsburgs, der katholischen Kirche und der Patriziergeschlechter ergab eine Abstimmung unter den Hochgerichten der Drei Bünde am 29. Juli, dass nur 11 Hochgerichte für einen Anschluss an die Helvetische Republik, 34 klar dagegen gestimmt hatten. 16 wünschten eine Verschiebung des Anschluss bis sich die Situation in der Helvetischen Republik geklärt hätte. Die Patrioten begannen nun in den revolutionär gesinnten Gerichten trotzdem Freiheitsbäume aufzurichten und die Gerichte Maienfeld und Malans, ein gemeinsames Untertanengebiet der Bünde, ersuchten um Aufnahme in die Helvetische Republik. Die Regierung der Drei Bünde rief daraufhin den Kaiser um Hilfe an und österreichische Truppen besetzten am 18. Oktober 1798 das Land. Die Patrioten mussten in die Helvetische Republik flüchten.

Der französische General André Masséna

Inzwischen begann in Italien ein Krieg zwischen Frankreich und den Verbündeten Piemont und Neapel. Ende Oktober 1798 verlangte Frankreich von der Helvetischen Republik die Stellung von 18.000 Mann Hilfstruppen. Der neue Kommandant der französischen Armee in Helvetien, André Masséna, hatte jedoch grosse Schwierigkeiten, diese Truppe anzuwerben, weil die helvetischen Behörden gleichzeitig versuchten, eine eigene Armee aufzustellen – es kamen nie mehr als 4000 Mann zusammen. Im März 1799 eröffnete Frankreich den 2.  Koalitionskrieg gegen die habsburgischen Lande. Die französischen Generale Masséna und Demont besetzten die Drei Bünde und am 29. März ersuchte die provisorische Regierung der zurückgekehrten Bündner Patrioten die Helvetische Republik um die Einverleibung, die am 21. April vollzogen wurde.

Der «Dichtergeneral» der Helvetischen Republik, Johann Gaudenz von Salis-Seewis

Nach den Niederlagen Frankreichs in Deutschland und Italien im März/April 1799 wandelte sich die strategische Lage schlagartig zu Ungunsten der Helvetischen Republik. Die Truppen der Koalition rückten gleichzeitig von Süden, Osten und Norden gegen die Alpenpässe vor. Am 13. April besetzten die habsburgisch-österreichischen Truppen Schaffhausen, überschritten aber vorläufig nicht den Rhein. Die helvetischen Behörden begannen fieberhaft mit dem Aufbau einer helvetischen Armee und der Beschaffung der dazu nötigen Finanzmittel. Augustin Keller wurde zum General der helvetischen Truppen ernannt, der Johann Gaudenz von Salis-Seewis zum Generalstabschef. Bis am 20. April kamen ca. 22.000 Mann helvetische Truppen zusammen, die jedoch schlecht ausgerüstet und untrainiert waren. Das Direktorium erhielt aber von den Räten vorläufig nicht die Erlaubnis, Habsburg-Österreich den Krieg zu erklären, da eine relativ grosse Fraktion nach wie vor darauf hoffte, dass der Konflikt noch zu vermeiden wäre.

Die Nähe der feindlichen Truppen, denen die Althelvetische Legion, ein Korps aus schweizerischen Emigranten unter Alexandre de Rovéréa angeschlossen war, motivierte die der Republik feindlich gesonnen Kräfte im Sommer 1799 zu gegenrevolutionären Aufständen, so in den Kantonen Säntis, Linth, Luzern, Freiburg, Solothurn, Oberland und Aargau. In Uri und Schwyz erhob sich erneut das Volk wie auch im Tessin und in Graubünden, zuletzt das Wallis. Das Direktorium musste erneut französische Truppen anfordern, die unter Oberstleutnant Nicolas-Jean de Dieu Soult alle Aufstände schnell niederschlugen. Heftige Kämpfe im Oberwallis, Urseren und Disentis verwüsteten erneut ganze Landstriche. General Massena verfügte in Helvetien insgesamt über 60.000 Mann französische Truppen, die entlang des Rheins verteilt waren – ausser Soults rund 10.000 Mann, mit denen die innere Ordnung aufrecht erhalten wurde. Auf der anderen Seite des Rheins standen drei Armeen mit rund 100.000 Mann unter den Kommandeuren Karl von Österreich-Teschen, Friedrich von Hotze und Heinrich von Bellegarde. Die Österreicher eröffneten den Kampf um die Schweiz am 30. April. Zuerst eroberten sie Graubünden, dann die Ostschweiz und warfen die Franzosen auf Zürich zurück. Nach der Ersten Schlacht bei Zürich am 4. Juni 1799 musste Masséna sich zurückziehen, die Österreicher besetzten auch die Innerschweiz das Tessin und das Oberwallis. Im Gefolge der kaiserlichen Truppen kehrten die Emigranten in die «befreiten» Gebiete zurück und versuchten ihre verlorene Herrschaft wieder aufzurichten, etwa Fürstabt Pankraz Forster in St. Gallen. Geistiger Führer der restaurativen Kräfte war der Berner Staatsrechtler Karl Ludwig von Haller. Eine von ihm veröffentlichte revidierte Verfassung für die Eidgenossenschaft sah eine Wiederherstellung der Souveränität der XIII-Orte und der Untertanengebiete vor. Der Staatenbund sollte allerdings eine stärkere Zentralgewalt erhalten als vor 1798. Natürlicherweise stiessen diese Pläne in den von der Revolution befreiten ehemaligen Untertanengebieten auf wenig Gegenliebe und die von Österreich erhoffte Erhebung der freien Schweizer gegen die französische Besatzung stellte sich nicht ein.

Die Armee des russischen Generals Suworow überquert die Alpen. Heroisiernde Darstellung aus Russland (1899)

Die Helvetische Republik geriet durch die drohende französische Niederlage in arge Bedrängnis. Das helvetische Heer löste sich im Chaos des Rückzuges nach der ersten Schlacht bei Zürich bis auf. Nur die Truppen aus den österreichisch besetzten Kantonen Thurgau, Säntis und Zürich blieben bei der Fahne. Am 25. Juni zwang das helvetische Direktorium Peter Ochs zum Rücktritt, der als Parteigänger Frankreichs galt, in der Hoffnung, von Frankreich und der Koalition doch noch in letzter Minute durch Verhandlungen die Neutralität zugestanden zu bekommen. Das Blatt wendete sich allerdings schon am 13. August wieder zugunsten Frankreichs: General Masséna setzte zum Gegenschlag an und vertrieb innerhalb von vier Tagen die österreichischen Truppen aus der Ostschweiz und besetzte das Gotthardgebiet und das Glarnerland. Die Koalition plante darauf durch einen konzentrischen Angriff Masséna zu vernichten: Aus dem Norden und Süden her zogen die russischen Generäle Korsakoff und Suworow gegen die Schweiz, im Osten wartete Hotze im Linthgebiet auf das Eintreffen der Russen, um im entscheidenden Moment ebenfalls loszuschlagen. Masséna kam der Koalition aber durch einen Gegenangriff zuvor. Am 26./26. August wurden Hotze bei Schänis und Korsakoff in der Zweiten Schlacht bei Zürich geschlagen. Suworow gelang zwar unter hohen Verlusten die Überquerung des Gotthardpasses, er musste jedoch seine Armee von Altdorf aus über den Pragel- und Panixerpass ins österreichisch besetzte Graubünden retten und schliesslich auch dieses räumen.

Der Zweite Koalitionskrieg hatte die Helvetische Republik bis an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gebracht. Zwar wurden überall nach der französischen Rückeroberung die Freiheitsbäume wieder aufgerichtet, aber die Begeisterung hielt sich angesichts enormer Kriegsschäden und erneuter Kontributionen in Grenzen. General Masséna verbrachte nämlich mit seiner ganzen Armee auch noch den Winter in der Ostschweiz. Berühmt geworden sind die gut dokumentierten Kriegslasten des Urserentals: 1034 Einwohner der Talschaft hatten im Sommer/Herbst 1799 die Einquartierung von insgesamt 48.044 Offizieren und 913.731 Soldaten aller Kriegsparteien erlebt und praktisch ihre gesamte Viehabe, ihren Besitz und ihre Vorräte verloren. Daneben war 1799 auch eine Missernte zu beklagen gewesen, weshalb Teuerung, Elend und Verzweiflung breit machten. Die Helvetische Regierung sah sich mangels Steuereinnahmen und chronisch leerer Kasse kaum dazu in der Lage, den verwüsteten Kantonen Hilfe zu leisten.

Der Sturz der 1. Helvetischen Republik 1800

Die Erschütterung der Helvetischen Republik durch den Zweiten Koalitionskrieg führte zu einer Spaltung der Anhänger der Revolution in zwei Gruppen. Neben den Patrioten, die sich als Volkspartei sahen und ihren stärksten Rückhalt in den ehemaligen Untertanengebieten der Stadtkantone bzw. den Gemeinen Herrschaften hatten, standen die Republikaner. Sie befürworteten zwar die Rechtsgleichheit und den Einheitsstaat, vertraten aber das liberale, gebildete städtische Bürgertum. Deswegen bekämpften sie das allgemeine Wahlrecht, das sie durch ein Zensuswahlrecht ersetzen wollten, und bekämpften vehement alle Versuche des Direktoriums durch Sondersteuern zusätzliche Geldmittel aus den Städten und dem Bürgertum zu erhalten, um die Krisensituation zu bewältigen. Da in den bisher herrschenden Städten Bildung das Monopol der reichen und mächtigen Familien gewesen war, kann man die Republikaner als gemässigte Aristokraten bezeichnen, denn ihre wichtigsten Exponenten kamen alle aus dem Kreis vornehmer und reicher Familien, etwa Hans Konrad Escher, Paul Usteri, Albrecht Rengger, Bernhard Friedrich Kuhn.

Nach der Erhebung Napoleons zum 1. Konsul im Dezember 1799 entzog Frankreich den radikalen Patrioten die Unterstützung und wandte sich den gemässigten Republikanern zu. Am 7. Januar 1800 gelang es deswegen den Republikanern in beiden Kammern des helvetischen Parlaments einen Beschluss durchzubringen, mit dem die Direktoren Laharpe, Oberlin und Secrétan abgesetzt wurden und das Direktorium als Institution überhaupt abgeschafft wurde. An dessen Stelle trat nach dem Staatsstreich ein provisorischer Vollziehungsausschuss, bestehend aus den ehemaligen Direktoren Glayre, Dolder und Savary, dem ehemaligen Minister Finsler sowie dreier Vertreter der Republikaner, Karl Albrecht von Frisching, Franz Müller und Carl Heinrich Gschwend. Der Sturz der Patrioten beruhigte vorübergehend die politische Lage. Eine politische Amnestie ermöglichte den Emigranten die Rückkehr, womit die reaktionären Kräfte noch gestärkt wurden. Gegenüber Frankreich vertrat der Vollziehungsausschuss energisch auf der Anerkennung der Neutralität und der Bezahlung der Requirierungen der französischen Armee. Die Helvetische Republik blieb im weiteren Verlauf des Krieges wenigstens von Kampfhandlungen verschont und erhielt bis in den Sommer aus den durch Frankreich zurückeroberten Gebieten Schaffhausen, das Tessin und Graubünden zurück.

Die Regierung und das Parlament der Republik befassten sich seit dem Staatsstreich fast ausschliesslich mit der Frage, wie die helvetische Verfassung zu revidieren sei. Verschiedene Verfassungsentwürfe machten die Runde, die entweder durch ein kompliziertes Wahlverfahren über mehrere Stufen die Bürger faktisch entmachteten oder ein eher repräsentatives System vorsahen. Da Patrioten und Republikaner sich im Parlament nicht einigen konnten, verfügte der Vollziehungsausschuss am 7. August 1800 mit Unterstützung Frankreichs die Auflösung des Parlaments und das Inkrafttreten einer neuen Verfassung, die einen gesetzgebenden Rat von 43 Mitgliedern und einen Vollziehungsrat von 7 Mitgliedern vorsah. Der Vollziehungsausschuss bestimmte 35 Räte aus den Reihen des aufgelösten Parlaments, die ihrerseits weitere 8 Mitglieder bestimmten. Der so neu konstituierte Rat wählte schliesslich die neue Exekutive, der neben einigen Mitgliedern des Vollziehungsausschusses neu Karl Friedrich Zimmermann, Johann Jakob Schmid und Vinzenz Rüttimann angehörten.

Die 2. Helvetische Verfassung (Verfassung von Malmaison)

Seit dem Staatsstreich im Januar 1800 versuchten alle Parteien via Paris Einfluss auf die politische Entwicklung in der Helvetischen Republik zu nehmen. Besonders angestrengt wirkten die Föderalisten, die versuchten, zumindest teilweise eine Wiederherstellung der kantonalen Souveränität zu erreichen. Ihr grösster Fürsprecher in Paris war der französische Gesandte in Helvetien, Karl Friedrich Reinhard. Während die neu geschaffenen Räte am Entwurf für eine neue Verfassung arbeiteten, vertrat Pierre-Maurice Glayre ihre unitarisch ausgerichteten Interessen in Paris. Ihm überbrachte im Januar 1801 Albrecht Rengger einen geheimen Verfassungsentwurf, der Napoleon vorgelegt werden sollte. Der Entwurf führte Einheitsstaat weiter, jedoch mit einem weit komplizierteren Institutionengefüge. Als wichtigste Neuerungen war ein Präsident der Exekutive und die Einschränkung des Wahlrechts durch einen Zensus vorgesehen. Napoleon ging jedoch vorläufig nicht darauf ein, da er mit der Kriegsführung beschäftigt war und jedes Interesse daran hatte, die helvetische Regierung nicht zu sehr zu stärken.

Am 9. November 1801 ging mit dem Friede von Lunéville der 2. Koalitionskrieg zu Ende. Die Friedensbedingungen zwangen Österreich zur Anerkennung der Helvetischen Republik. Zusätzlich wurde in geheimen Zusatzartikeln Frankreich auch das Recht eingeräumt, über deren Verfassung zu verfügen. Die territorialen Wünsche der helvetischen Regierung wurden nicht berücksichtigt, Napoleon liess sich von Österreich aber das Fricktal abtreten, das er gegen das Wallis tauschen wollte. Mit dem Bau einer neuen Heeresstrasse über den Simplonpass gedachte Napoleon die französischen Interessen in Norditalien abzusichern. Als weiteren Anreiz für den Tausch wurde der Helvetischen Republik die Anerkennung ihrer Neutralität durch Frankreich in Aussicht gestellt.

Am 29. April 1802 empfing Napoleon auf Schloss Malmaison Pierre-Maurice Glayre und Philipp Albert Stapfer zu einer Unterredung über die künftige Verfassung der Helvetischen Republik. Dabei verwarf Napoleon den Verfassungsentwurf der helvetischen Regierung und händigte nach kurzen Verhandlungen am 9. Mai den beiden Gesandten eine selbst entworfene Verfassung aus, die sie als Ultimatum an ihre Regierung überbringen mussten. Diese sogenannte «Verfassung von Malmaison» bestätigte zwar die Einheit der Helvetischen Republik, gab ihr jedoch gleichzeitig die Struktur eines Bundesstaats. Neben der Zentralgewalt waren 17 Kantone vorgesehen, die ihre innere Verfassungen selbst ausgestalten sollten. Die Zentralgewalt, bestehend aus einer zweigliedrigen Legislative (Senat und Tagsatzung) und einem Kleinen Rat als Exekutive, verfügte über weitgehende Rechte. Den Kantonen blieb die Zuständigkeit Unterrichtswesen, der Religion, die Erhebung der Steuern und die Polizei. Im Vergleich mit der ersten helvetischen Verfassung bedeutete die Verfassung von Malmaison jedoch einen Sieg für die Föderalisten. Als besonderes Zugeständnis wurde auch der Kanton Waldstätte wieder aufgeteilt in die vier ursprünglichen Kantone. Als «bittere Pille» war das Wallis nicht mehr unter den Kantonen aufgeführt und ging damit der helvetischen Republik verloren. Schliesslich wurde das allgemeine Wahlrecht insofern eingeschränkt, als dass Mindestvermögen für die Wählbarkeit in die Institutionen festgelegt wurden.

Zerfall

Auch innerhalb der progressiven Kräfte gab es keine Einigkeit über die Zukunft der Schweiz; Staatsstreiche waren während dieser Zeit an der Tagesordnung. Die Staatskassen waren durch die französischen Truppen geplündert worden, und es gelang dem neuen Staat nicht, ein funktionierendes Steuersystem zu etablieren. Die finanziellen Probleme und der fehlende Rückhalt des Zentralstaates in der Bevölkerung führten dazu, dass die Helvetik scheiterte. Als im Juli 1802 die französischen Truppen abzogen, brach die Helvetische Republik im Stecklikrieg faktisch zusammen. Am 19. Februar 1803 diktierte Napoleon Bonaparte die Mediationsakte, die einen Kompromiss zwischen der alten und der neuen Ordnung darstellte und das Zentralstaatsmodell beendete.

Erste Helvetische Verfassung

Schema der Verfassungsstruktur der Helvetischen Republik
Wilhelm Tell, legendärer Freiheitsheld aus der Innerschweiz auf dem Siegel des Kleinen Rates der Helvetischen Republik

Die Helvetische Verfassung wurde von Peter Ochs entworfen und am 15. Januar 1798 dem französischen Direktorium vorgelegt. Mit einigen Korrekturen durch die Direktoren Merlin und Reubell wurde sie im Februar 1798 gedruckt und in der Eidgenossenschaft veröffentlicht. Sie gilt als die erste moderne Verfassung auf dem Gebiet der heutigen Schweiz. Ochs wollte ursprünglich die Verfassung nur als Entwurf zuhanden einer helvetischen Konstituanten verstanden wissen, auf Intervention des Direktoriums sah schliesslich die Helvetische Verfassung aber eine Revision frühstens nach sechs Jahren vor. Am 12. April 1798 wurde die Verfassung in Aarau von den Vertretern der Mehrheit der Kantone angenommen. Mehrfach wurden Teile der Verfassung später aufgehoben oder suspendiert, so durch die Dekrete vom 5. November 1798, 15. Februar und 18. Mai 1799. Durch den Staatsstreich vom 7. Januar 1800 wurde die Helvetische Verfassung endgültig aufgehoben.

Im Prinzip war die Erste Helvetische Verfassung stark der französischen Direktorialverfassung des Jahres III (1795) nachempfunden. Die ganze Eidgenossenschaft wurde zu einem Einheitsstaat zusammengefasst. Alle Unterschiede zwischen den Kantonen bzw. zwischen herrschenden Orten und Unteranengebieten wurden abgeschafft. Das Staatsgebiet war zwar noch in Kantone eingeteilt, diese besassen jedoch keinerlei Souveränitätsrechte mehr sondern waren Wahl-, Verwaltungs- und Gerichtskreise. Jeder Kanton wurde von einem Regierungsstatthalter verwaltet, der direkt vom Vollziehungsdirektorium ernannt wurde. Im Sinne der französischen Revolution wurden den Einwohnern der Helvetischen Republik eine ganze Reihe von Grundrechten gewährt, die sie bis dahin noch nie gekannt hatten: Allgemeines, freies Wahlrecht, Meinungs- und Pressefreiheit, Religions- und Kultusfreiheit, Handels- und Gewerbefreiheit, Recht auf Privateigentum. Jede Form erblicher Titel oder anderer angeborener Vorrechte wurde verboten. Alle Zehnten, Pfründen und anderen Elemente der Feudalität sowie das Zunftwesen wurden für abgeschafft erklärt.

Die Exekutive bildete wie in Frankreich ein fünfköpfiges Vollziehungsdirektorium, das bei fünfjähriger Amtsdauer von der Legislative gewählt wurde. Das Direktorium wachte über die innere und äussere Sicherheit der Republik und befehligte das Heer. Ihm stand allein zu, Verhandlungen und Verträge mit dem Ausland auszuhandeln. Es ernannte die Minister der Staatsverwaltung, bestimmte die Statthalter der Kantone und den Präsidenten sowie den Staatsanwalt des Obersten Gerichtshofes. Durch die kantonalen Statthalter beherrschte das Direktorium den ganzen Verwaltungsapparat der Kantone. Das Direktorium besass zudem das Recht, die kantonalen Gerichte und Verwaltungskammern jederzeit aufzulösen und bis zu den nächsten Wahlen provisorisch neu zu besetzen.

Die Legislative, das «Gesetzgebende Korps» wurde durch den 152 Mitglieder zählenden Grossen Rat und den 76 Mitglieder zählenden Senat gebildet. Im Grossen Rat waren die Kantone nach Bevölkerungszahl vertreten, in den Senat entsandte jeder vier Abgeordnete. Das komplizierte Wahlverfahren sah vor, dass das Mandat der Senatoren acht Jahre und das der Grossräte sechs Jahre dauern sollte, wobei der Senat jedes gerade Jahr zu einem Viertel, der Grosse Rat jedes ungerade Jahr zu einem Drittel erneuert werden sollte. Der Grosse Rat hatte nur das Vorschlagsrecht für Gesetze und Beschlüsse, über die der Senat wiederum nur Beschliessen durfte. Die Initiative zur Verfassungsrevision lag jedoch beim Senat.

Die Judikative war auf drei Ebenen organisiert: Die Distriktgerichte entschieden über Zivil- und Polizeisachen, die Kantonsgerichte waren die letzte Instanz für Zivilsachen und die erste für Strafsachen und schliesslich fungierte ein Oberster Gerichtshof als als Kassationsinstanz für Zivilsachen, als letzte Instanz für Strafsachen. Das Oberste Gericht bildete auch das Verwaltungsgericht. Die Mitglieder des Obersten Gerichts wurden indirekt vom Volk gewählt, der Präsident und der Staatsanwalt vom Direktorium. In den Gerichten der Kantone und Distrikte ernannten die Statthalter die Präsidenten und Staatsanwälte. Das Direktorium konnte weiter alle unliebsamen Kantons- und Distriktgerichte jederzeit auflösen und provisorisch neu bestellen.

Das Bürger- und das aktive Wahlrecht wurde allen Gemeindebürgern der Eidgenossenschaft über 20 Jahren zugesprochen. Sämtliche Standesunterschiede wurden abgeschafft. Auch die Niedergelassenen, Tagelöhner, Hintersassen und Ausländer erhielten das Bürgerrecht, wenn sie zwanzig Jahre an einem Ort gelebt hatten. Im Prinzip galt die Volkssouveränität, die Helvetische Republik war aber nur eine repräsentative Demokratie: Abstimmungen waren aber nur über eine Verfassungsrevision vorgesehen. Bei den jährlich stattfindenden Wahlen erfolgte die Stimmabgabe indirekt. Je 100 Bürger wählten in den Urversammlungen jedes Kantone einen Wahlmann. Die Hälfte der Wahlmänner wurden darauf durch das Los eleminiert. Die andere Hälfte wählte dann als kantonales Wahlkorps die Mitglieder der gesetzgebenden Räte der Republik: Je ein Mitglied pro Kanton an das Oberste Gericht, je vier in den Senat, je acht in den Grossen Rat. Auf Kantonsebene bestimmte das Wahlkorps das Kantonsgericht und die Kantonale Verwaltungskammer.

Gebietseinteilung

Die Struktur der Helvetischen Republik bis zum Anschluss Graubündens im April 1799
Die Struktur der Helvetischen Republik nach der Zweiten Helvetischen Verfassung 1802

In der Helvetischen Republik waren die Kantone, die zuvor praktisch souverän waren, zu reinen Verwaltungsgliederungen heruntergestuft. Um die alten Strukturen zu zerschlagen, wurden auch die Kantonsgrenzen neu gezogen. Die ehemaligen Zugewandten Orte Genf, Mülhausen, das Fürstentum Neuenburg, Biel, La Neuveville und Moutier-Grandval sowie die Herrschaft Rhäzüns gehörten nicht mehr zur Helvetischen Republik. Zuerst wurden durch die Helvetische Verfassung 22, dann 19 Kantone geschaffen:

  • Aargau (ehemaliger Berner Aargau)
  • Baden (ehemalige Gemeine Herrschaften Baden und Freie Ämter)
  • Basel
  • Bellinzona (ehemalige Gemeine Herrschaften Blenio, Riviera, Bellinzona und Urner Untertanengebiet Leventina)
  • Bern
  • Freiburg (mit ehemaligen bernischen Landvogteien Payerne und Avenches und Gemeiner Herrschaft Murten)
  • Léman (ehemalig bernisches Waadtland)
  • Linth (Glarus, ehemalige Gemeine Herrschaften Uznach, Gaster, Sargans, Gams, der Schirmort Rapperswil, das Obertoggenburg sowie Sax und Werdenberg)
  • Lugano (ehemalige Gemeine Herrschaften Lugano, Medrisio und Locarno)
  • Luzern
  • Oberland (ehemaliges Berner Oberland)
  • Rätien (ehemaliger Zugewandter Ort Drei Bünde, Beitritt am 21. April 1799)
  • Säntis (ehemalige Republik der Landschaft St. Gallen, Untertoggenburg, Appenzell und Herrschaft Rheintal)
  • Schaffhausen (mit ehemals Zürcherischer Stadt Stein am Rhein)
  • Solothurn
  • Thurgau
  • Waldstätten (Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug)
  • Wallis (ehemaliger Zugewandter Ort der Repubulik der Sieben Zenden des Wallis)
  • Zürich

Wichtige Persönlichkeiten der Helvetischen Republik

Mitglieder des Helvetischen Direktoriums 1798–1800

Mitglieder des Helvetischen Vollziehungsausschuss (7. Januar–8. August 1800)

Mitglieder des Vollziehungsrates 8. August 1800

Minister

Flagge

Flagge der Helvetischen Republik (Variante)

Auch die Helvetische Republik wählte als neue Nationalflagge eine Trikolore. Diese wurde am 13. Februar 1799 offiziell eingeführt und bestand aus den Farben Grün/Rot/Gelb quergestreift. Im roten Feld stand der Name «Republique Helvétique». Es waren auch Varianten mit weiteren Aufschriften in Gebrauch.

Hauptstadt

In der Helvetischen Verfassung ist Luzern als Hauptstadt vorgesehen. Da die Konstitution der Republik im April 1798 in Aarau stattfand und die Räte erst am 9. Oktober 1798 in Luzern tagten, wird oft Aarau als Hauptstadt genannt.

Literatur

  • Holger Böning: Der Traum von Freiheit und Gleichheit: Helvetetische Revolution und Republik (1798–1803). Orell Füssli, Zürich 2001 ISBN 3-280-02808-6
  • Wilhelm Oechsli: Geschichte der Schweiz im Neunzehnten Jahrhundert. Bd. 1: Die Schweiz unter französischem Protektorat 1798–1813. (Staatengeschichte der neuesten Zeit, Bd. 29). S. Hirzel, Leipzig 1903.
  • Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz. Bd. 4. Neuenburg 1927.