Hrant Dink
Hrant Dink (* 1954 in Malatya, Türkei) ist ein armenischer Journalist und Herausgeber der in Istanbul erscheinenden zweisprachigen Wochenzeitung "Agos".
Leben
Dink ist nach der Trennung seiner Eltern in armenischen Waisenhäusern in Istanbul aufgewachsen. Einer seiner Großväter ist ein Überlebender des Genozids der Türken an den Armeniern. Mitglieder seiner Familie emigrierten nach der Vertreibung, sie leben heute im Nahen Osten, den USA und in Armenien.
Hrant Dink studierte Zoologie und Philosophie und war als Student politisch links engagiert, weswegen er nach dem Putsch von 1980 dreimal verhaftet wurde. Er saß mehrere Monate im Gefängnis und erhielt jahrelang keinen Pass von den türkischen Behörden.
Sein Leben änderte sich, als Mitte der 1980er Jahre der türkische Staat das armenische Ferienheim beschlagnahmte, in dem er die Sommer seiner Kindheit verbracht hatte und das er damals gemeinsam mit seiner Frau Rakel leitete. Es wurde wie Taudende andere christliche Besitztümer (Kirchen, Krankenhäuser, Schulen usw.) konfisziert, diesmal unter dem Vorwand, die armenische Kirche habe das Grundstück illegal gekauft. Dink gründete daraufhin "Agos", eine armenische Zeitung, in der politisch heikle Themen offen diskutiert werden. Und zwar in zwei Sprachen, Armenisch und Türkisch. Etwas über 6000 Exemplare werden derzeit pro Woche verkauft.
Werk
"Agos" ist klein, wird aber in der Türkei viel beachtet. "Agos" berichtet über die Schikanen der türkischen Bürokratie, mittels der der christlichen Minderheit in der Türkei das Leben schwer bis unerträglich gemacht wird. Die Zeitung berichtet über Enteignungen, über Diskriminierungen, über Gesetze, die sich gegen Presse- und Meinungsfreiheit richten. Die Zeitung prangert an, dass es in der kemalistischen und säkularen Türkei noch nie einen hochrangigen nichtmuslimischen Beamten oder Offizier gegeben hat. Nur an Universitäten können Mitglieder der Minderheiten im Staatsdienst Karriere machen. Auch das große Tabu der Türkei ist Thema in "Agos", nämlich der Völkermord an den Armeniern (1915 ff.), wobei der Begriff in Anführungszeichen gesetzt werden muss, was das türkische Gesetz vorschreibt.
Hrant Dink vertritt höchst eigenwillige Positionen. So hält er Debatten über Zahlen – starben damals "nur" 300 000 oder 1,5 Millionen Armenier? – sowie über den Begriff "Völkermord" für nicht so wichtig. Darin widerspricht er den Mitgliedern der armenischen Diaspora. Dinks These lautet: Nicht das Wort, sondern das Ereignis sei entscheidend, nämlich die Tatsache, dass es um die Vernichtung der Existenz der Armenier auf dem Gebiet der heutigen Türkei ging.
Hrant Dink wurde wegen "Agos" unzählige Male vor Gericht gezerrt, aus nichtigen Anlässen. Im Oktober 2005 wurde er zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, nur weil er geschrieben hatte, die Diaspora-Armenier sollten sich abwenden von ihrer tragischen Vergangenheit in der Türkei und auf die Zukunft blicken, nämlich auf Armenien.
Schon mehrfach wurde er wegen "Beleidigung des Türkentums" verklagt.
Preis
Für sein Engagement wurde Hrant Dink am 12. Mai 2006 in Hamburg (Deutschland) mit dem Henri Nannen Preis für Verdienste um die Pressefreiheit ausgezeichnet.
Weblinks
http://www.henri-nannen-preis.de/?id=560610
http://www.stern.de/politik/ausland/index.html?id=560802&nv=rss
http://query.nytimes.com/gst/fullpage.html?res=9E05E2DB1F30F93BA35753C1A9639C8B63