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Mehrgenerationenhaus

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Das Mehr-Generationen-Haus (oder in der Schreibweise Mehrgenerationenhaus) ist eine Haus- oder Wohngemeinschaft, die als Ort für das freiwillige Zusammenleben mehrerer unabhängiger und verschieden alter Personen in einer sehr großen Wohnung oder einem Haus als langfristig angelegte Lebensform gewählt wurde. Es handelt sich dabei in der Regel um mindestens zwei separate Wohneinheiten. Allgemeine Räume wie Bad, Saune, Gemeinschaftsküche, Hobbyräume, Atelier, Gästezimmer, evtl. Wohnzimmer und Gartenflächen werden dabei nach vereinbarten Regeln gemeinsam genutzt. Mehrgenerationenhäuser könne darüber hinaus offene Tagestreffpunkte sein, in denen sich Angehörige verschiedener Generationen wie selbstverständlich begegnen und sich gegenseitig helfen - ähnlich wie in den Vorstelllungen über frühere Großfamilien. Mehrgenerationenhäuser werden geplant, um die gegenseitige Unterstützung von Jung und Alt zu erleichtern. Der Begriff wird nicht einheitlich verwendet. Es geht bis zu gemeinsam wirtschaftenden nicht verwandten Personen, um so den einzelnen und gemeinsamen Lebensunterhalt zu sichern.

Mögliche Bestandteile des Konzepts

Das Mehr-Generationen-Haus orientiert sich am örtlichen Bedarf von konkret gemeinsam planenden Personen und ist meistens offen, weitere Personen einzubeziehen. Kristallisationskern kann dabei eine vorhandene Wohngemeinschaft, gemeinsame religiöse oder philantropische Überzeugung oder auch die Abgrenzung zu Männern sein. Die Generationen bieten sich wechselseitig selbst Dienstleistungen wie Teile der Haushaltsführung, Kinder- und Seniorenbetreuung an. Der Grad der Verbindlichkeit des Service kann frei vereinbart werden. Als Architektenmodell wurde es bereits mehrfach in Berlin und der Schweiz umgesetzt.[1] In der Planungsphase treffen einander bis dahin unbekannte Interessenten, die unter einander genaue Absprachen mit dem vermittelnden Architekten treffen. Bauträger können gewerbliche Anbieter oder die privaten Selbstnutzer sein.

Die körperliche Altenpflege oder die komplette Kindererziehung (1. bis 5. Lebensj.) ist üblicherweise nicht Bestandteil der Vereinbarungen. Allerdings hoffen viele Beteiligte, dass sie durch ihr Engagement die Notwendigkeit der Inanspruchnahme professioneller Altenpflege oder Kinderpädagogik deutlich hinausschieben und evtl. sogar vermeiden können. Hintergrund ist der hohe Anteil ehrenamtlicher Altenpflege in den jetzt noch oft in einem Haus zusammen lebenden Zwei-Generationen-Familien (jedoch mit zwei getrennten Haushalten). Dieser Anteil wird als Hinweis auf die Machbarkeit gesehen. Hierin unterscheidet sich das auch vom Betreuten Wohnen, das auf eine altenpflegerische Rund-um-die-Uhr-Betreuung zielt. Ähnliches gilt für die vielen weitgehend privat betriebenen Kinderkrippen.

Als Mehrgenerationenhaus bezeichnet man in Deutschland seit neustem (2003) auch einen offenen Nachbarschaftstreffpunkt, an dem familienorientierte Aktivitäten und Dienste für Jung und Alt vor allem ehrenamtlich angeboten werden. Sie sollen das Miteinander der Generationen und die Hilfe zur Selbsthilfe fördern. Träger eines solchen Hauses kann die Kommune, eine Kirchengemeinde oder ein freier Träger sein.

Verschiedene Modelle dafür gibt es u. a. in Deutschland, Österreich und der Schweiz.[2]

Das deutsche Aktionsprogramm Mehrgenerationenhäuser

Ursula von der Leyen initiierte als niedersächsische Familienministerin die Förderung solcher Häuser. Die Landesregierung will in den nächsten Jahren fünfzig Mehrgenerationenhäuser fördern. Bis 2007/08 soll in jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt mindestens eines entstehen. Hierzu werden dem Träger für die Dauer von fünf Jahren Zuschüsse gewährt.

Von Niedersachsen zum bundesweiten Modell

Nach Leyens Wechsel in das Amt der Bundesfamilienministerin wurde ein Aktionsprogramm Mehrgenerationenhäuser auf Bundesebene aufgelegt. Die erste Ausschreibungsphase eines deutlandweiten Aktionsprogramms Mehrgenerationenhäuser wurde 2006 mit 904 detaillierten Anträgen bereits abgeschlossen. Bis Ende 2006 sollen weitere Mehrgenerationenhaus-Projekte folgen. Im Frühjahr 2007 startet die nächste Bewerbungswelle. Es wurde eine Serviceagentur im Aktionsprogramm Mehrgenerationenhäuser mit der Begleitung beauftragt. Bis Ende 2010 soll bundesweit jeder Landkreis und jede kreisfreie Stadt ein solches Haus erhalten.

Die finanzielle Förderung

Z. B. in Niedersachsen beteiligt sich das Land an der Finanzierung für jedes Mehrgenerationenhaus mit rund 40.000 Euro pro Jahr für eine Dauer von 5 Jahren. Die Investitions- und Betriebskosten der Mehrgenerationenhäuser werden dort von den Kommunen oder den Trägern übernommen. Die Nutzer sind Mieter. Im Bundesmodell werden die 40.000 Euro pro Jahr für eine Dauer von 5 Jahren beibehalten. Eine weitere Unterstützung wird nicht zugesagt.

Beispiele

Frauenräume in Celle

Der Verein Frauenräume in Celle hat als gemeinnütziger eingetragener Verein mit rund 80 Mitgliedern 2001 ein von der Stadt Celle mietfrei zur Verfügung gestellte Gebäude eröffnet und seitdem als gemeinsames Haus für Frauenverbände, -gruppen und seit Dezember 2005 als Mehrgenerationenhaus genutzt. Zum Angebot gehören: Offener Treff im Bistro (täglich von 9 bis 16 Uhr), Kinderzimmer, Spielplatz, Lesezimmer, Büronutzung für Mitglieder, Freizeit- und Kulturveranstaltungen, Selbsthilfegruppen, Bildungsangebote und Ausstellungen.

Freier Immobilienmarkt

Der private Wohnungsbau hat das "Bestens sanierte Mehrgenerationenhaus" und ähnliche Schlagworte als verkaufsförderndes Argument auch im Segment Altersvorsorge entdeckt.

Mainz-Finthen

Das Mehrgenerationenhaus im Römerquellen-Treff ist eine Fortsetzung des Projekts Soziale Stadt, die in Mainz-Finthen. Ein "öffentliches Wohnzimmer", für Kinder und Jugendliche, Familien oder auch ältere Menschen beinhalten. Ein wichtiges Ziel soll auch ein niederschwelliges Angebot für die Bewohner vor Ort sein, die an Demenz leiden.

Siehe auch

Formen

Literatur

  • Astrid Barsuhn: Mehrgenerationenhäuser. Planen und Bauen: Wohnen unter einem Dach. 2006. Blottner, 128 Seiten, ISBN 3893676414
  • Dörte Fuchs, Jutta Orth: Umzug in ein neues Leben. Wohnalternativen für die zweite Lebenshälfte. 2003. 271 Seiten. Verlag Kösel. ISBN 3466306256
  • Gabriele Gerngroß-Haas: Anders leben als gewohnt. Wenn verschiedene Frauen unter ein Dach ziehen. 2005. Verlag Helmer. 159 Seiten. ISBN 3897411695.
  • Bettina Rühm: Unbeschwert wohnen im Alter. Neue Lebensformen und Architekturkonzepte. 2003. DVA. ISBN 3421034346
Zeitschriften
  1. Michael Brüggemann: Familien-Baukasten - Mehrgenerationenhaus in Darmstadt. In: Deutsche BauZeitschrift (DBZ) 54:8, 2006, auch online.
  2. Birgit Sommer: Palmenhof Heidelberg. in Rhein-Neckar-Zeitung vom 1. Dez. 2006, S. 7.