U-Boot-Klasse XXI


Die U-Boot Klasse XXI ist eine deutsche U-Boot Klasse, die von 1943-1945 gebaut wurde. Diese Boote waren die weltweit modernsten ihrer Zeit und wurden wegen ihrer großen Batterie-Anlage, mit der sie länger als zeitgenössische Typen tauchen konnten, sowie den Elektromotoren, die mehr Leistung als die Dieselmotoren aufwiesen, auch als Elektro-U-Boote oder Elektroboote bezeichnet.
Entwicklung und Bau
Planung
Die Bootsform des Typs XXI wurde ursprünglich für das geplante große Hochsee-Walter-U-Boot entwickelt. Hierbei wurde auf hohe Unterwassergeschwindigkeit besonderen Wert gelegt, so dass erstmalig Bootsmodelle auch im Windkanal getestet wurden. Da der Walter-Antrieb nicht rechtzeitig die Serienreife erlangte, wurde im Kriegministerium geprüft, ob die neue Bootsform nach dem bewährten Konzept mit diesel-elektrischem Antrieb ausgestattet werden konnte. Zur Unterbringung einer größeren Akkumulatoren-Anlage musste der 8-förmige Querschnitt des Druckkörpers über fast die gesamte Länge des Bootes verlängert werden. Im Laufe der Planungen wuchs das Boot schließlich bis auf eine Länge von 76,70 Meter an. Wegen ihrer großen Batterie wurden die Boote dieser Klasse auch als Elektroboote bezeichnet.
Sektionsbauweise
Dem Rüstungsminister Albert Speer war die Aufgabe zugeteilt worden, unter anderem die U-Bootproduktion zu steigern. Da inzwischen alle wichtigen Werften in Bremen (AG Weser, Bremer Vulkan), Hamburg (Blohm & Voss), Kiel (Howaldtswerke/Germaniawerft) und Danzig (Schichau) zu Zielen der alliierten Luftoffensive geworden waren, entwickelte der von Speer eingesetzte Generaldirektor der Magirus-Werke, Otto Merker, die Methode des Sektionsbaus und setzte damit die Fließbandfertigung erstmalig im U-Boot-Bau ein. Das Boot wurde nicht im Ganzen in der Werft gefertigt, sondern zunächst im Binnenland in Sektionen vorgefertigt. Diese wurden zu den Werften transportiert und dort ausgestattet und zusammengeschweißt. Der Bau dauerte etwa einen Monat, 30 U-Boote sollten pro Monat ausgeliefert werden.
Das Problem bei dieser Herstellungsart waren die Toleranzen: Zum einen mussten fertige Sektionen aufgebogen und verkürzt oder verlängert oder neugebogen werden, zum anderen wurden die Sektionen, je nach Maß, an verschiedene Werften verteilt. Es lagen mehrere U-Boote bei Kriegsende unfertig auf Halde, die noch auf Sektionen „warteten“. Zudem mussten die Sektionen in einem Zug geschweißt werden, nach dem Abbruch bei Luftalarm musste die Naht getrennt und neu geschweißt werden. So kam es zu weiteren Verzögerungen beim Bau.
Den Bau der alten U-Boote der Typen VII C/42, IX C/40 und IX D2 ließ Speer 1944 aussetzen. Es wurde nur noch der Typ XXI und der daraus abgeleitete kleinere Typ XXIII gefertigt. So stieg die Produktion von U-Boot-Tonnage 1944 um mehr als das Vierfache (von 1940 ca. 41.000 t auf 1944 ca. 175.000 t). Im Januar 1945 verfügte die Kriegsmarine über 418 U-Boote, die größte Anzahl überhaupt. 1945 fiel die Produktion der Sektionen ab, da wichtige Zulieferer besetzt wurden und das Transportwesen weitgehend zerstört war. Die Montage konnte aber bis in den April weitergeführt werden. Im März 1945, zwei Monate vor Kriegsende, wurden fast 40 U-Boot-Rümpfe zu Wasser gelassen, die höchsten Produktionszahlen des ganzen Krieges. Die Montage wäre aber wegen Sektionenmangel spätestens im August 1945 ausgelaufen.
Aufträge und Produktionszahlen
Am 13. Juni 1943 genehmigte Großadmiral Karl Dönitz den Entwurf für die U-Boote der Klasse XXI, sodass unmittelbar danach 300 Boote in Auftrag gegeben wurden. Ursprünglich sollten 1.500 Boote dieser Klasse gebaut werden, wodurch andere Projekte der Kriegsmarine eingeschränkt oder aufgegeben werden mussten. Der Bau dieses revolutionären Typs wurde 1944 durch Albert Speer forciert, letztendlich konnten aber nur wenige Boote in Dienst gestellt werden. Es ist nur eine einzige Feindfahrt bekannt, die allerdings mit dem Krieg beendet wurde.
Technische Neuerungen
Die Boote wurden mit vielen technischen und konstruktiven Neuerungen ausgestattet und im Prinzip vom Reißbrett in die Serienproduktion gegeben, dadurch kam es in der Produktion immer wieder zu Verzögerungen. Wegen Planungsfehlern waren die ersten Typ-XXI-Boote nur als Schulungsboote einsetzbar und für den Fronteinsatz unbrauchbar.
Der Typ XXI war für eine möglichst schnelle und ausdauernde Unterwasserfahrt konzipiert und standardmäßig mit einem Schnorchel ausgerüstet, um so die Aufenthaltszeit an der Oberfläche zu minimieren. Dies diente dazu, der drohenden Gefahr von Aufklärungsflugzeugen, die oft mit Radar versehenen waren, auszuweichen. Die Briten entwickelten aber 1944 ein Radar, mit dem ein schnorchelndes U-Boot geortet werden konnte. Die Deutschen experimentierten wiederum damit, den Schnorchel mit einer Verkleidung zu versehen, um ihn für gegnerisches Radar unsichtbar zu machen, was Anfang 1945 auch gelang. Mit diesem Boot wendete sich der U-Boot-Krieg langsam wieder zum deutschen Vorteil. Doch da nur wenige Boote und diese auch noch zu spät eingesetzt werden konnten, waren sie nicht mehr in der Lage, dem Seekrieg noch eine Wende zu geben.
Elektro-U-Boot
Da der neue Walter-Antrieb noch nicht ausgereift war, griff man auf die Idee des „Elektro-U-Bootes“ zurück. Bei diesem Bootstyp war die elektrische Antriebsleistung erstmals höher als die Dieselmotorenantriebsleistung. Durch diese Maßnahmen war die Unterwassergeschwindigkeit des Typs XXI mit fast 18 Knoten enorm hoch (bisherige U-Boote konnten unter Wasser nur 7-8 Knoten laufen) und sogar größer als die Geschwindigkeit über Wasser. Trotzdem lag dies sogar noch unter den errechneten 21 Knoten. Außerdem war es mit 18 kn möglich, die in langsamen Versorger-Konvois fahrenden west-alliierten Geleitzüge einzuholen und sogar den nur ca. 15 kn schnellen begleitenden Korvetten davonzufahren. Verbunden mit leistungsstarken Akkumulatoren übertraf auch die Unterwasserreichweite alles bis dahin dagewesene. Ein dieselelektrischer Antrieb, wie ihn zu dieser Zeit schon die amerikanischen U-Boote hatten, wurde nicht eingebaut. Dieser kam erst bei der Instandsetzung von U-2540 ("Wilhelm Bauer")nach dem Weltkrieg.
Die hohe Unterwassergeschwindigkeit bot noch einen weiteren Vorteil: Das Sonar der Royal Navy funktionierte nur bei Geschwindigkeiten unter 13 kn oder weniger, je nach Seegang. So konnten sich Typ-XXI–Boote der Ortung durch kurzzeitige Hochgeschwindigkeitsfahrt entziehen, um dann auf Schleichfahrt mit speziellen Schleichfahrtmotoren zu gehen.
Bei dieser besonders leisen, aber langsameren Schleichfahrt trieben zwei Schleichfahrtmotoren die Schrauben an. Die Schleichfahrtmotoren übertrugen ihre Kraft über Riemen (vergleichbar mit Keilriemen im Auto) auf die Wellen. Die Idee erwies sich zwar im praktischen Einsatz als tatsächlich sehr geräuschdämmend, allerdings konnten die Riemen nicht korrekt unter Spannung gehalten werden. Dadurch gerieten sie ins Rutschen, und Energie wurde verschwendet. Mit bis 6,1 kn bei Schleichfahrt war ein Typ-XXI-Boot nur unwesentlich langsamer als die Höchstgeschwindigkeit eines Typ-VII-C oder Typ-IX-Bootes, die 1944 ca. 7 kn mit ihren E-Motoren, bei voller Flakbewaffnung, erreichten. Neben diesen Schleichmotoren wurden die Lüftungseinrichtungen wesentlich leistungsfähiger und vor allem leiser ausgeführt.
Neue taktische Optionen
Die Kommandanten konnten damit je nach den taktischen Notwendigkeiten mit den Haupt-E-Motoren schnell fliehen oder mit den Schleichmotoren langsam und leise am Kampfplatz verbleiben und ihren Standort dort verändern. Hierbei wurde das Risiko einer passiven Horchortung minimiert. Dabei konnte ein Typ-XXI-Boot ca. 100 Stunden tauchen. Diese lange Tauchzeit ermöglichte es, sich mit einer Geschwindigkeit von 2 bis 4 kn aus einem Seegebiet zu entfernen und so der Verfolgung zu entziehen oder ein gefährliches Seegebiet getaucht zu durchfahren.
Torpedoanlage
Die Torpedoanlage hatte ein hydraulisches Schnellladesystem zum Nachladen der Rohre. Die sechs Torpedorohre waren, je drei übereinander, im Bugraum angeordnet. Das Nachladen von sechs Torpedos aus der Schnellladestellung dauerte 15 Minuten, die nächste Ladung benötigte ca. 19 Minuten. Dies ging einher mit einem Umdenken in der Taktik, die darauf hinauslief, dass die neuen Boote nicht mehr in Rudeln, sondern allein gegen Geleitzüge operieren sollten. Das Problem war dabei aber, dass die neuartigen Torpedorohrverschlusssysteme anfangs nur einem Tiefendruck von 160 Metern standhielten. Dies konnte zwar im Laufe der Zeit noch gesteigert werden, verzögerte aber letztendlich den Bau der Boote.
Geplantes System zur Zerstörerbekämpfung
Die Boote sollten mit einem raketengestützten System zur Verteidigung gegen feindliche Zerstörer ausgerüstet werden. Da dieses aber nicht serienreif wurde, erhielten sie stattdessen eine Werkbank eingebaut.
Schnorchelanlage
Um sich dem gegnerischen Radar entziehen zu können, waren diese Boote so ausgerüstet, dass sie die gesamte Zeit ihrer Patrouillenfahrten unter Wasser verbringen konnten. Aus diesem Grund verzichtete man auf größere Bordkanonen und baute Schnorchelsysteme ein, die es ermöglichten, die Batterien während der Unterwasserfahrt aufzuladen und Atemluft in das Boot einzuführen. Außerdem besaß der Typ XXI eine Klimaanlage mit Sauerstoffversorgung, um Schnorchelfahrten für die Besatzung erträglicher zu machen und um die Tauchzeit entsprechend verlängern zu können.
Nibelung-Sonar
Ein immer größeres Problem wurde die technische Erneuerung des alliierten Radars, mit dem sie ab Herbst 1944 auch den Schnorchelkopf oder ein Sehrohr ausmachen konnten. Der Erfindungsgeist der Deutschen endete in der heutigen Form des Sonars, welches schon wie ein Unterwasser-Radar wirkt. Es wurde Nibelung-Sonar genannt und ab Oktober 1944 eingesetzt. Man konnte alle Vorhalte-Daten, also Kurs, Geschwindigkeit und Entfernung berechnen, ab April 1945 konnte man sogar zwischen Zerstörer und Handelsschiff unterscheiden. Die Schallwellen wurden im nicht wahrnehmbaren Bereich von ca. 40.000 Hz ausgesandt, ein primitiver Computer konnte die Daten verarbeiten. So war es möglich, einen Angriff zu starten, ohne das Sehrohr auszufahren. Es gab nur vereinzelt technische Defekte, die ab Januar 1945 ausgemerzt waren. Doch die revolutionäre Technologie kam zu spät, um den Kriegsverlauf noch zu beeinflussen.
Im Zweiten Weltkrieg
Zu echten Kampfeinsätzen kamen die Boote zu spät. Zwar wurden noch einige Boote vor Kriegsende frontreif, fuhren im Unterschied zu einigen kleineren Elektrobooten der Klasse XXIII aber keine Kampfeinsätze im Atlantik mehr. Ein Teil der Boote wurde noch nach Norwegen verlegt, um von den dortigen U-Boot-Basen den Kampf fortzusetzen. Nach dem Selbstmord Hitlers wurden diese Pläne aber vom neuen Reichspräsidenten Karl Dönitz nicht weiter verfolgt. Der „wasserschlüpfrige“ Turmaufbau erwies sich für die Bedienung der Flakgeschütze bei der Überführung der Boote durch das Skagerrak als Todesfalle. Zwar konnten die Boote meist nicht bei Flugzeugangriffen tauchen, da das Wasser nicht tief genug war, wenn dies aber doch möglich wurde, hatte die Flak-Bedienung Schwierigkeiten, aus den geschlossenen Bedienständen in den Druckkörper zu gelangen.
Die Boote erreichten bei Tieftauchversuchen in norwegischen Fjorden nicht die theoretische Tauchtiefe. Es kam bereits vorher (210 m bzw. 220m) zu Verformungen des Druckkörpers und Implosion der Oberdecksbehälter, in denen die Schlauchboote untergebracht waren. Ein Boot ging bei einem Tieftauchversuch verloren. Die anderen Boote mussten an Schwachstellen verstärkt werden, zum Beispiel am Torpedoluk.
Viele Boote des Typs XXI wurden bei Kriegsende in der Operation Regenbogen von ihren Besatzungen trotz gegenteiliger Befehle selbstversenkt. Die Boote in Norwegen sollen offiziell alle befehlsgemäß den Alliierten übergeben worden sein.
Nach dem Krieg
Nach dem Krieg wurden einige Boote in den Marinen der UdSSR und Frankreichs in Dienst gestellt. U 3008 ging zur Erprobung an die US-Marine. U 2540 (am 4. Mai 1945 in Flensburg selbstversenkt) wurde im Herbst 1957 gehoben und am 1. September 1960 von der Bundesmarine als Versuchs-U-Boot „Wilhelm Bauer“ wieder in Dienst gestellt. Seit 27. April 1984 liegt es als Museumsschiff im Hafenbecken des Deutschen Schiffahrtsmuseum in Bremerhaven.
Technische Daten
- Einsatzverdrängung: 1.621 t (Überwasser), 1.819 t (getaucht)
- Zweihüllenbauweise mit 8-förmigem inneren Druckkörper und zwischen beiden Hüllen liegenden Spanten
- Länge: 76,70 m gesamt, 60,50 m Druckkörper
- Breite: (Maximal): 8,00 m, 5,30 m Druckkörper
- Tiefgang: 6,62 m
- Höhe über Turm: 11,30 m
- Geschwindigkeit:
- 15,6 kn Überwasser mit Dieselmotoren
- 17,94 kn mit Elektromotoren; 18,08 kn mit Diesel- und Elektromotoren
- 17,5 kn Unterwasser mit Elektromotoren
- 6,10 kn mit Schleichmotoren
- 10,42 kn bei Schnorchelfahrt
- Tauchtiefe: 175 m (Konstruktionstiefe), 220 m (größte Tauchtiefe bei Tests vor Norwegen), 300 m (berechnet);
- nach anderen Angaben: Konstruktionstiefe 200m ; Zerstörungstauchtiefe 350 m;
- Antriebsanlage:
- zwei 6 Zylinder MAN-4-Takt Dieselmotoren mit Hochaufladung von je 2000 PS/ 1470 kW bei 520 U/min
- zwei SSW-Haupt-Elektromaschinen GU 365/30 von je 2500 PS/ 1840 kW bei 1675 U/min
- zwei SSW-Schleichmotoren (Elektro) von je 113 PS/ 83 kW bei 350 U/min.
- Batterieanlage mit 372 Einzelzellen des Typs AFA 44 MAL 740 (6 Teilbatterien in zwei Decks) der Akkumulatoren Fabrik A.G. Berlin-Hagen mit einem Gewicht von 236 Tonnen.
- Fahrbereich:
- mit Schleich-E-Maschinen
- 480 sm bei 5,5 kn
- 500 sm bei 5 kn
- mit Haupt-E-Maschinen
- 420 sm bei 6 kn
- 350 sm bei 9 kn
- 285 sm bei 12 kn
- 100 sm bei 16 kn
- mit Dieselmotoren
- 19.000 sm bei 6 kn
- 9500 sm bei 12 kn
- 5000 sm bei 14 kn
- mit Schleich-E-Maschinen
- Bewaffnung
- Ausstattung
- Lufterneuerungs- und Klimaanlage
- Radar
- Sonar
- Täuschkörper
- Besatzung: 57
Siehe auch
- Liste deutscher U-Boot-Klassen
- Liste deutscher U-Boote (nach 1945)
- Liste internationaler U-Boot-Klassen
Literatur
- Eberhard Rössler: U-Boottyp XXI, Bernard & Graefe Verlag, ISBN 3-76376-218-3