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Fußgänger

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Typische Bodenmarkierung eines Gehweges für Fußgänger

Ein Fußgänger oder Passant wird heute im juristischen Sinne als ein Verkehrsteilnehmer verstanden, der keinerlei Verkehrsmittel benutzt, sondern zu Fuß geht. Es ist einem Fußgänger auch erlaubt, Lasten mit einem Handwagen oder Stoßkarren zu transportieren. Im juristischen Sinne wird keine Unterscheidung zwischen einem gehenden und einem laufenden Fußgänger gemacht. Dieses ist im Sport anders, wo aus Fairnessgründen zwischen den Geh- und Laufsportarten unterschieden wird. Rollstuhlfahrer bezeichnen Nicht-Rollstuhlfahrer im gemeinsamen Sport als Fußgänger.

Geschichte

In der Menschheitsgeschichte stand es dem Fußgänger lange frei, wie und wo er sich bewegt. Er war lediglich durch Ozeane, Flüsse, Hochgebirge und die Erdanziehungskraft in seiner Bewegung eingeschränkt. Damit Fußgänger neben anderen Verkehrsteilnehmern auch Flüsse überqueren konnten, begann man bereits in der Antike, Brücken zu bauen. Da bis ins Mittelalter die Wegebeschilderung in vielen Gebieten sehr unzureichend und oft nicht mehrsprachig erfolgte, hatten viele Fußgänger mit Orientierungsproblemen zu kämpfen.

In der Römerzeit, als zum ersten Mal größere Heere aufgestellt wurden, mussten viele Armeen zu Fuß gehen, da es logistisch nicht möglich gewesen wäre, jeden Soldaten mit einem Pferd auszustatten. Fußgängerheere, auch Infanterieheere genannt, konnten damals mit voller Montur bis zu 30 km am Tag zurücklegen. Aus der Römerzeit stammt auch der lateinische Begriff per pedes, welcher zumindest im deutschsprachigen Raum noch weit verbreitet ist und „zu Fuß gehen“ bedeutet.

Im Mittelalter zogen die Edelherren und Ritter es dagegen überwiegend vor, sich per Pferd fortzubewegen. In dieser Zeit wurde das zu Fuß gehen daher auch oft als ein Akt der Buße angesehen. Einer der bekanntesten Fußgänger dieser Zeit war Heinrich IV., welcher im Januar 1077 beim Gang nach Canossa zu Fuß von Speyer nach Canossa ging, um zu erreichen, dass Papst Gregor VII. ihn vom Kirchenbann befreit. Im Mittelalter entstanden auch viele fußgängerfreundliche Innenstädte, in denen die Mehrheit der Straßen nicht breit genug sind, um von Autos befahren zu werden. Es gab oft auch Stadttore, welche nur von Fußgängern benutzt werden. Leider entstanden an den damaligen Stadträndern in dieser Zeit auch oft große Befestigungsanlagen. Als diese ab den 18. Jh. mit dem Fortschritt der Artillerie ihren militärischen Sinn verloren hatten, wurden sie vielerorts geschleift und der freigewordene Platz genutzt, mehrspurige Autoringstraßen um die Innenstadt herum zu errichten, welche die Bewegungsfreiheit der Fußgänger sehr behindern.

Im 18. und 19. Jahrhundert war das zu Fuß gehen ein populärer Zuschauersport in Großbritannien. Einer der bekanntesten Fußgänger war Captain Robert Barclay Allardice, bekannt als der „Gefeierte Fußgänger“ (englisch: The Celebrated Pedestrian) von Stonehaven. Seinen größten Rekord stellte er zwischen dem 1. Juni und dem 12. Juli 1809 auf, als er es schaffte, in 1000 aufeinanderfolgenden Stunden jeweils eine englische Meile zurückzulegen. Bei diesem Ereignis waren etwa 10.000 Zuschauer anwesend. Der Amerikaner Ada Anderson konnte diesen Rekord sogar noch verbessern, in dem er es schaffte, in 1.000 aufeinanderfolgenden Stunden jeweils innerhalb von 15 Minuten 1 Mile zu Fuß zurückzulegen. Auch wenn der Fußgängersport im 20. Jh. an Bedeutung verloren hat, so gibt es noch weiterhin das Gehen als olympische Sportart. Daneben gibt es als traditionelle Sportereignisse u.a. in England noch den Land's End to John o' Groats walk.

Mit dem Aufkommen des Automobils als Massenfortbewegungsmittel wurden die Fußgänger ab Anfang des 20. Jh. immer mehr in ihren Bewegungsmöglichkeiten eingeschränkt. Im Sinne einer autogerechten Stadt wurden sie durch Straßenverordnungen vielerorts auf die Fußgängerwege (auch Gehweg, Bürgersteig oder Gehsteig) verbannt. Immerhin entstanden in den 70er Jahren zumindest in vielen europäischen Innenstädten Fußgängerzonen, in welchen Fußgänger zumindest außerhalb der Belieferungszeiten ungestört gehen konnten. Um die Überquerung von vielbefahrenen Verkehrsstraßen zu ermöglichen, entstanden in vielen Orten auch in der Regel nicht wettergeschützte Fußgängerbrücken und oft schlecht ausgeleuchtete Fußgängerunterführungen. Letztgenannte boten das ideale Milieu für die Entstehung von neuen Jugendsubkulturen. Ab den 80er Jahren wurde die Fußgängersicherheit auch ein wichtiges Planungskriterium bei der Durchführung von Straßenbaumaßnahmen. In den letzten beiden Jahrzehnten gibt es auch seitens von Vereinen und Stadtplanern verstärkt Bemühungen, Raum für den Fußgänger zurückzugewinnen. Vor allem ländliche Gebiete haben hier allerdings großen Nachholbedarf, da das Automobil insbesondere dort als unerlässliches Verkehrsmittel angesehen wird und dementsprechend in der Verkehrsplanung kaum Rücksicht auf die Bedürfnisse von Fußgängern genommen wird.

Militante Fußgänger

Ende der 1980er-Jahre erfand der Münchener Michael Hartmann das Carwalking, das Gehen über auf Bürgersteigen geparkte Autos, ohne diese zu beschädigen. Durch Streetwalking versuchte er in Verkehrsseminaren mit andern Fußgängern den Verkehr auf den Straßen an die Gewohnheiten und Geschwindigkeiten von Fußgängern wieder anzupassen. Seine Proteste gegen den Autoverkehr erlangten zwar einige mediale Aufmerksamkeit, führten aber auch zu Krankenhausaufenthalten und Einweisungen in psychiatrischen Anstalten.

Fußgängervorschriften und -initiativen in verschiedenen Ländern

Hier ereignete sich ein Fußgängerunfall. Achten Sie auf Ihre Sicherheit! Stuttgart

In Deutschland finden sich die für Fußgänger relevanten Vorschriften im § 25 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) (siehe auch Fußverkehr).

In Österreich werden der Exekutive unter dem Titel Unbegründetes Stehenbleiben auf Gehsteigen zahlreiche Möglichkeiten zu Maßregelung gewährt.

In der Schweiz gibt es seit 1972 den Fussgängerverband "Fussverkehr Schweiz", der sich zum Ziel gesetzt hat, das Kompetenzzentrum für den Fußverkehr in Siedlungsgebieten zu sein und die Wünsche der Fußgänger in die Verkehrspolitik einzubringen. Er unterstützt Bund und Kanton bei der Umsetzung des Schweizerischen Fuß- und Wanderwegegesetzes. Auch setzt er sich für innovative fußgängerfreundliche Verkehrsgestaltung, zum Beispiel durch die Schaffung von Begegnungszonen ein.

Durch den Verband wird in regelmäßigen Abständen der Fusspreis ausgeschrieben, der Projekte prämiert, welche die Situation von Fußgängern im Straßenverkehr verbessern. Hierbei handelt es sich um eine offene Ausschreibung, was bedeutet, dass Fachleute aus sämtlichen Kantonen daran teilnehmen können. Bei der letzten Preisverleihung erhielt Grenchen den Preis als fußgängerfreundlichste Stadt der Schweiz.

Lange Zeit waren Schweizer Fußgänger unnötig durch ein in der Verkehrsregelnverordnung festgeschriebene Handzeichen-Obligatorium verunsichert. Diese Situation konnte aber auf Druck des schweizerischen Bundesgerichtshofs 1994 durch den Gesetzgeber geklärt werden (siehe Zebrastreifen)

In Großbritannien regeln die Regeln 1-33 des Highwaycodes das Verhalten der Fußgänger (englisch pedestrians) im Straßenverkehr. Diese sind aber auf Basis des anglo-amerikanischen Rechtsverständnisses eher als Ratschläge zu verstehen. Dies gilt allerdings nicht für folgende Punkte:

  • Fußgänger dürfen nicht auf Autobahnen und rutschigen Straßen gehen, es sei denn, es handelt sich um eine Ausnahmesituation (Laws RTRA sect 17, MT(E&W)R 1982 as amended & MT(S)R regs 2 &13)
  • Fußgänger dürfen nicht auf fahrende Autos springen oder sich an fahrenden Autos festhalten (Law RTRA 1988 sect 26)
  • Fußgänger dürfen an Zebrastreifen und sogenannten Pelican oder Puffin Crossings nicht bummeln (Laws ZPPPCRGD reg 19 & RTRA sect 25(5))

Siehe auch

Literatur

  • Sebastian Haffner: Das Leben der Fußgänger. Feuilletons 1933-1938, München 2004.
  • Harald Lesch: Kosmologie für Fußgänger. Eine Reise durch das Universum, München 2001.
  • Michael Hartmann: Der AutoGeher. AutoBiografie eines AutoGegners. ISBN 3-928300-81-4