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I.G. Farben-Gebäude

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Der Poelzig-Bau (auch Poelzig-Ensembele, IG-Farben-Gebäude, IG-Farben-Haus, IG-Farben-Komplex, General Creighton W. Abrams Building) wurde 1928 bis 1931 von Hans Poelzig als Zentralverwaltung für die IG Farben in Frankfurt am Main errichtet. Nach Kriegsende zog die amerikanische Militärverwaltung ein und seit 2001 beherbergt er einen Teil der Johann Wolfgang von Goethe Universität.

Geschichte

Frontausschnitt des Poelzig-Baus

Vordere Fassade des Poelzig-Baus

Das Gebäude entstand auf dem Grüneburggelände, das seit 1837 der Familie Rothschild gehörte und seit 1864 die Städtische Irrenanstalt (auch bekannt als Affenfelsen) beherbergte. Auf dem größeren westlichen Teilgelände wurde ab 1880 der Grüneburgpark angelegt. 1927 erwarb der IG-Farben-Konzern das Grundstück und ließ durch den Berliner Architekten Hans Poelzig das IG-Farben-Haus errichten, das als Firmensitz dienen sollte. Im August 1928 wurde ein beschränkter Wettbewerb unter 5 ausgewählten Architekten durchgeführt, den Prof. Hans Poelzig gewinnt.

Ende 1928 beginnen die Gründungsarbeiten für das Fundament und im Sommer 1929 beginnt die Kontruktion des als Stahlskelett-Bau konzipierten Gebäudes. 1930 wird der 250 Meter lange Baukörper fertiggestellt. Der 14 ha große Park wird nach Entwürfen des Frankfurter Gartenbaudirektors Max Bromme und den Künstlern des Bornimer Kreises mit Stauden bepflanzt.

Im März 1945 besetzen alliierte Truppen das Gelände und nach Kriegsende wird es Hauptquartier unter General Dwight D. Eisenhower. Seit 1952 war es das Hauptquartier des 5. US-Corps und wurde von den amerikanern Farben-Building genannt, 1975 wurde es offiziell in General Creighton W. Abrams Buildung umbenannt. 1972 wird das Foyer des Hauptgebäudes Schauplatz eines Bombenattentats der RAF, 1976 und 1982 finden weitere Anschläge statt. 1995 ziehen die Amerikaner aus und übergeben den gesamten Komplex an die deutsche Regierung, 1996 erwirbt das Land Hessen das Areal mit der Absicht auf dem sogenannten Poelzig-Ensemble dort den zweiten Campus der Johann Wolfgang von Goethe Universität einzurichten. 2001 wird das Gebäude durch das Kopenhagener Architekturbüro Dissing+Weitling renoviert und zum Sommersemester 2001 der Universität zur Nutzung übergeben. Hier sind heute die Fachbereiche Philosophie und Geschichte; Klassische Philosphie, Kunst und Musik; Moderne Sprachen und des Zentrum für Nordamerikastudien untergebracht.

Das Gebäude

Plan des Poelzig-Baus

Plan des Poelzig-Baus

Das Gebäude sollte als Zentralverwaltung für die IG Farben dienen, die sich 1927 aus einer Vielzahl deutscher Chemie-Unternehmen zusammengeschlossen hatte und so die viertgrößte Firma der Welt bildete. Der Raumbedarf war enorm und entstand eines der größten Bürogebäude der damaligen Zeit in Poelzigs Stil der Neuen Sachlichkeit.

Die Bauherren wollten keine "Mätzchen des Bauhausstils", sondern ein "eisernes und steinernes Sinnbild deutscher kaufmännischer und wissenschaftlicher Arbeitskraft".

Das 250 m lange, leicht gekrümmte Gebäude weist neun Geschosse auf. Es wurde in Rekordzeit fertiggestellt. Das Bauvolumen von insgesamt 280.000 m3 wurde aus 4.600 t Stahl errichtet, die Skelettkonstruktion wurde mit Ziegeln ausgefacht und die Böden aus Hohlsteinen aufgebaut. Die Fassade wird mit 33.000 m2 Cannstätter Travertin verkleidet. Bis in die 50er Jahre galt das Gebäude als eines der modernsten und größten in Europa.

Der Poelzig-Bau besteht aus sechs Flügeln, die durch einen leicht geschwungenen, zentralen Flur miteinander verbunden sind. Auf diese weise erhalten alle Büroräume ausreichende natürliche Belichtung und Belüftung. Die Bauherren wollten ein schlichtes Gebäude und so ist die Fassade mit hellen cremfarbenen Natursteinplatten verkleidet.

Der Eingangsbereich und die weiten Flure haben hohe Decken und durch die großen Fenster dringt viel Licht hinein. Besonders bekannt ist vor allem das Paternoster-System, daß die sieben Stockwerke miteinander verbindet. Auch nach der Restaurierung behält die Universität das System bei.

Direkt nach der großen Eingangshalle befindet sich eine halbrunde Rotunde mit hohen verglasten Wänden, die einen Blick auf den dahinterliegenden Park und das Wasserbecken erlauben, während der Nutzung durch die Amerikaner war hier erst eine kleine Snackbar, später ein Konferenzraum. Heute ist dem nach Dwight D. Eisenhower benannten Raum wieder eine Cafeteria untergebracht.

Hinter der Rotunde befindet sich ein längliches Wasserbecken mit der Nymphenskulptur "Am Wasser", dahinter steht auf einer Anhöhe ein flaches Gebäude mit einer vorgelagerten Terasse.

Mythen

Um das Gebäude ranken sich eine Reihe von Gerüchten und Mythen. Die Bezeichnung IG-Farben-Haus hatte sich jahrelang bis weit in die 90er gehalten, obwohl es in seiner über 70jährigen Geschichte nur knapp 15 Jahre von der IG Farben genutzt wurde. Auch die Umbenennung der amerikanischen Militärverwaltung 1971 in General Creighton W. Abrams Building änderte am allgemeinen Gebrauch nichts. Zugleich haftete dem Gebäude der Nimbus des Nationalsozialosmus, der von der Nutzung durch die IG Farben herstammt und durch die Monumentalität und an NS-Architektur erinnernde Natursteinfassade des Gäubdes noch unterstrichen wurde. Der Spiegel sprach vom "Geruch von Schuld". Erst mit dem Abzug der Amerikaner, der anschließenden Renovierung und dem Einzug der Universität scheint die mahnende Erinnerung an das Dritte Reich zu schwinden und sich das negative Image zu verändern. Heute stellt sich das Gebäude als modern, licht und hell dar und auch im Sprachgebrauch verwendet man heute den Namen Poelzig-Bau.

Eine Reihe weiterer Begebenheiten wird mit dem Gebäude verknüpft, nicht immer ist bewiesen, ob sie stimmen:

  • Es wird kolportiert, das dem NS-System mißliebigne Poelzig nach der Fertigstellung 1931 von der Geschäftsleitung der IG Farben untersagt wurde, das Gebäude zu betreten
  • General Eisenhower soll befohlen haben, den Bau bei der Bombardierung Frankfurts zu schonen, weil er beabsichtigte es nach dem Krieg als Hauptquartier zu nutzen. Ob das stimmt sei dahingestellt, immerhin wurde das Gebäude Eisenhowers Hauptquartier
  • angeblich sollen sich unter dem Poelzig-Bau zwei Untergeschosse befinden, die versiegelt und vielleicht geflutet wurden. Auch soll ein unterirdischer Tunnel das Gebäude mit dem Hauptbahnhof verbinden
  • Am Wasserbecken hinter dem Gebäude befand sich "Am Wasser", die Statue einer nackten Nymphe. Auf Wunsch von Mamie Eisenhower soll sie während der US-Nutzung entfernt worden sein. Sie wurde bei Hochst in Frankfurt-Hoechst aufgestellt. Heute steht sie wieder am Wasserbecken.

Literatur

  • Der Poelzig-Bau. Vom IG Farbenhaus zur Goethe-Universität. von Werner Meißner, Dieter Rebentisch, Wilfried Wang (Hrsg.), Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3100494121