Schlafmohn
Schlafmohn | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Papaver somniferum | ||||||||||||
L. |
Der aus dem östlichen Mittelmeerraum stammende Schlafmohn (Papaver somniferum), auch Saatmohn genannt, ist eine einjährige, bis 1,5 m hohe Blütenpflanze, deren Samen als Nahrungsmittel sowie zur Ölgewinnung verwendet werden. Die Pflanze führt außerdem einen morphinhaltigen Milchsaft, aus dem Opium hergestellt wird. Der lateinische Name "somniferum" (Schlaf bringend) verweist auf die Verwendung als Schlafmittel für Kinder in der griechischen Antike. Es existieren zahlreiche Zuchtsorten, die sich u.a. durch Gehalt und Zusammensetzung der Alkaloide unterscheiden.
Die Pflanze
Der runde, überlaufende Stängel wird bis über 1 m hoch. Die relativ großen Blüten haben einen zweiblättrigen Kelch, der beim Aufblühen abfällt, sowie vier weiße bis violette Blütenblätter, die auf schlanken, haarigen Stielen stehen. Blütezeit ist von Mai bis August. Die Blüte ist meist schon nach wenigen Tagen komplett bestäubt und wirft dann ihre Blütenblätter ab. Die kugeligen Fruchtkapseln enthalten zahlreiche Samen. Stahlblaue Samen sind der Wildform am ähnlichsten, weißliche Samen enthalten weniger Öl und werden zur Mehlherstellung verwendet. Eine Rasse mit grauen Samen ist in Österreich populär. Die Blüten von Ziermohnrassen können andersfarbig sein und mehr als vier Blütenblätter besitzen.

Herkunft & Geschichte
Die Ahnen des Schlafmohns sind unbekannt und vermutlich dieselben wie die des im westlichen Mittelmeerraum beheimateten "Borstenmohns" (P. somniferum ssp. setigerum). Die Verwendung des Schlafmohns als Nutzpflanze ist in Südeuropa seit der Jungsteinzeit (ab ca. 6000 v.Chr.) nachgewiesen. Mohn gehört damit zu unseren ältesten Kulturpflanzen. Schriftlich erwähnt wurde er erstmals um 4000 v. Chr. in Keilschriften, in denen die Herstellung von pharmazeutischen Produkten aus Schlafmohn beschrieben wird.

Die Sumerer bezeichneten den Schlafmohn als "Pflanze der Freude"; aus dem alten Griechenland belegen archäologische Funde, dass die Griechen Opium für kultische und auch medizinische Zwecke gebrauchten. Die Mohnkapsel war das Symbol für Morpheus, den Gott des Traumes, für Thanatos, den Gott des Todes, und für Nyx, die Göttin der Nacht. In Ägypten ließen sich Opium-Mixturen bis in die Zeit um 1800 v. Chr. zurückverfolgen. Die Ägypter lagerten ihr Opium in speziellen Gefäßen, den Bibil-Krügen. Im römischen Reich kam der Schlafmohn in den zweifelhaften Rang einer Wohlstandsdroge. Bei einer Inventur des kaiserlichen Palastes im Jahre 214 wurden insgesamt 17 Tonnen Opium entdeckt. Seit etwa 1100 bauen auch die Chinesen den Schlafmohn zu medizinischen Zwecken an. Das frühe Christentum, das in einer Krankheit eine Strafe Gottes sah, verbot im 4. Jahrhundert die Anwendung von Opium als schmerzstillendes Mittel. Karl der Große erneuerte dieses Verbot 810, Mohnsaft galt als Satanswerk. Mit der arabischen Medizin kehrte Opium nach Europa zurück.
Aus verschiedenen antiken Schriften geht hervor, dass man aus ausgepressten Pflanzen das Meconium gewinnen kann. Meconium ist in seiner Wirkung schwächer als Opium, wurde aber ebenfalls als Schlaf- und Heilmittel genutzt.
Die außerordentliche Bedeutung, die die Entdeckung des Opiums für die Menschen von damals hatte, ist heute gut nachvollziehbar. Erstmals standen der Heilkunst Mittel zur Verfügung, die Schmerzen stillten und viele medizinische Eingriffe für den Patienten erträglicher oder gar erst möglich machten.
Mohn als Lebensmittel
Die ölhaltigen, angenehm und nussig duftenden Samen des Schlafmohns werden als Lebensmittel vor allem für Süßspeisen und Gebäck verwendet. Die bekanntesten Rezepte wie der Mohnkuchen, Mohn-Kließla oder Germknödel stammen aus dem Raum Böhmen-Schlesien. Von dort gelangten sie nach Österreich, das als klassisches Mohnanbaugebiet gilt. Die österreichische Küche ist daher besonders reich an Mohnrezepten.
Mohnsaat liefert mit einem Fettgehalt von 40 bis 50 Prozent durch Kaltpressung das hochwertige Mohnöl. In Japan wird Mohn auch in Gewürzmischungen verwendet. Ferner wird er als Futtermittel sowie in der Pharmazie genutzt.
Es sind weiße, graue und blaue bis blauschwarze Mohnsaaten erhältlich. Die weißen Sorten stammen zumeist aus Indien, die bei uns gehandelten blauen Sorten stammen zumeist aus der Türkei, aus Tschechien, Ungarn und Australien. Jährlich werden in Deutschland circa 8000 Tonnen Mohnsaat verarbeitet. Zur Samengewinnung wird ausschließlich Schlafmohn verwendet, denn andere Mohnsorten gelten als wenig ergiebig oder unbekömmlich.
Mit einem Kalziumgehalt von 2475 mg pro 100 g ist Mohnsaat eines unserer kalziumreichsten Lebensmittel. Mohn ist außerdem reich an B-Vitaminen. Der Morphingehalt von Mohnsamen ist in der Regel aber sehr gering (0,005 %) und gesundheitlich unbedenklich, kann aber nach dem Genuss von mohnreichen Speisen zu positiven Befunden bei Drogentests führen. In einer Studie des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR; vgl.Weblinks) wurde festgestellt, dass zunehmend verunreinigte Mohnsorten (bis zu 0,06 %) gehandelt werden. Der Grund liegt anscheinend in neuen Erntemethoden, bei denen die Mohnkapseln gequetscht werden und somit Milchsaft austritt. Es ist davon auszugehen, dass in Kürze Grenzwerte für Morphin festgelegt werden, die über die Verkehrsfähigkeit entscheiden.
Mohn als Droge

Weitere Produkte des Schlafmohns sind die in dem weißen Milchsaft enthaltenen 40 verschiedenen Alkaloide, darunter Morphin und Codein. Die wichtigsten Alkaloide sind Morphin, Codein, Papaverin, Noscapin (= Narkotin), Thebain und Narcein. Morphin, Codein und Thebain sind Morphinanderivate. Narcotin, Papaverin und Narcein dagegen sind Benzylisochinolinalkaloide. Ein großer Teil liegt als Salz mit der Mekonsäure gebunden vor (sogenannte Mekonate). Das Heroin (eine Entwicklung der Firma Bayer) basiert auf dem Inhaltsstoff Morphin.
Ausgereifte Fruchtkapseln enthalten im Vergleich zu grünen mehr Codein und weniger Morphin. Aus getrockneten und fein vermahlenen Fruchtkapseln kann medizinischer Tee bereitet werden. In Trinkalkohol (Ethanol) löst sich Morphin wesentlich besser als in Wasser, sodass sich starke Tinkturen herstellen lassen.
Zur Gewinnung von Opium werden die schon dick angeschwollenen, aber noch grünen Mohnkapseln in den Abendstunden stellenweise angeritzt. In den folgenden Morgenstunden wird der getrocknete, braun verfärbte Milchsaft der gegliederten Milchröhren - das Rohopium - durch Abkratzen gewonnen. Dieser Vorgang wird mehrmals wiederholt, bis die Fruchtkapsel gleichmäßig vernarbt ist. Eine Kapsel liefert ca. 20 bis 50 mg Rohopium, das 3 bis 23% Morphin enthält.
Durch Fermentation, Lagern, Kochen und Rösten wird das charakteristisch süß riechende (Chandu), dessen Morphingehalt verringert ist, hergestellt. Eine andere Sorte Rauchopium wird durch Wasserlösung und filtrative Abscheidung des Latex' und Wachses hergestellt.
Durch chemische Derivatisierung (Acetylierung --> Säureesterbildung) des Morphins entsteht Heroin (Diamorphin, Diacetylmorphin), das die drei- bis sechsfache analgetische (schmerzstillende) Wirkung von Morphin besitzt.
Die illegalen Hauptanbaugebiete von Schlafmohn liegen in Afghanistan sowie in Südostasien (Goldenes Dreieck). Legaler Anbau zu medizinischen Zwecken wird hauptsächlich in Indien, Türkei und Ländern der ehemaligen Sowjetrepubliken betrieben.
Siehe auch Opiumkriege
Therapeutischer Einsatz
Morphin wird zur Schmerzbekämpfung bei starken Schmerzen, wie bei Tumoren, sowie bei chronischen Schmerzen verschiedenen Ursprungs eingesetzt, aber auch als Droge gebraucht. Morphin ist bei Gallen- und Nierenkoliken zur Schmerzstillung nicht geeignet. Morphin macht psychisch und physisch abhängig. Bei Überdosierung von Morphin setzt der Tod (Letale Dosis) durch Atemdepression ein. Codein besitzt nur 1/6 bis 1/12 der analgetischen Wirksamkeit von Morphin und wird als Antitussivum bei starkem Reizhusten verwendet. Noscapin und Narcein sind nicht schmerzstillend und besitzen wie Codein eine antitussive Wirkung, die aber schwächer ist. Weiter sind Noscapin und Narcein im Gegensatz zu Morphin schwach atemanregend und bronchodilatatorisch. Papaverin wird angewendet bei Krämpfen des Magens, der Gallenblase, des Darms und der Harnwege und auch bei Nierenkoliken. Opiumtinktur wurde früher oft sowohl bei Magen-Darm-Krämpfen, Durchfall als auch bei seelischen Leiden verschrieben, wegen der suchterzeugenden Wirkung heute jedoch kaum noch.
Rechtslage
Deutschland
Der Anbau von Schlafmohn war (und ist) in vielen Staaten verboten. Die Einbeziehung des Mohnanbaus in das Betäubungsmittelrecht bedeutete in Deutschland das jähe Ende des erwerbsmäßigen Mohnanbaus, der vor dem 2. Weltkrieg, in der DDR sogar bis zur Wiedervereinigung, weit verbreitet war. Der Anbau von Schlafmohn ist in Deutschland nicht erlaubt, auch nicht als Zierpflanze, und stellt einen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) dar. Dieser kann mit bis zu 5 Jahren Haft und/oder Geldstrafe geahndet werden. Die Zulassung für die morphinarme Sorte "Przemko", die seit 1996 erhältlich war, wurde inzwischen wieder zurückgezogen, wie die Bundesopiumstelle mitteilte. Neuerdings verfügt jedoch die ebenfalls morphinarme Sorte "Mieszko" über eine Zulassung für den deutschen Anbau. Eine weitere Sorte aus österreichischer Zucht befindet sich derzeit im Zulassungsverfahren.
Die Regelung, nach der Privatpersonen mit Sondergenehmigung 10 m² Mohn anbauen dürfen, findet keine Anwendung. Die Legende, daß 10 m² Schlafmohn anzubauen erlaubt sei, ist offensichtlich sehr verbreitet. Im Internethandelsportal Ebay ist es sogar möglich, große Mengen Schlafmohn mit dieser Begründung zu erwerben.
Österreich
Im Unterschied zu Deutschland ist der Anbau des Schlafmohnes in Österreich erlaubt und blickt auf eine lange Tradition zurück, die bis in die Hallstattzeit zurückreicht. Die österreichische Anbaufläche von Mohn betrug im Jahre 2004 rund 1.700 Hektar. Hauptanbaugebiete sind das nördliche Ober- und Niederösterreich (Waldviertel). Während in Oberösterreich hauptsächlich Blaumohnsorten angebaut werden, ist das Waldviertel berühmt für seinen großsamigen Graumohn.
Literatur
- Wilfried Ahrens und Jan Sneyd: Mohn. Sorten, Anbau, Rezepte., Ulmer Verlag 2000.
- Werner Drossendörfer: Blüten, Kräuter und Essenzen. Jan Thorbecke Verlag 2003, Ostfildern, ISBN: 3-7995-3509-8
Weblinks
- Zum Nährstoffgehalt
- Zum Mohnanbau in Österreich
- Zur Giftigkeit des Schlafmohns
- Schlafmohn. In: Erowid. (englisch)
- Geopium: Geopolitics of Illicit Drugs in Asia
- poppies.org - Größte Community zum Anbau und Gebrauch von Papaver somniferum
- Studie des BfR (PDF)
- CVUA Karlsruhe: Maßnahmen zur Beseitigung von Morphin im Haushalt - Verzehrsempfehlungen für Verbraucher
- CVUA Karlsruhe: Keine Suchtgefahr durch Mohnbrötchen
- Backmittelinstitut: Morphin in Backwaren? Fakten aus der Praxis contra Theorie der Risikobewertung