Benutzer:Frado/Baustelle 2
Die rumänische Revolution von 1989 war eine Kette von Demonstrationen, Unruhen und blutigen Kämpfen, die vom 16. bis zum 27. Dezember 1989 in Temeswar, Bukarest und anderen rumänischen Städten stattfand. Sie führte zum Sturz und zur Hinrichtung des rumänischen Diktators Nicolae Ceauşescu und seiner Frau Elena Ceauşescu und zum Ende des sozialistischen Systems in Rumänien.
Die Ceauşescu-Ära
Nach seinem Machtantritt im Jahr 1965 erfreute sich Nicolae Ceauşescu zunächst einer beträchtlichen Popularität in Rumänien. Er setzte die von seinem Vorgänger Gheorghiu-Dej begonnene Politik einer vorsichtigen Abgrenzung von der Sowjetunion fort, was in der Nichtteilnahme an der Invasion des Warschauer Paktes in der ČSSR 1968 gipfelte. Rumänien öffnete sich für westliche Touristen und Investoren, nahm diplomatische Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland auf und wurde als einziger Warschauer-Pakt-Staat Mitglied des IWF und der Weltbank. In den 70er Jahren nahm Ceauşescu ein ehrgeiziges, kreditfinanziertes Industrialisierungsprogramm in Angriff. Die rumänische Industrieprodukte fanden jedoch auf dem Weltmarkt kaum Abnehmer, und die notwendigen Energieimporte verschlechterten die rumänische Zahlungsbilanz, so daß Rumänien 1982 seine Zahlungsunfähigkeit erklären mußte.
Seiner innerparteilichen Konkurrenten entledigte sich Ceauşescu bereits in den 60er Jahren mit einer Entstalinisierungskampagne, in der er seine eigene Beteiligung am Stalinismus der 50er Jahre, in denen er im ZK der PCR für Organisation zuständig war, verschwieg. Seine scheinbar liberale Politik entzog einer möglichen Opposition die Themen. Das änderte sich schlagartig nach einem Besuch in der VR China und Nordkorea 1971. In seinen "Julithesen" proklamierte er eine Laienkunstbewegung ("Preis Dir, Rumänien!"), die zur Grundlage eines Personenkults wurde, der zunehmend auch seine Frau Elena umfaßte. Damit stellte er Künstler und Intellektuelle ruhig. Ein Jahr später wurde die "Kaderrotation" eingeführt, die verhinderte, daß andere KP-Funktionäre sich eine Hausmacht aufbauen konnte. Nur Mitglieder der Familie Ceauşescu waren ausgenommen. 1974 ließ er sich zum Staatspräsidenten ernennen, dessen Dekrete Gesetzeskraft hatten - einmalig in sozialistischen Ländern. Ferner war er Oberbefehlshaber der Armee. Die PCR, die 1989 3,8 Mio. Mitglieder hatte, wurde zum reinen Ausführungsorgan der Befehle Ceauşescus, Politik wurde in ihr nicht mehr betrieben. Rumänien wurde ein Polizeistaat.
Dissidenten wurden in Rumänien meist nicht wegen politischer Delikte angeklagt, sondern in psychiatrische Klinken eingewiesen, in denen ähnlich menschenunwürdige Zustände herrschten wie in den rumänischen Waisenhäusern. Dies machte es Menschenrechtsorganisationen sehr schwer, politische Verfolgung aufzudecken und anzuklagen. Wichtigste Stütze der Macht war die Geheimpolizei Securitate, in deren Führung auch ein Bruder Ceauşescus arbeitete. Er leitete die Spezialschule der Securitate in Băneasa bei Bukarest. Am Ende der Ceauşescu-Zeit beschäftigte sie 14.259 hauptamtliche Mitarbeiter und zwischen 400.000 und 700.000 Informanten. Ihre Abhörzentrale in Bukarest war eine der modernsten der Welt. An das internationale Selbstwählnetz war Rumänien nicht angeschlossen, das erschwerte die Kommunikation mit dem Ausland. Viele Securitate-Offiziere übten einen bürgerlichen Beruf aus. Dadurch war die Securitate in allen Bereichen der Gesellschaft präsent.
Intellektueller Opposition begegnete das Regime zunächst oft, indem es den Beteiligten die Ausreise anbot. So wurde eine Oppositionsbewegung, die sich 1977 um den Schriftsteller Paul Goma formierte, zerschlagen, auch der "Aktionsgruppe Banat" um die deutschsprachigen Schriftsteller Herta Müller und Richard Wagner wurde dieses Angebot gemacht. Gingen sie darauf nicht ein, wurden sie unter Hausarrest gestellt, von der Securitate verhört und mißhandelt. Mit härteren Mitteln bekämpfte das Regime Opposition in der Arbeiterschaft. Einem Streik von etwa 10.000 Bergarbeitern im Jiu-Tal 1977 begegnete Ceauşescu, der persönlich zu den Arbeitern sprach, zunächst mit ökonomischen Zugeständnissen, die 20 Anführer wurden jedoch kurz danach verhaftet und verschwanden spurlos, viele beteiligte Bergarbeiterfamilien wurden in andere Landesteile deportiert und durch Securitate-Offiziere ersetzt. Mehrere spätere Versuche, freie Gewerkschaften zu gründen, wurden schon im Ansatz zerschlagen.
Die letzten Jahre der Ceauşescu-Herrschaft
Verelendung
1982 beschloß Ceauşescu, der sich inzwischen nach dem Vorbild des rumänischen Kriegsdiktators Antonescu "Conducător" (Führer) nennen ließ, keine neuen Kredite mehr aufzunehmen und Rumäniens Auslandsschulden zurückzuzahlen. Dies sollte hauptsächlich durch den Export landwirtschaftlicher Produkte erreicht werden. In der Folge sank der Lebensstandard in Rumänien auf ein in Europa einmalig niedriges Niveau. 1982 wurden Lebensmittel rationiert. Ceauşescu ließ ein "Programm zur rationalen Ernährung" entwickeln, dessen Verfasser, sein Leibarzt Dr. Iulian Mincu, von 1992-1996 im nachrevolutionären Rumänien als Gesundheitsminister amtierte. Die Rationen pro Monat und Person betrugen: 1 kg Zucker, 0,5-1 Liter Soja- oder Rapsöl, 1 1/2 kg Mehl, 1 kg Maismehl, 100 g Butter, 10 Eier, 5,5 kg Gemüse, 2,3 kg Obst, 3,5 kg Kartoffeln. Fleisch war so selten zu erhalten, daß es nicht rationiert wurde, und wenn es Fleisch gab, dann meist Schweinefüße, die im Volksmund "Adidas" genannt wurden. Die Temperatur in den fernbeheizten Wohnungen wurde im Winter auf 12°C gedrosselt, manchmal wurde tagelang gar nicht geheizt. Auch Stromausfälle gehörten zum Alltag. Ein Auto besaßen nur 5 % der rumänischen Bevölkerung, 7,6 % einen Staubsauger, 14,7 % eine Waschmaschine und 19,6 % einen Kühlschrank. Das Fernsehprogramm wurde auf zwei Stunden (außer sonnabends und sonntags) verkürzt, ein typischer Programmablauf sah so aus: 20 Uhr: Nachrichten; 20.20 Uhr: "Wir rühmen den Führer des Landes" (Gedichte, in Farbe); 20.40: "Der strahlende Theoretiker und Stifter des Kommunismus" (Ceauşescu gewidmeter Dokumentarfilm, in Farbe); 21.00: "Ehre dem Oberkommandierenden" (realisiert mit Hilfe des künstlerischen Ensembles der Armee); 21.30: Nachrichten, dann Sendeschluß.
Trotz der verzweifelten Lage der Bevölkerung nahm Ceauşescu neue Großprojekte in Angriff, die die Wirtschaftskraft des Landes völlig überforderten. 1984 wurde der Donau-Schwarzmeer-Kanal eingeweiht. Das wichtigste Bauprojekt war der heutige Parlaments-Palast, das größte zusammenhängende Gebäude Europas. Das Baumaterial sollte ausschließlich aus Rumänien stammen. Auf den Palast führte eine dreieinhalb Kilometer lange, von Wohnbauten für die Funktionärsoligarchie gesäumte Straße zu, vor dem Palast war Platz für eine Versammlung von 1 Million Menschen, zu denen Ceauşescu vom Balkon aus sprechen wollte. Für das Ensemble wurden die Bukarester Stadtviertel Uranus, Antim und Rahova abgerissen, das aus dem 18. Jahrhundert stammende kunsthistorisch wertvolle Văcăreşti-Kloster und andere Kirchen wurden dem Erdboden gleichgemacht. Durchgeführt wurden die Bauarbeiten meist von der Armee.
Trotz der innenpolitischen Zustände in Rumänien wurde Ceauşescu aufgrund seines scheinbar UdSSR-kritischen außenpolitischen Kurses noch bis Mitte der 80er Jahre von westlichen Politikern unterstützt. 1983 besuchte ihn der damalige US-Vizepräsident George Bush, 1985 reiste das spanische Königspaar nach Rumänien. Von 1980 bis 1982 erhielt er Einladungen zu Staatsbesuchen in Frankreich, Schweden, Dänemark, Norwegen und Österreich, das letzte westliche Land, das er besuchte, war 1984 die Bundesrepublik Deutschland. Lediglich die grüne Politikerin Petra Kelly sorgte hierbei für Verstimmung, indem sie Ceauşescu bei einem Bankett in Schloß Brühl eine Broschüre von amnesty international zur Menschenrechtslage in Rumänien überreichte. Zu internationalen Protesten führte erst das Dorfsystematisierungsprogramm, das Ceauşescu nach längeren Planungen 1988 in Angriff nahm. Es sah vor, von etwa 13.000 rumänischen Dörfern 6.500 zu schleifen und die Bewohner in "agro-industrielle Zentren" umzusiedeln. In der Nähe Bukarests wurden die ersten dieser Zentren noch 1989 fertiggestellt. Die Wohnungen bestanden aus zwei Zimmern und einer 4 qm großen Küche ohne Wasserleitung, die sich mindestens sechs Personen teilen mußten, weil jede Familie mindestens vier Kinder haben sollte. Ein Badezimmer gab es nicht, im Hof befand sich das einzige WC des Wohnblocks. Im Erdgeschoß wohnte der für den Block zuständige Beamte der Miliz. Er weckte die Bewohner am Morgen auf, verteilte Spaten, Sensen und Heugabeln, begleitete sie zur Feldarbeit und schloß abends die Haustür ab. Zur Mittagszeit wurde aus Kanistern das gemeinsame LPG-Essen verteilt, die Miliz hatte eine gesonderte Kantine.
Fehlende Opposition
Die innenpolitische Repression wurde im Rumänien der 80er Jahre weiter verschärft. Seit März 1984 mußte jede Schreibmaschine bei der Polizei registriert und jedes Jahr eine neue Schriftprobe hinterlegt werden. Mit dem "Dekret Nr. 408" vom Dezember 1985 wurden die rumänischen Staatsbürger verpflichtet, jedes Gespräch mit einem Ausländer innerhalb von 24 Stunden bei den Sicherheitsbehörden zu melden. Das private Beherbergen ausländischer Gäste war schon früher verboten worden, was besonders die Minderheiten traf. Auch die Durchsetzung des seit 1966 bestehenden Verbots der Abtreibung wurde durch gynäkologische Zwangsuntersuchungen in den Betrieben rigoros überwacht. Die Betriebsärzte erhielten ihr Gehalt nur zu 100 % ausgezahlt, wenn eine bestimmte "Schwangerschaftsquote" erfüllt war. Bei illegalen Abtreibungsversuchen verloren zwischen 1966 und 1989 11.000 Frauen ihr Leben.
Trotzdem formierte sich kein organisierter Widerstand gegen das kommunistische Regime. Alle Ansätze hierzu wurden von der Securitate zerschlagen, die Beteiligten verhaftet, unter Hausarrest gestellt, gefoltert und zur Auswanderung gedrängt. 1982 gaben einige Angehörige der ungarischen Minderheit in Oradea die Untergrundzeitschrift "Ellenpontok" (ungarisch: Kontrapunkt) heraus: Geza Szöcs, Attila Ara-Kovacs, Karoly und Ilona Toth. Nach einigen Ausgaben wurde die Gruppe aufgespürt und zerschlagen. Länger halten konnte sich die in Bukarest erscheinende Zeitschrift "Luneta"(rumänisch: Fernrohr). Sie erschien nur unregelmäßig und wurde von Bukarester Buchdruckern hergestellt, die die benötigten Lettern einzeln aus Druckereien herausschmuggelten. Der Bukarester Ingenieur Radu Filipescu fuhr 1983 nachts mit einem Motorrad durch die Straßen der Hauptstadt und warf Flugblätter in die Briefkästen, in denen er zum Sturz Ceauşescus aufforderte. Sein Protest blieb jedoch folgenlos, genauso wie die kritischen Äußerungen von Hochschullehrern und Schriftstellern wie Doina Cornea, die die "Dorfsystematisierung" kritisierte, Dan Deşliu, der aus Protest gegen den Personenkult auf Veröffentlichungen verzichtete, Mircea Dinescu oder Dorin Tudoran, der einen "Hofdichter" Ceauşescus des Plagiats überführte und anderer im Ausland bekannter Intellektueller. Sie erhielten Veröffentlichungsverbot, wurden unter Hausarrest gestellt und häufig verhaftet und verhört. Weniger prominente Menschen, die der Securitate auffällig wurden, verschwanden einfach spurlos oder wurden wegen krimineller Delikte verurteilt. Das im Land herrschende Elend, verbunden mit allumfassender Korruption (bestochen werden mußten Ärzte, Lehrer, Miliz, Securitate, Verkäufer, Parteifunktionäre und Pfarrer) und dem unüberschaubaren Gestrüpp von Dekreten und Gesetzen zwang fast jeden aus physischer Überlebensnotwendigkeit in die Illegalität. Dadurch wurden die Menschen erpreßbar. Solidarität gegen die kommunistische Diktatur konnte so nicht entstehen. Hinzu kam die Kontrolle der Medien und die Schwierigkeit der Kontaktaufnahme mit dem Ausland. 1987 wurden Demonstrationen von Arbeitern in Braşov blutig niedergeschlagen, als der in Rumänien meistgehörte Rundfunksender, Radio Free Europe, davon erfuhr, war es für ein Überspringen der Unruhen auf andere Städte bereits zu spät. Die Intellektuellen, die gegen das Ceauşescu-Regime protestierten, blieben isoliert. Die Mehrzahl der Schriftsteller, aber auch die Führungen der orthodoxen Kirche und der bei den Minderheiten stark vertretenen protestantischen Kirchen kollaborierten mit dem Regime. Angehörige der deutschen Minderheit konnten, wenn sie Glück hatten, gegen Bestechungsgelder von bis zu 15.000 DM das Land als Aussiedler legal verlassen. Allen anderen blieb nur die Flucht. Häufig wurde versucht, über die Donau nach Jugoslawien zu schwimmen, das als einziges Nachbarland kein Auslieferungsabkommen mit Rumänien hatte. Auch die Flucht nach Ungarn nahm zu, obwohl die rumänischen Grenztruppen ständigen Schießbefehl hatten. Im Jahr 1986 wurden an der rumänischen Westgrenze 2800 Fluchtversuche registriert, von denen 1800 erfolgreich waren. Einige Monate vor der Revolution wurden die Grenztruppen wie die Securitate dem Innenministerium unterstellt. Dessen bewaffnete Einheiten (Miliz, Securitate, "Anti-Terror-Einheiten" (USLA) unterstanden Ceauşescu direkt und hatten dieselbe Anzahl wie die reguläre Mannschaftsstärke der Armee, der Ceauşescu mißtraute. In Temeswar gab es 3000 Mitglieder einer Spezialeinheit, die mit Maschinenpistolen mit 30 Schuß pro Magazin, Panzerwagen, Granatwerfern (AG-7), Tränengasgranaten, Pistolen, Schilden, Schutzhelmen, elektrisch geladenen Gummiknüppeln und dressierten Schäferhunden ausgerüstet waren.
Die Revolution
Die Umwälzungen des Jahres 1989 hatten auch auf Rumänien ihre Auswirkungen. Kritische Intellektuelle wandten sich verstärkt mit Interviews und Offenen Briefen an die westliche Öffentlichkeit. Großes Aufsehen erregte ein Offener Brief von sechs Altkommunisten an Ceauşescu, darunter der frühere Präsident der UNO-Vollversammlung, Corneliu Mănescu, der am 10.3.1989 von der "New York Times" veröffentlicht wurde. Autor des Briefes war der spätere "Chefideologe" der "Front zur Nationalen Rettung", Silviu Brucan. Er erhebt schwere Vorwürfe gegen Ceauşescus Politik. Die Unterzeichner, mit denen sich Brucan nur mündlich abgestimmt hatte, erhielten Hausarrest. Ein anderer Altkommunist, dem auch Zusammenarbeit mit der Securitate vorgeworfen wurde, Dumitru Mazilu, schmuggelte im August 1989 einen Bericht über die Lage der rumänischen Jugend aus dem Land, der als UNO-Dokument veröffentlicht wurde. Er und seine Familie wurden daraufhin mit dem Tod bedroht. Im Vorfeld des 14. Parteitags der PCR, der Ende November in Bukarest stattfand, tauchte ein mit "Front zur Nationalen Rettung" unterschriebenes Dokument auf, das die Parteitagsdelegierten zur Abwahl Ceauşescus und zur Rekonstruktion der PCR aufforderte. Die "Rettungsfront", die nach dem Umsturz die Regierung übernahm, distanzierte sich von diesem Dokument. Das Ausland ging zum Ceauşescu-Regime auf Distanz, Dänemark, Norwegen und Portugal beriefen ihre Botschafter aus Rumänien ab. Noch sprang jedoch kein revolutionärer Funke auf Rumänien über. Das änderte sich erst am 15.12.1989.
Temeswar
In Temeswar, der größten Stadt des Banats, kam es schon im November 1989 zweimal zu Unruhen, die jedoch sofort niedergeschlagen werden konnten. Die Fernsehprogramme Ungarns und Jugoslawiens konnten in Temeswar empfangen werden und wurden von der ungarischen und serbischen Bevölkerung auch verstanden. Die Banatdeutschen waren durch verwandtschaftliche Beziehungen über die Umwälzungen in Osteuropa informiert. Das Zusammenleben der Ethnien war im Banat, anders als in Siebenbürgen, weitgehend spannungsfrei. 1986 wurde hier der Geistliche Laszlo Tökes Pfarrer der ungarischen reformierten Gemeinde. In seinen Predigten übte er kaum verhohlene Kritik an den Zuständen in Rumänien. Deshalb wurden sie zunehmend auch von Angehörigen anderer Konfessionen und Ethnien besucht, durchschnittlich nahmen im Jahr 1989 600 Menschen an jeder seiner Andachten teil. Sein vorgesetzter Bischof Laszlo Papp wollte ihn deshalb am 1.5.1989 in das Dorf Mineu in Nordsiebenbürgen versetzen. Dies stand im Widerspruch zum reformierten Kirchenrecht, wonach das Presbyterium einer Gemeinde den Pfarrer selbst wählen darf. Das Temeswarer Presbyterium wollte Tökes behalten und dieser weigerte sich, der Anordnung Folge zu leisten. Die Mitglieder des Presbyteriums wurden von der Securitate unter Druck gesetzt und Bischof Papp enthob Tökes am 31.8. wegen "Predigten gegen die Staatsinteressen" seines Amtes. Tökes übte sein Amt aber weiter aus. Am 20. Oktober erging auf Antrag der reformierten Kirche ein Gerichtsurteil, wonach Tökes seine Pfarrwohnung verlassen sollte. Am 2. November wurde Tökes von maskierten Securisten in seiner Wohnung überfallen und verletzt, anwesenden Freunden gelang es jedoch, die Angreifer in die Flucht zu schlagen. Am 28. November ergeht der Beschluß, ihn am 15. Dezember zu deportieren. Am 13. Dezember wird der Wachtposten der Miliz vor Tökes' Haus abgezogen. Tökes macht in der Kirche bekannt, welche Maßnahme ihm droht, und ruft die Besucher der Kirche auf, Zeugen seiner Zwangsräumung zu werden. Am Abend des 15.12. haben sich etwa 200 Menschen, darunter viele Rumänen, vor dem Haus versammelt. Außerdem traf der Konsul Großbritanniens aus Bukarest ein. Das Kreisparteikomitee schickte daraufhin den Temeswarer Bürgermeister Petru Moţ zum Pfarrhaus, um mit Tökes zu verhandeln. Zwei Abgeordnete der Demonstranten, ein Ungar und ein Rumäne, nahmen ihm das Versprechen ab, den Evakuierungsbefehl rückgängig zu machen und den Zugang zum Haus freizugeben. Anschließend riefen sie die Menge auf, nach Hause zu gehen, aber am nächsten Tag wiederzukommen, um die Einhaltung der Versprechen zu kontrollieren.
16.12.
Am Morgen des 16.12. begannen sich erneut Menschen vor dem Haus des Pfarrers Tökes zu sammeln. Dieses steht in der Nähe der "Maria", einem von Temeswars wichtigsten Verkehrsknotenpunkten. Dadurch wurden viele Menschen auf die Ansammlung aufmerksam und kamen hinzu. Am Nachmittag waren bereits über 1000 Menschen versammelt. Im Lauf des Tages erhielten Miliz und Securitate auf Anweisung aus Bukarest den Befehl, die Protestierenden auseinanderzutreiben, notfalls auch mit dem Einsatz scharfer Waffen.