Moll
Moll (v. lat. mollis „weich“) bezeichnet in der Musik das Tongeschlecht aller Tonarten und Akkorde im Dur-Moll-System, die im Verhältnis zum Grundton eine kleine Terz (auch Mollterz genannt) enthalten. Der Gegenbegriff zu Moll ist Dur, dessen Grundeigenschaft die große Terz ist.
Es ist in der abendländischen Musik verbreitet, Durtonarten vorwiegend als „fröhlich“ und Molltonarten eher als „traurig“ zu charakterisieren, wenngleich die Wahl des Tongeschlechts nicht ausschlaggebend für den Charakter eines Musikstückes sein muss. Besonders in der Kunstmusik finden sich viele Beispiele, in denen die Charaktere der Tonarten mehrdeutig oder sogar genau entgegengesetzt wirken.
Etymologie
Die Ausdrücke Dur und Moll entstammen dem Erscheinungsbild der verschiedenen Notenköpfe, die einst zur Unterscheidung der benachbarten Töne B und H verwendet wurden. In den früheren Tonleitern (siehe Hexachorde) benötigte man vom Ton G ausgehend das H als dritte Stufe, während man vom Ton F ausgehend das H als vierte Stufe vermeiden musste (siehe Tritonus) und stattdessen das B einsetzte. Zu diesem Zwecke notierte man ein H mit eckigem Notenkopf (b durum), ein B aber mit rundem Notenkopf (b molle). Die heutige Form der Vorzeichen (ein b für den tieferen Ton, ein # für den höheren) geht ebenfalls darauf zurück. Dem entsprechen auch die italienischen Bezeichnungen „bemolle“ für das b-Vorzeichen und „bequadro“ für das Auflösungszeichen.
Die Assoziation der Tongeschlechter mit Charakteristika wie „hart“ (= Dur) und „weich“ (= Moll) kam erst sehr viel später mit dem Verschwinden der Kirchentonarten und der Manifestation des Dur-Moll-Systems auf, hat sich aber in der Musiklehre verfestigt und wird selbst in etymologischen Wörterbüchern immer noch vertreten.
Molltonleiter
Die Modi |
---|
Dorisch Hypodorisch Phrygisch Hypophrygisch Lydisch Hypolydisch Mixolydisch Hypomixolydisch Äolisch Hypoäolisch Ionisch Hypoionisch Lokrisch |
Siehe auch |
Kirchentonart Modale Tonleitern |

Die (reine) Molltonleiter hat die Stufenfolge 1-½-1-1-½-1-1 und entspricht in ihrer Intervallfolge dem äolischen Modus. Seit dem 16. Jahrhundert ist die Mollskala – nach der Durskala – die am zweithäufigsten verwendete Tonleiter der abendländischen Musik. Die zwölf Molltonleitern werden jeweils nach ihrem Anfangston benannt. So ergeben z. B. die Stammtöne A, H, C, D, E, F, G, A die a-Moll-Tonleiter.
Die Grundform der Molltonleiter (auch reines Moll oder Naturmoll genannt) besteht aus sieben Tönen, deren Charakteristik die Halbtonschritte zwischen der zweiten und dritten sowie der fünften und sechsten Stufe sind. Die übrigen Intervalle sind Ganztonschritte. Neben dieser Grundform gibt es mehrere Untervarianten der Molltonleiter.

Hörbeispiel:

Harmonisches Moll

Diese Tonleiter ist eine Variation des reinen Molls, bei der die siebente Stufe der Tonleiter um einen Halbton erhöht ist, um diese als Leitton verwenden zu können. Dies geschieht aus harmonischen Überlegungen heraus (daher auch der Name dieser Variante). Die Erhöhung des siebten Tones ist dann notwendig, wenn in einer Molltonart die Dominante anklingen soll. Da die Dominante einen Leitton benötigt, der in den Tonika-Grundton führt (z. B. cis in d-Moll), dieser aber im natürlichen Moll nicht enthalten ist, wird die siebte Stufe um einen Halbton angehoben (c wird cis).
Dadurch entsteht ein so genannter Hiatus-Schritt (drei Halbtöne) von der sechsten zur siebenten Stufe und ein dritter Halbtonschritt zwischen der siebten und achten Stufe. Der Hiatus, welcher der Skala einen orientalischen Anklang verleiht, wird jedoch aufgrund seiner Unsanglichkeit weitgehend vermieden und findet sich allenfalls in der Instrumentalmusik.

Hörbeispiel:

Melodisches Moll

Diese Moll-Variante verwendet unterschiedliche Töne, je nachdem, ob der Melodieverlauf steigend oder fallend ist. Das melodische Moll ist damit leichter zu singen als das harmonische Moll, weil es keinen Hiatus-Schritt enthält, besitzt aber trotzdem den Leitton, der im natürlichen Moll fehlt. Eine bekannte Melodie im melodischen Moll ist z. B. „Yesterday“ von den Beatles.
Bei steigendem Melodieverlauf entspricht das melodische Moll im oberen Bereich der Durtonleiter. Bei fallendem Melodieverlauf hingegen fällt sie zurück ins reine Moll.

Hörbeispiel:

Für die Einbeziehung der Leiter in die Akkord-Skalen-Theorie ist jedoch die unterschiedliche Form je nach Aufwärts- oder Abwärtsbewegung der Leiter unbrauchbar. Man verwendet daher hier nur die Aufwärts-Form und bezeichnet das Ganze als "Melodisch Moll aufwärts" (abgekürzt "MMA"). Die MMA-Leiter ist Grundlage für viele im Jazz oft verwendeten Tonleitern.
Durparallele und Durvariante
Zu jeder Molltonart gibt es eine Paralleltonart in Dur, auch Durparallele genannt, die die gleichen Töne enthält (und damit auch mit den gleichen Vorzeichen notiert wird), jedoch eine kleine Terz höher beginnt (z. B. a-Moll - C-Dur) und damit die für Dur typische Stufenfolge erhält.
Die Varianttonart einer Molltonart beginnt hingegen auf dem gleichen Grundton (z. B. a-Moll - A-Dur), besitzt jedoch aufgrund der im Dur unterschiedlichen Stufenfolge andere Vorzeichen. Die Durvariante liegt daher stets drei Schritte höher als die zugrundeliegende Molltonart: So wird z. B. e-Moll mit einem Kreuz, E-Dur aber mit vier Kreuzen vorgezeichnet.
siehe auch: Quintenzirkel
Weitere Molltonleitern
Zu den Molltonleitern im weiteren Sinne (da sie ebenfalls eine kleine Terz zum Grundton enthalten) können auch die Kirchentonarten Dorisch, Phrygisch und Lokrisch, sowie die Tonleiter Mi Sheberach gezählt werden.
Molldreiklang
Die Töne des Molldreiklanges (siehe auch Akkord) sind der Grundton, die dritte und die fünfte Stufe der Molltonleiter (also Prime, kleine Terz und Quinte). Im Gegensatz zum Dur hat das Moll keine Entsprechung in der Obertonreihe (die Ansätze, diese in einer konstruierten Untertonreihe zu finden, sind akustisch nicht begründbar).