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Kritik an der Relativitätstheorie

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Allgemeines

Als Antirelativisten werden Gegner der Relativitätstheorie von Albert Einstein bezeichnet. Teilweise wird der Begriff auch auf staatstheoretische Erörterungen ausgedehnt. Polemische Dispute besonders im Jahre 1920 schoben den Begriff in das Blickfeld der Öffentlichkeit. Besonders im Briefwechsel zwischen Max von Laue und Arnold Sommerfeld beschwerte sich Laue über die Diffamierung Einsteins als Plagiator und Begründer einer dadaistischen Theorie durch Paul Weyland (1888 – 1972) . Vorausgegangen war ein Siegeszug der Relativitätstheorie Einsteins im Jahre 1919, der besonders durch Anerkennung von den führenden Astronomen Englands, Eddington und Dyson, eingeleitet worden war. Einstein wurde nun als neuer Kopernikus und Revolutionär der Physik gefeiert und in den Tageszeitungen besprochen. Dieser Ruhm löste in der kulturpessimistischen Stimmung der damaligen Nachkriegszeit eine stürmische Gegenreaktion aus, die besonders im September 1920 in der Bad Nauheimer Debatte zwischen Einstein und Philipp Lenard zum Ausdruck kam. Die Relativitätstheorie war dann bei völkisch orientierten Physikern verpönt. Als Anti-Relativisten wurden besonders der Physiker Ernst Gehrke, der Chemiker Paul Weyland, der Physiker Philipp Lenard (Heidelberg), der Astronom Max Wolf (Heidelberg),Paul Volkmann, der Philosoph Oskar Kraus (Prag), der Physiker Johannes Stark, und in einem mehr staatstheoretischen Sinne auch der Philosoph und kritische Rationalist Karl Popper (1902 - 1994) bezeichnet.

Kritik an starker Mathematisierung

Viele Experimentalphysiker kritisierten, teilweise bereits in der Vorkriegszeit, die starke Mathematisierung der Relativitätstheorie mit einer Tendenz zu abstrakter Theoriebildung ohne Konsequenzen für die Physik. Hier wähnten antirelativistische Experimentalphysiker ihre Disziplin in Gefahr. Besonders Minkowskis Mathematisierung der Speziellen Relativitätstheorie wurde heftig widersprochen.

Karl Popper

Popper bekennt sich als Anti-Relativist, da er auch demokratische Mehrheitsentscheidungen immer an von diesen unabhängigen „richtigen, gültigen oder auch wahren moralischen Maßstäben beurteilt wissen will.

Paul Weyland

Dieser Anti-Relativist wird in der Abendausgabe des Berliner Tageblattes vom 24. September 1929 als „Berliner Einstein-Töter“ sehr reißerisch beschrieben. Wer war Paul Weyland? Paul Wilhelm Gustav Weyland wurde am 20. Januar 1888 in Berlin geboren. Es wird vermutet, daß er eine Höhere Schule besucht hat; vermutlich war er Schüler des humanistischen Leibniz-Gymnasiums in Berlin gewesen. Anschließend hat er sich offenbar naturwissenschaftliche und technische Kenntnisse angeeignet. Er selbst behauptete, er habe Chemie studiert und in Deutschland als Biochemiker gearbeitet. Nach dem Ersten Weltkrieg sei er arbeitslos geworden. Bis 1929 soll er von Gelegenheitsarbeiten gelebt haben. Im Namen einer „Arbeitsgemeinschaft deutscher Naturforscher zur Erhaltung reiner Wissenschaft e. V.“ kündigte er 20 Vorträge gegen die Relativitätstheorie an. Er setzte die Namen mehrerer bekannter Professoren auf sein Programm, von denen er wußte oder vermutete, daß sie zu den Kritikern der Relativitätstheorie gehörten.Nur zwei von Weyland inszenierte Veranstaltungen gegen die Relativitätstheorie haben tatsächlich stattgefunden: In Anwesenheit Einsteins sprachen Weyland und der Physiker Ernst Gehrcke am 24. August 1920 in der Berliner Philharmonie. Themen waren: „Betrachtungen über Einsteins Relativitätstheorie und die Art ihrer Einführung“. Gehrcke sprach über „Die Relativitätstheorie, eine wissenschaftliche Massensuggestion“. Auf der zweiten Veranstaltung am 2. September 1920 sprach der Berliner Ingenieur Ludwig Glaser über „Versuche zum Beweise der Relativitätstheorie“. Einen Monat später besuchte Weyland die Naturforscherversammlung in Bad Nauheim, wo am 23. September 1920 das bekannte Streitgespräch zwischen Lenard und Einstein stattfand. Er berichtete darüber in einem Artikel der Deutschen Zeitung, der dann auch in der rechtskonservativen Politisch-anthropologischen Monatsschrift für praktische Politik nachgedruckt wurde. „Der einzige positive Sinn dieser Naturforschertagung“ war für ihn, „daß die Scheidung der Geister sich vollzogen hat und unter der Leitung Lenards die ... der Physik durch mathematische Dogmen abgelehnt wird“. Paul Weyland verstarb 1972.

Heutiger Diskussionsstand

Wenn alles relativ ist, dann kann es auch kein alles bestimmendes Medium geben. Diese Position der Relativisten wird kritisiert. Die Ablehnung einer weltraumfüllenden Feinstmaterie, dem Äther, durch Anhänger der Relativitätstheorie wird nicht akzeptiert. Experimente von Michelson und Morley, die eine Existenz des „Äthers“ widerlegen sollten, fanden in der Lufthülle statt, wurden dann aber zu Aussagen über Verhältnisse im Weltraum benutzt, was einem Tiefseeexperiment entspräche, das Aussagen über die Lufthülle machte. Der Wellencharakter von Licht fordert ein Vorhandensein von auslenkbaren Teilchen. Insgesamt ist in der Natur- und Menschheitsgeschichte, ein Trend zur Ausbreitung von Populationen zu beobachten: Überquerung der Ozeane, Ausdehnung von Siedlungsgebieten, Mischung von Völkern, Eroberung des nahen Weltraumes. Die Blockierung dieses Trends durch Verneinung der Möglichkeit, die Lichtgeschwindigkeit zu überschreiten, und somit auch die Reise zu Himmelskörpern außerhalb des Sonnensystems zu ermöglichen, erscheint zu flink und leichtfertig. Die Auseinandersetzung zwischen der übermächtigen Relativitätstheorie und ihren Vertretern und den Anti-Relativisten wirkt zu polarisiert und sollte gemäß Popper wieder am Verfassungsgrundsatz „Freiheit der Wissenschaft“ orientiert werden.

http://www.dipmat.unipg.it/~bartocci/fis/kap3.pdf

http://www.dipmat.unipg.it/~bartocci/fis/kap6.pdf