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Marie-Madeleine de La Fayette

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Marie-Madeleine Pioche de la Vergne, comtesse de La Fayette (* 18. Januar 1634 in Paris; † 26. Juni 1693 ebd.) war eine französische Schriftstellerin.

Madame de Lafayette, wie sie in den Literaturgeschichten schlicht heißt, ist vor allem bekannt als Autorin des wohl besten französischen Romans des 17. Jahrhunderts.

Leben

Jugend

Sie wurde geboren als M.-M. Pioche de La Vergne, Tochter eines hochgebildeten kleinadeligen Vaters, der als technischer Offizier (Festungsbau) und dann als Erzieher eines Neffen des Père Joseph, der rechten Hand von Kardinal Richelieu, Karriere gemacht hatte. Früh lernte sie als Gäste ihres Vaters Pariser Intellektuelle kennen und dank ihm auch gelangte sie schon als junges Mädchen in schöngeistige Salons, z.B. Mlle de Scudérys, wo ihr wacher Intellekt nicht unbemerkt blieb und sie u.a. den älteren Abbé Ménage kennenlernte, der sie verehrte und ihre Latein-, Italienisch- und Literaturkenntnisse erweiterte.

1649 verlor sie ihren Vater. Ihre noch junge Mutter heiratete rasch wieder, und zwar einen Chevalier (=Ritter) de Sévigné, den Marie-Madeleine zunächst für ihren eigenen Zukünftigen gehalten hatte und der ihr immerhin eine lebenslange Freundin bescherte: seine angeheiratete Nichte, die junge Marquise de Sévigné.

Während sie selber durch Empfehlung einer hochadeligen Patentante zur Ehrenjungfer der Königin avancierte und Zutritt zum Hof erhielt, machte ihr Stiefvater das Haus ihrer Mutter zu einem Treffpunkt der oppositionellen „Frondeure“, die seit 1648 einen z. T. bewaffneten Widerstand betrieben gegen den Kardinal-Minister Mazarin.

1652, nach der ersten Niederlage der Fronde, wurde Sévigné aus Paris ins Anjou verbannt, wohin ihm seine Frau und Marie-Madeleine folgten – ein Schicksalsschlag für die 18-Jährige, für die als Stieftochter eines Verbannten nun kaum eine gute Partie zu finden war.

1655 ließ sie sich deshalb von einer hochadeligen Pariser Äbtissin, die sie schätzte, an deren Bruder vermitteln, den 18 Jahre älteren verwitweten Comte (Graf) de La Fayette, mit dem sie in seiner heimatlichen Auvergne rasch zwei Söhne hatte. 1660 kam sie zurück nach Paris, um hier ihren hochverschuldeten Mann, der weiter seine Güter in der Provinz bewirtschaftete, im juristischen Kampf gegen seine Gläubiger zu unterstützen. Zu diesem Zweck benutzte sie geschickt als Unterhändler ihren alten Verehrer Ménage, reaktivierte die ihr vom Vater verbliebenen Beziehungen, knüpfte neue und intensivierte ihre Bekanntschaft mit Henriette d'Angleterre, der weitgehend im Kloster ihrer Schwägerin aufgewachsenen Tochter des 1649 geköpften englischen Königs Charles II., die seit kurzem mit dem Bruder von Ludwig XIV. verheiratet war.

Erwachsenenjahre und Werke

Titelblatt der Zayde Marie de LaFayettes, Erstausgabe 1670
Titelblatt der Princesse de Cleves Marie de LaFayettes, Erstausgabe 1678

Mehr nebenbei und wohl in Zusammenarbeit mit zwei älteren bekannten Literaten, Pierre-Daniel Huet und Jean Regnault de Segrais, schrieb Mme de Lafayette 1661 eine historische Novelle, La Princesse de Montpensier, die sie 1662 anonym erscheinen ließ, weil sie schriftstellerische Tätigkeit für eigentlich unter der Würde einer Gräfin erachtete. Aus derselben Zeit stammt wohl eine zweite historische Novelle, La Comtesse de Tende, die erst postum 1724 gedruckt wurde.

Danach ließ sie die Feder ruhen und genoss das prickelnde geistige Leben, das Paris in den 1660er Jahren bot, einer Zeit der Aufbruchstimmung unter dem jungen Ludwig XIV. und seinem neuen Minister Colbert, aber auch heftiger politisch-theologischer Querelen zwischen „Molinisten“ (Parteigängern der Jesuiten) und Jansenisten, wobei sie selbst mit den fundamental-oppositionellen, streng-religiösen Jansenisten sympathisierte.

In deren Kreisen lernte sie 1662 den 21 Jahre älteren Herzog und Literaten La Rochefoucauld kennen, dem sie bald sehr nahe stand. Als Ehrendame Henriettes und wohlgelitten beim König selbst verkehrte sie aber auch ständig am Hof.

1668 griff sie wieder zur Feder und schrieb, vielleicht erneut zusammen mit Segrais, einen historischen Roman, Zayde, der im Spanien des 9. Jahrhunderts spielt und unter dem Namen von Segrais erschien (2 Bde 1670/71). Literarhistorisch bedeutsam wurde Zayde nicht zuletzt dank eines "Traktats über den Ursprung der Romane" (Traitté de l'origine des romans), den Pierre Daniel Huet als Vorwort beisteuerte und der als eine der ersten Theorien des Romans gilt.

1669 begann Madame de Lafayette im Auftrag Henriettes d'Angleterre eine Histoire de Madame, die allerdings, da Henriette 1670 mit 26 starb, unvollendet blieb und erst postum 1720 gedruckt wurde.

1678 erschien, einmal mehr unter dem Namen Segrais', Madame de Lafayettes wichtigstes, schon 1772 begonnenes Werk: der eher kurze historische Roman La Princesse de Clèves (=die Fürstin von Kleve). Die Handlung spielt gegen 1560, zur Zeit von Heinrich II., am französischen Hof und schildert die Geschichte der großen Liebe der in einer Konventionalehe verheirateten Princesse zu einem anderen Mann, der sie ebenfalls liebt, den sie aber aus Sittenstrenge und aus Treue zu ihrem Gatten nicht erhört und den sie auch dann nicht heiratet, als sie dies nach ihrer frühen Verwitwung eigentlich könnte, wobei sie ihm als Grund nennt, dass sie ihn liebe und nicht durch seine mutmaßliche spätere Untreue enttäuscht werden möchte, dass sie vor allem aber ihren inzwischen gefundenen Seelenfrieden nicht aufgeben wolle.

Das psychologisch einfühlsame und sehr spannende Werk war sofort ein großer Erfolg und gilt heute als einer der besten französischen Romane überhaupt, auch wenn der jansenistisch kompromisslose Schluss, gemäß dem der Mensch besser sein Seelenheil sichern als nach irdischem Glück streben soll, von heutigen Lesern kaum mehr verstanden wird.

Die späten Jahre

Der Tod des schon länger stark gichtkranken La Rochefoucauld 1680 bedeutete einen tiefen Einschnitt für Mme de La Fayette, die ebenfalls seit langem häufig kränkelte. Sie führte jedoch, durch das Erbe ihrer Mutter und ihres Stiefvaters und 1683 auch ihres Mannes wohlhabend geworden, ein für Standesgenossen und Intellektuelle offenes Haus und hielt sich viel am Hof auf, wo sie noch immer die Gunst des Königs besaß.

Gegen 1680 aktivierte sie als Vertraute des Ministers Louvois ihre schon länger bestehende Korrespondenz mit der Mutter des jungen Herzogs von Savoyen-Piemont, einer Tante Ludwigs XIV., die seit 1675 in Turin als Regentin amtierte. Hierbei diente sie einerseits privaten Belangen der Herzogin in Paris, zugleich aber den politischen Interessen Frankreichs, das Savoyen-Piemont als Satellitenstaat zu vereinnahmen, wenn nicht gar zu annektieren hoffte.

Das letzte Werk Mme de La Fayettes wurden die nur fragmentarisch erhaltenen, 1720 postum gedruckten Mémoires de la cour de France pour les années 1688 et 1689, in denen sie nicht nur eine Chronik des Versailler Hoflebens der betreffenden Jahre versucht, sondern auch mit scharfem Blick politische und militärische Probleme analysiert. Hiernach zog sie sich vom Hof zurück, zumal sie 1690 auch ihre diplomatische Mission als gescheitert betrachten musste, weil der in Turin nun selbst regierende Herzog dem Bündnis gegen Frankreich beigetreten war.

Werke

  • »La princesse de Clèves« (1678)
  • »Histoire de Henriette d'Angleterre« (1720)
  • »Mémoires de la cour de France« (1731)

Film