Marburger Bund
Der Marburger Bund – Verband der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e.V. ist eine Ständevertretung und Fachgewerkschaft für Mediziner in Deutschland. Er wurde 1947 in Marburg gegründet und hatte zum Jahresende 2005 rund 100.000 Mitglieder. Damit ist der Marburger Bund die größte Ärztevereinigung in Europa.
Ziele
Der Marburger Bund setzt sich, nach eigener Aussage, u. a. für die Verbesserung der beruflichen Situation von angestellten und beamteten Ärzten ein. Dies soll insbesondere durch die Abschaffung von befristeten Arbeitsverträgen und die Vergütung aller Überstunden und Bereitschaftsdienste erreicht werden. Als Hauptziele werden geregelte Arbeitszeiten und international konkurrenzfähige Gehälter genannt.
Geschichte
Bei einem Treffen des Marburger AStA im Frühjahr 1947 wurde ein erstes Gerüst einer Satzung für die örtlichen Arbeitsgemeinschaften der jungen Ärzte innerhalb der Ärztekammern entworfen.
Bei einer späteren Zusammenkunft wurde beschlossen, sich nicht mehr „Arbeitsgemeinschaft der Jungärzte“ zu nennen, sondern „Marburger Gemeinschaft – Vereinigung angestellter Ärzte“.
Die Marburger Gemeinschaft wurde auf der vierten Interzonentagung von der Ärztekammer aufgelöst, in einen tariffähigen Verband mit Einzelmitgliedschaften umgewandelt und ihr am 5. Mai 1948 der Namen „Marburger Bund – Vereinigung angestellter Ärzte“ (MB) gegeben.
Die Bundesgeschäftsstelle wurde in Köln-Mülheim eröffnet.
Mit der DAG wurde ein Freundschaftsabkommen getroffen. Danach solle der Marburger Bund selbstständig bleiben, jedoch innerhalb der Tarifkommission der DAG Sitz und Stimme bekommen.
Im Jahre 1950 wurde eine Vereinbarung mit der DAG getroffen, in Vollmacht für den MB bei Tarifverhandlungen auf Bundesebene zu agieren. Nach der Fusionierung der DAG (die nie Mitglied im DGB war) mit vier DGB-Gewerkschaften zur Gewerkschaft ver.di ging die Vollmacht auf diese über.
Im Jahre 2005 bezog der Marburger Bund eine neue Hauptgeschäftsstelle in Berlin-Mitte.
In der 108. Hauptversammlung des Marburger Bundes am 10. September 2005 in Berlin wurde die Trennung des Marburger Bundes von der als Rechtsnachfolgerin der DAG agierenden Gewerkschaft ver.di als Tarifpartner beschlossen. Somit ist der Marburger Bund eine eigenständige Tarifvertretung für angestellte und verbeamtete Krankenhausärzte. Darauf kam es zu einer Beitrittswelle: Innerhalb von wenigen Wochen stieg die Mitgliederzahl um 15.000 auf über 96.000 an.
Vorstand
Ehemalige Vorsitzende
- 1948–1952: Dr. Herbert Britz
- 1952–1961: Dr. Rolf Detlev Berensmann
- 1961–1966: Dr. Dietrich Techen
- 1966–1975: Dr. Paul Erwin Odenbach
- 1975–1979: Dr. Karsten Vilmar
- 1979–1989: Dr. Jörg-Dietrich Hoppe
Vorsitzender ist seit 1989 der Hamburger Radiologe Dr. Frank Ulrich Montgomery, sein Stellvertreter der Aachener Internist Rudolf Henke.
Ausrichtung
Der Vorsitzende Dr. Frank Ulrich Montgomery äußerte in einem Focus Interview am 7. August 2006 die Absicht, alle medizinischen Verbände zusammen zu bringen und eine neue Gesundheitsgewerkschaft zu bilden. [1]
Tarifverhandlungen
Der Marburger Bund (MB) protestierte am 6. September 2005 mit über 5.000 Ärzten in Stuttgart gegen die ihrer Meinung nach schlechten Arbeits- und Einkommensbedingungen der Klinikärzte. Der Marburger Bund lehnt den neuen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) ab und fordert von den Arbeitgebern in Tarifverhandlungen einen arztspezifischen Tarifvertrag. Bei Verhandlungsstillstand seitens der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) hat der MB im März 2006 den ersten bundesweiten Ärztestreik an deutschen Universitätskliniken und psychiatrischen Landeskrankenhäusern ausgerufen. Am 16. Juni 2006 gelang es dem Marburger Bund, sich mit der TdL auf einen eigenständigen Ärztetarifvertrag zu einigen. Hierbei scheiterte der Marburger Bund jedoch an der Durchsetzung von Kernforderungen, insbesondere nach einer deutlich besseren Entlohnung für Ärzte. In der Ärzteschaft gab es Kritik an der Struktur des Kompromisses, insbesondere wegen Fortschreibung der abgesenkten Vergütungen im Osten Deutschlands und der Konzentration von Vergütungszuwächsen auf Oberärztinnen und Oberärzte. Der Inhalt des Vertragswerkes unterscheidet sich nur in wenigen Punkten von dem bereits durch ver.di ausgehandelten Kompromiss.
Nach Abschluss der Tarifeinigung konzentrierten sich die Aktivitäten auf die kommunalen Krankenhäuser. Nach knapp acht Wochen Streikmaßnahmen einigte man sich am 17. August 2006 auf einen neuen Tarifvertrag für die Ärzte an städtischen und Kreiskrankenhäusern. Dieser hat deutlich bessere Regelungen zum Inhalt als der Tarifvertrag mit der TdL. Von der Ärzteschaft sehr begrüßt, stoßen die Inhalte nicht nur bei DGB-Gewerkschaften und den Krankenhausträgern auf Kritik.
Kritik
Nicht nur von Seiten der DGB-Gewerkschaften, insbesondere von der Gewerkschaft ver.di wird das Verhalten des Marburger Bund heftig kritisiert. Es wird unterstellt, dass die herausgehobene Position der Ärzteschaft in den Kliniken dazu benutzt wird, überhöhte Gehaltsforderungen zu Lasten der anderen Berufgruppen in den Krankenhäusern zu stellen. Außerdem habe der Marburger Bund den Schutz der Ärztinnen und Ärzte vor überlangen Arbeitszeiten zu Gunsten von Geld aufgegeben. Eine Spaltung der Gewerkschaften in der Gesundheitsbranche führe zur Entsolidarisierung der Arbeitnehmerschaft. Dieser Darstellung der Gewerkschaften widerspricht der MB und die Mehrheit der angestellten und verbeamteten Ärztinnen und Ärzte. So halten sie der Gewerkschaft ver.di entgegen, dass sie in der Vergangenheit die Interessen der Ärzte verglichen mit den der anderen Berufsgruppen in den Kliniken nur unzureichend vertreten habe. Dies hätte in der Folge zu einem Realverlust der Arztgehälter geführt. Der Entzug der tariflichen Verhandlungsvollmacht wäre notwendig geworden, weil das Ergebnis des neuen Tarifvertrags für den Öffentlichen Dienst für ALLE Berufsgruppen, also auch für die Ärztinnen und Ärzte sehr negativ ausgefallen wäre.