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Vollrausch

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Juristische Bedeutung (deutsches Strafrecht)

Im deutschen Strafrecht versteht man unter Vollrausch eine Straftat nach § 323a Strafgesetzbuch (StGB). Der Vollrausch ist, entgegen obiger Behauptung, nicht die Straftat selbst, sondern die Straftat ist die Straftat, die man im Vollrausch begeht.

Problemstellung

Das deutsche Strafrecht schließt eine Bestrafung eines Täters aus, wenn dieser bei Begehung der Tat schuldunfähig war (§ 20 StGB). Das bedeutet, dass grundsätzlich nur bestraft werden kann, wer das Unrecht seiner Tat erkennen kann und auch in der Lage ist, nach dieser Erkenntnis zu handeln.

Das führt dazu, dass eine Tat, die jemand in schwer betrunkenem Zustand begeht, nicht bestraft werden kann, weil der Täter aufgrund der Alkoholwirkung das Unrecht seiner Tat nicht erkennen kann.

gedanklicher Ansatz der Vollrausch-Strafnorm

Um diese Spannung aufzuheben wurde (durch Gesetz vom 24. November 1933) der Straftatbestand des Vollrausches in das StGB aufgenommen (nach mehreren Umnumerierungen heute § 323a StGB), der den schuldhaft herbeigeführten Vollrausch bestraft, sofern in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begangen wurde, die eben aufgrund der rauschbedingten Schuldunfähigkeit nicht bestraft werden kann.

Das bedeutet, dass aus § 323a StGB nicht das Verhalten des Schuldunfähigen bestraft wird, sondern das Verhalten, welches zur Schuldunfähigkeit geführt hat.

Vor Einführung des Vollrausch-Paragraphen konnten derart gelagerte Fälle nur über die Rechtsfigur der actio libera in causa gelöst werden, die jedoch möglicherweise mit dem Rechtsgrundsatz der nulla poena sine culpa ("keine Strafe ohne Schuld") im Widerspruch steht; Näheres dazu unter actio libera in causa.

Bedingungen, Strafmaß und Einschränkungen

Objektive Tatbestandsmerkmale sind

  • die vorsätzliche oder fahrlässige Herbeiführung eines Rausches (durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel) sowie
  • die Begehung einer rechtswidrigen Tat im Zustand der rauschbedingten Schuldunfähigkeit ("Rauschtat").

Das Strafmaß beträgt Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahre oder Geldstrafe, darf dabei jedoch nicht höher sein, als das Strafmaß der Rauschtat. Ferner wird das Delikt "Vollrausch" nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen hin verfolgt, wenn gleiches auch für die Rauschtat vorgegeben ist.

Siehe auch

actio libera in causa

Literaturhinweise

  • Lackner, Karl: Strafgesetzbuch. Kommentar mit Erläuterungen, 25.A, Beck Juristischer Verlag, ISBN 3406522955
  • Tröndle, Herbert: Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 53.A, Beck Juristischer Verlag, ISBN 3406539009
  • Joecks, Wolfgang: Studienkommentar StGB, 6.A, Beck Juristischer Verlag, ISBN 3406538452
  • Schönke, Adolf: Strafgesetzbuch, 27.A, Beck Juristischer Verlag, ISBN 3406517293
  • Wessels, Johannes: Strafrecht Besonderer Teil 1. Straftaten gegen Persönlichkeits- und Gemeinschaftswerte, 29.A, Verlag Müller (Heidelberg), ISBN 381147328X

Umgangssprachliche Bedeutung

Umgangssprachlich versteht man unter einem Vollrausch einen fortgeschrittenen Rauschzustand, in dem der Berauschte so weit die Kontrolle über sich selbst verliert, dass er sich später nicht mehr an die Erlebnisse während des Rausches erinnern kann ("Filmriss").