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Masse (Physik)

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Vorlage:Physikalische Größe

Die Masse ist eine Grundgröße der Physik. Ihre SI-Einheit ist das Kilogramm. Sie ist zum einen Ursache der Gravitation ("schwere Masse"), zum andern ein Maß für die Trägheit eines Körpers, d.h. seinen Widerstand gegenüber Änderungen seines Bewegungszustands ("träge Masse").

Die experimentell bestätigte Gleichheit von träger und schwerer Masse ist eine der wichtigsten Grundlagen der klassischen Mechanik und der Relativitätstheorie, sowie der daraus entwickelten Quantenmechanik. Masse und Energie sind zudem identisch; jede Form von Energie zu der auch Materie zählt besitzt eine ihr entsprechende Masse bzw. verursacht eine ihr entsprechende Gravitationswirkung.

Definition

Die Masse ist die Menge an Materie, die ein Körper enthält und ein Maß für die Trägheit des Körpers, d. h. seines Widerstandes gegen eine Bewegungsänderung. Die frühere Unterscheidung zwischen Masse und Gewicht besteht heute nicht mehr. Das Gewicht ist praktisch eine durch Wägung bestimmte Masse (Gravitation). Trägheitmasse und Gravitationsmasse sind demzufolge identisch. Ein Grundprinzip der klassischen Physik ist das Gesetz der Massenerhaltung, das besagt, dass Materie weder erzeugt noch vernichtet werden kann. Dieses Gesetz gilt bei chemischen Reaktionen, wird aber in den Fällen abgewandelt, wo Atome zerfallen und Materie in Energie oder Energie in Materie umgewandelt wird.

Berechnung

Die Berechnungsgleichung für die Masse lässt sich ganz einfach aus der Gleichung der Dichte (ρ) ableiten. Dazu muss diese nur umgestellt werden:

ρ = m : V

m = V·ρ

[V=Volumen/Rauminhalt]

Messung

Die Messung der schweren Masse erfolgt prinzipiell durch Vergleich mit einer Referenzmasse. Zwei Massen sind gleich, wenn sie in einem gleichstarken Gravitationsfeld die gleiche Gewichtskraft erfahren, dies kann gemessen werden durch eine Balkenwaage. Die Stärke des Gravitationsfeldes ist prinzipiell unerheblich, es muss nur an den Orten der beiden Massen gleich sein, und ungleich null. Statt Vergleich der Gravitationskraft kann die Masse auch durch Vergleich der Massenträgheit gemessen werden.

Indirekt kann die schwere Masse auch durch Messung der Kraft gemessen werden, die eine Masse in einem Gravitationsfeld erfährt, oder die zu einer definierten Beschleunigung einer Masse notwendig ist. Bei der Messung über die Gewichtskraft ist, anders als beim direkten Vergleich zweier Gewichtskräfte, die Kenntnis des Gravitationsfeldes am Ort der Messung notwendig.

Die Gewichtskraft eines bestimmten Gegenstandes misst man in Newton. Auch hier gibt es natürlich andere Einheiten, in die man umrechnen kann. Es gibt ein Gerät das sich Newtometer nennt, mit dem es möglich ist, die Gewichtskraft zu messen.


Die träge Masse lässt sich zum Beispiel über die Zentrifugalkraft messen. Man kann dabei den Radius der Kreisbahn und die Bahngeschwindigkeit konstant lassen und die Kraft messen oder bei einem Vorgang mit bekannter Zentripetalkraft und Geschwindigkeit (zum Beispiel ein elektrisch geladenes Teilchen im Magnetfeld) den Radius der Kreisbahn messen.

Entwicklung des Massenbegriffs

Newtonsche Mechanik

In der newtonschen Mechanik gibt es keine Erklärung für die Äquivalenz von schwerer und träger Masse, sondern nur ihre experimentelle Bestätigung.

Als schwere Masse bezeichnet man die Quelle der Gravitationskraft

wobei und die beteiligten schweren Massen sind und der Vektor von nach ist, wenn man die Kraft, die auf wirkt, betrachtet. Betrachtet man die Kraft, die auf wirkt, so zeigt genau in die andere Richtung. ist die Gravitationskonstante, eine Naturkonstante.

Als träge Masse wird in der newtonschen Mechanik, genauer im zweiten newtonschen Axiom, der Proportionalitätsfaktor zwischen Kraft und Beschleunigung definiert:

In diesem Sinne kann sie als von der Kraft abgeleitete Größe betrachtet werden (siehe Ernst Mach).

Dieses Trägheitsgesetz gilt jedoch nicht allgemein. Einerseits gilt es in der Relativitätstheorie nicht mehr, andererseits gilt es nicht für Körper mit zeitlich veränderlichen Massen, wie etwa eine Rakete. Für eine Verallgemeinerung dieses Trägheitsgesetzes zieht man den Impuls heran, der das Produkt von Geschwindigkeit und träger Masse ist. Dann lautet das Trägheitsgesetz:

Die Kraft ist demnach die zeitliche Änderung des Impulses. Damit lässt sich die Rückstoßkraft (hier am Beispiel einer Rakete) erklären:

Wenn die zeitliche Massenänderung und die Ausströmgeschwindigkeit der Masse aus der Rakete zeitlich konstant sind (das heißt die Beschleunigung der auströmenden Masse ist null) erhält man als Rückstoßkraft:

Das heißt, die Rakete erfährt eine Kraft, die proportional zur Ausströmgeschwindigkeit und zur ausströmenden Masse in einem Zeitintervall ist, obwohl die ausströmende Masse nicht beschleunigt wird.

Eine ausführlichere Behandlung dieses Sachverhaltes findet sich im Artikel Raketengrundgleichung.

Spezielle Relativitätstheorie

Der Begriff der schweren Masse ist in der speziellen Relativitätstheorie unverändert. Diese Theorie befasst sich ausschließlich mit der Dynamik von Körpern und nicht mit der Gravitation.

In der speziellen Relativitätstheorie ist der Impuls nicht mehr proportional zur Geschwindigkeit, und somit das Verhältnis zwischen Impuls und Geschwindigkeit selbst abhängig von der Geschwindigkeit. Der Zusammenhang lautet

, mit

Ein heute noch in der Experimentalphysik und der populären Literatur häufig verwendeter Begriff ist der Begriff der relativistischen Masse
, der jedoch in der theoretischen Physik inzwischen als irreführend abgelehnt wird, da diese Masse nicht einfach in das newtonsche Kraftgesetz eingesetzt werden kann. Das Kraftgesetz lautet in der speziellen Relativitätstheorie:

mit

Man sieht, dass die Beschleunigung nicht immer in die Richtung der Kraft zeigt. Die Kraft hat nämlich noch eine zweite Komponente, die in Richtung der Geschwindigkeit zeigt. Die träge Masse kann also nicht mehr als Proportionalitätsfaktor von Kraft und Beschleunigung dargestellt werden. Dies hat anfangs zu den Begriffen der longitudinalen und transversalen Masse geführt (für Beschleunigungen in Bewegungsrichtung und senkrecht dazu), die aber heute nicht mehr verwendet werden.

Heute verwendet man die geschwindigkeitsunabhängige Eigenschaft des Körpers als Entsprechung zur oben genannten newtonschen trägen Masse. Sie wird historisch Ruhemasse, in moderner Sprechweise auch invariante Masse oder einfach Masse genannt. Mit der Masse eines Objekts ist heute stets diese Größe gemeint.

Äquivalenz von Masse und Energie, Massenvielfache

Wie zuvor erwähnt, wird die Größe , die das Verhältnis zwischen Impuls und Geschwindigkeit beschreibt, oft als relativistische Masse bezeichnet. Für diese Größe gilt die berühmte Gleichung

Seit Albert Einstein weiß man dass Masse und Energie einander äquivalent sind. Außer bei der Kernspaltung, der Kernfusion und bei verschiedenen Experimenten der Elementarteilchenphysik ist jedoch die mit Energieänderungen des Systems einhergehende Massendifferenz weit unterhalb der Messgenauigkeit.


Ein anschauliches Beispiel ist die Betrachtung von Massenvielfachen:

In der klassischen Mechanik gilt: Werden n Körper von gleicher Masse zusammengefügt, entsteht ein Körper n-facher Masse. Die Summe aller Massen ist eine Erhaltungsgröße.

In der Relativitätstheorie gilt dies aufgrund der Äquivalenz von Masse und Energie nicht mehr. Ziehen sich zwei Körper an, so ist ihre gemeinsame Masse kleiner als die Summe ihrer Einzelmassen.

Für normale Objekte ist dieser Effekt weit jenseits der Messungenauigkeit, jedoch ist die Masse eines Atomkerns deutlich kleiner als die Summe der Masse der Nukleonen, aus denen er zusammengesetzt ist. Man spricht vom Massendefekt des Kerns.

Umgekehrt trägt auch die kinetische Energie der Teile eines insgesamt ruhenden Körpers (z.B. Wärmeenergie) – nicht aber die kinetische Energie des Gesamtkörpers aufgrund seiner Schwerpunktsbewegung – zu seiner Masse bei. In diesem Fall ist die Gesamtmasse größer als die Summe der Einzelmassen. Auch dieser Effekt ist jedoch für makroskopische Objekte weit unterhalb der Messgenauigkeit.

Allgemeine Relativitätstheorie (ART)

Das Äquivalenzprinzip ist Grundlage der allgemeinen Relativitätstheorie (ART). In ihr wird die Bewegung der Körper im Gravitationsfeld nicht durch eine Kraft, sondern durch die Krümmung der Raumzeit beschrieben. Jeder gravitierende Körper bewegt sich in der Raumzeit geradeaus (genauer: auf einer Geodäte).

Aus der Grundgleichung der ART folgt, dass die Krümmung der Raumzeit, beschrieben durch den Einstein-Tensor , proportional zum Energie-Impuls-Tensor ist. Dieser hängt von der in dem betrachteten Raum befindlichen Materie ab und in seine Definition geht u.a. die Energie und der (Strahlungs-)Druck der betrachteten Materie ein.

Die Definition einer Masse ist in der ART in stark gekrümmten Raumzeiten nicht mehr ohne weiteres möglich und es existieren verschiedene mögliche Definitionen. Eine häufig verwendete Definition ist die ADM-Masse, die für asymptotisch flache Raumzeiten anwendbar ist. Eine Krümmung des Vakuums wird hier mit in Betracht gezogen, Schwarze Löcher haben z.B. eine ADM-Masse.

Eine Reduktion der ART auf den Newton'schen Fall erhält man bei einer Näherung für geringe Krümmung.

Ursprung der Massen der Elementarteilchen

Im Standardmodell der Elementarteilchenphysik wird der Ursprung der Massen der Elementarteilchen durch den Higgs-Mechanismus erklärt. Dieser beinhaltet die Wechselwirkung aller massiven Elementarteilchen mit dem so genannten Higgs-Boson, einem bisher noch unbeobachteten skalaren Elementarteilchen.

Die Massen der Baryonen, wozu auch Proton und Neutron gehören, sind jedoch viel größer als die Massen der Quarks, aus denen sie bestehen. Die Baryonenmassen erhält man durch spontane Symmetriebrechung in Sigma-Modellen. Die Baryonen machen massenmäßig den größten Teil der sichtbaren Materie aus.

Sprachgebrauch: Masse und Gewicht

Vielfach werden im alltäglichen Sprachgebrauch die Begriffe Masse und Gewicht vermischt. Dadurch entsteht vielfach ein falscher Eindruck von Masse, der eine Veränderlichkeit der Masse und eine Konstanz des Gewichtes vortäuscht. Als Beispiele für diese beiden Sinnentstellungen sollen hier zwei verbreitete Annahmen dargestellt und die Fehler in der Begrifflichkeit aufgezeigt werden.

"Auf dem Mond ist die Anziehungskraft nur ein Sechstel so groß, das heißt, ein 90 kg schwerer Mensch würde dort nur 15 kg wiegen." Der Fehler ist, dass die Masseneinheit Kilogramm als Einheit des Gewichts, also einer Kraft verwendet wird, die korrekt durch die Einheit Newton beschrieben werden müsste. Dadurch, dass die Einheit der Masse verwendet wird, entsteht der falsche Eindruck, die Masse sei ortsabhängig.

"Was ist schwerer, ein Kilogramm Federn oder ein Kilogramm Eisen?" Diese verbreitete Scherzfrage wirft durch ihre unpräzise Formulierung Probleme auf. Man kann natürlich das Kilogramm Federn auf dem Mond wiegen und das Kilogramm Eisen auf der Raumstation ISS. Dann wäre das Kilogramm Eisen "leichter", hätte also ein kleineres Gewicht, nämlich gar keines. Geht man davon aus, dass der Fragesteller meint, dass das Gewicht beider Mengen am selben Ort auf der Erde gemessen wird, hat man noch immer nicht alle Probleme umgangen.

Wenn man nämlich das Gewicht mit einer Waage in ganz normaler Luft zu messen versucht, misst man nicht nur das Gewicht, sondern auch alle anderen Kräfte, die auf die beiden Massen wirken. Dabei sorgt die Auftriebskraft dafür, dass die Federn "leichter" sind, also die Waage ein kleineres Gewicht anzeigt. Wenn man unterstellt, dass der Fragesteller im allgemeinen nicht voraussetzt, dass die Messung im Vakuum stattfindet, ist die Antwort auf diese Scherzfrage falsch. Ein Kilogramm Federn ist leichter als ein Kilogramm Eisen, wenn man sie auf der Erde in Luft wiegt.

Der Denkfehler liegt darin, dass man Mengen Eisen und Federn meint, bei denen eine Waage denselben Messwert für die Kraft anzeigt. Da Waagen jedoch die Kraft meist nicht in Newton angeben, sondern fälschlicherweise in Kilogramm, entsteht der falsche Eindruck, sie würden Massen messen. Das "Kilogramm" das der Fragesteller meint entspricht also nicht wirklich einem Kilogramm, sondern einer Kraft in Richtung Erdmitte von 9,81 Newton. Die Annahme, die die Grundlage der Scherzfrage darstellt, diese Mengen müssten die gleiche Masse haben und die von einer Waage gemessene Kraft sei also gewissermaßen eine konstante Größe, ist falsch.

Siehe auch

Literatur

  • Gordon Kane: Das Geheimnis der Masse (Spektrum der Wissenschaft 2/2006, Spektrum der Wissenschaft Verlag, S. 36–43, ISSN 0170-2971)