Aurangzeb
Muhammad Aurangzeb Alamgir (* 3. November 1618, † 3. März 1707) war als Sohn Shah Jahans der Großmogul von Indien zwischen seiner Machtergreifung 1658 und seinem Tod 1707.
Persönlichkeit
Aurangzeb war in seinem Vorgehen mutig und entschlossen, aber auch verschlagen und skrupellos. Er setzte sich in einem Bruderkrieg 1658/59 gegen seine drei Brüder durch, nachdem Shah Jahan im September 1657 schwer erkrankt war. Der Hauptrivale, sein zudem hindufreundlicher ältester Bruder Dara Shikoh, und dessen zwei-jähriger Sohn wurden hingerichtet, ein zweiter Bruder als Gefangener zu Tode geschunden, der dritte ins Exil nach Burma vertrieben, und der Vater Schah Jahan bis zu seinem Lebensende als Gefangener in Agra gehalten.
Der Kaiser war ein orthodoxer Muslim, der sich in seinem Handeln in erster Linie vom Koran leiten ließ. Daraus resultierte eine gewisse Einfallslosigkeit und Beschränktheit, die ihm bei der Verwaltung seines Riesenreiches schwer schadete. In späteren Jahren trat er äußerlich wie ein Heiliger auf (weißes Gewand, die Augen ständig auf dem Koran). Zudem war er im Umgang mit seiner Familie unfähig, sodass drei Söhne rebellierten oder ihr Leben im Gefängnis verbrachten. Aurangzeb verbot Musik bei Hof, entließ die Maler, und baute nur ein wirklich bedeutendes Bauwerk, die Haupt-Moschee in Lahore.
Innenpolitik
Aurangzeb brach mit dem Konzept der annähernden Gleichberechtigung von Moslems und Hindus, auch wenn dieses schon sein Vater vernachlässigt hatte. Er ließ 1669 im ganzen Land Hindutempel zerstören (z.B. ältesten Shivatempel in Benares, an dessen Stelle eine Moschee gebaut wurde), führte eine Fülle von Schikanen und Druckmaßnahmen ein (z.B. 1668 Verbot der Hindu-Pilgerfeste), zu deren Überwachung Zensoren eingesetzt wurden und entfernte die Hindus soweit möglich aus der Verwaltung (besonders dem Steuerwesen und den hohen militärischen Rängen). Schließlich führte er 1679 die Dschisja (d.h. Kopfsteuer für Nicht-Moslems, einst von Akbar abgeschafft) wieder ein.
Es kann gegengehalten werden, dass die Zahl der zerstörten Tempel gemessen an der Gesamtzahl klein war und dass manche Zerstörungen auf Kriegseinwirkungen, Zweckentfremdung usw. zurückzuführen sind. Weiterhin kamen Aurangzebs Maßnahmen zur Zusammenfassung und Stärkung des islamischen Rechts (Gesetzessammlung Fatawa-i-Alamgiri) manchmal auch indirekt den Hindus zugute (z.B. allgemeine Abschaffung "ungesetzlicher" Steuern). Auch standen islamische Sekten bzw. Religionsabweichler ebenso unter politischem Druck wie die Hindus. Es war zudem nicht möglich, die Masse der Hindus aus der Verwaltung auszuschließen, nur aus den maßgeblichen Stellen.
Aufstände der Rajputen, Sikhs u.a.
Als der Oberbefehlshaber der Nordwestgrenze (um 1674 langwierige Aufstände der Afghanen), der Raja Jaswant Singh von Jodhpur (auch: Marwar) 1678 starb, ermutigte das Aurangzeb zur Wiedereinführung der religiösen Steuern für Nicht-Moslems (der Dschisja 1679) und zur Besetzung Jodhpurs, obwohl ein Thronerbe für das Fürstentum nachgeboren wurde. Das hatte den Abfall fast sämtlicher Rajputenclans unter Mewars Führung zur Folge und rächte sich in den Dekkan-Feldzügen gegen die Marathen. Obwohl schnell ein notdürftiger Friede mit dem Rana von Mewar (unter Zugeständnissen bei der Dschisja) geschlossen wurde, blieben die Rajputen bis 1709 in Aufruhr.
Weiterhin führte der Martertod des 9.ten Sikh-Guru 1675 zum Aufstand der Sikhs, denn sein Sohn, der 10.te Guru machte aus ihnen Militärs und schuf dem Reich so einen neuen Feind.
Eroberung Südindiens

Ab Frühjahr 1682 führte Aurangzeb Feldzüge gegen die Marathen sowie die muslimischen Dekkan-Sultanate und ließ den Norden 26 Jahre lang ohne seine natürliche Verwaltungsspitze zurück. Das Ergebnis waren Korruption und allgemeine Auflösung der Verwaltungsstrukturen, sodass es sich Räuber sogar leisten konnten, Karawanen in der Nähe der Hauptstadt zu plündern. Die Eroberung Bijapurs 1686 und des uneinnehmbaren Golkonda (durch Bestechung) 1687 gelang ihm zwar, aber die Eingliederung Südindiens in die Reichsverwaltung blieb sehr oberflächlich. Das war nicht zuletzt auf den Kleinkrieg der Marathen zurückzuführen, die Aurangzebs großer, schwerfälliger, risikoscheuer und bestechlicher Armee ununterbrochen zusetzten.
Das Ende einer Zeit
In jedem Fall förderte Aurangzebs Regierungsweise eine zunehmende Kluft zwischen Hindus und Moslems und überanspruchte die Leistungsfähigkeit seines Reiches. Seine Verwaltung wurde der ganzen Aufstände (Jats, Rajputen, Sikhs usw.) nicht mehr Herr, Zentralindien war fast unpassierbar, der Staat war bankrott, alle Kunsttätigkeit eingestellt. Die Bauern hatten seine Steuereintreiber so satt, dass sie ihre Feuerwaffen, die in den indischen Dörfern eifrig nachgebaut wurden, gegen sie einsetzten. Der Zustand sollte dann bald zur Regel werden.
Sonstiges
Im Grünen Gewölbe von Dresden befindet sich ein Kabinettstück, das Meisterwerk Johann Melchior Dinglingers "Der Hofstaat zu Delhi am Geburtstage des Grossmoguls Aureng-Zeb".
Aurangzeb ist im Abendland ferner dadurch bekannt geworden, dass er einen Fall vom Reinkarnationstyp untersuchen ließ. Das ist die früheste bekannte Untersuchung eines solchen Falles überhaupt.
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Shah Shuja | Großmogul von Indien 1658 - 1707 | Azam Shah |
Personendaten | |
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NAME | Alamgir, Muhammad Aurangzeb |
KURZBESCHREIBUNG | Großmogul von Indien (1658-1707) |
GEBURTSDATUM | 3. November 1618 |
STERBEDATUM | 3. März 1707 |