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Killerspiel

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Killerspiel, meist im Plural Killerspiele benutzt, wird als negativ besetzter polemischer Kampfbegriff für Computerspiele angewandt, bei denen Kampf und infolge dessen das Töten von Menschen in der fiktiven Spielwelt wesentlicher Bestandteil der Spielhandlung ist. Der Begriff bedeutet, dass in den so bezeichneten Spielen das Verhalten eines Mörders (engl. killer ) simuliert wird.

Angewandt wird der Begriff meistens auf Spiele, in denen Handfeuerwaffen gegen (ebenfalls bewaffnete) Menschen oder menschenähnliche Gegner eingesetzt werden und in denen der Spieler durch den Einsatz der Egoperspektive oder der Third-Person-Ansicht unmittelbar am Spielgeschehen beteiligt ist. Vor allem infanteristisch orientierte Ego-Shooter fallen unter diese Bezeichnung, jedoch fehlt eine genauere Definition bis heute. Der Begriff wird von Spielern und Spieleentwicklern allgemein als reißerisch und unsachgemäß abgelehnt. Der Zugang zu entsprechenden Spielen ist in Deutschland gesetzlich geregelt, hierbei ist es insbesondere nicht erlaubt, realistische Simulationen an Kinder und Jugendliche zu verkaufen.

Der Begriff wird von Spielern und Spieleentwicklern allgemein als reißerisch und unsachgemäß abgelehnt. Neben der allgemeinen Kritik an der Unsachlichkeit der Debatte über Egoshooter wird am Begriff selbst kritisiert, dass das Wort Killer Heimtücke und Gemeingefährdung (Mord an Unschuldigen und Zivilisten) impliziere. Dies treffe jedoch auf zahlreiche Egoshooter wie das häufig als Killerspiel bezeichnete und sehr bekannte Spiel Counter-Strike nicht zu. Im Spiel treten paramilitärische Kämpfer gegen Polizei-Sondereinheiten an, Zivilisten kommen in dem Spiel nicht vor. Die Ausnahme stellen Missionen mit Geiseln dar, das Verletzen der Geiseln führt jedoch zu Strafe und/oder Spielverlust.

Sowohl Politiker wie auch zahlreiche Medien hatten das Spiel Counter-Strike vor allem nach dem Amoklauf von Robert Steinhäuser in Erfurt durch diesbezügliche Falschdarstellungen nachhaltig diffamiert. So wurde behauptet, im Spiel würde auf "Passanten" geschossen, das Töten von "Großmüttern mit Kinderwagen" bringe "Extra-Punkte" und "Schulmädchen in kariertem Rock und Bluse" würden "brutal eliminiert" [1].


Der Zugang zu entsprechenden Spielen ist in Deutschland gesetzlich geregelt, hierbei ist es insbesondere nicht erlaubt, realistische Simulationen an Kinder und Jugendliche zu verkaufen.

Ursprung

In Deutschland wurde der Begriff Killerspiel zunächst in den neunziger Jahren für Spielkonzepte wie Laserdrom und Paintball eingeführt in denen sich reale Spieler mit "Markierern" in einer Art modernen Räuber und Gendarm spielerisch ausschalten.

Günther Beckstein verwendete den emotionalisierenden Begriff später in der politischen Diskussion für virtuelle Egoshooter. Nach dem Amoklauf von Erfurt ging er von einem Zusammenhang zwischen virtueller Gewalt in Spielen und realer Gewalt aus und verstärkte seine Forderungen nach Herstellungs- und Vertriebsverboten für gewaltdarstellende Computerspiele.

Bereits in den 1980er Jahren war die Darstellung von Gewalt gegen Menschen in Computerspielen in Deutschland in die Diskussion geraten, als im Shoot 'em up-Spiel Commando die vom Spieler gesteuerte Spielfigur eine große Zahl feindlicher Soldaten töten musste, um das Spielziel zu erreichen. Das Spiel wurde in Deutschland daraufhin als Space Invasion, bei dem der Spieler gegen Roboter kämpfte, neu veröffentlicht.

Rechtliche Rahmenbedingungen

In Deutschland wird der Zugang zu Computerspielen formal durch das Jugendschutzgesetz eingeschränkt, falls die Möglichkeit besteht, dass durch Gewaltdarstellungen die Entwicklung eines Kindes oder Jugendlichen beeinflusst werden kann. Dies wird mit dem Artikel 2 des Grundgesetzes begründet (Absatz 1 „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit [...]“, Absatz 2 „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. [...]“). Bis 2003 wurde dies so umgesetzt, dass die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPjS) darüber zu entscheiden hatte, ob ein Spiel jugendgefährdend ist und es in Folge dessen indiziert werden soll. Seit 2003 hat hauptsächlich die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle über die Kind- und Jugendeignung in Form eines Alterssystems zu entscheiden.

Die durch diese Gremien repräsentierte Wertevorstellung wandelt sich im Laufe der Zeit. Hatte 1984 die BPjS noch das Spiel River Raid als jugendgefährdend eingestuft und es daher indiziert, wurde es 2002 nach erneuter Prüfung vom Index entfernt und von der USK für alle Altersklassen freigegeben.

Auch durch diese unterschiedliche Bewertung der dargestellten Gewalt in Computerspielen zeigt sich die Abhängigkeit von der vorherrschenden Werten in der jeweiligen Gesellschaft. Während in den USA Gewaltdarstellungen in Computerspielen durch die Meinungsfreiheit im weitesten Sinne geschützt sind, herrscht eine Kontroverse vor, ob angedeutete oder explizit dargestellte sexuelle Handlungen zur Verrohung und zum Sittenverfall führen, während dies in der deutschen Diskussion eine weitaus geringere Rolle spielt als die Gewaltdarstellung.

Politische Diskussion

Im 2005 entstandenen Koalitionsvertrag des Kabinetts Merkel wird das Verbot von "Killerspielen" gefordert, hier ist allerdings die Bedeutung des Wortes noch nicht geklärt. Ursprünglich belegt ist dieser Begriff durch die Diskussion zum Verbot von so genannten Paintball-Spielen.

Das im Koalitionsvertrag 2005 festgelegte "Killerspiel"-Verbot wurde maßgeblich von der CDU-Politikerin Maria Böhmer in den Vertrag eingebracht, die auch stellvertretende Vorsitzende im Fernsehrat des ZDF und jetztige Integrationsministerin ist und sich für weitgehende Medienregulierung einsetzt. Dies wurde mehrfach öffentlich von Vertretern der Parteien bestätigt (z.B. Jörg Tauss, SPD im Berliner Tagesspiegel am 18. November 2005).

Generell sprechen sich deutlich für ein Verbot von Killerspielen die CDU und die CSU aus.

Gegen ein Verbot von Killerspielen sind die FDP, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linkspartei.

Sollten mit dem Terminus "Killerspiele" Computerspiele mit Gewaltinhalten gemeint sein, wäre damit die E-Sport-Szene in Deutschland gefährdet, da ein Großteil der populären Computerspiele-Wettkämpfe dann nicht mehr ausgetragen werden könnte.

Laut Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der FDP am 7.August 2006 hat das Familienministerium das Thema prüfen lassen und ist zu dem Schluss gekommen, dass weitere Verbotsmaßahmen nicht nötig seien, weil die bestehenden Vorschriften und Selbstkontroll-Instanzen einen ausreichenden Jugendschutz gewährleisten. Dabei wurde allerdings auch der §131 StGB positiv erwähnt, der heute schon auch rein fiktive und virtuelle Gewaltdarstellungen, wie bestimmte Horrorfilme und Computerspiele, mit Strafe bedroht.

Nach dem Amoklauf von Emsdetten 2006 frischte die Diskussion erneut auf.[2] Die Stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei Katja Kipping kritisiert die erneut geführte Debatte heftig. „Nicht die brutalen PC-Spiele, über deren Wert und (Un-)Sinn sich sicherlich vortrefflich streiten läßt, sind Ursache für das menschenverachtende Verhalten eines Bastian B. In seinem Abschiedbrief wird deutlich, daß er selbst seine soziale Situation als Ursache sieht: Leistungsdruck, soziale Auslese, Markenwahn, Wertigkeit nach Größe des Geldbeutels, Zukunftsangst, Ausweglosigkeit". Wer jetzt die virtuelle Computerspielwelt „als Feindbild ausmacht und lauthals nach Verboten ruft, verzichtet auf ernsthafte Ursachensuche und versucht, den wahren Zustand dieser Gesellschaft zu ignorieren und sich an den realen Problemen junger Menschen vorbeizumogeln"[3]

Im Zusammenhang mit dem Amoklauf von Emsdetten sah der Kriminologe Christian Pfeiffer in einem Tagesspiegel-Interview ("Schule erzeugt Verlierer") den Hauptgrund von Amokläufern nicht etwa in den "Killerspielen", sondern im deutschen Schulsystem. "Unser Problem ist, dass unsere Schule zu sehr auf Wissensvermittlung setzt und zu wenig auf soziales Lernen. (...) Schon bei der frühen Aufteilung der Kinder auf Hauptschule, Realschule oder Gymnasium sind wir auf einem falschen Kurs, weil die Hauptschüler zu diesem Zeitpunkt schon mitgeteilt bekommen, dass sie Verlierer sein werden." [4]

Am 21. November 2006 forderte der bayerische Innenminister Günther Beckstein, wie schon 2005, die strafrechtliche Verfolgung derartiger Spiele analog der von Kinderpornografie. [5][6] Auch Edmund Stoiber erklärte "Sie animieren Jugendliche, andere Menschen zu töten...Das sind völlig unverantwortliche und indiskutable Machwerke, die in unserer Gesellschaft keinen Platz haben dürfen.“[7]

Quellen

  1. http://ingame.de/content.php?c=303
  2. vgl. SPIEGEL ONLINE: Politiker streiten über Umgang mit PC-Killerspielen,sowie Telepolis "Ich hasse es, überflüssig zu sein"
  3. faz.net, Politiker fordern Verbot von „Killerspielen“, 21. November 2006
  4. Der Tagesspiegel, Nr. 19379, Mittwoch, 22. November 2006, S. 6, Politik, "Schule erzeugt Verlierer"
  5. Die Zeit - ZUENDER: Günter Beckstein Interview "Auch im Netz gibt es Grenzen"
  6. AP vom 21.11.2006,15:13Uhr "Beckstein will «Killerspiele» wie Kinderpornografie bekämpfen"
  7. sueddeutsche.de vom 21.11.2006, Debatte um Killer-Spiele

Siehe auch

Wiktionary: Killerspiel – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
pro Verbot
kontra Verbot
sonstige Informationen