Lösen von Ungleichungen
Beim Lösen von Ungleichungen versucht man, eine unübersichtliche Ungleichung so weit zu vereinfachen, dass sich einfache Aussagen etwa der Form x>5 bilden, die unmittelbar zu verstehen sind oder die sich an der Zahlengeraden veranschaulichen lassen. Im Prinzip gelten hier dieselben Grundregeln wie für das Lösen von Gleichungen. Allerdings erfordert die Asymmetrie der Vergleichszeichen darüber hinaus ein besonderes Augenmerk auf die Vorzeichen der Umformungen. Dies wird wesentlicher Bestandteil dieses Artikels.
Grundregeln
Ähnlich wie beim Lösen von Gleichungen werden Ungleichungen durch Äquivalenzumformungen gelöst. D. h. es sind eine Reihe von Aktionen erlaubt, vorausgesetzt, sie werden auf beiden Seiten des Gleichheitszeichens gleich ausgeführt. Ohne Einschränkung gilt das für die Addition und die Subtraktion desselben Ausdrucks auf beiden Seiten.
Bei der Multiplikation mit demselben Ausdruck und bei der Division durch demselben Ausdruck auf beiden Seiten dreht sich das Vergleichszeichen um, wenn der Ausdruck negativ ist. Auch beim Vertauschen beider Seiten dreht sich das Vergleichszeichen.
Vom Potenzieren beider Seiten mit dem selben Exponenten sollte ein ungeübter Rechner besser die Finger lassen, da das Verhalten des Vergleichszeichens nur mit einigem Aufwand zu überblicken ist.
Lineare Ungleichungen
Lineare Ungleichungen werden durch Addition, Subtraktion und Multiplikation mit Konstanten ähnlich wie lineare Gleichungen gelöst.
Quadratische Ungleichungen
Die Lösungen, die sich aus der der Ungleichung entsprechenden quadratischen Gleichung ergeben, teilen den möglichen Lösungsbereich in drei Abschnitte. Diese sind in der unter "Graphische Verfahren" gezeigten Abbildung die Abschnitte blau - rot - blau. Als Lösungen kommen nun entweder alle blau markierten oder alle rot markierten Werte der x-Achse infrage.
Das Verfahren zur Lösung basiert im wesentlichen auf der Quadratischen Ergänzung. Als Beispiel soll die Ungleichung x² - 0,5·x - 0,5 > 0 gelöst werden, die unten im Bild dargestellt ist.
x² - 0,5·x - 0,5 | > 0 | | + 0,5 | |
x² - 0,5·x | > 0,5 | | + (0,5÷2)² | Das Quadrat der Hälfte des Betrags des absoluten Gliedes addieren. |
x² - 0,5·x + 0,25 | > 0,5625 | | | Ausklammern. |
(x - 0,25)² | > 0,75² | | | Wurzel ziehen. |
Hier tritt nun die Besonderheit der Ungleichung auf. Bei den Gleichungen waren beide Vorzeichen für die Quadratwurzel von 0,5625 zu berücksichtigen, also +0,75 und -0,75. Wählt man nun hier das negative Vorzeichen, so muss auch das Vergleichszeichen umgedreht werden. Wir haben also zwei Ungleichungen zu lösen:
x - 0,25 | > +0,75 | | + 0,25 | und | x - 0,25 | < -0,75 | | + 0,25 |
x | > +1 | x | < -0,5 |
Diese beiden Aussagen haben keinen Überschneidungsbereich. Dann sind, wie man durch Ausprobieren leicht feststellen wird, alle Zahlen, die entweder kleiner als -0,5 oder größer als +1 sind, Lösungen der Ungleichung. Das ist im Bild der blaue Bereich.
Hätte man dagegen die Ungleichung x² - 0,5·x - 0,5 < 0 zu lösen gehabt, wären die Lösungsaussagen x > -0,5 und x < +1. Alle Zahlen zwischen -0,5 und +1 erfüllen beide Bedingungen und wären somit Lösungen. Das ist der rot markierte Bereich.
Ungleichungen höherer Ordnung
Ungleichungen ab der Ordnung 3 werden sehr unübersichtlich, so dass dringend empfohlen wird, sie graphisch zu lösen.
Bruchungleichungen
Für das Lösen von Bruchungleichungen ergeben sich neue Aspekte nur, wenn die gesuchte Größe x auch in mindestens einem der Nenner erscheint. Durch beidseitiges Multiplizieren der Gleichung mit den Nennern und anschließendes Ausmultiplizieren wird die Bruchungleichung in eine Ungleichung aus zwei Polynomen überführt.
Beim Multiplizieren mit den Nennern ist vorher zu bestimmen, für welche Werte von x sie einem negativen Wert annehmen, da sich dann ja durch die Multiplikation das Vergleichszeichen umkehrt. Gibt es einen Bereich von x, in dem beide Nenner negativ sind, so wird das Vergleichszeichen zweimal umkehrt, was sich gegenseitig aufhebt. Diese Vorabklärung wird als Fallunterscheidung bezeichnet.
Als Beispiel soll die Ungleichung
betrachtet werden.
Wie leicht ersichtlich ist, wird jeweils ein Nenner gleich Null, wenn entweder x=-0,2 oder x=-0,6. In diesen Fällen ist die Lösung nicht definiert (Division durch Null).
Ist dagegen x kleiner als -6 (x<-0,6), so sind beide Nenner negativ; für x>-0,2 sind beide positiv. Dann findet keine Umkehr des Vergleichszeichens statt und es ergibt sich durch Multiplikation der Ungleichung mit den Nennern:
(x-1,6)·(x+0,6) < (0,2-x)·(x+0,2).
Sonst (x liegt zwischen -0,6 und -0,2) wird nur der linke Nenner negativ. In diesem Fall ergibt aus der Multiplikation und nachfolgenden Äquivalenzumformungen:
(x-1,6)·(x+0,6) | > (0,2-x)·(x+0,2) | | | ausmultiplizieren! |
x²-1x-0,96 | > 0,04 - x² | | | +x² -0,04 |
2x²-1x-1 | > 0 | | | ÷2 |
x²-0,5x-0,5 | > 0 | | |
Dies ist die quadratische Ungleichung, die bereits zuvor gelöst wurde. Ihre Lösung wäre der blaue Bereich der Abbildung. Da diese Rechnung allerdings nur für den Bereich zwischen -0,6 und -0,2 gilt (s.o.), bleiben vom blauen Bereich nur Werte zwischen -0,6 und -0,5 übrig.
Zuletzt müssen wir noch die Fälle x<-0,6 und x>-0,2, für die sich das Vergleichszeichen nicht umkehrt. Lösung der erzeugten quadratischen Ungleichung wäre dann der rote Bereich der Abbildung.
Da diese Rechnung allerdings nur für den Bereich zwischen -0,6 und -0,2 gilt, ergibt sich als Lösungsbereich der Ungleichung nur die Werte zwischen -0,2 und +1.
Fazit: Die Ungleichung ist erfüllt für -0,6<x<-0,5 und für -0,2<x<+1.
Graphische Verfahren
Graphische Verfahren können im Rahmen der Zeichengenauigkeit Anhaltspunkte über Anzahl und Lage der Lösungen geben.
Liegt die Ungleichung in einer der Normalform von Gleichungen entsprechenden Form vor, lässt sich die linke Seite als Funktion auffassen, deren Graph nach einer Wertetafel mit hinreichender Genauigkeit zu zeichnen ist. Die Bereiche links oder rechts der Nullstellen (d. h. Schnittpunkte mit der x-Achse) stellen dann die Lösungsmengen grafisch dar.
Andernfalls sind die Funktionen, die der rechten und der linken Seite der Ungleichung entsprechen, zusammen in ein Achsenkreuz zu zeichnen. Die x-Werte der Schnittpunkte geben die Grenzen der Lösungsbereiche an. Quadratische Ungleichungen werden so umgeformt, dass der quadratische Term nur links vom Vergleichszeichen und mit dem Vorfaktor 1 zu stehen kommt. Dann kann man mittels Schablone die Einheitsparabel zeichnen und mit der aus der rechten Seite hervorgehenden Geraden zum Schnitt bringen. Dies ist rechts exemplarisch für die Ungleichung x²<0,5x+0,5 (roter Bereich) bzw. x²>0,5x+0,5 (blauer Bereich)gezeigt.
Siehe auch: Ungleichung - Lösen von Gleichungen