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Antonio Salieri

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Antonio Salieri (* 18. August 1750 in Legnago, Italien; † 7. Mai 1825 in Wien) war Komponist, Kapellmeister und Musiklehrer.

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Antonio Salieri

In allgemeiner Erinnerung ist Salieri - heutzutage nicht zuletzt aufgrund des Theaterstückes Amadeus von Peter Shaffer, das von Milos Forman kongenial verfilmt wurde - als großer Gegenspieler Wolfgang Amadeus Mozarts. Angeblich hat sich Salieri im hohen Alter zum Mord an Mozart bekannt, jedoch ist es angesichts seiner geistigen Verwirrung und seines körperlichen Verfalls mehr als zweifelhaft, dass dieses Geständnis der Wahrheit entspricht - abgesehen davon, dass von zahlreichen Zeitzeugen bestritten wird, dass sich Salieri überhaupt jemals in dieser Weise geäußert habe.

Salieris Musik wurde in der Vergangenheit häufig als uninspiriert verkannt; dies ändert sich allerdings in den letzten Jahren auffällig: So fand sich 2003 eine Sammlung mit Arien von Salieri, gesungen von Cecilia Bartoli, aufgrund des gigantischen Verkaufserfolges in den Pop-Charts wieder. Salieris Opern erleben mittlerweile auch auf der Bühne eine Renaissance, wie z.B. 1994 Catilina in Darmstadt, 1995 Falstaff ossia Le tre Burle bei den Schwetzinger Festpielen, 1998 Cublai, gran Kan de´ Tartari in Würzburg, 2003 Axur, re d´Ormus in Zürich/Winterthur, 2004 L´Europa riconosciuta an der Mailänder Scala, 2005 La Grotta di Trofonio in Lausanne.

Antonio Salieri erntete in seiner Zeit beträchtlichen öffentlichen Beifall. Er studierte Violine und Cembalo bei seinem Bruder Francesco, der von Giuseppe Tartini unterrichtet wurde. Nach dem frühen Tod seiner Eltern ging er nach Padua, später nach Venedig, wo er bei Giovanni Pescetti Generalbass lernte. 1766 traf Salieri Florian Leopold Gassmann, der ihn einlud, mit ihm an den kaiserlichen Hof nach Wien zu kommen, und ihn dort, basierend auf Gradus ad Parnassum von Johann Joseph Fux, in Komposition unterrichtete. Salieri blieb für den Rest seines Lebens in Wien, wurde 1774, als Gassmann starb, Kammerkomponist des Kaisers Joseph II. und Kapellmeister der italienischen Oper, war 1788 bis 1790 Hofkapellmeister, bis 1824 dann Leiter der Hofsängerkapelle und ab 1817 auch Oberleiter des Konservatoriums.

Salieri erwarb sich in Wien großes Ansehen als Komponist und Dirigent, besondern von Opern, aber auch von Kammer- und Kirchenmusik. Die erfolgreichsten seiner 39 Opern waren Armida (1771), La Scuola de´gelosi (1778), Der Rauchfangkehrer (1781), Les Danaïdes (1784), die man in Paris anfangs als Werk seines Förderers Christoph Willibald Gluck ausgab, La Grotta di Trofonio (1785), Tarare (1787) auf einen Text von Beaumarchais, Axur, re d´Ormus (1788), Palmira, regina di Persia (1795) und Falstaff ossia Le tre Burle (1799). Instrumentalmusik hingegen schrieb er vergleichsweise wenig, u.a. entstanden zwei Klavierkonzerte und ein Orgelkonzert aus dem Jahre 1773, ein Konzert für Flöte, Oboe und Orchester (1774), mehrere Serenaden für Bläser, sowie 26 Variationen über "La Follia di Spagna" für großes Orchester (1815). Er arbeitete häufig mit anderen gefeierten Komponisten wie Joseph Haydn zusammen, und unterrichtete später so berühmte Tonsetzer wie Ludwig van Beethoven, Franz Schubert, Franz Liszt, Simon Sechter, Carl Czerny, Johann Nepomuk Hummel, Franz Xaver Süßmayr und auch Franz Xaver Mozart, der jüngste Sohn von Wolfgang Amadeus Mozart.

Antonio Salieri wurde auf dem Zentralfriedhof in Wien beerdigt.

Mozarts Behauptungen

In den 1790er Jahren beschuldigte Mozart Salieri des Plagiats und des Versuchs, ihn zu vergiften. Als Mozarts Musik über die Jahrzehnte im Zuge des einsetzenden Genie-Kultes immer populärer wurde und Salieris Stern am Opernhimmel zu sinken begann, gewannen die unbegründeten Behauptungen an Glaubwürdigkeit und trübten Salieris Ruf. Auch das zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufkeimende Nationalbewusstsein trug hierzu bei; man wollte den Italiener Salieri gegen das "deutsche Genie" Mozart ausspielen. Vergessen wurde hierbei, dass Salieri seit seinem sechzehnten Lebensjahr in Wien lebte und durchaus als deutscher Komponist galt. Sehr wahrscheinlich sah er sich auch selbst in diesem Lichte: seinen vielen kaisertreuen Kantaten, Lieder und Gesänge in deutscher Sprache scheinen jedenfalls darauf hinzuweisen. Seinen Abschied von der Bühne gab Salieri mit der deutschen Oper Die Neger im Jahre 1804 auf einen Text von Georg Friedrich Treitschke, der auch das Libretto zu Beethovens Fidelio verfasste.

Sein Biograph Alexander Wheelock Thayer gibt an, dass Mozarts Verdacht angeblich 1781 ausgelöst wurde, als er sich darum bewarb, der Musiklehrer der Prinzessin von Württemberg zu werden, Salieri aber ausgewählt wurde, und es ihm im folgenden Jahr auch nicht gelang, als ihr Klavierlehrer angestellt zu werden. Später, als Mozarts Le nozze di Figaro (Figaros Hochzeit) weder beim Kaiser noch beim Publikum Erfolg hatte, machte Mozart Salieri für den Misserfolg verantwortlich: Salieri und seine Umgebung würden Himmel und Erde in Bewegung setzen, um den Figaro niederzumachen, schrieb sein Vater Leopold. Aber zur Zeit der Premiere des Figaro war Salieri in Frankreich mit den Vorbereitungen zu seiner Tragédie lyrique Les Horaces beschäftigt. Thayer vermutet, dass die Intrigen um den Misserfolg des Figaro durch den Dichter Giovanni Battista Casti veranlasst wurden und sich eigentlich gegen den Hofdichter Lorenzo Da Ponte richteten, der das Libretto zum Figaro geschrieben hatte.

Später, als Da Ponte in Prag war, um die Uraufführung von Mozarts Don Giovanni vorzubereiten, wurde der Dichter wegen einer königlichen Hochzeit, zu der Salieris Oper Axur, re d´Ormus aufgeführt werden sollte, nach Wien zurückgerufen: Offensichtlich war Mozart mit diesem Vorhaben nicht einverstanden. Salieri andererseits beabsichtigte offenbar gar nicht, Mozarts Karriere aufzuhalten: 1788, als Salieri Hofkapellmeister wurde, hatte er anstatt einer eigenen Oper sogar den Figaro erneut auf die Bühne gebracht. Immer wieder begegnen sich die beiden Komponisten eher kollegial als feindlich gesinnt; man weiß z.B., dass es ein gemeinsames Werk der beiden gab, die Kantate Per la ricuperata salute di Ofelia KV 477a (1785) auf einen Text von Lorenzo Da Ponte, die zur Genesung der Sängerin Nancy (Anna Selina) Storace von Salieri, Mozart und einem gewissen Cornetti komponiert worden war. Leider ist das bei Artaria im Druck erschienen Stück bis heute verschollen. In seinem letzten erhaltenen Brief an Constanze vom 14. Oktober 1791 schreibt Mozart von einen gemeinsamen Besuch der Zauberflöte, bei dem sich Salieri geradezu enthusiastisch über das Werk äußert.

Als Salieris Gesundheitszustand in seinen späteren Jahren verschlechterte und er sich in ein Krankenhaus begeben musste, kamen Gerüchte auf, Salieri habe sich zum Mord an Mozart bekannt. Seine beiden Pfleger, wie auch sein Arzt bezeugten jedoch, dass er nichts dergleichen geäußert habe und mindestens einer von ihnen in dieser Zeit ständig in seiner Nähe gewesen sei.

Nach Salieris Tod begann mit Alexander Puschkins Dramolett "Mozart und Salieri" 1831 und später mit Nikolai Rimski-Korsakows Vertonung dieses Stoffes (1898) eine Tradition dichterischer Freiheit, Salieri - basierend auf Mozarts Behauptungen - in Verdacht zu bringen, die durch "Peter Shaffer"s Bühnenstück und dessen Verfilmung "Amadeus" von "Milos Forman" fortgesetzt wurde. In Ergänzung zu dem Mordvorwurf wird Salieri in dem Film fälschlicherweise als mittelmäßiger Komponist, Intrigant und Gotteslästerer dargestellt. Tatsächlich macht sein Gesamtwerk sein herausragendes Talent offenkundig, zahlreiche Zeitzeugen belegen Salieris äußerst liebenswürdige Art. Seine tief empfundene Religiosität wird von seinen Biographen nicht angezweifelt.

Siehe auch: Amadeus (Film)

Literatur

  • A. della Corte: Un italiano all'estero (Turin 1936)
  • A. Braga: Antonio Salieri tra mito e storia (Bologna 1963)
  • R. Angermüller: Antonio Salieri, 3 Bände (München 1971-1974)
  • R. Angermüller: Antonio Salieri. Fatti e Documenti (Legnago 1985)
  • V. Braunbehrens: Salieri - Ein Musiker im Schatten Mozarts (Neuausgabe 1992)
  • V. Della Croce/F. Blanchetti: Il caso Salieri (Turin 1994)
  • R. Angermüller: Antonio Salieri. Dokumente seines Lebens, 3 Bände (Bad Honnef 2000)