Zweite Kamtschatkaexpedition

Die Zweite Kamtschatkaexpedition (auch Große Nordische Expedition) war eine zwischen 1733 und 1743 durchgeführte Expedition unter der Leitung des Marineoffiziers Vitus Bering, deren Teilnehmer Sibirien erforschten, die nördlichen Küsten des Russischen Reiches vermaßen und Seewege vom ostsibirischen Ochotsk nach Nordamerika und Japan erkundeten.
Die Vermessung der nördlichen und nordöstlichen Küsten Sibiriens fand vor dem Hintergrund der Suche nach der Nordostpassage statt. Mit der Auffindung eines Seewegs entlang der Nordküsten Asiens sollten die kostenaufwendigen Landtransporte im russischen Chinahandel entfallen. Die Erschließung Sibiriens diente dem Aufbau von Verkehrswegen und Nachrichtenverbindungen sowie der Suche nach wirtschaftlichen Ressourcen. Mit Seereisen von Kamtschatka über den Nordpazifik zur Nordwestküste Nordamerikas und von Ochotsk nach Japan sollte die Möglichkeit der Aufnahme direkter Handelsbeziehungen geprüft werden.
Im Auftrag der St. Petersburger Akademie der Wissenschaften führte eine Gruppe von Gelehrten Untersuchungen zur Geologie, Geographie, Astronomie, Botanik, Zoologie, Geschichte und Völkerkunde durch. An ihrer Spitze standen der Naturforscher und Botaniker Johann Georg Gmelin, der Historiker Gerhard Friedrich Müller und der Astronom Louis De l'Isle de la Croyère, die von einer Gruppe von Landvermessern, Zeichnern und weiteren Hilfskräften begleitet wurden. Der russische Student Stepan Krascheninnikow erforschte − ab 1740 unter der Leitung Georg Wilhelm Stellers − die Halbinsel Kamtschatka.
Mit über 3.000 direkt und indirekt beteiligten Personen war die Zweite Kamtschatkaexpedition vermutlich das größte Expeditionsvorhaben der Geschichte. Die Gesamtkosten des zehn Jahre dauernden Unternehmens beliefen sich auf die für damalige Zeiten unvorstellbar hohe Summe von geschätzten 1,5 Millionen Rubeln, was ungefähr einem Sechstel der Staatseinnahmen Rußlands im Jahr 1724 entsprach.[2].
Vorgeschichte: Erste wissenschaftliche Erkundungen Sibiriens und Berings erste Expedition
Die geographische Erkundung und wissenschaftliche Erforschung des östlichen Teils Asiens geht auf den ab 1689 in Rußland regierenden Zar Peter den Großen (1672–1725) zurück. Dieser war auf seiner in den Jahren 1697 und 1698 unternommenen Studienreise durch verschiedene Länder Europas zur Schaffung einer eigenen wissenschaftlichen Akademie angeregt worden. Eine der Aufgaben dieser 1724 gegründeten und zunächst in Sankt Petersburg angesiedelten Einrichtung, der heutigen Russischen Akademie der Wissenschaften, bestand in der Ausrichtung und wissenschaftlichen Begleitung von Expeditionen in bislang unbekannte Teile des russischen Kaiserreichs. Noch zu Lebzeiten Peters fand die Reise des deutschen Mediziners Daniel Gottlieb Messerschmidt (1685–1735) statt, der zwischen 1720 und 1727 West- und Zentralsibirien bereiste und dabei Untersuchungen zur Geographie, Mineralogie, Botanik, Zoologie, Ethnographie, Philologie, sowie zur Wirtschaft und zum Handel anstellte. Heute gilt Messerschmidts Expedition als Auftakt zur wissenschaftlichen Erforschung Sibiriens.
Das Streben nach wissenschaftlicher Erkenntnis war jedoch nur eines der Motive zur Erkundung des östlichen Asiens. Kurz vor dem Tode des Zaren unterzeichnete dieser den Befehl zu einer weiteren großen Expedition gen Osten. Peter war im Laufe seines Lebens mehrmals mit Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) zusammengetroffen und war von diesem bei ihrem letzten Treffen in Bad Pyrmont 1716 mit der Frage konfrontiert worden, ob es eine Landverbindung zwischen der nordöstlichen Spitze Asiens und Nordamerika gebe. Nachdem eine im Jahr 1719 begonnene Expedition der beiden russischen Geodäten Iwan Jwreinow (gest. 1724) und Fjodor Lushin (gest. 1727) zumindest hinsichtlich der Beantwortung dieser Frage erfolglos geblieben war, gab Peter 1724 den Auftrag zu einer erneuten Expedition, der sogenannten „Ersten Kamtschatkaexpedition“.

Geleitet wurde dieses von 1728 bis 1730 dauernde Unternehmen von dem dänischen Kapitän Vitus Jonassen Bering (1681–1741), der seit 1704 als Marineoffizier in der kaiserlich-russischen Flotte diente. Die Aufgaben der Ersten Kamtschatkaexpedition bestanden in der kartographischen Erfassung des östlich der sibirischen Stadt Tobolsk gelegenen Teils Rußlands, der geographischen Erfassung der Ostküste des russischen Reiches und schließlich in der Beantwortung der Frage nach einer Landbrücke zwischen Asien und Nordamerika.[3] In Berings Instruktionen hieß es zu diesem letzten Punkt:
- I. (Man soll) in Katschatka, oder an einem anderen Orte, ein oder zwei Schiffsböte mit Verdecken bauen.
II. Mit diesen Schiffsböten (soll man) längs der Küste, welche nach Norden verläuft (segeln), und wahrscheinlich, da man ihr Ende nicht kennt, ist dieses Land ein Theil von Amerika.
III. Und deswegen (soll man) suchen, wo sie mit Amerika zusammenläuft, und bis zu irgend einer Stadt einer Europäischen Macht gehen, oder wenn man irgend ein Europäisches Schiff sieht, von ihm erfragen, wie die Küste heisst, und es aufschreiben und selbst an der Küste landen, wahrhafte Nachrichten einziehen (oder Kenntnis nehmen), und nachdem man sie auf eine Karte gebracht hat, zurückkehren.[4]
Bering verfehlte dieses Ziel nur knapp. Mit seinem an der Mündung des Kamtschatkaflusses gebauten Schiff St. Gabriel brach er im Juni 1728 in nordöstlicher Richtung auf und segelte bis zu einer nördlichen Breite von 67° 18' 48'', bevor er sich – nach kontroversen Beratungen mit seinen Offizieren – zur Umkehr entschloß. Auf der Rückreise verhinderte schlechtes Wetter die Sichtung des nordamerikanischen Festlandes. Ein im Folgejahr unternommener zweiter Versuch verlief ebenso ergebnislos wie der erste. Wieder waren es Nebel und Sturm, die Bering nur knapp an der Sichtung der Küste Nordamerikas scheitern ließen. Trotz der neuen Erkenntnisse zur Geographie der nordöstlichen Küste Sibiriens und des im Zuge der Expedition gesammelten Wissens über die Völker Sibiriens wurde der Bericht, den Bering nach seiner Rückkehr nach Sankt Petersburg im Frühjahr 1730 anfertigte, äußerst kontrovers diskutiert. Aus den Zweifeln des russischen Senats und des Admiralitätskollegiums an der Erfüllung seiner Mission wurde die Idee einer weiteren Forschungsreise geboren, der späteren „Zweiten Kamtschatkaexpedition“, die auch als „Große Nordische Expedion“ bezeichnet wird.
Die Expedition
Planungen und Vorbereitungen
Im April 1730, knapp zwei Monate nach seiner Rückkehr von der Ersten Kamtschatkaexpedition, legte Bering dem russischen Senat zwei Denkschriften vor, in denen er eine zweite Forschungsreise vorschlug. Im Zentrum seiner Pläne standen die Vermessung der nördlichen Küsten des russischen Reiches, der Ausbau des Hafens von Ochotsk als Zugang zum Pazifischen Ozean, die Suche von Seewegen nach Nordamerika und Japan, die Erschließung der sibirischen Bodenschätze und schließlich die Absicherung der russischen Herrschaft im östlichen Teil Asiens. Die Rahmenbedingungen für dieses gigantische Vorhaben erwiesen sich als äußerst günstig. Die ab 1730 regierende Zarin Anna Iwanowna (1693–1740) war bestrebt, das Werk Peters des Großen fortzusetzen und die territoriale und ökonomische Expansion ihres Reiches weiter voranzutreiben. Mit dem Ukas vom 17. April 1732 erging ein Erlass der Zarin zur Aussendung einer neuen Expedition, dem am 2. und 15. Mai 1732 zwei Ukase des russischen Senats an das Admiralitätskollegium zur Vorbereitung des Unternehmens und zur Einsetzung von Vitus Bering als dessen Leiter folgten. Ein Ukas des Senats vom 2. Juni 1732 verpflichtete die Sankt Petersburger Akademie der Wissenschaften zur Abfassung von Instruktionen für den wissenschaftlichen Teil der Reise. Ein weiterer Ukas des Senats an Bering vom 27. Dezember 1732 schließlich betraf die Organisation und die Aufgaben der Expedition.

Zur Erfüllung ihrer Ziele wurde die Expedition in drei Gruppen mit jeweils einer oder mehreren Abteilungen untergliedert. Die Aufgabe der nördlichen Gruppe bestand in der Vermessung und kartographischen Erfassung der nördlichen Küste Rußlands zwischen dem am Weißen Meer gelegenen Hafen Archangelsk und dem Fluß Anadyr in Ostsibirien. Die Erfüllung dieser Aufgabe stellte die Grundlage für die Beantwortung der Frage nach der Nordostpassage als Verbindung Europas mit dem Pazifik dar und zielte darauf ab, eine Alternative zu den kostenaufwendigen Landtransporten im russischen Chinahandel und eine nördliche Seeroute nach Indien zu finden. Zur Durchführung ihrer Aufgaben wurden im Vorfeld Vorratslager zur Versorgung der nördlichen Gruppe entlang ihrer Reiseroute angelegt. Die pazifische Gruppe der Expedition bestand aus zwei Abteilungen. Die erste, von Vitus Bering selbst geleitete Abteilung, sollte von Ochotsk aus Kamtschatka erkunden, das legendäre „Joao-da-Gama-Land“ (auch „Compagnieland“) suchen und dann weiter nach Osten bis zur Küste Nordamerikas segeln. Die zweite pazifische Abteilung stand unter der Leitung des dänischen Kapitäns Martin Spangberg (gest. 1757 oder 1761), der Bering bereits auf der Ersten Kamtschatkaexpedition zur Seite gestanden hatte und die Aufgabe erhielt, von Ochtsk aus den Seeweg nach Japan und China zu erkunden. Die akademische Gruppe der Expedition wurde von drei Professoren der Sankt Petersburger Akademie der Wissenschaften angeführt. Auf Vorschlag des noch von Peter dem Großen nach St. Petersburg berufenen Astronomen Joseph Nicolas Delisle (1688–1768) sollte dessen jüngerer Bruder Louis De l'Isle de la Croyère (1690–1741) astronomisch-geographische und physikalische Messungen vornehmen. Der deutsche Historiker und Geograph Gerhard Friedrich Müller (1705–1783) wurde für ethnologische und historische Studien bestimmt und der württembergische Naturforscher und Botaniker Johann Georg Gmelin (1709–1755) sollte Untersuchungen zur Pflanzenwelt und Geologie Sibiriens durchführen.
Gmelin, der durch die Vermittlung seines ehemaligen Tübinger Lehrers, dem Professor für Philosophie und Physik Georg Bernhard Bilfinger (1693–1750) an die Sankt Petersburger Akademie gekommen war, verfaßte die Instruktionen für seine naturgeschichtlichen Forschungsarbeiten selbst. Eine besondere Rolle spielten hierbei die Untersuchung von Mammutknochen, die er in Sibirien auszugraben plante. Zusätzliche Anweisungen zur Untersuchung der Anatomie sibirischer Tiere und von Angehörigen sibirischer Volksstämme erhielt er von dem Anatomen Johann Georg Duvernoi (1691–1759), der wie Bilfinger zu seinen ehemaligen akademischen Lehrern gehörte. Gemeinsam mit Croyère bekam Gmelin von dem Physiker Daniel Bernoulli (1700–1782) Instruktionen zur Durchführung einer Reihe von physikalischen Messungen. Croyère selbst erhielt – ebenso wie die ihn begleitenden Geodäten – Instruktionen, die sein Bruder Joseph Nicolas verfaßt hatte. Seine wichtigste Aufgabe bestand darin, die geographische Länge und Breite möglichst vieler Orte unter Anwendung astronomischer Beobachtungsmethoden zu bestimmen. Der Historiker Müller entwarf, ebenso wie Gmelin, seinen Hauptarbeitsplan selbst. Seine wichtigsten Ziele bestanden in der Erforschung der Geschichte aller während der Expedition bereisten Städte und der Sammlung von möglichst vieler Sprachproben von sibirischen Volksgruppen, mit denen die Forscher zusammentreffen würden. Sonderinstruktionen erhielten die beiden zur akademischen Abteilung gehörenden Maler Johann Christian Berckhan (gest. 1751) und Johann Wilhelm Lürsenius (gest. nach 1770). Dazu kamen allgemeine Anweisungen der Sankt Petersburger Akademie, die etwa die Abfassung der in russischer und lateinischer Sprache anzufertigen Berichte über den Stand und die Ergebnisse der Expedition betrafen. Zur Durchführung ihrer Arbeiten wurden den Teilnehmern der akademischen Abteilung zahlreiche astronomische, geodätische und physikalische Messinstrumente zur Verfügung gestellt. Der sibirische Gouverneur und die Statthalter waren gehalten, den Forschern alle erforderliche Unterstützung zukommen zu lassen.
Die Reisen der drei Expeditionsgruppen (1733–1743)
Die akademische Gruppe
Nachdem die beiden pazifischen Abteilungen unter Martin Spangberg und Vitus Bering Sankt Petersburg bereits im Februar und April 1733 in Richtung Osten verlassen hatten, machte sich die akademische Gruppe am 8. August 1733 auf den Weg. Neben den drei Akademiemitgliedern Gmelin, Müller und Croyère gehörten zu der akademischen Gruppe die russischen Studenten Stepan Krascheninnikow, Alexei Grolanow, Luka Iwanow, Wassili Tretjakow und Fjodor Popow, der Student und Übersetzer Ilja Jaontow (gest. 1739), die Geodäten Andrei Krassilnikow (1705–1773), Moisei Uschakow (gest. vor 1743), Nikifor Tschekin und Alexandr Iwanow (gest. 1738), der Instrumentenmacher Stepan Owsjanikow (gest. 1738), sowie die Maler Johann Christian Berckhan und Johann Wilhelm Lürsenius. Zu ihrem Schutz wurden zwölf Soldaten, ein Korporal und ein Trommler abkommandiert. Als Transportmittel zu Land dienten Pferde; auf den Flüssen wurden Lastkähne eingesetzt.
Ihre Reiseroute führte die akademische Gruppe zunächst über Nowgorod, Kasan, Jekaterinburg und Tjumen bis Tobolsk, wo sie im Januar 1734 ankamen. Im Mai trennten sich Gmelin und Müller von dem übrigen Teil der Gruppe, der unter die Leitung Croyères gestellt wurde und reisten bis Dezember 1734 den Irtysch aufwärts über Semipalatinsk, Kusnezk nach Tomsk und weiter nach Jenisseisk. Über Krasnojarsk und Udinsk erreichten sie Anfang März 1735 Irkutsk. Dort ließen sie einen Teil ihres Gepäcks zurück und machten sich auf, das Gebiet um den Baikalsee zu erkunden. Sie studierten das Handelstreiben in der russisch-chinesischen Grenzstadt Kjachta in Transbaikalien und statteten den Bergwerken von Argun einen Besuch ab. Den Winter verbrachten sie wieder in Irkutsk. Müller beschäftigte sich im örtlichen Archiv mit der Durchsicht und Abschrift von Dokumenten und Gmelin studierte die im Sommer gesammelten Pflanzen.

Das nächste Reiseziel war Jakutsk, wo die Teilnehmer der akademischen Gruppe mit Bering zusammentreffen und gemeinsam nach Kamtschatka weiterreisen sollten. Nach ihrer Abreise aus Irkutsk reisten die beiden Gelehrten zunächst den vereisten Fluß Angara entlang bis Ilimsk, wo sie das Osterfest feierten. Als die Lena im Mai eisfrei war, setzten sie ihre Reise mit Booten stromabwärts bis Jakutsk fort, wo sie im September 1736 ankamen. Hier waren inzwischen auch fast alle Mitglieder der pazifischen Abteilungen versammelt und so hatten Gmelin und Müller große Probleme, überhaupt eine Bleibe zu finden. Zu allem Unglück brach am 8. November 1736 in Gmelins Unterkunft Feuer aus. In seinen später verfaßten Reiseerinnerungen beschrieb er die nächtliche Situation:
- Um neun Uhr hörte man Sturm läuten, und es hieße, daß Feuer ausgekommen wäre; bald darauf wurde gesagt, es brennte das Haus, darin ich wohnte. Wir eilten alle dahin; aber alle Hülfe war vergeblich […] Wer konnte bestürzter seyn als ich? da ich mich auf einmahl aller Hülfsmittel zu künftigen Wahrnehmungen, vornehmlich der Bücher und Instrumenten, aller meiner vorher verfertigten Aufsätze auf einmal beraubet sahe[5]
Aus dem ausgebrannten Haus ließen sich nur einige Bücher sowie Gmelins Barschaft retten; zum Teil waren die Münzen durch die Hitze geschmolzen. Der Verlust der botanischen Schriften traf Gmelin besonders. Sofort nach dem Brand setzte er ein Schreiben an den Senat in Sankt Petersburg auf und bat um Ersatz für die verlorenen Bücher und wissenschaftlichen Instrumente.
Ihren Instruktionen zufolge sollten die Mitglieder der akademischen Gruppe von Jakutsk aus direkt nach Kamtschatka aufbrechen. Als sie jedoch von Bering erfuhren, daß der auf Kamtschatka benötigte Proviant dort noch nicht eingetroffen war, entschieden sie, zunächst den Studenten Stepan Krascheninnikow vorauszuschicken. Dieser erhielt den Auftrag, in Bolscherezk als dem südlichsten Ort der Halbinsel für geeignete Quartiere zu sorgen und dann einen botanischen Garten mit einheimischen Wildräutern anzulegen, um Gmelin seine spätere Arbeit zu erleichtern. Für die Erforschung Kamtschatkas trugen Gmelin und Müller dem Studenten ein umfangreiches Arbeitsprogramm auf. Krascheninnikow sollte „einen Anfang mit den Wahrnehmungen des Wetters machen, die Ebbe und Fluth des Kamtschatkischen Meeres fleißig aufzeichnen, den feuerspeyenden Berg und die warmen Länder, Fische, vierfüßige und beydes, im Wasser und auf dem Lande lebende Tiere, Vögel, auch alles, was die See auswirft, fleißig sammlen und beschreiben und alle Nachrichten, die von Kamtschadalen, Korjaken und Kurilen zu bekommen wären, sowohl in Ansehung ihrer Lebensart, Kleidung, Götzendienstes, Sitten und Gebräuchen, Handels und Wandels, als auch ihrer Erzählungen von der Abkunft, durch sichere Kundschaften zusammen bringen und auf das genaueste beschreiben“[6]. Schließlich, so begründete Gmelin die Entscheidung in seinem Reisebericht, sei schon genügend Zeit verflossen und weder Müller noch er hätten sonderliche Lust, „ewige Bürger von Sibirien zu werden“[7].

Am 9. Juli 1737 reiste Krascheninnikow zusammen mit den Expeditionsteilnehmern der pazifischen Abteilung unter der Führung von Vitus Bering nach Ochotsk ab. Auf der anschließenden Schiffsreise über das Ochotskische Meer entging Krascheninnikow nur knapp dem Tod und verlor beim Untergang des Schiffes Fortuna seine Vorräte und sein Reisegepäck. Notdürftig richtete er sich in Bolscherezk, dem an der Westküste der Halbinsel gelegenen damaligen Handelszentrum Kamtschatkas ein und erforschte während der nächsten knapp vier Jahre auf insgesamt fünf Routen die Tier- und Pflanzenwelt der Halbinsel, zeichnete Karten und stellte eine Vielzahl wissenschaftlicher Untersuchungen an. Im September 1740 kam der Arzt und Naturforscher Georg Wilhelm Steller (1709–1746) auf Kamtschatka an. Steller, hatte nach seinem Studium zunächst als Lehrer am Waisenhaus August Hermann Franckes (den heutigen Franckeschen Stiftungen) in Halle gearbeitet. Ohne Aussicht auf eine akademische Karriere in Preußen und angelockt von Nachrichten über die Zweite Kamtschatkaexpedition war er in russische Dienste getreten und im November 1734 in Sankt Petersburg angekommen. Nachdem Anfang 1735 eine Erweiterung des wissenschaftlichen Stabes der Expedition beschlossen worden war, reiste er der akademischen Abteilung hinterher, um als Assistent Gmelins botanische Studien durchzuführen. Anfang 1739 traf er im sibirischen Jenisseisk auf Gmelin und Müller. Diese hatten inzwischen entschieden, nicht selber nach Kamtschatka zu reisen und schickten an ihrer Statt Steller auf die Reise nach Osten. Als dieser am 8. Oktober 1740 schließlich in Bolscherezk eintraf, informierte er sich zunächst auf der Grundlage eines ausführlichen schriftlichen Berichtes Krascheninnikows über dessen bisherige Arbeit. Da im hereinbrechenden Winter kaum botanische Arbeiten durchzuführen waren, unternahm Steller gemeinsam mit Krascheninnikow einen Abstecher in eine nahegelegene Siedlung der einheimischen Itelmenen, bevor er Anfang 1741 mit Hundeschlitten zu einer fast zwei Monate dauernden Reise durch den Süden der Halbinsel aufbrach. Nach seiner Rückkehr erreichte ihn ein Schreiben Berings, in dem er aufgefordert wurde, diesen als Arzt auf der Seeexpedition nach Nordamerika zu begleiten. Im Jahr 1742 erhielt auch Krascheninnikow den Befehl, Kamtschatka zu verlassen, traf dann in Sibirien mit Gmelin und Müller zusammen und kehrte gemeinsam mit beiden 1743 nach Sankt Petersburg zurück.
Die nördliche Gruppe
Die nördliche Gruppe stand vor der Aufgabe, die gesamte Küste zwischen Archangelsk und der heutigen Beringstraße zu vermessen und kartographisch zu erfassen. Grundlage hierfür war die seit dem 16. Jahrhundert Jahrhundert diskutierte Idee von der Existenz einer Nordostpassage und damit einer nördlichen Seehandelsverbindung zwischen Europa und China. Eine solche Route durch das Nordpolarmeer wäre für den russisch-chinesischen Handel erheblich kostengünstiger gewesen, als die aufwendigen Landtransporte durch Zentralasien. Peter der Große hatte die Idee einer Suche nach der Nordostpassage während seiner Regentschaft aufgegriffen und seinen Berater Fjodor Saltykow (gest. 1715) mit der Entwicklung detaillierter Pläne für die Erkundung des nördlichen Küsten des Zarenreichs beauftragt. Die von Saltykow in den Jahren 1713 und 1714 entwickelten Vorschläge wurden zur Grundlage des Expeditionsplanes für die nördliche Gruppe der Großen Nordischen Expedition. Dieser sah vor, im Landesinneren am Ob und an der Lena Schiffe zu bauen, die dann bis zu den jeweiligen Flußmündungen segeln und von dort aus die Küste erkunden sollten. Ein in Tobolsk am Ob gebautes Schiff sollte von der Mündung aus nach Osten segeln und mit einem an der Lena gebauten Schiff zusammentreffen, das seinerseits nach Westen segeln sollte. Ein drittes, ebenfalls an der Lena gebautes Schiff erhielt den Auftrag, ostwärts bis nach Kamtschatka zu fahren. Zur Versorgung und besseren Orientierung der einzelnen Gruppen war die Errichtung von Magazinen und Signaltürmen entlang der Küstenlinie vorgesehen.

Die Erfüllung ihrer Aufgaben stellte sich für die Expeditionsteilnehmer der nördlichen Gruppe schon bald als schwierig und verlustreich heraus. Allein vier Anläufe brauchte Dmitri Owzyn (gest. 1757), bis er nach der 1734 erfolgten Fertigstellung seines Schiffes in Tobolsk schließlich im Jahr 1737 aus westlicher Richtung kommend die Mündung des Jenissei erreichte. Einer von Leutnant Wassili Prontschischteschew (1702–1736) geführten Gruppe gelang es erst im zweiten Anlauf, die Halbinsel Taimyr zwischen Laptewsee und Karasee aus östlicher Richtung kommend zu umfahren. Sowohl Prontschischtschew als auch seine ihn begleitende Frau und ein Großteil der Mannschaft verloren bei diesem Unternehmen ihr Leben. Drei Jahre später unternahm Kapitän Chariton Laptew einen neuen Versuch, die Taimyrhalbinsel von Osten aus zu umrunden. Zunächst erreichte er zusammen mit seiner Mannschaft die Chatangabucht, wo sie einfache Unterkünfte und Proviant zum Überwintern vorfanden. Als sie im nächsten Jahr wieder aufbrachen, wurde ihr Schiff jedoch vom Packeis eingeschlossen und zerdrückt. Nachdem Laptew zunächst eine von seinem Steuermann Semjon Tscheljuskin (um 1700–nach 1760) angeführte Gruppe zu Fuß zur Erkundung der Insel losgeschickt hatte, brach er im April 1741 selber in Begleitung eines Matrosen und eines jakutischen Führers auf. Während der nächsten Monate durchquerten Tscheljuskin und Laptew die Taimyrhalbinsel und vermaßen deren Küste. Tscheljuskin erreichte dabei im Frühjahr 1742 deren nördlichsten Punkt, das später nach ihm benannte Kap Tscheljuskin. In ihren an das Sankt Petersburger Admiralitätskollegium gerichteten Berichten stimmten später beide darin überein, daß die Seeroute um die Halbinsel aufgrund des Packeises nicht für den Schiffsverkehr geeignet sei.
Das dritte Schiff unter der Führung von Leutnant Peter Lassenius (auch Lassinius, gest. 1735) sollte 1735 von der Lena aus ostwärts aufbrechen. Allerdings blieben Lassenius und seine Besatzung schon im Mündungsgebie der Lena im Eis stecken und versuchten zu überwintern. Beim Eintreffen einer Hilfsexpedition im Frühjahr 1736 waren 42 der ursprüngliche 52 Expeditionsteilnehmer bereits gestorben, unter ihnen auch Lassenius. Daraufhin entsandte Bering eine neue Gruppe unter dem Kommando von Dmitri Laptew (gest. nach 1762), einem Cousin Chariton Laptews, an die nördliche Küste Sibiriens. In östlicher Richtung vorstoßend erreichte Dmitri Laptew im Sommer 1739 den Fluß Indigirka, bevor sein Schiff vom Eis eingeschlossen wurde. Nach einer Überwinterung ließ Laptew kleinere Boote bauen, um im Eis besser manövrieren zu können und gelangte auf diese Weise 1740 bis zur Mündung des Flusses Kolyma. Nachdem er erneut im Eis überwintern mußte, entschied Laptew sich schließlich, auf dem Landweg bis zur Mündung des Anadyr am südlichen Rand der Tschuktschenhalbinsel weiterzureisen. Im Ergebnis stand damit fest, daß die schwierigen klimatischen Bedingungen eine wirtschaftliche Nutzung der Nordostpassage nicht zuließen. Dennoch gelang den Teilnehmern der nördlichen Gruppe die bis auf die Halbinsel Kola und die Tschuktschenhalbinsel vollständige kartographische Erfassung der nördlichen Küsten Sibiriens. Die erste Bewältigung der Nordostpassage in westöstlicher Richtung gelang dagegen erst am Ende des 19. Jahrhunderts, als der schwedische Polarforscher Adolf Erik Nordenskiöld mit seinem Dampfer Vega 1878/79 durch das nördliche Eismeer bis zur Beringstraße vorstieß.
Die zwei pazifischen Abteilungen
Die Japanreisen Spangbergs

Die erste pazifische Abteilung unter der Leitung des dänischen Kapitäns Martin Spangberg (auch: Spanberg) war damit beauftragt worden, den Seeweg nach Japan zu erkunden und damit einen direkten Handelskontakt zwischen Japan und dem russischen Kaiserreich zu ermöglichen. Spangberg stand seit 1720 im Dienst der russischen Marine und hatte Vitus Bering bereits zwischen 1728 und 1730 auf der Ersten Kamtschatkaexpedition begleitet. Im Jahr 1732 wurde Spangberg zum Kapitän dritten Ranges befördert und als Teilnehmer der Großen Nordischen Expedition bestimmt. Neben der Erkundung einer Seeroute von Kamtschatka zur Mündung des Amur und weiter nach Japan bestand seine Aufgabe in der Suche nach dem Land „Jesso“ (auch „Jedso“ oder „Jeso“) von dem angenommen wurde, daß es womöglich mit Japan verbunden sei.
Nach seiner Ankunft in Ochotsk ließ Spangberg dort zwischen 1734 und 1737 zwei Schiffe bauen. Im Juni 1738 liefen die Brigantine Erzengel Michail unter dem Kommando Spangbergs und die Doppelschaluppe Nadeshda (russ. für „Hoffnung“) unter Leutnant William Walton gemeinsam mit der noch von der Ersten Kamtschatkaexpedition stammenden St. Gabriel unter Alexander Scheltinga mit südlichem Kurs aus dem Hafen von Ochotsk aus. Von der Nadeshda und der St. Gabriel mußte Spangberg sich aufgrund von Schäden schon bald trennen und so erreichte er allein mit der Erzengel Michail die zur Südgruppe der Kurilen gehörende Insel Urup, bevor er sich aufgrund ungünstiger Wetterbedingungen zur Rückreise entschied. Dabei bestimmte er die geographische Lage von 31 weiteren Kurileninseln, bis er wieder auf Kamtschatka eintraf, wo er überwinterte.
Nach dem Bau der nach dem Hafen und zu jener Zeit wichtigsten Handelsplatz auf Kamtschatka benannten Bolscherezk und der Reparatur der übrigen Schiffe unternahm Spangberg im Mai 1739 einen erneuten Anlauf. Dabei geriet er in einen Sturm, der die Schiffe trennte. Unabhängig voneinander erreichten Walton und Spangberg im Juni die japanische Insel Honshū. Dabei kam es zu ersten Kontakten mit japanischen Fischern und später auch zum Austausch von Handelsgütern und Geschenken. Nach weiteren Erkundungsfahrten kehrten alle Teilnehmer der pazifischen Abteilung unter Spangberg Ende August 1739 über Kamtschatka nach Ochotsk zurück. Da Spangberg seine Aufgabe der Erkundung und kartographischen Erfassung des Seeweges nach Japan erfolgreich gelöst hatte, schickte Bering ihn in Begleitung von Walton zur Berichterstattung nach Sankt Petersburg zurück.
In Sankt Petersburg wurden Spangbergs Ergebnisse jedoch angezweifelt und so machte er sich im Mai 1742 mit vier Schiffen erneut nach Japan auf. Im Rahmen dieser Reise erreichte Alexander Scheltinga die Ostküste der Insel Sachalin, die er für das legendäre „Jesso“ hielt. Spangberg selbst mußte erfolglos umkehren und reiste im August 1745 ohne offiziellen Befehl nach Sankt Petersburg zurück, weshalb er degradiert und bis Ende 1747 unter Arrest gestellt wurde.
Die Amerikareisen Berings und Tschirikows
Acht Jahre nach Beginn der Expedition konnte Bering eines der wichtigsten Ziele des Unternehmens, die Erkundung des Seeweges nach Nordamerika, in Angriff nehmen. Unter der Leitung des russischen Schiffsbaumeisters Adrei Kusmin (gest. 1744) war im Jahr 1737 in der Nähe des Flusses Ochota am Ochotskischen Meer mit dem Bau von zwei Paketbooten begonnen worden. Der Bau der beiden Schiffe ging nur langsam voran und verzögerte sich aufgrund des Ausbleibens von Baumaterialien und der schwierigen Witterungsbedingungen mehrfach. Im Sommer 1739 kam das Segeltuch auf 40 Pferden in Ochotsk an und Anfang November 1739 waren die Zimmermannsarbeiten beendet. Mitte des Jahres 1740 wurden die beiden Paketboote zu Wasser gelassen und auf die Namen der beiden Apostel Peter und Paul getauft. Am 6. August 1740 war der Bau schließlich beendet und rund einen Monat später, am 8. September, liefen die beiden Schiffe aus Ochotsk aus und segelten nach Bolscherezk auf Kamtschatka, wo sie überwinterten.

Am 29. Mai 1741 stachen das Flaggschiff St. Peter unter dem Kommando von Vitus Bering und die St. Paul unter dem Befehl von Alexei Tschirikow von Petropawlowsk aus in See und nahmen Kurs Ost-Südost, um das legendäre „Joao-da-Gama-Land“ (auch „Compagnieland“) zu suchen. Das „Joao-da-Gama-Land“ war nach dem portugiesischen Seefahrer Joao da Gama benannt worden, der im Jahr 1589 behauptet hatte, nördlich von Japan Land entdeckt zu haben. Louis De l'Isle de la Croyère hatte Berings Offizieren auf einem 1741 abgehaltenen Vorbereitungstreffen eine Karte seines Bruders präsentiert, in der die Lage dieses legendären Landes eingezeichnet war. Tatsächlich war mit dem „Joao-da-Gama-Land“ aber wohl die Inselgruppe der Kurilen gemeint und so segelten Bering und Tschirikow bis Mitte Juni ohne Aussicht auf Erfolg südwärts. Nachdem man schließlich beschlossen hatte, den Kurs auf Nord-Nordost zu ändern, trennte ein Sturm die beiden Schiffe.
Am 16. Juli sichtete die Mannschaft der St. Peter auf 58° 14' nördlicher Breite Land – es war Alaska. Der Bering zugeteilte Naturforscher Georg Wilhelm Steller schrieb dazu in der Rückschau:
- Nicht weniges Vergnügen hatte man nunmehr, da wir unterm Lande waren, und die mit sich streitenden Affekten der hohen Einbilung von sich und künftigen Belohnungen und die pathetischen Reden anzuhören. Einige wollten sogleich dem Lande sich nähern und Hafen aufsuchen. Andere stellten dieses sehr gefährlich vor. Aber ein jeder handelte für sich, und niemand stellte dem Herrn Kapitän-Kommandeur etwas vor. Die Beratschlagungen und Kommission, so man am Lande sonst wegen Kleinigkeiten gepflogen, wurden hier in dem wichtigsten Geschäfte und dem Hauptpunkt der zehn Jahre gedauerten kamtschatkischen Expedition nunmehr unterlassen, und man sah nichts Gemeinschaftliches und Einiges unter uns, als daß wir in einem Fahrzeug zusammen eingeschlossen waren.[8]

Am 20. Juli, dem nach dem biblischen Propheten Elija benannten Eliastag, ankerte die St. Peter vor einer der Küste vorgelagerten Insel, dem heutigen Kayak Island. In der irrigen Annahme, eine Landspitze erreicht zu haben, wurde der Landeplatz „Kap St. Elias“ getauft. Während die Mannschaft die Wasservorräte der St. Peter auffüllte, wurde Steller in Begleitung des Kosaken Foma Lepichin an Land abgesetzt. Er stieß zunächst auf eine verlassene Feuerstelle und Reste einer Mahlzeit und entdeckte dann einen Vorratskeller, in dem er mit geräuchertem Fisch gefüllte Vorratsbehälter aus Baumrinde, Riemen aus Pflanzenfasern, Pfeile, sowie verschiedene Gräser und Kräuter fand. Bei seiner weiteren Erkundung der Insel sah er Rauch aufsteigen, Menschen begegnete er allerdings nicht. Anschließend sammelte Steller Pflanzen. Doch Kapitän Bering, der eine Wetterverschlechterung befürchtete und schon allzu viel Zeit bei der Suche nach dem „Joao-da-Gama-Land“ verloren hatte, drängte schon nach kurzer Zeit wieder zum Aufbruch. Verbittert notierte Steller später in seinem Reisebericht:
- Die Zeit, welche hier zu Untersuchungen angewendet ward, hatte mit den Zurüstungen ein arithmetisches Verhältnis; zehn Jahre währte die Vorbereitung zu diesem großen Endzweck, zehn Stunden wurden der Sache selbst gewidmet.[9]

Am Morgen des 21. Juli verließ die St. Peter die Insel wieder und segelte zwei Wochen lang an der Küste Alaskas entlang. Inzwischen war auf dem Schiff die Mangelkrankheit Skorbut ausgebrochen. Am 30. und 31. August ließ Bering vor einer kleinen Inselgruppe ankern, um die Wasservorräte aufzufüllen. Dort wurde der erste an Skorbut gestorbene Matrose Nikita Schumagin bestattet. Nach ihm wird die Inselgruppe noch heute als Schumagininseln bezeichnet. Hier kam es Anfang September 1741 auch zu einer ersten Begegnung mit den Ureinwohnern, den Alëuten oder Unangan.
Auf der Rückfahrt geriet die St. Peter in schlechtes Wetter und heftige Stürme. Ein Großteil der Mannschaft sowie Kapitän Bering selbst war schwer an Skorbut erkrankt. Darüberhinaus wurden die Wasservorräte knapp. Am 4. November 1741 kam Land in Sicht. Steller schrieb:
- Wie groß und ausnehmend die Freude bei allen über diesen Anblick gewesen, ist nicht zu beschreiben. Die Halbtoten krochen hervor, um solches zu sehen, und jedermann dankte Gott herzlich für diese große Gnade.[10]
Als am 5. November zwei Ankerseile rissen und das Schiff auf ein Riff auflief, war die Entscheidung gefallen, an der Küste zu überwintern. Anstatt jedoch auf Kamtschatka, wie zunächst angenommen, war die Besatzung der St. Peter auf einer Insel mehr als 500 Kilometer östlich des Festlandes gelandet. Obwohl es auf der von Polarfüchsen, Seeottern und Rebhühnern bevölkerten Insel ausreichend Nahrung gab, verstarben einige der an Skorbut erkrankten Expeditionsteilnehmer, unter ihnen auch Vitus Bering. Einen Tag nach seinem Tod, am 9. Dezember 1741, wurde er auf der später nach ihm benannten Beringinsel bestattet. Mit Frühlingsbeginn verbesserte sich die Lage der Gestrandeten, die den Winter in Erdhütten überstanden hatten. Steller ließ der Nahrung vitaminreiche Kräuter hinzufügen und so erholten sich die Skorbutkranken wieder. Aus den Resten der St. Peter wurde ein neues Boot gezimmert und Steller untersuchte in der Zwischenzeit die Tier- und Pflanzenwelt der Insel. Nach dem Aufbruch in Richtung Kamtschatka am 13. August 1742 erreichte er gemeinsam mit 45 überlebenden Besatzungsmitgliedern und seinen Beschreibungen der später nach ihm benannten Stellerschen Seekuh im Gepäck nach dreizehntägiger Seereise den Hafen von Petropawlowsk.
Tschirikow war nach der Trennung der beiden Schiffe mit der St. Paul in Richtung Nordost weitergesegelt. Er erreichte Nordamerika am 15. Juli 1741 und damit einen Tag vor Bering. Am 17. Juli schickte er in der Nähe der späteren Stadt Sitka ein Beiboot mit dem Steuermann Awram M. Dementjew und zehn Mann der Besatzung zu einer Erkundung an Land. Als die Männer nach sechs Tagen noch nicht zurückgekehrt waren, entsandte Tschirikow seinen Bootsmann Sidor Saweljew mit drei weiteren Besatzungsmitgliedern in dem zweiten Beiboot an Land. Doch auch diese kehrten nicht zurück. Am darauffolgenden Tag kam es zu einem Kontakt mit einigen Ureinwohnern, die sich der St. Paul mit Kajaks näherten. Da Tschirikow über kein weiteres Beiboot verfügte, mit dem er das Schicksal seiner verschwundenen Besatzungsmitglieder hätte aufklären können, entschied er sich am 27. Juli zum Aufbruch. Das Schicksal der 15 Männer blieb bis heute im Dunkeln.
Auch die Rückreise von Tschirikows Gruppe geriet zu einem Überlebenskampf. Die frischen Nahrungsmittel gingen zur Neige und die Wasservorräte waren aufgebraucht. Am 9. September gelang es den Männern, bei einer weiteren Begegnung mit einigen Unangan vor der Insel Adak Trinkwasser gegen Messer einzutauschen. Im Verlauf der weiteren Reise blieb ihnen jedoch nichts anderes als Regenwasser. Tschirikow selbst erkrankte so stark an Skorbut, daß er nicht mehr auf Deck gehen konnte und das Kommando an seinen Steuermann Iwan Jelagin (gest. 1766) abgeben mußte. Unter Jelagins Führung erreichte die St. Paul im Oktober 1741 schließlich ihren Zielhafen Petropawlowsk auf Kamtschatka. Von den ursprünglich 75 Mann kamen nur noch 51 zurück; alle Offiziere bis auf Tschirikow und Jelagin waren unterwegs gestorben. Am 10. Oktober 1741, dem Tag ihrer Ankunft auf Kamtschatka, starb auch der Astronom Louis De l'Isle de la Croyère an den Folgen seiner Skorbuterkrankung.
Eine im nächsten Jahr unternommene Fahrt blieb weitestgehend erfolglos und so begab sich der nach Berings Tod auf die Position des Expeditionsleiters nachgerückte Tschirikow über Ochotsk nach Jakutsk, um weitere Anweisungen aus Sankt Petersburg abzuwarten. Auf seinen Vorschlag, eine weitere Fahrt nach Nordamerika zu unternehmen, ging das Admiralitätskollegium jedoch nicht ein. Im September 1743 wurde die Zweite Kamtschatkaexpedition offiziell für beendet erklärt.
Die Ergebnisse und ihre Rezeption durch das gelehrte Europa
Eines der am raschesten in Europa rezipierten Ergebnisse der Zweiten Kamtschatkaexpedition war die kartographische Erfassung der nördlichen und nordöstlichen Küsten Sibiriens sowie Kamtschatkas, der Inselkette der Kurilen und Japans. Im Jahr 1745 erschien der von der Sankt Petersburger Akademie der Wissenschaften herausgegebene Atlas Rossijskoj, der eine Generalkarte Rußlands im Maßstab von ca. 1 : 8,9 Millionen sowie neunzehn Spezialkarten des Russischen Kaiserreichs enthielt. Neun Jahre später veröffentlichte die Petersburger Akademie die Karte Nouvelle Carte des Découvertes faites par des Vaisseaux Russiens aux côtes inconnues de l'Amérique Septentrionale avec les Pais adiacents (ca. 1 : 14 Mill.), die auch in einer russischsprachigen Ausgabe erschien und später mehrfach nachgedruckt wurde. Mit den während der Expedition gewonnenen Erkenntnissen war es erstmals möglich geworden, eine genauere Vorstellung von der gesamten Küstenlinie des russischen Reiches zu gewinnen und auch die Legende von der Existenz sagenhafter Länder wie dem „Joao-da-Gama-Land“ oder dem Land „Jesso“ war widerlegt. Der Traum von einer wirtschaftlichen Nutzung der Nordostpassage hatte sich zerschlagen.
Im Gegensatz zu der Veröffentlichung der neuerworbenen geographischen Kenntnisse erstreckte sich die Publikation der übrigen Expeditionsergebnisse über einen längeren Zeitraum und war von zahlreichen Hindernissen geprägt. Folkwart Wendland, der die Informationsverbreitung anhand mehrerer Beispiele nachgezeichnet hat, führt dies sowohl auf den „zeitweise desolaten Zustand der Petersburger Akademie“ wie auch auf die restriktive Informationspolitik der russischen Regierung zurück.[11] Diese hatte allen Expeditionsteilnehmern ein strenges Veröffentlichungsverbot auferlegt und behandelte die eingesandten Berichte der Forscher als Verschlußsache. Die kaiserlich-russische Akademie der Wissenschaften sollte die alleinige Verfügungsgewalt über die neuen Erkenntnisse haben, die unter enormen Anstrengungen erworben worden waren und denen darüberhinaus eine hohe wirtschaftspolitische und strategische Bedeutung beigemessen wurde.[12] Auf diese Weise erschienen die Publikationen der Expeditionsteilnehmer in einem Zeitraum zwischen 1747 und 1793, zum Teil unerlaubt und bei weitem nicht vollständig.
Zwischen 1732 und 1764 veröffentlichte Gerhard Friedrich Müller seine Geschichte Sibiriens, die als Teil der zehnbändigen Sammlung rußischer Geschichte erschien. Er hatte bis zu seiner Rückkehr nach Sankt Petersburg im Jahr 1743 eine Vielzahl regionaler Archive besucht und dort zahlreiche Dokumente durchgesehen, kopiert und − wenn auch nur in geringerem Ausmaß − zugleich wissenschaftlich ausgewertet. Dabei waren ihm unter anderem Papiere in die Hände gefallen, die den Beleg dafür enthielten, daß die Beringstraße schon lange Zeit vor der Durchfahrung durch Vitus Bering von dem kosakischen Pelztierjäger und Händler Semjon Deshnjow (um 1605−1673) durchquert worden war. Müller, der schon vor seinem Aufbruch nach Sibirien ein gespanntes Verhältnis zum Leiter der Petersburger Akademie Johann Daniel Schumacher (1690−1761) gehabt hatte, arbeitete nach seiner Rückkehr unter erschwerten Bedingungen, die sich erst nach seiner Ernennung in den Führungsstab der Geographischen Abteilung der Akademie im Jahr 1753 besserten. Aufgrund seiner herausragenden Leistungen als Historiker gilt Müller heute als „Vater der sibirischen Geschichtsschreibung“. Der Naturforscher Karl Ernst von Baer urteilte im 19. Jahrhundert über Müllers Verdienste im Rahmen der Zweiten Kamtschatkaexpedition: „Wären damals nicht unter Müllers Leitung Abschriften aus allen Sibirischen Archiven genommen worden, so wären diese Nachrichten längst für immer verlorengegangen“[13]
…
Folkwart Wendland zieht bezüglich der Expeditionsergebnisse das folgende Fazit: „Die Ergebnisse der Großen Nordischen Expedition waren grandios und beindrucken uns auch heute noch wegen ihrer Komplexität, der Einsatzbereitschaft und des Mutes der vielen bekannten und unbekannten Expeditionsteilnehmer und Helfer“, räumt jedoch gleichzeitig ein, daß „auf Grund der im einzelnen ungenügenden Vorbereitung, Durchführung und inkonsequenten Leitung, gerade der pazifischen Gruppe Berings, große Fehler gemacht wurden, die viele Menschen unnötigerweise das Leben kosteten“.[14]
Neuere Forschungen zur Zweiten Kamtschatkaexpedition
Seit der Öffnung russischer Archive für ausländische Historiker in den 1990er Jahren hat die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Zweiten Kamtschatkaexpedition neuen Aufschwung genommen. Gemeinsam mit Forschern der Russischen Akademie der Wissenschaften und der dänischen Universität Århus beschäftigen sich die Franckeschen Stiftungen, die im 18. Jahrhundert enge kulturelle, religiöse und wissenschaftliche Beziehungen zu Rußland unterhielten, intensiv mit der Geschichte der deutsch-russischen Wissenschaftsbeziehungen im 18. Jahrhundert. In diesem Zusammenhang entstand unter anderem die Publikationsserie „Quellen zur Geschichte Sibiriens und Alaskas aus russischen Archiven“, in der die Franckeschen Stiftungen gemeinsam mit dem Archiv der Russischen Akademie der Wissenschaften bislang unveröffentlichte Dokumente und Manuskripte der Expeditionsteilnehmer in wissenschaftlich-kritischen Ausgaben publizierten. Gleichzeitig wurden russisch-deutsche Ausstellungsprojekte realisiert und Workshops mit deutschen und russischen Wissenschaftlern veranstaltet. Im Jahr 2005 fand an Bord eines Schiffes auf dem sibirischen Fluß Ob eine wissenschaftliche Tagung mit dem Titel „300 Jahre akademische Forschung zu Jugra − von Müller bis Steinitz“ statt, in deren Rahmen auch einige Stationen der Expedition angesteuert wurden.
Während die meisten der während der Expedition gesammelten Objekte im Laufe der Jahrhunderte verloren gingen oder über unterschiedliche europäische Länder verstreut wurden, lagern heute noch zahlreiche handschriftliche Dokumente im Archiv der Russischen Akademie der Wissenschaften und im Russisches Staatsarchiv für alte Urkunden (RGADA) in Moskau. Ein besonderer Fund gelang dem Mitarbeiter der Franckeschen Stiftungen und Herausgeber der Reihe „Quellen zur Geschichte Sibiriens und Alaskas aus russischen Archiven“ Wieland Hintzsche, der 2001 ein verschollen geglaubtes Reisetagebuch Georg Wilhelm Stellers in Sankt Petersburg fand.[15] Es handelt sich dabei um den rund 330 Seiten umfassenden ersten Teil des Stellerschen Tagebuches, den dieser zwischen Dezember 1737 und Februar 1739 abfaßte. Neben den naturwissenschaftlichen Beobachtungen enthalten diese wiederentdeckten handschriftlichen Notizen Informationen zu dem alltäglichen Leben auf der Reise und gewähren neue Einblicke in Stellers Reisevorbereitungen in Moskau.

Die russische Forscherin Natasha Ochotina Lind und der dänische Historiker Peter Ulf Møller fanden bei ihrer Arbeit im Moskauer Archiv der auswärtigen Politik des russischen Kaiserreiches (AVPRI) bislang unbekannte Briefe der Familie Vitus Berings. Diese Briefe − und hier vor allem die Informationen, die seine Frau Anna Christina Bering betreffen − eröffnen Einblicke in das bislang unbekannte Privatleben Berings.[16] Anna Christina Bering begleitete ihren Mann auf der Zweiten Kamtschatkaexpedition bis nach Ochotsk und korrespondierte während der Reise unter anderem mit ihrem Vater, dem Vyborger Kaufmann Mathias Pülse (auch Pylse oder Piilse), und ihrem 1721 geborenen zweiten Sohn Jonas, der das Gymnasium in Reval besuchte, während zwei seiner jüngeren Geschwister gemeinsam mit den Eltern an der Expedition teilnahmen. Eine Auswahl dieser Briefe wurde inzwischen in einem von Lind und Møller herausgegebenen Sammelband aus dem Jahr 2003 veröffentlicht.[17]
Ein besonderer Schwerpunkt des Interesses liegt auf der Person und dem Werk Gerhard Friedrich Müllers, dessen Todestag sich 2005 zum 300. Mal jährte. Hervorzuheben ist hierbei insbesondere die in diesem Zusammenhang vorgenommene Neubewertung der völkerkundlichen Aspekte der Expedition. Gudrun Bucher konnte anhand einer Untersuchung der 1740 von Müller verfaßten Instruktionen an Johann Eberhard Fischer (1697−1771) darlegen, daß der Beginn der wissenschaftlichen Ethnologie, der bislang im Allgemeinen auf die Arbeiten von August Ludwig von Schlözer (1735−1809) in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zurückgeführt wurde, Müller zugeschrieben werden muß.[18] Müller hatte die Sankt Petersburger Akademie der Wissenschaften aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes Ende des Jahres 1737 um seine Abberufung von der Expedition nachgesucht. Der daraufhin nach Sibirien entsandte Rektor des Sankt Petersburger Akademischen Gymnasiums Johann Eberhard Fischer wurde von Müller mit umfangreichen Instruktionen ausgestattet. Der letzte und mit 923 Einzelpunkten bei weitem umfangreichste Teil dieser Instruktionen bezog sich auf die von Fischer vorzunehmenden ethnologischen Studien. Folgt man Bucher, so muß dieses detaillierte − wenn auch von Fischer kaum erfüllte − Forschungsprogramm zur systematischen Beschreibung der sibirischen Völker und ihrer Sprachen heute als Beginn der modernen Ethnologie gewertet werden.
Literatur
Moderne Ausgaben schriftlicher Quellen
- Dokumente zur 2. Kamčatkaexpedition 1730−1733: Akademiegruppe, bearbeitet von Wieland Hintzsche und Natasha Ochotina Lind unter Mitarbeit von Heike Heklau, Halle 2004, ISBN 3-931479-63-3 (Quellen zur Geschichte Sibiriens und Alaskas aus russischen Archiven, Band 4,2)
- Georg Wilhelm Steller: Briefe und Dokumente 1739, bearbeitet von Wieland Hintzsche, Halle 2001, ISBN 3-930195-67-4 (Quellen zur Geschichte Sibiriens und Alaskas aus russischen Archiven, Band 3)
- Georg Wilhelm Steller, Stepan Krašeninnikov, Johann Eberhard Fischer: Reisetagebücher 1735 bis 1743, bearbeitet von Wieland Hintzsche, Halle 2000, ISBN 3-930195-64-X (Quellen zur Geschichte Sibiriens und Alaskas aus russischen Archiven, Band 2).
- Georg Wilhelm Steller: Briefe und Dokumente 1740, bearbeitet von Wieland Hintzsche, Halle 2000, ISBN 3-930195-61-5 (Quellen zur Geschichte Sibiriens und Alaskas aus russischen Archiven, Band 1)
- Doris Posselt (Hrsg.): Die große nordische Expedition: von 1733 bis 1743. Aus Berichten der Forschungsreisenden Johann Georg Gmelin und Georg Wilhelm Steller. Mit 82 zeitgenössischen Abbildungen und 2 Routenkarten, München 1990, ISBN 3-406-33596-9 (Lesefreundliche Ausgabe, die die interessantesten und typischsten Textpassagen in moderner Schreibung und Zeichensetzung wiedergibt).
- Carol Urness (Hrsg.): Bering's voyages: the reports from Russia, Fairbanks 1986, ISBN 0-912006-22-6 (Übersetzung von Gerhard Friedrich Müllers 1758 als dritter Band seiner „Sammlung rußischer Geschichte“ erschienenen Nachrichten von Seereisen, und zur See gemachten Entdeckungen mit Kommentaren, Illustrationen und Karten).
Karten
- Wieland Hintzsche und Thomas Nickol (Hrsg.): Monumenta Sibiriae: Quellen zur Geschichte Sibiriens und Alaskas aus russischen Archiven, Gotha 1996, ISBN 3-623-00480-4 (Enthält 19 lose Karten in einer Mappe und ein Beiheft mit Erläuterungen).
Darstellungen
- Peter Ulf Møller / Natasha Okhotina Lind (Hrsg.): Under Vitus Bering's Command. New perspectives on the Russian Kamchatka Expeditions, Århus 2003, ISBN 87-7288-932-2 (Sammelband mit Aufsätzen eines international besetzten Forscherkreises. Die Mehrzahl der Aufsätze entstand im Zusammenhang eines 1998 in Copenhagen abgehaltenen Workshops zum Thema. Der Band enthält sowohl englisch- als auch russischsprachige Beiträge, die durch Abstracts in der jeweils anderen Sprache ergänzt werden. Einige der Beiträge beruhen auf neueren Quellenstudien, die erst durch die Öffnung russischer Archive für ausländische Historiker in den 1990er Jahren möglich wurden. Unverzichtbar ist die von Peter Ulf Møller zusammengestellte Bibliographie).
- Folkwart Wendland: Das Russische Reich am Vorabend der Großen Nordischen Expedition, der sogenannten zweiten Kamtschatka Expedition, in: Doris Posselt (Hrsg.): Die große nordische Expedition: von 1733 bis 1743. Aus Berichten der Forschungsreisenden Johann Georg Gmelin und Georg Wilhelm Steller, München 1990, ISBN 3-406-33596-9, S. 332−384.
Ausstellungskataloge
- Terra incognita Sibirien: die Anfänge der wissenschaftlichen Erforschung Sibiriens unter Mitwirkung deutscher Wissenschaftler im 18. Jahrhundert; eine Ausstellung der Franckeschen Stiftungen zu Halle in Zusammenarbeit mit dem Archiv der Russischen Akademie der Wissenschaften St. Petersburg, Halle (Saale) 1999 (Schmaler Band, der die Tafeln der Wanderausstellung stark verkleinert und mit knappen Erläuterungen versehen wiedergibt).
- Wieland Hintzsche (Hrsg.): Die Große Nordische Expedition: Georg Wilhelm Steller (1709−1746); ein Lutheraner erforscht Sibirien und Alaska; eine Ausstellung der Franckeschen Stiftungen zu Halle, [12. Mai 1996 bis 31. Januar 1997], Gotha 1996, ISBN 3-623-00300-X (Opulent bebilderter und umfassender Ausstellungskatalog mit einführenden und sehr anschaulich geschriebenen Texten zu den unterschiedlichen Aspekten der Expedition).
Weblinks
Einer der größten Bestände an wissenschaftshistorisch bedeutsamen Schriften und Karten zur Entdeckung und Erschließung des nordostasiatischen Raumes im 18. Jahrhundert befindet sich im Besitz der Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen (SUB Göttingen). Ein Teil dieser Materialien, die durch die Vermittlung des ehemaligen Göttinger Studenten Baron Georg Thomas von Asch (1729–1807) und den Göttinger Gelehrten August Ludwig von Schlözer (1735–1809) nach Deutschland gelangten, wurde in den Jahren 2001 und 2002 im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projektes „Digitalisierung der seltenen Bücher, Karten und Manuskripte zur Erforschung Sibiriens aus der Sammlung Asch“ eingescannt und online zugänglich gemacht. Angeboten werden die Materialien auf dem Webserver des Göttinger Digitalisierungszentrums (GDZ) als digitale Sammlung mit der Kurzbezeichnung „Sibirica“.
Digitalisate der Sammlung „Sibirica“ (Auswahl)
- Gerhard Friedrich Müller: Sammlung rußischer Geschichte, 10 Bände, Sankt Petersburg 1732−1818, online abrufbar über das Digitalisierungszentrum der SUB Göttingen (enthält als Band 3: Nachrichten von Seereisen, und zur See gemachten Entdeckungen, die von Rußland aus längst den Küsten des Eißmeeres und auf dem Ostlichen Weltmeere gegen Japon und Amerika geschehen sind, Sankt Petersburg 1758).
- Johann Georg Gmelin: Flora Sibirica sive historia plantarum Sibiriae, 4 Bände, Petropoli 1747, online abrufbar über das Digitalisierungszentrum der SUB Göttingen (die im Original prachtvollen Farbabbildungen werden als Graustufenscans angeboten, so daß dieser Teil der Digitalisate weitestgehend unbrauchbar ist).
- Johann Georg Gmelin: Leben Herrn Georg Wilhelm Stellers, Frankfurt 1748, online abrufbar über das Digitalisierungszentrum der SUB Göttingen.
- Johann Georg Gmelin: Reise durch Sibirien, von dem Jahr 1733 bis 1743, 4 Bände, Göttingen 1751–1752, online abrufbar über das Digitalisierungszentrum der SUB Göttingen.
- Stepan Petrowitsch Krascheninnikow: Opisanie Zemli Kamcatki, 2 Bände, Sankt Petersburg 1755, online abrufbar über das Digitalisierungszentrum der SUB Göttingen.
- Georg Wilhelm Steller: Beschreibung von dem Lande Kamtschatka, dessen Einwohnern, deren Sitten, Nahmen, Lebensart und verschiedenen Gewohnheiten, hrsg. von Johann Benedict Scherer, Frankfurt a. M. [u.a.] 1774, online abrufbar über das Digitalisierungszentrum der SUB Göttingen.
Anmerkungen
- ↑ Das Digitalisat eines 1758 angefertigten Nachdrucks der Akademie-Karte ist online abrufbar über das Projekt Gallica der Französischen Nationalbibliothek in Paris unter der Adresse http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b6700199v.
- ↑ Hintzsche / Nickol, Die Große Nordische Expedition, S. 200.
- ↑ In bewußter Abgrenzung zu der traditionellen, etwa von Raymond H. Fisher in seiner 1977 erschienenen Schrift Bering's voyages: whither and why vertretenen Auslegung über die Suche nach einer Landverbindung als wichtigstem Ziel der Ersten Kamtschatkaexpedition hebt Carol Urness die kartographische Erfassung des östlichen Rußlands als Hauptzweck der Reise hervor. Vgl. Carol Urness: The First Kamchatka Expedition in Focus, in: Møller / Lind (Hrsg.), Under Vitus Bering's Command, Århus 2003, S. 17–31 (Zusammenfassung der Thesen ihres 1987 erschienenen Buches Bering's First Expedition: A re-examination based on eighteenth-century books, maps, and manuscrips).
- ↑ Hier im Wortlaut einer Übersetzung des Zoologen Karl Ernst von Baer (1792–1876) aus dem Jahr 1872 nach Hintzsche / Nickol, Die Große Nordische Expedition, S. 70.
- ↑ Johann Georg Gmelins Reise durch Sibirien von dem Jahr 1733–1743, Teil 2, Göttingen 1751, S. 446. Online abrufbar über das Digitalisierungszentrum der Niedersächsischen Staats- und Universitätsblibliothek Göttingen.
- ↑ Johann Georg Gmelins Reise durch Sibirien von dem Jahr 1733–1743, Teil 2, Göttingen 1751, S. 538f. Online abrufbar über das Digitalisierungszentrum der Niedersächsischen Staats- und Universitätsblibliothek Göttingen.
- ↑ Johann Georg Gmelins Reise durch Sibirien von dem Jahr 1733–1743, Teil 2, Göttingen 1751, S. 538. Online abrufbar über das Digitalisierungszentrum der Niedersächsischen Staats- und Universitätsblibliothek Göttingen.
- ↑ Georg Wilhelm Steller, Tagebuch seiner Seereise aus dem Petripauls Hafen in Kamtschatka bis an die westlichen Küsten von Amerika, und seiner Begebenheiten auf der Rückreise, hier zitiert nach Posselt, Die große nordische Expedition, S. 242.
- ↑ Georg Wilhelm Steller, Tagebuch seiner Seereise aus dem Petripauls Hafen in Kamtschatka bis an die westlichen Küsten von Amerika, und seiner Begebenheiten auf der Rückreise, hier zitiert nach Posselt, Die große nordische Expedition, S. 251.
- ↑ Georg Wilhelm Steller, Tagebuch seiner Seereise aus dem Petripauls Hafen in Kamtschatka bis an die westlichen Küsten von Amerika, und seiner Begebenheiten auf der Rückreise, hier zitiert nach Posselt, Die große nordische Expedition, S. 272.
- ↑ Folkwart Wendland, Das Russische Reich am Vorabend der Großen Nordischen Expedition, in: Doris Posselt (Hrsg.): Die große nordische Expedition, München 1990, S. 332−384, hier S. 369.
- ↑ Folkwart Wendland, Das Russische Reich am Vorabend der Großen Nordischen Expedition, in: Doris Posselt (Hrsg.): Die große nordische Expedition, München 1990, S. 371.
- ↑ Hier zitiert nach Folkwart Wendland, Das Russische Reich am Vorabend der Großen Nordischen Expedition, in: Doris Posselt (Hrsg.): Die große nordische Expedition, München 1990, S. 365.
- ↑ Folkwart Wendland, Das Russische Reich am Vorabend der Großen Nordischen Expedition, in: Doris Posselt (Hrsg.): Die große nordische Expedition, München 1990, S. 368.
- ↑ Dazu Wieland Hintzsche: The Travel Journals of Georg Wilhelm Steller, in: Møller / Lind, Under Vitus Bering's Command, Århus 2003, S. 171−178, sowie der Bericht in der deutschsprachigen Ausgabe der Zeitschrift National Geographic vom August 2001, S. 108−111.
- ↑ Dazu Natasha Ochotina Lind: The First Pianist in Okhotsk. New information on Anna Christina Bering, in: Møller / Lind, Under Vitus Bering's Command, Århus 2003, S. 51−62.
- ↑ The Bering Letters from Okhotsk, February 1740, in: Møller / Lind, Under Vitus Bering's Command, Århus 2003, S. 237−269.
- ↑ Vgl. Gudrun Bucher: „Von Beschreibung der Sitten und Gebräuche der Völcker“: die Instruktionen Gerhard Friedrich Müllers und ihre Bedeutung für die Geschichte der Ethnologie und der Geschichtswissenschaft, Stuttgart 2002, ISBN 3-515-07890-8 sowie dies.: Gerhard Friedrich Müller's Instructions and the Beginning of Scientific Ethnography, in: Møller / Lind, Under Vitus Bering's Command, Århus 2003, S. 135−144.