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Johann VI. (Portugal)

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Johann VI. (* 13. Mai 1767; † 10. März 1826) war König von Portugal und Brasilien aus dem Hause Braganza. Er war von 1792 bis 1816 Prinzregent von Portugal, 1815 bis 1816 auch Prinzregent von Brasilien, von 1816 bis zu seinem Tode König von Portugal und von 1816 bis 1822 König von Brasilien.

Leben

König Johann VI. von Portugal und Brasilien

Johann VI. war der dritte Sohn von Peter III. von Portugal und dessen Gemahlin Maria I. Nach dem Tode seines Vaters 1786 verfiel seine Mutter zunehmend in eine irrationale Frömmigkeit und musste deshalb 1792 entmündigt werden. Seitdem führte Johann bereits als Prinzregent die Regierung des Landes.

Während seiner Herrschaft ereigneten sich in Europa bedeutende Umwälzungen, die auch auf Portugal dramatische Auswirkungen hatten. 1789 begann die Französische Revolution, am 21. Januar 1793 starb der französische König Ludwig XVI. auf der Guillotine. Portugal trat daraufhin der antifranzösischen Koalition bei (gebildet aus England, Spanien und dem meisten deutschen und italienischen Staaten), stand aber ab 1795 allein. Mit Unterstützung des napoleonischen Frankreich nutzte Spanien diese Schwäche aus und eroberte 1801 unter dem zum Generalissimus ernannten Günstling der spanischen Königin, Manuel de Godoy, Teile Portugals (spanisches Ultimatum, spanische Besetzung des Alentejo, Abtretung der Stadt Olivença u.a. Gebiete an Spanien im Frieden von Badajoz).

Seit 1796 war Napoleon in Frankreich aus den Wirren der Revolution als neuer starker Mann hervorgegangen. Sein Ringen um die Vorherrschaft in Europa hielt von nun an die Völker des Kontinents in Atem. Portugal befand sich dabei in einer besonders misslichen Lage, da das Land seit alter Zeit ein getreuer Verbündeter Englands, des geschworenen Todfeindes von Napoleon, war (der älteste portugiesisch-englische Beistandsvertrag stammte aus dem Jahr 1385). Spätestens seit dem Methuenvertrag 1703 war das Land auch wirtschaftlich vom Handel mit England abhängig.

1806 verhängte Napoleon in Berlin die Kontinentalsperre gegen England; der Handel von europäischen Häfen aus mit England war danach verboten. Portugal konnte napoleonischem Drängen, seine Häfen gegenüber britischen Schiffen zu verschließen und sich der Kontinentalblockade anzuschließen, nicht nachgeben, da es zu sehr vom britischen Handel abhängig war. Das französische Drängen wurde nach Napoleons Niederlage in der Seeschlacht von Trafalgar (1805) immer stärker. 1806 stellt Napoleon Portugal ein Ultimatum. Entweder das Land erkläre den Engländern den Krieg, oder Frankreich würde Portugal den Krieg erklären. 1807 muss Spanien im Vertrag von Fontainebleau den Franzosen Durchmarschrechte zugestehen. Napoléon gelingt es so, Portugal zu besetzen und das Haus Braganza abzusetzen. General Junot erobert Lissabon und wird zum Gouverneur ernannt. Die königliche Familie flieht nach Brasilien, Rio de Janeiro wird neuer Regierungssitz.

Dreimal versuchten die Franzosen, das Land zu besetzten. Die erste Invasion von Junot 1807-1808 war zunächst erfolgreich, bis ein britisches Expeditionscorps von 13.000 Mann unter dem Befehl des britische Generals Arthur Wellesley, des späteren Viscount Wellington, am 01. August 1808 in Portugal landete. Den Briten gelang es schnell, den Franzosen eine Reihe von Niederlagen beizubringen (Schlachten von Roliça am (17. August 1808) und Vimeiro am (21. August 1808). General Junot und seine Männer müssen sich aus Portugal zurückziehen, im Vertrag von Sintra müssen die Briten ihnen allerdings freien Abzug gewähren. 1809 versuchten es die Franzosen erneut - diesmal war es Marschall de Dieu Soult, der von Galicien kommend nach Portugal einmarschierte. Die britisch-portugiesischen Truppen stehen zunächst unter dem Befehl von William Carr Beresford, später erneut unter dem Befehl von Wellington, der, als er von der neuen Invasion hörte, im April 1809 nach Portugal zurückgekehrt war. Mit dem Sieg von Talavera de la Reina über die Franzosen (Juli 1809) war die zweite Invasion beendet.

Im August 1810 versuchten es die Franzosen zum dritten Mal. Diesmal besetzten die Marschälle Masséna, Ney und Junot die Provinz Beira. Wellington besiegte sie am 27. September 1810 in der Schlacht von Buçaco, nahe Coimbra. Die Engländer und Portugiesen hatten die Zeit genutzt, um bei Torres Vedras, nördlich von Lissabon, eine befestigte Verteidigungslinie anzulegen. Die französische Invasion wird an dieser Linie aufgehalten, die Franzosen erleiden große Verluste. Nach der Niederlage von Sabugal (3. April 1811) müssen sie sich endgültig aus Portugal zurückziehen. Das Land war damit befreit. Offiziell endet der Krieg jedoch erst mit der französischen Niederlage in der Schlacht von Toulouse, 1814.

Prinzregent Johann war allerdings während dieser ganzen Zeit im fernen Rio de Janeiro. Das Ergebnis des Krieges war ein Desaster für Portugal. Der Aufbau der Industrialisierung war gestoppt. Das Land durch die Taktik der verbrannten Erde, die sowohl die Franzosen als auch die Engländer angewandt hatten, verwüstet. Konstitutionell wurde Portugal von Brasilien aus regiert, im Jahr 1815 erhielt Brasilien einen neuen Status, war nunmehr nicht mehr portugiesische Kolonie, sondern unabhängiges Königreich gleichen Rechts wie Portugal, mit diesem durch Personalunion verbunden. Portugal war stark verschuldet, seine Handelsabhängigkeit von England wuchs. Seit 1810 hatte England auch das Recht, unter Umgehung Portugals, direkt mit Brasilien Handel zu treiben. Portugal wurde de facto brasilianische Kolonie und britisches Protektorat, die Macht im Lande lag in den Händen des britischen Befehlshabers William Carr Beresford.

Nach dem Tode Maria I. 1816 wurde der Prinzregent Johann in Rio de Janeiro als Johann VI. zum König von Brasilien und Portugal gekrönt.

Innenpolitisch wuchs, besonders in der portugiesischen Armee, der Ruf nach einer Verfassung. Die liberalen politischen Ideen, von Napoleon und den Truppen des revolutionären Frankreichs nach Portugal gebracht, fielen in der schlecht bezahlten Armee auf fruchtbaren Boden. Die Abwesenheit der königlichen Familie, die Anwesenheit ausländischer Kommandanten (Bereshford) und die Ereignisse im benachbarten Spanien, wo der Liberalismus Erfolge feierte, führten zu zusätzlicher Unruhe in Portugal. 1817 lässt Bereshford eine Reihe von Verschwörern hinrichten, darunter den Führer der Freimaurer und liberalen General Gomes Freire de Andrade. 1820 beginnt schließlich, während sich Bereshford in Brasilien aufhält, die liberale Revolution mit einem Aufstand von Offizieren (24. August 1820) in Porto. Der Führer der Aufständischen, der Jurist Manuel Fernandes Tomás, verlangt eine liberale Verfassung, nach dem Vorbild der spanischen Verfassung von 1812. In Lissabon wird eine vorläufige Regierung gebildet (Junta), die englischen Offiziere werden aus der portugiesischen Armee entfernt, als Bereshford aus Brasilien nach Lissabon zurückkehrt, wird ihm das Betreten der Stadt verwehrt. Die Aufständischen berufen eine verfassunggebende Versammlung (Cortes) ein, die 1821 die erste portugiesische Verfassung verabschiedet. In der Verfassung wird die Regentschaft des Königs bestätigt, der aufgefordert wird, aus Brasilien zurückzukehren, die Inquisition und besondere Rechte der katholischen Kirche werden, genauso wie die Feudalherrschaft, abgeschafft, ein Einkammerparlament wird eingerichtet, hervorgegangen aus allgemeinen Wahlen, an denen alle Portugiesen mit Ausnahme von Frauen, Analphabeten und Klerikern teilnehmen konnten. Eine provisorische Regierung (portugiesisch: Junta Provisional do Supremo Governo do Reino) wurde eingerichtet. Dem König räumte die neue Verfassung ein Vetorecht gegen die Gesetzesvorlagen des Parlamentes ein, er erhielt allerdings nicht das Recht, das Parlament aufzulösen.

Den immer dringenderen Aufforderungen der verfassunggebenden Versammlung, nach Portugal zurückzukehren, folgte Johann VI. schließlich eher widerwillig im Jahr 1821. Damit endete eine 14jährige Periode, in der der portugiesische Hof in Rio de Janeiro residiert hatte. Der König ließ seinen ältesten Sohn Peter als Regenten in Brasilien zurück. Johann VI. schwört Treue auf die Verfassung von 1821, die Königin Charlotte Johanna und der zweitälteste Sohn, Michael, die den Schwur ebenfalls leisten sollten, weigerten sich jedoch. Daraufhin sollten die Königin und der Prinz das Land verlassen und ins Exil gehen, was dann aber doch nicht geschah. Als die portugiesische Cortes versuchte, die Autonomie Brasiliens einzuschränken und auch noch den Kronprinzen zur Rückkehr nach Portugal zu bewegen, erklärt dieser am 7. September 1822 die brasilianische Unabhängigkeit und ernennt sich selbst zum Kaiser Peter I. von Brasilien. Portugal erkennt die brasilianische Unabhängigkeit allerdings zunächst nicht an.

1824 kommt es zu einem Aufstand der konservativen Kräfte gegen die neue liberale Verfassung. Die Aufständischen werden von Königin Charlotte Johanna und dem Infanten Michael geführt. Michael steht in dieser Zeit völlig unter dem Einfluss seiner Mutter, die davon träumt, die liberale Verfassung zu beseitigen und in Portugal den Absolutismus wieder einzuführen. Frankreich und die Heilige Allianz unterstützen die Konterrevolution in Portugal. Frankreich entsandte ein Heer nach Spanien, das den Auftrag hatte, dort die liberale Verfassung zu beseitigen und dann, sofern es notwendig werden würde, nach Portugal weiter zu marschieren und dort das gleiche zu versuchen. Johann VI., der nicht bereit war, seinen Eid auf die liberale Verfassung zu brechen, wurde von seiner Frau und seinem Sohn im Palast von Bemposta praktisch als Gefangener gehalten, die Königin versuchte ihren Mann zur Abdankung zu bewegen. Mit britischer Hilfe gelingt es dem König jedoch, aus dem Palast zu entkommen. Der König begibt sich auf das britische Schiff Windsor Castle, enthebt dort Michael von seinem Oberbefehl über die portugiesische Armee und zwingt ihn schließlich das Land zu verlassen. Auch die Königin muss die Reise ins Exil antreten. Michael geht an den Wiener Kaiserhof, gehört dort zum Kreis um Metternich, was ihn in seinen reaktionären Ansichten erneut bestärkt. In Portugal wird die liberale Verfassung von 1821 widerrufen.

1826 stirbt Johann VI. Sein ältester Sohn, Kaiser Peter I. von Brasilien, wird von einem Regentschaftsrat als Peter IV. zum König ausgerufen. Noch einmal sind Portugal und Brasilien kurzzeitig unter demselben Herrscher vereint.

Datei:ManuelDiasdeOliveira-JoaoVI-Carlota.jpg
Johann VI. und Charlotte Johanna, 1815 (Gemälde von Manuel Dias de Oliveira)

Nachkommen

Er heiratete 1785 Charlotte Johanna von Spanien, mit der er folgende Kinder hatte:

VorgängerAmtNachfolger
Maria I.König von Portugal
1816-1826
Peter IV.