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Orientalischer Tanz

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Orientalische Tänzerin
Chryssanthi Sahar Scharf, Heidelberg

Orientalischer Tanz, im Volksmund auch bekannt als Bauchtanz, ist ein meist von Frauen in speziellen Kostümen zu orientalischer Musik ausgeführter Tanz.

In der arabischen Welt wird der Tanz "Raqs Sharqi" (رقص شرقي) genannt. Aufgrund der wörtlichen Übersetzung "Tanz des Ostens", ist die deutsche Bezeichnung "Orientalischer Tanz" korrekt.

Die typischen Bewegungen, das Kostüm und die Tatsache, dass manche Tänzerinnen den Orientalischen Tanz mit dem Ziel sexueller Animation vorführen, tragen dazu bei, dass er häufig als eine dem Striptease verwandte Form des erotischen Tanzes wahrgenommen wird. Die beiden Tanzformen sind jedoch prinzipiell nicht miteinander verwandt.

Geschichte

Hauptartikel: Geschichte des Orientalischen Tanzes

Jean-Léon Gérôme (1824 - 1904)

Der Orientalische Tanz bezieht sich auf eine Tanzform, die ihren Ursprung in Ägypten hat, und bezeichnet den dortigen Solotanz der Frauen. In Ägypten hatte der Tanz seit jeher einen hohen Stellenwert bei allen festlichen Gelegenheiten. Fremde und Reisende waren seit Jahrhunderten von diesem Tanz fasziniert und berichteten in ihren Briefen, Reisebeschreibungen und Büchern darüber. Seit der Kolonisation Ägyptens und mit zunehmendem technischen Fortschritt und kulturellem Austausch verbreitete sich der Tanz auch im Ausland. Heute ist er in Europa, Australien, Skandinavien, Japan und den USA ebenso zu finden wie in Ägypten. Manche Vertreterinnen halten sich eng an die ägyptische Tradition, andere haben Einflüsse aus anderen Tanzstilen und Musikrichtungen mit verarbeitet. Es gibt inzwischen eine kontroverse Auseinandersetzung darüber, was der „echte“ ägyptische Tanz sei; verschiedene Schulen und Stile bildeten sich heraus.

Zur Zeit der Weltausstellung in Chicago (USA) um 1893 zeigte die relativ unbekannte Tänzerin "Little Egypt" zum ersten Mal orientalische Tänze vor internationalem Publikum. In dieser Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts war das Zeigen eines entblößten Bauches, ebenso wie das Zeigen eines Fußes oder unbedeckter Hände und Arme, gesellschaftlich sanktioniert. Die Tänze von Little Egypt, die in den USA später in Burlesque-Aufführungen auftrat, waren trotz oder gerade wegen der Zurschaustellung normalerweise bedeckter Körperteile eine Sensation. Offiziell wurde dem Tanz und der Tänzerin nur entrüstete Aufmerksamkeit gezollt, trotzdem ist ihr Name, ebenso einige Fotoaufnahmen verschiedener Tänzerinnen, die sich ebenfalls "Little Egypt" nannten, bis heute bekannt.

Der Begriff Bauchtanz

Die Bezeichnung "Bauchtanz" stammt vermutlich aus der französischen Bezeichnung "Danse du ventre" (Tanz des Bauches). In ihren Romanen bezeichneten die französischen Schriftsteller Émile Zola und Gustave Flaubert den Orientalischen Tanz als "Danse du ventre". Gustave Flaubert beschreibt in seinem Reisebericht "Reise in den Orient" auch orientalische Tänzerinnen, die er auf seinen Reisen gesehen hat. Ebenso denkbar kann die Bezeichnung "Raks Balady", übersetzt "Balady Dance (Tanz der Leute = Einheimische in Ägypten)", zu der englischen Bezeichnung "Bellydance" (=Bauchtanz) geführt haben.

Franz von StuckSalome (1906) (Das Gemälde zeigt warscheinlich die Tänzerin Saharet)

"Bauchtanz" ist die umgangssprachliche Bezeichnung vor allem für orientalischen Tanz. Der Begriff "Bauchtanz" reduziert fälschlich die Vielfalt des orientalischen Tanzes und das Können der Tänzerinnen auf den Bauch, die Hüfte oder das Gesäß. Ebenso wie bei allen Tänzen werden natürlich auch Arme, Beine, Hände, Füße, Schultern und der Kopf bewegt. Falsch sind die oft anzutreffenden Vergleiche oder Bezüge zu Striptease oder Lapdance. Diese Vergleiche sind eine ungerechtfertigte Herabsetzung der Tanzkunst und des intensiven Trainings in Tanztechnik, Rhythmik und Musikkunde, die der Bauchtanz erfordert.

Bücher und Texte mit dem Titel "Make Your Husband A Sultan" oder "Bellydance - A Very Sexy Exercise", spielen mit diesen falschen Assoziationen und leisten dem Vorurteil Vorschub, Bauchtanz sei nur eine billige orientalische Technik zur Erotisierung des Publikums.

Dass Bauchtanz in der Vergangenheit als Beischlaf-Animation für "Sultane" oder als Verführungstrick benutzt wurde, entspringt eher schwülstigen Haremsfantasien und ist eine der vielen Legenden, die sich um den Bauchtanz ranken.

Zur weiteren Bauchtanz-Legendenbildung gehören folgende gern zitierte Geschichten:

  • dass Salome die erste orientalische Schleiertänzerin der Bibel war,
  • dass die Königin von Saba vor König Salomon Bauchtanz zeigte,
  • dass Kleopatra VII. Julius Caesar mit einem orientalischen Bauchtanz verführte,
  • dass Bauchtanz im Harem erfunden wurde.

Wesentliche Bestandteile

Bewegungen und Bewegungsansätze

Nach dem Bewegungsansatz (z. B. Muskulatur des Beckens oder eher der Beine) können wir Stilrichtungen unterscheiden. So wird beim typischen ägyptischen Solotanz die Bewegung aus der "Körpermitte" geholt und kehrt energetisch auch oft wieder dahin zurück. Bei einer westlicheren Ausrichtung kommen die Bewegungen meist aus den Beinen, sind recht groß und werden seltener muskulär abgestoppt. Es gibt weiche, schlangenhafte Bewegungen, die zur Melodie getanzt werden und härtere, rhythmische Bewegungen. Grundsätzlich handelt es sich um einen Tanzstil mit isolierten Bewegungen der einzelnen Körperregionen.

Vor allem beim "Shimmy", dem rhythmischen, isolierten Zittern der Hüften oder anderer Körperteile, ist die gekonnte Isolation der Tänzerin sehr deutlich zu sehen. Der Shimmy kann in unterschiedlicher Intensität gezeigt werden, dabei kann die Tänzerin tanzen (d.h. der Shimmy wird über die größere Tanzbewegung gelegt) oder versucht einen Shamadan oder Säbel möglichst ruhig auf dem Kopf zu balancieren. Je besser die Isolation beim Shimmy trainiert ist, desto bewegungsfreier wird das Tanzacessoire balanciert. Als Nebeneffekt des Shimmy, werden die auf dem Bauchtanzkostüm (vor allem an den Hüften und am Oberteil) angebrachten Verzierungen in Bewegung (bei Metallverzierungen auch zum klingen) gebracht. Der Shimmy setzt eine hohe Körperbeherrschung voraus um ihn technisch einwandfrei zeigen zu können.

Gerade beim westlichen Stil werden viele Hand- und Armbewegungen eingesetzt. Der traditionelle orientalische Stil hingegen sieht die Arme und Hände eher als Umrahmung des tanzenden Körpers. Die Bewegungen lassen sich grob dahingehend einteilen, dass die Füße dem Grundrhythmus folgen, das Becken der Tabla/Darbukka, und dass der gesamte Körper die Melodie widerspiegelt. Im arabischen Tanz ist die Kenntnis des etwaigen Textes unabdingbar, da eine Tänzerin diesen interpretieren muss, d. h. die Körpersprache (Gestik ebenso wie Mimik) muss zum Text stimmig sein. Im Gegensatz zur ägyptischen Tanzszene werden in der Türkei instrumentale Tanzstücke bevorzugt.

Bauchtanz wird meist als typisch weiblicher Tanz wahrgenommen, der die Gefühlswelt und Kraft von Frauen zum Ausdruck bringt. Vor allem in Ägypten sind Frauen über 40 sehr populäre Bauchtänzerinnen, etwa Suhair Zaki, Fifi Abdou, Lucy und Dina. Dies ist allerdings auch darauf zurückzuführen, dass eine gute Tänzerin über Lebenserfahrung verfügen muss - dazu kommt selbstverständlich langjährige Bühnenerfahrung, um das zu formen, was in Ägypten von einer guten Tänzerin erwartet wird: eine Vollblut- und Allround-Entertainerin.

Das Bauchtanzkostüm

Tänzerin in einem typischen Kostüm

Das typische Bauchtanzkostüm entstand etwa den 1920er Jahren in den Kabaretts in Algier, Beirut und Kairo. Hauptsächlich in den Kabaretts von Kairo wurde der arabische Bauchtanz in seiner heutigen Form entwickelt und als Unterhaltungstanz aufgeführt.

Ein typisches Raqs Sharqi Kostüm besteht z.B. aus einem paillettenbesetzten BH-artigen Oberteil, einem ebenfalls pailettenbesetzten Gürtel (zusammen mit dem Oberteil als Bedleh bezeichnet) und einem Rock. Das traditionelle Kostüm bzw. die folkloristische Kleidung verwendet Münzen als Verzierung und gleichzeitig als Geldanlage (siehe auch Ouled Nail). Die orientalischen Tanzkostüme haben sich mit der Zeit modisch bedingt immer wieder verändert. Sie waren mehr oder weniger freizügig, hatten weite, enge Röcke, Shorts oder auch Hosen. Als Accessoire kann, muss aber nicht, zu einem klassischen Solo ein Schleier oder Cape benutzt werden. Im klassisch orientalischen Tanz ist der Schleier ein Intro-Accessoire und wird nach dem Eingangspart der Musik von der Tänzerin auf der Bühne abgelegt.

Neben dem typischen Bauchtanzkostüm werden feine Schleier, Säbel, Kerzen und ähnliches nicht selten als weitere Elemente eingesetzt. Tänze mit solchen Elementen werden zum Teil als "Fantasy" bezeichnet, da viele der in der Fantasy getanzten Grundthemen aus Amerika stammen oder von amerikanischen Tänzerinnen des 19. Jahrhunderts aufgegriffen wurden (z. B. Ruth St. Denis) und nur entfernt mit den ursprünglichen Tänzen des Orients verwandt sind.

Die typischen "Schleiertänze" der Salome oder Tänze von Schleiertanz-Gruppen sind kein klassisch orientalischer Tanz. Mit dem Schleier wird nur in der Sparte Fantasy durchgehend getanzt. Mehr Infos dazu siehe Schleiertanz.

Neben dem "klassischen" Bauchtanzkostüm werden für die "folkloristischen" orientalischen Tänze und Stile im arabischen Raum (z. B. Hagalla, Iskanderani, Saidi) besondere Kleider bzw. Kostüme getragen, die keinem so deutlich erkennbaren Modetrend unterliegen wie z. B. die Sharqi-Kostüme.

Auch bei den orientalischen Tänzen der westlichen Welt (z. B. American Belly Dance) trägt man andere Kleidung als bei der "klassischen Show" z. B. beim Säbeltanz, Tribal Style Dancing.

Stile des orientalischen Tanzes

Tribal Style Fusion Dance Gruppe Perlatentia aus Hannover

Fantasy

Diese Tänze wurden nach alten Bildern und Geschichten erdacht, ohne reale geschichtliche Grundlagen für die Tanzformen und -schritte.

Sonstige Formen

Historischer Tanz


Modetänze

Tänze wie Samba Oriental, Oriental Techno oder Oriental Pop sind Tänze, die Elemente aus dem Orientalischen Tanz übernommen haben, aber zu den modernen Mode- und Partytänzen bzw. zum Tanzsport und den Tänzen der Jugendkultur gehören. So ist die Kleidung, die Bewegungsvielfalt und auch die Musik völlig frei wähl- und verarbeitbar. Bekannteste Trendsetterin der "Oriental Pop"-Welle (um einen allgemeinen Begriff zu nennen, die Musik kann auch Rap-Elemente beinhalten), die viele typische Bauchtanzbewegungen in ihre Choreografien, Videoclips und Liveauftritte einbaut ist die kolumbianische Sängerin Shakira. Ebenso zeigten und zeigen auch Britney Spears, Christina Aguilera und Cher (Künstlerin) viele typische Bewegungen und Tanz-Komis aus dem orientalischen Tanz.

Comedy-Bauchtanz

Der Comedy-Bauchtanz kann als Facette zum orientalischen Tanz gehören. Er benutzt das typische Bauchtanzkostüm und eine minimale Anzahl von Grundbewegungen in lustig-trivialer Weise. Um eine Comedy-Bauchtanz-Show zu zeigen, bedarf es vor allem der Bereitschaft, über sich lachen zu lassen. Hier steht die Übertreibung, Verzerrung und Trivialität im Vordergrund, während der orientalische Tanz nur den Rahmen für den Sketch (die Comedy-Vorführung) bildet. Die Hamburgerin Christine Licht behauptet von sich den sog. Comedy-Bauchtanz erfunden und als Erste diesen als Kunstform aufgeführt zu haben. Bei ihren Events tritt sie u.a. mit einem "lichtelektronischen Bauchtanzkostüm" oder mit einer automatischen "Schimmymaschine" auf. Das "lichtelektronische Bauchtanzkostüm" ist ein mit elektrischen Lichtern verkabeltes Kostüm, an dem bunte Lichter blinken. Ähnlich dem Kostüm von Robert Redford in dem Film Der elektrische Reiter, oder dem Kostüm von Priscilla Presley in Die Nackte Kanone, Teil 2.

In Deutschland kennt man komödiantische Einlagen im Rahmen von orientalischen Tanzshows, oder humoristische Einlagen in orientalischer Verkleidung schon seit längerem. In dem 1961 gedrehten deutschen Film Café Oriental (u.a. mit Trude Herr), wurden neben anderen Themen, auch orientalische Inhalte verwandt, um damit komödiantische Einlagen in Gestalt von tanzenden Haremsdamen im Film auftauchen zu lassen. Zu dem bekannten 60er Jahre Schlager von Bill Ramsey, Zuckerpuppe (aus der Bauchtanz Truppe) und das von ihm gesungene Titellied des gleichnamigen Films Café Oriental, traten bei Auftritten oder Aufnahmen von Bill Ramsey immer wieder verkleidete Bauchtänzerinnen auf. Für das Musikstück Fata Morgana der österreichischen Gruppe EAV (Erste Allgemeine Verunsicherung), das sich humoristisch mit dem Thema Orient beschäftigen, verkleiden sich die Bandmitglieder bei Auftritten selbst als Bauchtänzerin. Bei vielen Comedy Bauchtanzauftritten werden die genannten Lieder bis heute verwendet, vor allem zur Erheiterung des Publikums, da alle genannten Titel sehr bekannt sind, oder als echte komödiantische Einlage einer ganz normalen Bauchtanzshow.


Comedy-Bauchtanz wurde der Vollständigkeithalber in diese Liste aufgenommen.

Orientalischer Tanz heute

Die Entwicklung des "Kairoer Stils"

Der arabische Raks Sharqi wurde in der Cabaret-Szene von Kairo in seiner Grundform und Ausprägung entwickelt und aufgeführt. Verbreitet wurde dieser Cabaret-Stil hauptsächlich durch die ägyptische Filmindustrie. Ägypten hat bis heute eine starke Filmindustrie, und zwischen 1920 und 1950 boomten Filmproduktionen und Aufführungen. Da der Eintritt für einen Film wenig kostete und vom tristen Alltagsleben (wie überall auf der Welt) ablenkte, konnten sich die in den Filmen gezeigten Tanzstile schnell etablieren und wurden in den Cabarets und Nachtclubs weiterentwickelt. Auch das Fernsehen, in dem bis heute auch gerne alte Filme gezeigt werden, und welches in Ägypten rund um die Uhr angeschaltet ist, hat seit seiner Etablierung dazu beigetragen, die großen Tänzerinnen des frühen ägyptischen Kinos weiterhin im Gedächtnis zu behalten.

Bekannte und berühmte Tänzerinnen aus der Frühzeit des "Kairoer Stils", auch außerhalb Ägyptens, sind u.a. Samia Gamal, Tahia Carioca, Naima Akef und später Nagua Fouad. Suher Zaki oder Fifi Abdo, setzten im orientalischen Tanz ebenfalls hohe Maßstäbe, die nicht nur in der arabischen Welt Anwendung und Nachahmung finden.

In Ägypten und der arabischen Welt, speziell ab ca. 1980 bis heute, hat der Tanz den Status einer gehobenen Unterhaltungskunst. Während die europäische Kabarett- und Varieté-Unterhaltung seine beste Zeit schon 1925 hinter sich hatte und mit eher anrüchigen Darstellungen Publikum anlockt, stellt die Nachtclubszene Ägyptens noch immer Unterhaltung auf gehobenem ästhetischen Niveau dar.

Orientalischer Tanz außerhalb der arabischen Welt

Der Bauchtanz, wie er heute in der westlichen Welt bekannt ist, stellt eine Sonderform des orientalischen Tanzes dar. Bauchtanz ist auch in der Türkei, in Griechenland und generell im Balkanraum verbreitet. In Griechenland und auf dem Balkan wird er in erster Linie als Gesellschaftstanz getanzt und eher selten vorgeführt.

Der türkische Bauchtanz heißt Göbek Dans, Oryantal, Oryantal Göbek Dansi (Göbek; türk. für Bauch) oder Chifteteli, der griechische Tsifteteli. Diese beiden Formen kennen weniger Bewegungen als der arabische Bauchtanz, und auch die Musik dazu ist rhythmisch meistens gleichförmig, im Gegensatz zur arabischen Bauchtanzmusik, die in einem einzigen Stück eine große Vielfalt von Rhythmen aufweist. In der Türkei haben Bauchtänzerinnen keinen hohen Status und werden oft für Prostituierte gehalten.

Mit dem ersten Auftauchen des orientalischen Tanzes in den USA vor über vierzig Jahren wurde aus dem exotischen Tanz eine Mainstreambewegung. Mit der Hippie-Ära, der Entdeckung fernöstlicher Philosophien und alternativer Lebensmodelle wurde auch der orientalische Tanz in den USA neu entdeckt. Hier gelang im Laufe der Zeit die Entwicklung eines eigenständigen Stils des American Carabet Bellydance oder "American Bellydance", der sich vom klassisch orientalischen Tanz unterscheidet. Diese Entwicklung eines eigenständigen Stiles förderte die Kreativität und das Selbstbewusstsein amerikanischer Tänzerinnen, eigene Fusionen und Bewegungen einzubringen, ohne sich mit Authentizitätsproblemen auseinandersetzten zu müssen.

Bekannte zeitgenössische amerikanische Tänzerinnen (diese Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit)) sind: Suhaila Salimpour, Ansuya, Delilah, Cassandra, Dalia Carella, Suzanna Del Vecchio, Morocco, Latifa und Helena Vlahos (die schon in den 1970er Jahren im amerikanischen Fernsehen rollende Münzen auf ihrem Bauch tanzen ließ).

Unter der Bezeichnung "moderner ägyptischer Tanz" versteht man die Weiterentwicklung der traditionellen ägyptischen Tanzbewegungen. In Sinne von Weiterentwicklung des traditionellen ägyptischen Tanzes, wurden seit einigen Jahren neue Elemente (Bewegungen und Kombinationen) durch ägyptische Tänzerinnen in den Bauchtanz eingebracht. Diese Elemente werden in der Regel nach den einzelnen Tänzerinnen benannt, um ihre Herkunft zu verdeutlichen. Eine andere Weiterentwicklung in Form von sogenannter "westlicher Verfremdung" des ägyptischen Tanzes findet, laut konservativen Verfechtern des reinen ägyptischen Stiles, in Europa und USA täglich statt. Diese neuen Elemente, Bewegungen und Abläufe werden meist nicht nach deren Schöpfern benannt, oder nur im Rahmen regionaler Aktivitäten der Tänzerinnen selbst verbreitet. Oft wird auch die Bezeichnung moderner ägyptischer Tanz als Kennzeichnung für einen vereinfachten Raks Sharqi zu moderner Popmusik werwendet. Bis heute haben sich keine renommierten westlichen Tänzerinnen und Tänzer, die eine eigene Formsprache auf der Basis der orientalischen Tanzes entwickelten, einen nationalen oder internationalen Ruf geschaffen. Vor allem in Ägypten werden solche Entwicklungen als Verfremdung empfunden und kaum zur Kenntnis genommen.

Bauchtanz in der Populärkultur

Obwohl Bauchtanz gerne belächelt und nicht als echte Tanzkunst angesehen wird, gibt es sehr viele Künstler, Tänzer, Musiker und Sänger die mit orientalischer Musik und den orientalischen Tanzbewegungen arbeiten. Vor allen auf Musik und Film hat der Bauchtanz seinen größten Einfluß.

"Bauchtanz" in Musikproduktionen

  • die amerikanische Sängerin Beyonce zeigt typische Bauchtanzbewegungen in ihrem Videoclip Baby Boy
  • in den Lied des amerikanischen Rappers Eminem , "Ass Like That"beginnt die erste Strophe mit dem Text: "The way she moves, she's like a belly dancer". Auch ist die Music zu diesem Lied deutlich "orientalisiert".
  • das Lied "Bananza" des amerikanischen Sängers Akon enthält folgende Textpassage: "Don't be shy girl, go bananza. Shake your body like a belly dancer."
  • die bekannteste Sängerin die Bauchtanzbewegungen zeigt und auch arabische Musik in ihren Produktionen verwendet ist die kolumbianische Sängerin Shakira. Sie zeigte zur MTV Video Music Awards Verleihung 2006 in New York ihren Song "Hips Don't Lie", der in Zusammenarbeit mit Wyclef Jean entstand. Ihre halb-libanesische Abstammung zeigt sich sehr stark in ihrem Tanz und auch in ihren Choreografien.
  • Christina Aguilera zeigt sich in einem Werbespot für einen grossen amerikanischen Getränkehersteller als Bauchtänzerin und auch als indische Tänzerin

"Bauchtanz" in Filmproduktionen

Die Auflistung dieser Filme stellt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und soll nur einen kleinen Überblick über die vielen Filme geben die Bauchtanz zeigen, oft sogar berühmt wurden durch den Auftritt einer bekannten Schauspielerin in einer orientalischen Tanzszene, oder gerade wegen dieser Auftritte. Obwohl Bauchtanz in den Filmen an sich kaum wahrgenommen wird, spielt er eine wichtige Rolle für die Handlung (z.B. Wild Wild West), dient der Intensivierung des Gefühls der Orient sei eine andere Welt, soll den Zuschauer (und den Akteur im Film) sprichwörtlich verführen, oder wird spielerisch, komödiantisch eingebaut. Die Filme die sich mit orientalischen Themen und Motiven beschäftigen, beginnen sehr früh in der Zeit des Kinos (1917 - Cleopatra) und werden mit der neuesten Produktion von Cleopatra (2006), noch lange nicht aufhören.

Datei:1963 Cleopatra trailer screenshot (53).jpg
Tanzszene aus dem Film Cleopatra von (1963) mit Liz Taylor (u.a.)
  • 1917: Cleopatra, u.a. mit Theda Bara, die im Film selbst "orientalisiert" tanzt.
  • 1932: Mata Hari, u.a. mit Greta Garbo als Mata Hari tanzt in diesem Film ebenfalls orientalisch.
  • 1934: Cleopatra, u.a. mit Claudette Colbert als Cleopatra die auch selbst tanzt.
  • 1938: Der Tiger von Eschnapur/Das indischen Grabmal, u.a. mit Theo Lingen und La Jana. La Jana tanzt in beiden Filmen "orientalisiert", als indische Tänzerin Indira.
  • 1949: Bagdad, u.a. mit Maureen O'Hara, die einen orientalischen Tanz zeigt.
  • 1953: Salome, hier tanzt Rita Hayworth selbst.
  • 1954: Der Talisman, u.a. mit Rex Harrison, hier zeigt die türkische Tänzerin Nejla Ates einen Bauchtanz als "dunkelhäutige Tänzerin".
  • 1954: Tal der Könige, u.a. mit Robert Taylor. Hier tanzt die berühmte ägyptische Tänzerin Samia Gamal.
  • 1959: Der Tiger von Eschnapur/Das indischen Grabmal, u.a. mit Debra Paget als indische Tempeltänzerin.
  • 1962: Stärker als alle Vernunft, u.a. mit Jack Lemmon. Lisa Guirant als Bauchtänzerin.
  • 1963: Liebesgrüße aus Moskau, hier zeigt die englische Schauspielerin Lisa Guiraut als Zigeunerin verkleidet einen Bauchtanz.
  • 1963: Cleopatra, u.a. mit Elizabeth Taylor als Cleopatra, die nicht selbst tanzt. Bauchtanzszenen sind aber im Film enthalten (siehe Bild).
  • 1965: Help!, in diesem Film der berühmten Beatles kommt eine Bauchtanzszene vor.
  • 1966: Khartoum - der Aufstand, u.a. mit Charlton Heston. Auch hier zeigt Lisa Guiraut einen Bauchtanz.
  • 1979: Das China Syndrom, u.a. mit Jane Fonda, in einer Szene zeigt die amerikanische Tänzerin Delilah aus Seattle einen Bauchtanz.
  • 1983: Octopussy, u.a. mit Roger Moore als James Bond. Hier zeigt eine Gruppe Frauen einen Bauchtanz um Wärter abzulenken.
  • 1996: From Dusk Till Dawn, der berühmte "Schlangentanz" von Salma Hayek als "Santanico Pandemonium".
  • 1999: Wild Wild West, u.a. mit Will Smith, der sich als Bauchtänzerin verkleidet und vor Kenneth Branagh tanzt.
  • 2002: Die Königin der Verdammten, die verstorbene amerikanische Sängerin Aaliyah zeigt hier einen Bauchtanz.
  • 2004: Alexander, u.a. mit Val Kilmer. Hier werden viele Bauchtänze gezeigt, u.a. auch Säbeltanz, Schlangentanz (Angelina Jolie) und Schleiertanz.
  • 2004: Troja, u.a. mit Brad Pitt. Hier werden verschiedene Bauchtänzerinnen gezeigt. Eine Gruppe tanzt zu Beginn des Film in der Halle des Agamemnon.

Organisationen

Seit 1994 gibt es den Bundesverband für orientalischen Tanz, der sich die Pflege und Förderung des Orientalischen Tanzes in Deutschland zum Ziel gesetzt hat.

Literatur

  • Wendy Buonaventura: Serpent of the Nile: Women and Dance in the Arab World, Interlink Publishing Group, 1998, ISBN 1-5665-6300-3
  • Karin Van Nieuwkerk: A Trade Like Any Other: Female Singers and Dancers in Egypt, University of Texas Press, 1995, ISBN 0-29278-723-5
  • Wendy Buonaventura: Bauchtanz, Kunstmann Verlag, 1998, ISBN 3-8889-7106-3
  • Dietlinde Bedauia Karkutli: Das Bauchtanz-Buch, Rowohlt 2002, ISBN 3-4996-1328-X
  • Eluan Ghazal: Der heilige Tanz. Orientalischer Tanz und sakrale Erotik, Simon & Leutner, 2005, ISBN 3-92238-995-3
  • Eluan Ghazal: Schlangenkult und Tempelliebe. Sakrale Erotik in archaischen Gesellschaften, Simon + Leutner, 1995, ISBN 3-92238-963-5
  • Rosina-Fawzia Al- Rawi: Der Ruf der Großmutter. Oder die Lehre des wilden Bauches, Promedia, Wien, 1996, ISBN 3-85371-110-3
  • Brygida M. Ochaim, Claudia Balk: Varieté-Tänzerinnen um 1900. Vom Sinnenrausch zur Tanzmoderne, Ausstellung des Deutschen Theatermuseums München 23.10.1998–17.1.1999., Stroemfeld, Frankfurt/M. 1998, ISBN 3-87877-745-0
  • Stephanie Mattes: Orient im Film. Die Geschichte des Bauchtanzes von seinen Anfängen bis zur Gegenwart, Books on Demand GmbH, 2002, ISBN 3-83113-690-4
  • Monika Kaiblinger-Ickert, Ludmilla Schuhbauer: Bauchtanz Harmonie und Sinnlichkeit, Blv Verlagsgesellschaft, 2005, ISBN 3-4051-6799-X
Commons: Raqs Sharqi – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien