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Nonverbale Kommunikation

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Als nonverbale Kommunikation wird der Teil menschlicher Kommunikation bezeichnet, der sich averbal, also nicht lautsprachlich-auditiv ausdrückt, sondern mittels Körpersprache auf verschiedenen Kanälen kommuniziert wird.

Kommunikationskanäle nonverbaler Kommunikation

Der größte Teil von dem was kommuniziert wird, läuft oft unbewusst, über Körpersprache ab. Diese allgemeingültige Aussage stützt sich auf die Eisbergtheorie von Sigmund Freud, der den unbewussten Motiven für menschliche Entscheidungen eine wesentlich höhere Bedeutung beigemessen hat, als den bewussten.

Unbewusste nonverbale Kommunikation

Während den visuell aufgenommenen Informationen innerhalb der nonverbalen Kommunikaton gerne ein hoher Stellenwert beigemessen wird (Mimik und Gestik), hat tatsächlich beispielsweise der Geruchssinn eine enorme reale Bedeutung für das menschliche Verhalten in nonverbaler, direkter Kommunikation.

Dies hat seine Ursache in der menschlichen Wahrnehmungsfähigkeit für Pheromone bereits unterhalb der Wahrnehmungsschwelle durch das Stammhirn. Auf diesem Wege steuern die sexuellen Botenstoffe des menschlichen Körpers das unbewusste Verhalten über den Geruchssinn und eine Signalverarbeitung durch das Stammhirn (auch "Reptilienhirn"). Die so gewonnenen Informationen werden anschließend im Großhirn kognitiv verarbeitet und mit archetypischen Verhaltensmustern gekoppelt. Im letzten Bearbeitungsschritt formt der Verstand aufgrund von sozialisierter Erfahrung die passenden Begründungen und Argumente und entwickelt intelligente Strategieen, um die Paarung zu ermöglichen.

Während der fruchtbaren Tage sendet der Körper der menschliche Frau Pheromone aus, die dem männlichen Gegenüber unbewusst entsprechend Paarungsbereitschaft signalisieren. Nimmt der weibliche Körper allerdings über einen längeren Zeitraum keine männlichen Pheromone über den Geruchs- oder Geschmackssinn auf (z.B. in Frauenhaftanstalten), so bleibt der Eisprung aus. Der genetische Code verwandter Menschen sorgt auf dem gleichen Wege für sexuelle Unattraktivität und Abkehr, um die Zeugung von Nachwuchs ohne frisches genetisches Material zu verhindern.

Industriell wurde bereits mehrfach auf diesen Mechanismus zurückgegriffen. So hat Audi beispielsweise ende der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts begonnen seine Verkaufsräume mit Zitonenextrakt zu beduften. Zitronella bewirkt, unterhalb der Wahrnehmungsschwelle menschicher Rezeptoren aufgenommen, eine Steigerung der Aufmerksamkeit und der Wahrnehmung. Derartige Versuche wurden allerdings wieder eingestellt, da Aufwand und Nutzen nicht im wirtschaftlichen Verhältniss zu einander standen.

Anders gesagt, der aufmerksame Verkäufer, der mit einem Lächeln auf den Kunden zugeht erreicht auf preiswertere Weise eine viel höhere Aufmerksamkeit. Sollte dieser Verkäufer allerdings "ungepflegt" riechen, werden auch die besten Argumente kaum zum Verkaufsabschluss bewegen...

Teilbewusste nonverbale Kommunikation

Bestimmte körpersprachliche Signale laufen teilbewusst ab. So bemerken wir i.d.R. durchaus bestimmte Veränderungen unserer Mimik selbst, über weite Strecken nehmen wir diese Veränderungen jedoch nicht wahr und setzen diese auch nicht bewusst zur Kommunikation ein. Bestimmte autonome Körperfunktionen wie z.B. Schweißbildung, Pupillenveränderung oder Pulsschlag, welche dem Gegenüber bei genauer Beobachtung durchaus auffallen, können ebenfalls nicht bewusst gesteuert werden, sind jedoch z.T. durchaus selbst wahrnehmbar.

Unter längerem Trainig ist es möglich, die diesen Veränderungen zugrunde liegenden emotionalen Ursachen wie z.B. Stress (z.T. wahrnehmbar duch Schweißbildung), Angst (z.T. wahrnehmbar durch Pupillenerweiterung), extreme Trauer oder Freude (Herzklopfen/Tränenfluss) oder Vitalität (z.T. wahrnehmbar durch die Körperform), teilweise zu kontrollieren.

Ähnlich den olfaktorischen Körpersignalen, bilden die teilbewussten körpersprachlichen Signale ebenfalls Ausdrucksformen genetisch veranlagter Verhaltensmuster. Diese führen uns z.B. in Gefahr zu erhöhter Leistungs- und Wahrnehmungsfähigkeit (Hautwahrnehmung durch Schweissbildung, gesteigerte Leistungsfähigkeit durch Pulsveränderung, Wahrnemungsveränderungen des Gesichtsfeldes bei Gefahr etc.) oder sie helfen uns bei der Vorbereitung der Fortpflanzung, das jeweils beste erreichbare genetische Material zu gewinnen (die kräftige männliche Erscheinung als Zeichen für Durchsetzungsfähigkeit bzw. die Ausprägung der primären Geschlechtsmerkmale der Frau zur Versorgung der Kinder). Da diese Einschätzungen teilweise unbewusst ablaufen, werden sie kulturell oft verleugnet.

Längerfristige Veränderungen in den Lebensgewohnheiten des Menschen drücken sich ebenfalls körpersprachlich aus. Zu nennen sind hier exemplarisch die Beschaffenheit von Fingernägeln oder Haaren, ernährungsbedingte Veränderungen der Haut oder Fettablagerungen bzw. Muskelaufbau, Haltungsstörungen im Wirbelsäulenbereich aufgrund mangelnder Vitalität oder mimische Veränderungen aufgrund lang anhaltender einseitiger emotionaler Lebenssituationen (die "griesgrämige Erscheinung", die "Lachfalten", das "markante Kinn").

Die Fähigkeiten der Decodierung derartiger Signale hat sich, ebenso wie die unbewusste nonverbale Aussendung solcher Signale und die körpersprachliche Ausdrucksform im Laufe der Evolution als nützlich erwiesen. Zum einen um im Wettbewerb um das beste genetische Material für den Arterhalt zu sichern. zum anderen um im sozialen Umgang miteinander Vorteile zu gewinnen.

Ein besonders wichites Beispiel ist in diesem Zusammenhang das Lachen. Vor allem Frauen haben aufgrund ihrer sozialbetonen Veranlagung das Lachen und das Lächeln kulturhistorisch auch immer schon als "Waffe" eingesetzt, und zwar als "Gegengewicht" zu auftretenden sozialen Spannungen in der Gruppe und in der Familie. Auch heute noch beobachen Verhaltensforscher, dass Frauen in Führungspositionen eher gekonnt mit einem Lächeln zum rechten Zeitpunkt entscheidene Verhanlungssituationen entspannen können. Eine Fähigkeit, die genetisch veranlagt und durch die evolutionär geprägte Übung im Umgang mit Sozialisationsprozessen bei der Erziehung und Versorgung der Gruppe von überlebenswichtiger Bedeutung war.

Im Berufstand des Schauspielers zählt es zu den höchsten Leistungen, bis in die teilbewussten körpersprachlichen Bereiche hinein im Laufe der Proben „in den Ausdruck gehen“ zu können. Menschen die sich gut verstehen, gleichen sich dem andern in Tonfall, Mimik, Distanz, Lautstärke und Körperhaltung unbewusst an. Im NLP wird diese Fähigkeit "Pacing" genannt und ist Teil der Ausbildung in bewusster Kommunikation.

Bewusste nonverbale Kommunikation

Die Gestik des Menschen drückt sich durch Arme und Hände aus. „Laute Gesten“ spielen sich hierbei i.d.R. über Schulterhöhe ab (Warnhinweise, „Wedeln mit den Armen“ oder das „STOP“- Signal, die gestreckte „wütende Faust“ in Richtung Himmel). Die sog. „Unterstützungsgestik“ findet sich im Bereich zwischen Schulterhöhe und Gürtellinie. Sie kann auch ganze lautsprachliche Ausdrücke ersetzten (Gebärdensprache). Schließlich finden sich wiederum unbewusste Gesten am Ende eines locker herabhängenden Armes, z.B. in Form des ungeduldigen Fingerreiben, Fingernagelbeugen oder Schnipsen.

Die Mimik ist auf das Gesichtsfeld, insbesondere die Augen- und Mundpartie bezogen. Hier finden sich nuancenreiche Ausdrucksformen, die oft mehr über unser inneres Erleben sagen, als viele Worte. Auch diese Fähigkeit des „Lesens“ in einem Gesicht ist Teil unserer genetischen Veranlagung aus der Zeit, in der die Sprache noch nicht entwickelt war. Versuche diese extrem vielschichtige und facettenreiche Sprache in wissenschaftliche Kategorien zu systematisieren sind bisher kläglich gescheitert oder werden nicht anerkannt, da sie nicht falsifizierbar sind (siehe Physiognomie).

Als Teil der gesellschaftlichen Sprache sind der bewusste Einsatz von Gesten, Mimik und Körperstellungen Bestandteil jeder menschlichen Kultur. In unterschiedlichen Gebieten der Erde haben gleichlautende Gesten z.T. eine vollkommen gegenteilige Bedeutung.

  • So bedeutet z.B. das Kopfnicken in Griechenland Ablehnung,
  • der direkte Augenkontakt in islamischen Ländern eine Belästigung,
  • das abwinken mit der Handfläche nach untern in Afrika eine Einladung.

Im Gegensatz zu den teilbewussten Ausrucksformen nonverbaler Sprache, ist es in den bewussten Bereichen der Körpersprache relativ einfach möglich, nonverbale Ausdrucksformen zu erlernen.

Beispiele hierfür sind:

Eine kultivierte Kombination verschiedener Signalhandlungen bewusster nonverbaler Kommunikation, vor allem der menschlichen Frau, ist in diesem Zusammenhang die gezeielte Verwendung von Duft- und Farbstoffen sowie sorgfältig ausgewählter Kleidung in gesellschaftlicher Umgebung als Lockmittel sowie als Ausdruckselement "gepfelgter" und somit attraktiver Erscheinung.

Die Kleidung als Element der Körpersprache stellt somit den dritten Bereich der bewussten nonverbalen Kommunikation dar. "Kleider machen Leute" und nicht erst seit "Des Kaisers neue Kleider" oder der Geschichte des "Hauptmann von Köpenik" ist klar, dass Geschmack, Stil, Wert und Funktion der menschlichen Kleidung als gezielte Ausdurckselemente nonverbaler Kommunikation gewählt werden.

Die "Verkleidung" des Körpers zu Karneval macht Menschen teilweise besondes viel Freude und sie verbringen mitunter das ganze Jahr damit, wertvolle Kostüme zu nähen um einmal im Jahr in eine besondere Rolle zu schlüpfen. Der "Karnevalsprinz" ist in rheinischen Hochburgen kultivierter Ausdruck eines starken Wunsches des Menschen nach sozialer Macht und Status, selbst wenn die Verkleidung nur wenige Tage lang gilt und dann wieder abgelegt wird.

Die Kleidung als Element der Körpersprache wird ggf. ergänzt um weitere "Hüllen" wie z.B. den verwendeten Schmuck, das "angemessene" Verkehrsmittel oder die Wohungswahl und -einrichtung als erweitete Elemente individueller nonverbaler Kommunikation.

Auch hier lassen sich wiederum Motivationselemente des social standig, der (unbewussten) Partnerwahl oder zur Bildung von Hierarchien in sozialen Gruppen erkennen.

Distanzen

Man unterscheidet zwischen:

  • intimer Distanz (ca. Armlänge)
  • sozialer Distanz (1-3 Meter)
  • öffentlicher Distanz (< 3 Meter)

Diese Distanzzonen haben sich aufgrund der möglichen Bedrohung des Menschen durch seine Umgebung evolutionär gebildet.

Wir lassen freiwillig nur ungern fremde Menschen in unsere Intimzone eindringen. Dies ist sicher mit ein Hauptgrund für die starke und ökonomisch wie ökologisch vollkommen unsinnige extreme Entwicklung des Individualverkehrs, der dem Menschen auch nach dem Verlassen seiner „Behausung“ eine gesicherte Intimzone gewährt.

In Großstädten stellt der eigene Pkw im Gegensatz zur Nutzung des öffentlichen Personen-Nahverkehr nach wie vor ein entsprechendes Statussymbol dar, dass ungern aufgegeben wird.

Die soziale Distanz hat sich aufgrund der mittleren Reichweite normal gesprochener Sprache gebildet. Hier kann von lebhafter Kommunikation ausgegangen werden, die andererseits nicht unmittelbar bedrohlich (handgreiflich) werden kann.

In der öffentlichen Distanz bewegen wir uns relativ sicher. Die „Obacht“ lässt nach, da potentielle Gegner aus dem Umfeld eine gewisse Distanz zu überbrücken haben, bis sie uns erreichen. Verbale Kommunikation ist mit erhobener Stimme möglich, oft werden Gesten zur Verständigung eingesetzt. Bei Versuchen an leeren Tischen in einem Restaurant bildet diese Zone regelmäßig die Zellenstruktur der Besetzung von Tischen, und zwar solange, bis der Raum gefüllt oder die attraktiven Plätze besetzt sind. Erst später werden soziale und intime Abstände gewählt.

Zusammenfassung

Bei näherer Betrachtung und bewusster Wahrnehmung wird deutlich, dass nonverbale Kommunikation und Körpersprache zum überwiegenden Teil nicht steuerbar und oft auch nicht unmittelbar nachvollziehbar sind.

Die Teile der Körpersprache, die der Mensch hingegen versucht zu kontrollieren, kommen beim Gegenüber deswegen häufig als inkongruent an, weil sie "unbewusst" als unstimmig zur verbalen Aussage aufgedeckt werden. Diese Fähigkeit hat den Menschen bis zur Entwicklung des Großhirns evolutionär sinnvoll begleitet. Versuche diese Abläufe kognitiv zu überlagern stellen eine enorme Anforderung an die Konzentration dar und sind nur mit jahrelangem Training möglich.

In einer Rolle kann der Mensch oft nur Stunden, im besten Fall Tage ausharren, dann holt ihn seine eigene Körpersprache wieder ein oder er entwickelt neue Werte, Sozialumgebungen und Gwohnheiten, in denen er langsam lernt ein neues, sozialtypisches Körperverhalten zu zeigen. Im Bereich der unbewussten Körpersprache sind solche Versuche von vorne herein allerdings zum Scheitern verurteilt.

Zitate

  • “ Der Körper ist der Übersetzer der Seele ins Sichtbare“
    Christian Morgenstern
  • "Vultus loquitur quodcumque tegis" (Deine Miene spricht aus, was auch immer Du verheimlichst.
    Seneca
  • “ Was jemand denkt, merkt man weniger an seinen Ansichten als an seinem Verhalten.“
    Isaac Bashevis Singer Schriftsteller, Nobelpreisträger für Literatur

Quelle

siehe auch