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Johann Flierl

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Datei:Johann Flierl 28 Jahre.jpg
Johann Flierl mit 28 Jahren

Johann Flierl (* 16. April 1858 in Buchhof, Oberpfalz; † 30. September 1947 in Neuendettelsau) war ein deutscher evangelisch-lutherischer Missionar und Gründer der Neuendettelsauer Mission in Neuguinea. Seine Arbeit löste die größte lutherische Missionsbewegung der Kirchengeschichte aus und führte zur Gründung der Evangelisch-Lutherische Kirche von Papua-Neuguinea im Jahr 1956, eine der größten lutherischen Kirchen in der südlichen Hemisphäre.[1][2]

Leben

Flierl wurde am 16. April 1858 im Weiler Buchhof, südlich von Fürnried in der Gemeinde Birgland als jüngstes von sieben Kindern der Kleinbauern Kunigunde geb. Danhauser von Mittelreinbach und Konrad Flierl geboren.[3]

Vom Mai 1864 bis zum Frühjahr 1871 besuchte er die Dorfschule in Fürnried. Der Wunsch, Missionar zu werden, erwachte in Flierl bereits im Alter von acht oder neun Jahren. In der Dorfschule wurde das bunte Calwer Kindermissionsblatt an die älteren Schüler verteilt. Flierl, schon als Kind ein leidenschaftlicher Leser und immer auf der Suche nach neuer Lektüre, erhielt auf sein Bitten hin ebenfalls einige Hefte.[3] Flierl selbst schreibt, dass durch diese Calwer Kindermissionsblatt an ihn der „innere Ruf zur Heidenmission“ erging.[4]

Am Palmsonntag des Jahres 1871 wurde er in der Kirche St. Willibald in Fürnried konfirmiert.[3]

Flierl trat im Frühjahr 1875 17-jährig in die Neuendettelsauer Missionsanstalt ein.[5]

An Ostern 1878 fand Flierls Aussendungsfeier in der Dorfkirche zu Neuendettelsau statt. In dieser Aussendungsfeier wurden neben Flierl, der nach Australien abgeordnet wurde, Flierls Brüder Gottlieb Berkemeier, Paul Liedtke und Adam Schmidtkonz nach Amerika abgeordnet.[6]

Am 5. Oktober 1882 heiratete Flierl die Pfarrerstochter Beate Maria Louise Auricht (1861–1934). Sie folgt ihm 1888 nach Simbang I. 1890 kam dort Tochter Dora zur Welt. 1892 folgte Sohn Wilhelm auf der Station Simbang II. 1894 erblickte Tochter Elisabeth in der Missionsstation auf dem Sattelberg das Licht der Welt. Johannes kam ebenfalls auf dem Sattelberg im Jahre 1895 zur Welt.[3][7]

Die Tochter Elise heiratete den Missionar und Sprachwissenschaftler Georg Pilhofer.[8] Einer von dessen Enkeln ist der evangelisch-lutherische Theologe Peter Pilhofer.

Wirken

Nach seiner Aussendungsfeier reiste Flierl auf seiner ersten Reise außerhalb Bayerns zusammen mit seinem Bruder Friedrich Wilhelm Matschoss über Hamburg nach London. Dort bestieg er nach Pfingsten 1878 in London den Dampfer Sommersetshire. An Board dieses Dampfers umschiffte er das Kap der Guten Hoffnung und erreichte nach sieben Wochen Melbourne.[6][8]

Am 17. August 1878 kam Flierl in Light Pass bei Missionspräses Pastor Gustavus Julius Rechner an, im September 1878 wurde Flierl in Tanunda ordiniert.[6]

Killalpaninna (1878–1885)

Im Oktober 1878 reiste Flierl zusammen mit Bruder Carl August Meyer und dessen Frau zur Missionsstation Killalpaninna um sich als Missionar unter den Dieri zu betätigen. Für die knapp 1.000 Kilometer benötigten sie vier Wochen per Bahn, Postkutsche und zu Fuß. An dieser Missionsstation verbrachte er seine sieben Lehrjahre.[9][6] Flierl baute sich dort eine Hütte mit drei Schlafzimmern, die er mit seiner Lebensgefährtin Louise bewohnte. Während seiner Zeit in Killalpaninna erhielt er die Erlaubnis, im Oktober 1882 nach Adelaide zurückzukehren und Louise zu heiraten. Während seiner Abwesenheit wurde er von seinem Cousin Johann Flierl vertreten.[8]

In den Jahren 1884 und 1885 erfuhr Flierl durch Zeitungsberichte übr die Errichtung einer deutsche Kolonie im nordöstlichen Teil der Insel Neuguinea (Kaiser-Wilhelms-Land).[10] In einem Brief, den er an sein Stammhaus in Neuendettelsau und abschriftlich an das australische Missionskomitee schickte, warb er dafür, dass die deutschen Lutheraner in Australien eine Mission in der neuen Kolonie beginnen sollten. Gleichzeitig erklärte er seine Bereitschaft, "als Bahnbrecher dorthin zu gehen".[11]

Nach seiner Abberufung im August 1885 bereitete er noch einige Monate seinen Auszug vor und verließt dann die Missionsstation.[11]

Cape Bedford (1885–1886)

Im November 1885 verließ Flierl die Missionsstation Killalpaninna in Begleitung von Johann Biar aus St. Kitts mit dem Ziel Kaiser-Wilhelms-Land (Neuguinea). Am 10. November 1885 fand Flierls Abordnungsfeier in der Kirche in Langmeil bei Tanunda statt. Auf dem Europa-Dampfer „Iberia“ fuhren sie von Adelaide nach Sydney.[11] In Sydney wurde ihnen vom deutschen Generalkonsul mitgeteilt, dass die einzige Schiffsverbindung von Cooktown nach Finschhafen von der Neuguinea-Kompagnie betrieben wurde, auf dieser jedoch lediglich Angehörige der Firma transportiert werden würden. Ausnahmen müssten von der Zentrale in Berlin genehmigt werden. Flierl und Biar begaben sich an Board eines Küstendampfers in die Gegend von Cooktown, um dort auf die Möglichkeit zu warten, ein Schiff Richtung Kaiser-Wilhelms-Land zu besteigen. Die wenig konstruktive Haltung der Neuguinea-Kompagnie zwang Flierl und Biar zu einem mehrmonatigen Aufenthalt in Cooktown. Flierl versuchte dort so viele Kontakte wie möglich zu knüpfen. Auch mit durchreisenden deutschen Kolonialbeamten kam er dabei regelmäßig in Kontakt. Über diese Treffen resümierte Flierl: „Die Companie will die Eingeborenen ausbeuten, schonungslos; die Mission, deren Bestes suchen, beides vertrüge sich nicht nebeneinander.“[12]

Während seines Aufenthalts erkannte er, dass es sich bei seinem Aufenthaltsort um ein gutes Missionsgebiet handelte. Deshalb stieg er in Verhandlungen mit der Regierung von Queensland ein über die Errichtung einer Missionsstation in Cape Bedford in der Nähe von Cooktown und einer weiteren Missionsstation am Bloomfield River.[13][8]

Im Januar 1886 reiste er begleitet von Johann Biar, Martin Doblies einem Aborigine-Polizisten und einem Team von Aborigine-Helfern weiter nach Cape Bedford. Dort errichteten sie die Missionsstation Cape Bedford.[8]

Neuguinea (ab 1886)

Am 12. Juli 1886 erreichte Flierl schließlich als erster protestantischer Missionar das neue deutsche Schutzgebiet. Nach seiner Ankunft am 12. Juli in Finschhafen wurde er von Landeshauptmann Georg von Schleinitz freundlich empfangen und unterstützt.[12] Er gründete eine Missionsstation in Simbang bei Finschhafen und später die Gesundheitsstation Sattelberg (1892) und die Station Heldsbach (1904).[14] Als Feldleiter der Mission erreichte Flierl, dass die Neuendettelsauer Missionare auch nach dem Ersten Weltkrieg in Neuguinea weiterarbeiten durften. Flierl selbst blieb bis 1930 in Neuguinea. Bis zu diesem Zeitpunkt entstanden 18 Missionsstationen und 25.000 Christen wurden getauft.[15]

Heute ist die Evangelisch-Lutherische Kirche von Papua-Neuguinea mit über einer Million Mitgliedern (1.269.361 laut der letzten Volkszählung von 2011) die größte evangelische Kirche im pazifischen Raum.[16]

Würdigung

1972 wurde der Flierl Place in Canberra nach Johann Flierl benannt,[8] in Neuendettelsau ist die Johann-Flierl-Straße nach ihm benannt.

Noch heute wird am 12. Juli, dem Tag, an dem Johann Flierl im Jahr 1886 in Papua-Neuguinea angekommen war, der „Johann-Flierl-Gedenktag“ begangen.[15]

Am Reformationstag, dem 31. Oktober 2019 eröffnete der Regionalbischof Klaus Stiegler das vom Förderverein Leben und Wirken des Missionars Johann Flierl e.V. initiierte Johann Flierl Museum in Fürnried.[17] Das Museum befindet sich im ersten Stock des Schulgebäudes, das Johann Flierl von 1864 bis 1871 besuchte. Es umfasst zwei Räume. Ein Raum widmet sich dem Leben und Wirken Flierls, der zweite Raum bietet Informationen zum Land Papua-Neuguinea.[15]

Veröffentlichungen

  • Johann Flierl: Gottes Wort in den Urwäldern von Neuguinea. Verlag des Missionshauses Neuendettelsau, Neuendettelsau 1929.
  • Johann Flierl: Dreißig Jahre Missionsarbeit in Wüsten und Wildnissen / Johann Flierl. Verlag des Missionshauses Neuendettelsau, Neuendettelsau 1910.

Literatur

Commons: Johann Flierl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Traugott Farnbacher, Gernot Fugmann: Johann Flierl: Ein Leben für die Mission – Mission für das Leben. 3. Auflage. Erlanger Verlag für Misson und Ökumene, Neudendettelsau 2021, ISBN 978-3-87214-524-6, S. 7.
  2. Bischof Dr. Jack Urame zu Besuch in Johann-Flierl-Museum in Fürnried. 8. November 2023, abgerufen am 9. November 2023.
  3. a b c d Biographie. Abgerufen am 1. Oktober 2023.
  4. Johann Flierl: Gottes Wort in den Urwäldern von Neuguinea. Verlag des Missionshauses Neuendettelsau, Neuendettelsau 1929, S. 6–7.
  5. Johann Flierl: Gottes Wort in den Urwäldern von Neuguinea. Verlag des Missionshauses Neuendettelsau, Neuendettelsau 1929, S. 11.
  6. a b c d Johann Flierl: Gottes Wort in den Urwäldern von Neuguinea. Verlag des Missionshauses Neuendettelsau, Neuendettelsau 1929, S. 13.
  7. Flierl, Luise (1861–1934). Abgerufen am 2. Oktober 2023.
  8. a b c d e f Regina Ganter: Flierl, Johann (1858–1947) auf der Website "German Missionaries in Australia", abgerufen am 28. September 2023.
  9. Susanne Froehlich in: Als Pioniermissionar in das ferne Neu Guinea. Johann Flierls Lebenserinnerungen, herausgegeben, eingeleitet und kommentiert von Susanne Froehlich. Teil I: 1858–1886, Teil II: 1886–1941 (Quellen und Forschungen zur Südsee A.5), Wiesbaden: Harrassowitz 2015, Band I, S. XVII.
  10. Johann Flierl: Gottes Wort in den Urwäldern von Neuguinea. Verlag des Missionshauses Neuendettelsau, Neuendettelsau 1929, S. 14.
  11. a b c Johann Flierl: Gottes Wort in den Urwäldern von Neuguinea. Verlag des Missionshauses Neuendettelsau, Neuendettelsau 1929, S. 15.
  12. a b Traugott Farnbacher, Gernot Fugmann: Johann Flierl: Ein Leben für die Mission – Mission für das Leben. 3. Auflage. Erlanger Verlag für Misson und Ökumene, Neudendettelsau 2021, ISBN 978-3-87214-524-6, S. 12.
  13. Hope Vale. Abgerufen am 10. Oktober 2023.
  14. Vergl. Susanne Froehlich, Harrassowitz 2015, Band I, S. XVII--XVIII.
  15. a b c Johann-Flierl-Museum: Kirchengemeinde setzt Missionar ein Denkmal. Abgerufen am 2. Oktober 2023.
  16. Hermann J. Hiery in seinem Vorwort ebd., S. VIII.
  17. Helga Kamm: Johann Flierl: Verehrt in der Südsee, in der Oberpfalz (noch) wenig bekannt. 14. Oktober 2019, abgerufen am 30. September 2023.