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Laternenturm

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Kloster Hosios Lukas, Griechenland, Kuppelturm des Katholikons, 1011
Abteikirche St-Étienne, 1055–1077, in Caen, Normandie
Catedral del Salvador (Cimborrio 16. Jh.), Zaragoza, Aragón

Als Laternentürme (französisch tour-lanterne; englisch lantern tower) werden zum Kircheninnern hin offene Türme, zumeist über der Vierung behzeichnet, die durch eine Laterne jenes belichten. Der Grundriss der Laterne kann quadratisch, polygonal oder rund sein. Runde Turmgeschosse unter einer Kuppel werden auch als Tambour bezeichnet.[1] Für Spanien werden die dort zumeist polygonalen, seltener runden Laternentürme als Zimborien (spanisch cimborrio) bezeichnet. Schwierig ist die Abgrenzung zwischen einem Laternenturm und dem hohen Innenbereich eines Zentralbaues mit schmalem Außenring, zumal die gängigsten Handbücher von Wilfried Koch[1], Günther Binding[2] und Matthias Untermann[3] den Begriff gar nicht verwenden. Im Englischen ist der Terminus „lantern tower“ insofern nicht ganz eindeutig, dass er auch einen Turm mit aufgesetzter Laterne bezeichnen kann.

Architektur

Wurden in der mittelalterlichen Architektur die Gewölbe des Langhauses und des Querschiffs (Transept) einer Kirche oft ohne besondere Akzentuierung der Vierung in gleicher Höhe weitergeführt, so gibt es doch ebenfalls eine erhebliche Anzahl von Beispielen, bei denen dieser architektonisch und ehemals auch liturgisch wichtige Bereich einer Kirche eine Betonung durch Erhöhung, teilweise auch durch Belichtung erfährt. Dies wurde durch Laternentürme erreicht, die annähernd quadratisch, achteckig (oder sonst wie polygonal) oder rund als Tambours ausgeführt sein konnten, und spitz, flach oder mit Kuppelkonstruktionen gedeckt waren.

Statik

Die Konstruktion von Vierungstürmen und – in noch höherem Maße – von Laternentürmen bedeute im Mittelalter stets ein großes Risiko, zumal es noch keine statischen Berechnungen gab. So stürzten auch einige Laternentürme ein. Andere wurden nach dem Auftreten von Rissen oder Verbiegnungen entweder rechtzeitig abgetragen oder durch Gewölbe stabilisiert, die in Höhe der übrigen Kirchenschiffsgewölbe eingezogen wurden (teils vermutet, teils nachgewiesen am Mont-St-Michel, in Salisbury, in Gent).

Innerer Aufbau

Ein mittelalterlicher Laternenturm ist im Norden Europas im Innern meist zweigeschossig – mit Ausnahme des Vierungsturms der Kathedrale von Peterborough, die mit einer flachen Holzdecke versehen ist. Die untere Ebene bleibt wegen der üblicherweise dahinter befindlichen Dachstühle des Langhauses und des Querschiffs zumeist unbelichtet, während durch die Fenster der oberen Ebene von allen Seiten – als „überirdisch“ empfundenes – Licht einströmt.

Im Süden Europas sind Laternentürme meist nur eingeschossig, z. B. Ste-Foy de Conques, Prieuré St-Nicolas de Civray in Frankreich oder die Kathedralen von Salamanca und Zamora sowie die Kollegiatkirche von Toro in Spanien.

Die Architekten moderner Laternentürme erlauben sich allerdings größere gestalterische Freiheiten (→ Weblinks).

Gewölbe

Lessay, Vierung fenster­los und vierteilig gewölbt

Vielleicht waren die ersten Laternentürme (Mont-St-Michel, Jumièges) noch flachgedeckt (vgl. Ely, Westvierung oder Wimborne Minster) oder von Gratgewölben bedeckt. Nach der Einführung von Rippengewölben, in der Abtei Moissyc gegen Ende des 11. Jahrhunderts, wurden entweder um 1100 oder erst 1120 Chor und Vierungsturm der Abteikirche von Lessay mit Rippengewölben errichtet. In der Kathedrale von Durham entstanden auch schon um 1100 Rippengewölbe, aber die Türme erst im frühen 13. Jahrhundert, und der Vierungsturm wurde durch Blitz­schlag zerstört und im 15. Jahrhundert in zwei Phasen ersetzt. Die oktogonalen Vierungstürme erhielten acht- oder sechzehnteilige Gewölbe. In Sant’Ambrogio in Mailand erhielt zwar das Mittelschiff schon vor 1128 Kreuz­rippen­gewölbe, der durch Planänderung daraus abgehobene Laternenturm aber ein rippenloses achtseitiges Kloster­gewölbe. Vor allem in England erfuhr die Gewölbekunst in den Stilepochen des Decorated Style (ca. 1240–1330) und des Perpendicular Style (ca. 1330–1530) eine reichhaltige Entwicklung hin zu Stern-, Netz- und Fächergewölben.

Anfänge

Wie auch bei anderen Architekturformen ist die Suche nach den ersten Schritten der Entwicklung dadurch erschwert, dass aus den frühen Zeiten viele Bauten verschwunden sind oder später verändert wurden. Insbesondere Gewölbe wurden nachträglich eingesetzt (statt hölzernen Decken und offenen Dachstühlen) oder später erneuert. Auskunft über verlorene Gewölbe geben nicht selten deren Ansätze. Es finden sich aber auch Ansätze von Gewölben, die nie ausgefphrt wurden.

Der trotz einiger Veränderungen wohl älteste erhaltene Laternenturm gehört zu einem Rundbau: Die Kirche Santo Stefano Rotondo in Rom wurde von Papst Simplicius (468–483) geweiht. Der Außenring, ursprünglich mit vier Atrien wurde später verkleinert, aber der zentrale Laternenturm besteht weiter. Wohl etwa gleichzeitig entstand das Vierungs-Oktogon der kreuzbasilika des Symeonsklosters (Qalʿat Simʿan) in Syrien, das wahrscheinlich überdacht und eigenständig belichtet war.

Ein weiterer in diesem Zusammenhang zu nennender Bau ist die im Jahre 547 geweihte Kirche San Vitale in Ravenna; hier überragt das zentrale Oktogon mit Obergaden einen ebenfalls oktogonalen Außenring. Weitere wichtige Bauten im Hinblick auf eine Belichtung des Vierungsbereichs sind die byzantinischen Kreuzkuppelkirchen.

Ste-Trinité in Germigny-des-Prés

Das aus karolingischer Zeit (806) stammende Oratorium von Germigny-des-Prés hat den wohl ersten Laternenturm auf quadratischem Grundriss, der aber ohne direkte Nachfolge blieb.

Nördlich der Alpen

Laternentürme des nördlichen oder normannischen Typs finden sich nur in einigen wenigen Regionen Mitteleuropas.

Deutschland

Speyer, Vierungskuppel: Okuli über den Pen­den­tifs, Blend­triforium, Fenster in der Kuppelwölbung
Wormser Dom, rechts ist Osten

Die Kirchenräume von vier oberrheinischen Kathedralen ragen aufwärts in befensterte Geschosse von Türmen die in der Gebäudeachse liegen, womit die Kriterien eines Laternenturms erfüllt sind. Im Dom zu Speyer ist es der Vierungsturm. Im (gewesteten !) Mainzer Dom sind es Vierungsturm und östlicher Kuppelturm. Im Wormser Dom ist es der Vierungsturm, während seine westliche Kuppel nur eine minimale Belichtung durch sehr kleine Rundfenster im Gewölbe erhölt (äußerlich: Gauben im Kegeldach). Heute zu Frankreich, bauzeitlich aber zu Deutschland gehört der Vierungsturm des Straßburger Münsters. Sein Oberteil musste nach Zerstörung durch deutsche Artillerie 1870/1871 ersetzt werden (bis 1879), aber Gewölbe und Fenster sind aus der zeit um 1190. Bei allen vier Kathedralen sind die Fensterflächen der Laternentürme so klein, dass der Begriff ‚Laterne‘ sich nicht gerade aufdrängt.

Deutlich näher kommen den normannischen Laternentürmen z. B. die spätromanischen von St. Aposteln (um 1200) in Köln und St. Quirinus (heutiger Bau ab 1208, Außenkuppel 18. Jahrhundert) in Neuss und der frühgotische Vierungsturm der Abteikirche St. Ludgerus (ab 1230) in Essen-Werden. Wie in der Ostvierung der Kathedrale von Ely fungiert in St. Aposteln sowohl das große Oktogon als Laterne für die Vierung als auch die ebenfalls achteckige kleine Laterne auf dieser Vierungskuppel.

Kathedrale von Coutances

Frankreich

  • Hintergrundinformationen: „PA…“ = Datensätze aus der amtlichen Denkmaldatenbank „POP : la plateforme ouverte du patrimoine“

Normandie

Die wohl frühesten mittelalterlichen Laternentürme stammen aus dem 11. Jahrhundert und finden sich in der Normandie. Als Beispiele hierfür gelten die Abtei des Mont-Saint-Michel (Vierungsturm im 15. Jahrhundert durch ein eingezogenes Gewölbe geschlossen), die Abtei Jumièges (nur noch als Ruine erhalten) sowie die ehemalige Abteikirche Saint-Étienne in Caen (in den Hugenottenkriegen (1566) und nach schweren Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg (1944) eingestürzt, jedoch beide Male wieder aufgebaut). Spätere normannische Kathedralen und Abteikirchen knüpfen an diese Tradition an (Beispiele: Abtei von Hambye; Abteikirche St. Georges de Boscherville; Coutances, Kathedrale und die Kirche St-Pierre; die Kathedrale und die Kirche St. Taurin in Evreux; die Kathedrale und die Abteikirche St-Ouen in Rouen; die Abteikirche Ste-Trinité in Fécamp; die ehemalige Kollegiatkirche von Auffay, die Kirche St-Germain in Argentan u. a.).

Kathedrale von Évreux

Die Frage, woher die normannischen Auftraggeber und Architekten des 11. Jahrhunderts ihre Anregungen für den Bau von Laternentürmen bezogen, ist bislang unbeantwortet. Durch ihre Mobilität konnten die Normannen Anregungen aus allen Teilen des Abendlandes aufnehmen, was byzantinische Kreuzkuppelkirchen einschließt, und aus islamisch geprägten Ländern, insbesondere Sizilien. Von St. Michael in Hildesheim aus dem frühen 11. Jahrhundert wird angenommen, dass die Vierungen seit jeher nach oben geschlossen waren. Über Cluny II ist zu wenig bekannt. Die eine erhaltene Nebenvierung von Cluny III hat eine unbelichtete Kuppel. Immerhn ist der (östliche) Laternenturm des salischen Kaiserdoms von Speyer in seiner zweiten, um 1106 vollendeten Version erhalten. Ebenso in originaler Form erhalten sind die um 1140 bzw. gegen 1180 eingewölbten Kuppeltürme des Wormser Doms (s. o.).

Übriges Nordfrankreich

In Beauvais, knapp östlich der Normandie, hat die Stiftskirche St-Étienne einen Laternenturm. Vielleicht hatte auch die Kathedrale am selben Ort einen Laternenturm, der jedoch – nur wenige Jahre nach seiner Vollendung – im Jahre 1573 einstürzte und nie wieder aufgebaut wurde; die heutige Vierung ist von einem Gewölbe geschlossen. Von allen gotischen Kathedralen Frankreichs außerhalb der Normandie hat nur die Kathedrale von Laon (1155–1235), einen Laternenturm, der zweifellos von normannischen oder frühen englischen Vorbildern beeinflusst ist. Die ehemalige Abteikirche Saint-Yved in Braine, Dép. Aisne, etwa 30 Kilometer südlich von Laon in der Champagne gelegen, verfügt ebenfalls über einen derartigen Turm.

Burgund

Weitab von den normannischen und nordfranzösischen Bauten gelegen, aber nur rund 150 km von Lausanne und Neuchâtel (siehe unten) entfernt, wird die Vierung der um 1225 begonnenen Kirche Notre-Dame in Dijon von einem Laternenturm überragt, der ursprünglich wohl geplant war, jedoch unvollendet blieb und in wesentlichen Teilen erst im 19. Jahrhundert errichtet wurde.

Provence

Kathedrale von Marseille

Drei Laternentürme hat die neobyzantinische Kathedrale von Marseille, einen hohen achteckigen über der Vierung, zwei etwas kleinere runde über den Querhausarmen. Eine weitere neobyzantinsche Kirche mit Laternenturm in dieser Mittelmeerstadt ist Notre-Dame de la Garde.

Die Kirche St-Honorat in Arles, eine nur noch zum Teil unter Dach stehende romanische Staffelhalle, hat über der Vierung eine Kuppel mit einer sehr kleinen Laterne.

Languedoc

Das unterste Freigeschoss des in gotischer Zeit um mehrere Glockengeschosse aufgestockten Vierungsturms der Kirch St-Sernin erhellt als (allerdings unvollständig befensterte) Laterne die Vierung.

England

Von den normannischen Bauten ging eine große Vorbildwirkung auf englische Abteikirchen und Kathedralen aus (Beispiele: Durham; Canterbury; Westminster Abbey; Salisbury (zur Stabilisierung des Turms eingewölbt); York; Lincoln; Peterborough; Bury St. Edmunds u. a.). Die Kathedrale von Ely hat gleich zwei Vierungen mit Laternentürmen: Die westliche Vierung ist einem gemauerten Laternenturm bekrön, der wie Schiff und westliches Querhaus eine bemalten hölzernen Flachdecke hat. Die östliche Vierung hat ein großes gemauertes Oktogon von der Breite des Schiffs mit 45° zu den Gebäudeachsen gedrehten Obergaden und darüber einer umlaufenden Galerie. Sein Fächergewölbe ist eine Holzkonstruktion und bildet den Unterbau für eine komplett hölzerne, ebenfalls achteckige und gewölbte Laterne, deren Ecken auf den Gewölbescheiteln des großen Oktogons stehen.

Die Gewölbe der englischen Laternentürme sind unbestrittene Höhepunkte spätgotischer Wölbekunst: Stern-, Netz- und Fächergewölbe wurden miteinander kombiniert und zu architektonischen Schmuckstücken zusammengefügt.

Irland

Die meisten mittelalterlichen Kirchen Irlands wurden im 17. Jahrhundert bei der Unterwerfung der Insel durch Oliver Cromwell zerstört. Unter den erhaltenen hat eine einen Laternenturm mit Glockengeschoss über dem Laternengeschoss. Unter den neuzeitlichen hat einen Laternenturm die katholische Kathedrale von Galway, sehr späte Neoromanik aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Flandern und Brabant

Im Mittelalter bestanden vielfältige Beziehungen zwischen der Normandie und Flandern (siehe: Wilhelm der Eroberer und Herzog Wilhelm I. von Flandern), die offensichtlich nicht ohne Auswirkungen auf die Architektur Flanderns blieben: So hatte die Sint-Niklaaskerk in Gent (13. Jh.) ursprünglich einen zum Kircheninnern hin geöffneten Laternenturm, der später durch ein eingezogenes Gewölbe geschlossen wurde, welches inzwischen jedoch wieder entfernt wurde.

Auch die nach oben offene Vierung der Liebfrauenkathedrale in Antwerpen (14.–17. Jh.) sollte wohl ursprünglich von einem Laternenturm bekrönt werden; im 17. Jahrhundert wurde sie jedoch mit einer oktogonalen, belichteten und mehrgeschossigen barocken Haube geschlossen.

Der Laternenturm der Sint-JansKathedraal in ’s-Hertogenbosch im niederländischen Nordbrabant fiel bald nach seiner Fertigstellung einem Großbrand durch Blitzschlag zum Opfer. Wiederhergestellt wurde er anschließend mit flacher Decke.

Schweiz

Die um das Jahr 1190 geweihte Kathedrale Notre-Dame in Lausanne hat einen Laternenturm, der allerdings erst in den Jahren 1873–1876 fertiggestellt wurde und sich an Laon orientiert.

Rund 70 km nördlich von Lausanne findet sich in der Kollegiatkirche in Neuchâtel ein noch aus dem Mittelalter stammender Laternenturm mit einem für diese Zeit üblichen achtteiligen Rippengewölbe; im 19. Jahrhundert fanden Restaurierungen statt.

Südeuropa

Südlich der Alpen und der Pyrenäen wurden die Vierungen von Sakralbauten regelmäßig durch Gewölbe oder Kuppeln (meist auf belichtetem runden oder achteckigem Tambour) geschlossen.

Italien

In Italien werden alle belichteten Aufbauten mit oder ohne Vierung Vierungsbereich als tiburio bezeichnet. In der „BasilikaSant’Ambrogio in Mailand, architektonisch einer EmporenHalle kam der Tiburino durch einen Planwechsel zustande, erkennbar an Vorlagen für hier gar nicht mögliche Gewölberippen, alles vor 1128. Die Kirche des Zisterzienserklosters Chiaravalle Milanese durfte nach der Zisterzienserregel eigentlich keinen hohen Turm haben, erst recht keinen Laternenturm. Die Kirche ist auch keine umgewidmete Kirche eines anderen Ordens. Das Kloster hatte aber besonders gute Beziehungen zum Papst und leistete sich 1340 einen achteckigen Vierungsturm von sechs Geschossen, das unterste als Laterne der Vierung.

In der Arabo-normannischen Architektur gibt es ein paar recht kleine Kirchen mit Laternentürmen. In einer völlig anderen Stilperiode liebte man auch in Italien belichtete Vierungskuppeln, im Barock.

Spanien

Unter den von der römischen Kirche geprägten Ländern ist Spanien wohl das mit den meisten Laternentürmen. Hier werden alle belichteten Aufbauten über dem Vierungsbereich als cimborrio (katalanisch cimbori) bezeichnet. Besonders erwähnenswert sind die spätromanischen Vierungstürme von Salamanca oder Toro (Kastilien) sowie die spätgotischen Zimborien der Kathedralen von Burgos, Tarazona und Valencia, die jedoch unter den spanischen Kathedralen durchaus Sonderstellungen einnehmen.

Kastilien

Burgos, Kathedrale: acht­eckiger Vierungs­turm mit Glasdach

Sehr eigenwillig, aber in diesem Zusammenhang unbedingt erwähnenswert, ist der nach einem vorangegangenen Einsturz im 16. Jahrhundert neu erbaute und nach oben verglaste Laternenturm (cimborrio) der Kathedrale von Burgos mit einem durchbrochenen Sterngewölbe, welches wohl in hohem Maße auch von maurischen Vorbildern beeinflusst ist (vgl. Große Moschee von Taza, Marokko).

Die Vierung der neuen Kathedrale von Salamanca (16. Jh.) wird im Äußeren von einem oktogonalen Tambour überhöht, dessen zweigeschossiger innerer Aufbau jedoch stark an den eines Laternenturms erinnert. Bereits die Alte Kathedrale von Salamanca und die von Zamora sowie die Kollegiatkirche von Toro haben Konstruktionen, die als belichter Tambour und als Laternenturm zu bezeichnen sind.

Aragon

Der Innenraum der barocken Basílica del Pilar in Zaragoza ist in drei Schiffe eingeteilt, und nach einem Schachbrettmuster ist jedes zweite Joch flach und jedes zweite mit einer Kuppel gedeckt. Der Tambour der runden Hauptkuppel überdeckt das mittlere Joch des Mittelschiffes in ganzer Breite. Die Kuppel ist mi einer Laterne ausgestattet, die ebenfalls Verbindung zum Kirchenraum hat. Von den übrigen Jochen sind im Schachbrettmuster die Hälfte flach gedeckt, die übrigen zehn mit Kuppeln. Jede dieser Kuppeln überragt auf einem achteckigen fensterlosen Tambour das Dach und ist oben mit einer Laterne ausgestattet, die das Joch beleuchtet. Es sind dies zwei weitere Joche des Mittelschiffs und je vier Joche beider Seitenschiffe. Darüber hinaus haben noch sieben Kapellen Kuppeln. Aäußerlch sind alle diese Kuppeln mit Laternen versehen, aber nur wenige beleuchten den Innenraum.

Die mudéjar-gotische Konkathedrale San Salvador[4] von Zaragoza hat außer dem Glockenturm einen achteckigen Laternenturm.

Die Kathedrale von Teruel ist ebenfalls im Mudéjarstil errichtet worden, dabei in Teils romanischen, tels gotischen Formen. Sie ist mit drei Laternentürmen ausgestattet, einen über der Hauptkuppel, einen über einer Kapelle am östlichen Ende (hier Laterne mit Laterne) und einen über der seitlich gelegenen Capilla de los Santos Reyes (Kapelle der heiligen Könige).

Katalonien

Viele größere und manche kleinere Kirchen Kataloniens verfügen über eingeschossige Laternentürme (z. B. die Kathedralen von Lleida, Barcelona und Tarragona oder die Klosterkirche von Sant Cugat del Vallès u. a.).

Der Vierungsturm der Stiftskirche Sant Vicenç in Cardona, errichtet 1020–1040, verfügt über die älteste Trompenkuppel im heutigen Spanien. Im Unterschied zur Hauptvierung der Kathedrale von Ely und zu St. Aposteln in Köln, haben in Sant Cugat del Vallès und in der Kathedrale von Tarragona die kleinen außen sichtbaren Laternen auf den großen Vierungslaternen keine Verbindung zum Kirchenraum.

Land Valencia

Auch bei der Kathedrale von Valencia öffnet sich ein oktogonaler Laternenturm (Cimbori) über der Vierung. Bei dem aus dem 16. Jahrhundert stammenden Aufsatz werden sogar beide Ebenen durch Fensteröffnungen belichtet. Die Konkathedrale Santa María in Castellón de la Plana wurde nach einem Brand im 15. Jahrhundert bis 1549 wiederaufgebaut. Die Laterne über ihrer Vierung gehört schon der Renaissance an.

Andalusien

Von den Laternentürmen Andalusiens überragen zwei die übrigen flachen Dächer ihrer Kirchen nur wenig und belichten dennoch die Vierungen mit Fenstern oberhalb der Seitenschiffsdächer. Es sind die die gotische Kathedrale von Sevilla und vom 15. Jahrhungert bis 1660 überwiegend im Renaissancestil errichtete Kathedrale von Jaén.

Der platereske Einbau der Capilla mayor in die Mezquita-Catedral von Córdoba ist von den umgebenden Straßen aus auch nicht zu sehen, Und die Traufe des Kuppelturms liegt niedriger als der Dachfirst des Langhauses, sodass das äußerlich achteitige (innen runde) Laternengeschoss nur sieben Fenster hat. Die Basilica del Carmen in Jerez de la Frontera ist eine Barockkirche aus dem frühen 18. Jahrhundert.

Asturien

Ganz im Norden SPaniens finden sich zwei Laternentürme in Santander, in der dortigen Kathedrale im Übergang von der Gotik zur Renaissance, in der Iglesia de la Aninciación (Kirche Mariä Verkündigung) im Übergang von der Renaissance zum Barock, begonnen 1607, Bauunterbrechung 1617–1719.

Galicien

Die Kathedrale von Santiago de Compostela ist bekannlich seit Jahrhunderten ein Wallfahrtsziel von europaweiter Bedeutung. In ihrer Außenerscheinung dominieren die beiden Westtürme mit dem hochragenden Volutengiebel dazwischen stärker als der Vierungsturm. Bestimmend ist der Cimborrio hingegen auf der Kathedrale von Ourense. Mit seinen zweigeschossig übereinander gruppierten Fenstern ist die achteckige Laterne auch innen eindrucksvoll.

Die Laternentürme der Hafenstadt A Coruña sind beide nicht sehr alt, die Kirche San Nicolao wurde 1740–1865 errichtet, San Pedro im Vorort Mezonzo in gemäßigt modernem Stil 1930.

Portugal

Angesichts der Verbreitung von Laternentürmen in Spanien nimmt es nicht Wunder, dass auch in Portugal ein paar Kirchen damit ausgestattet sind.

Osteuropa

Für Orthodoxe Kirchenbauten sind Laternentürme geradezu typisch; nicht wenige dieser Kirchen sind mit mehreren ausgestattet.

Russland

Ukraine

Belarus

Litauen

Beispiel: Švč. Mergelės Marijos Angelų Karalienės (Maria Engelskönigin) in Kruonis, im 17. Jh. für ein orthodoxes Basilianerkloster gebaut.

Kaukasusländer

In Georgien und Armenien gibt es vor allem aus dem Mittelalter, aber auch aus jüngerer Zeit, zahlreiche Pseudobasiliken mit zumeist genau in der Mitte platziertem Laternenturm. Es gibt auch sehr kleine Kirchen mit kreuzförmigem Grundriss und Laternenturm, sowie Übergangsformen.

Georgien

Als Beispiel die Shikhiani (Schichiani)-Kirche, 1589–1590, in Eniseli, Kachetien:

Armenien

Zwei Beispiele aus der Provinz Aragazotn, nordwestlich von Jerewan:

Moderne Laternentürme

Liverpool Cathedral, England

Auch im 19. und 20. Jahrhundert wurden noch Kirchenneubauten mit Laternentürmen errichtet. Während der Turm der Kathedrale von Truro, Cornwall, ganz dem spätmittelalterlichen Stilempfinden verhaftet ist, eröffneten sich den Architekten des 20. Jahrhunderts auf Grund des technischen Fortschritts und größerer ästhetischer Freiheiten völlig neue Gestaltungsmöglichkeiten (Beispiele: Basilika Sainte-Thérèse in Lisieux, St. Joseph in Le Havre; die Kathedrale von Liverpool, Kathedrale von Blackburn, Kathedrale von Sheffield oder St. Stephanus in Bütgenbach).

Siehe auch

Literatur

Commons: Laternenturm – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. a b Wilfried Koch: Baustilkunde, 33. Aufl. (2016), S. 463, Stichwort 425.7: Kuppel → Tambour
  2. Günther Binding: Architektonische Formenlehre, WBG, 8. Auf. (2019), ISBN 978-3-534-27143-6
  3. Matthias Untermann: Handbuch der mittelalterlichen Architektur, WBG, 2009, ISBN 978-3-534-20963-7
  4. SIPCA: Catedrel de San Salvador
  5. Circulo Romanico: Cardona
  6. https://www.arteguias.com/catedral/colegiatacardona.htm
  7. Google Maps Streetview: Santander – Calle del Puente zur Iglesia de la Anunciación