Aufsichtsrat
Der Aufsichtsrat ist ein Kontrollgremium bei Kapitalgesellschaften und Organisationen. Die Einrichtung eines Aufsichtsrates ist teilweise gesetzlich vorgeschrieben, teilweise per Satzung oder Gesellschaftsvertrag vereinbart.
Als Aufsichtsrat wird auch das Mitglied eines Aufsichtrates bezeichnet.
Weiterhin besteht in Deutschland die Zeitschrift Der Aufsichtsrat, die sich mit Fachfragen rund um die Aufsichtsratstätigkeit beschäftigt.
Allgemeines
Wesentlicher Teil einer guten Corporate Governance ist eine angemessene Kontrolle des Vorstandes. Hierzu ist es notwendig ein Aufsichtsgremium einzurichten. Dieses wird im deutschen Sprachgebrauch Aufsichtsrat genannt. Ergänzend hierzu können freiwillig weitere Kontrollgremien wie Beiräte oder Aktionärsausschüsse eingerichtet werden.
Gesetzliche Regelungen
Gesetzliche Regelungen in Deutschland
Rechtsgrundlage der Arbeit des Aufsichtsrats bilden die §§95 bis 116 des Aktiengesetzes. Dieses schreibt die Bildung eines Aufsichtsrates für Aktiengesellschaften (AG), Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) und bestimmte Genossenschaften vor.
Ein Aufsichtsrat kann auch bei einer GmbH eingerichtet werden. Dann gelten die Vorschriften des Aktiengesetzes entsprechend (§ 52 GmbHG).
In Deutschland besteht bezüglich der Unternehmenskontrolle das Dualistische System, d.h. Vorstand und Aufsichtsrat sind gesonderte Gremien. In anderen Ländern besteht teilweise das Monistische System, d.h. die Aufsicht und Leitung sind in einem Gremium zusammengefasst.
Im folgenden wird aus Vereinfachungsgründen jeweils vom Aufsichtsrat einer AG gesprochen. Die Ausführungen gelten auch für die anderen genannten Rechtsformen.
Aufgaben und Befugnisse des Aufsichtsrats
Aufgabe des Aufsichtsrats ist es, die Geschäftsführung – also den Vorstand – zu überwachen (§ 111 AktG). Hierzu kann der Aufsichtsrat Geschäftsführungsmaßnahmen von seiner Zustimmung abhängig machen (§ 111 Abs. 4 Satz 2 AktG). Daneben hat er Prüfungspflichten (insbesondere des Konzern- und Jahresabschlusses der Gesellschaft, § 111 Abs. 2 Satz 3 AktG) sowie Berichtspflichten.
Der Aufsichtsrat vertritt die Gesellschaft gegenüber dem Vorstand. Er ernennt Vorstände und beruft diese ab. Er bestellt die Vorstandsmitglieder auf höchstens 5 Jahre, eine wiederholte Bestellung ist zulässig (§ 84 Abs. 1 Satz 1, 2 AktG). Der Aufsichtsrat kann die Bestellung aus wichtigem Grund widerrufen (§ 84 Abs. 3 Satz 1 AktG).
Zusammensetzung und Wahl des Aufsichtsrats
Der Aufsichtsrat besteht aus drei Mitgliedern (§ 95 AktG). Die Satzung kann eine bestimmte höhere Zahl festsetzen. Die Zahl muss durch drei teilbar sein. Die Höchstzahl der Aufsichtsratsmitglieder richtet sich nach dem Grundkapital der Gesellschaft und beträgt maximal 21 (bei mehr als 10 Mio € Grundkapital).
Der Aufsichtsrat besteht aus Vertretern der Anteilseigner und – als deutscher Sonderfall – in den meisten Unternehmen zusätzlich aus Vertretern der Arbeitnehmer (§ 96 AktG) und ggf. weiteren Mitgliedern.
Es ergeben sich folgende Zusammensetzungen:
Unternehmenstyp | Zusammensetzung | Rechtsquelle |
---|---|---|
AG, KGaA und Genossenschaften mit mehr als 2000 Mitarbeiter | Gleichviele Anteilseigner + Arbeitnehmer (davon 2-3 betriebsfremde Gewerkschaftsvertreter) | Mitbestimmungsgesetz |
Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie | * 5 Vertreter der Anteilseigner * 5 Arbeitnehmer (davon 2 betriebsfremde Gewerkschaftsvertreter) + 1 vom Aufsichtsrat bestimmtes Mitglied | Montan-Mitbestimmungsgesetz |
Gesellschaften, bei denen die §§ 5-13 des Mitbestimmungsergänzungsgesetz gelten | * 7 Vertreter der Anteilseigner * 7 Vertreter der Arbeitnehmer (davon 2 betriebsfremde Gewerkschaftsvertreter) + 1 vom Aufsichtsrat bestimmtes Mitglied | Mitbestimmungsergänzungsgesetz |
Gesellschaften, bei denen das Drittelbeteiligungsgesetz gilt | Anteilseigner + Arbeitnehmer | Drittelbeteiligungsgesetz |
Sonstige Gesellschaften | Anteilseigner |
Die Aufsichtsräte, die Vertreter der Anteilseigner sind, werden von der Hauptversammlung gewählt.
Die Vertreter der Arbeitnehmer werden von den Mitarbeitern der Gesellschaft gewählt, getrennt nach Vertretern der Arbeitnehmer (in Deutschland gibt es seit der BetrVG Reform 2001 keine Unterscheidung von Angestellten und Arbeitern mehr) und der leitenden Angestellten.
Muss ein Aufsichtsrat während des Jahres ersetzt werden und wird deswegen keine außerordentliche Hauptversammlung einberufen, kann ein Aufsichtsrat auf Antrag des Vorstands, eines Aufsichtsratsmitglieds oder eines Aktionärs auch gerichtlich bestellt werden.
Ein Aufsichtsrat ist in dem Mitbestimmungsgesetz unterliegenden Unternehmen nach deutschem Recht grundsätzlich paritätisch zu besetzen: zur einen Hälfte aus Vertretern der Arbeitnehmer und zur anderen Hälfte aus Vertretern der Aktionäre. Der Vorsitzende des Aufsichtsrates wird i.d.R. stets von einem Vertreter der Aktionäre gestellt (vgl. § 27 Abs. 1 und 2 MitbestG). Dieser hat demzufolge bei knappen Entscheidungen das Zünglein an der Waage. (Hier ein Beispiel: Aufsichtsrat x besteht aus 20 Mitgliedern, 10 Arbeitnehmer und 10 Aktionären, plus einen Vorsitzenden (ein Aktionär). Bei knappen Entscheidungen setzen sich die Aktionäre mit ihrer 11. Stimme des Vorsitzenden des Aufsichtsrates durch.
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Arbeit des Aufsichtsrats
Die Arbeit des Aufsichtsrats wird durch die Satzung der jeweiligen Aktiengesellschaft geregelt. Daneben verfügen praktisch alle Aufsichtsräte über eigene Geschäftsordnungen. Die Zusammenarbeit zwischen Vorständen und Aufsichtsräten wird üblicherweise in diesen Geschäftsordnungen geregelt. Viele Aufsichtsräte verfügen über Ausschüsse für Spezialthemen, am häufigsten sind hierbei Prüfungsausschuss und Personalausschuss.
Der Aufsichtsrat einer börsennotierten Gesellschaft muss mindestens zwei Sitzungen im Kalenderhalbjahr abhalten; in nichtbörsennotierten Gesellschaften kann der Aufsichtsrat beschließen, dass eine Sitzung im Kalenderhalbjahr abzuhalten ist (§ 110 Abs. 3 AktG).
Anforderungen an Aufsichtsräte
Aktive Vorstände dürfen dem Aufsichtsrat – im Gegensatz zum angelsächsischen Board of Directors oder in der Schweiz – nicht angehören (§ 105 AktG).
Eine Person darf Mitglied des Aufsichtsrates nur bei höchstens zehn Gesellschaften mit gesetzlich vorgeschriebenem Aufsichtsrat sein (§ 100 Abs. 2 AktG). Gesellschaften, die weder nach Aktiengesetz noch nach Mitbestimmungsgesetz einen Aufsichtsrat bilden müssen, werden nicht berücksichtigt, auch wenn sie freiwillig einen Aufsichtsrat gebildet haben. Jeder Posten als Aufsichtsratsvorsitzender wird dabei doppelt gezählt (§ 100 Abs. 2 Satz 3 AktG). Jedoch werden maximal fünf Aufsichtratsposten bei Konzerngesellschaften nicht mitgezählt.
Der Deutsche Corporate Governance Kodex stellt verschiedene Anforderungen an das Persönlichkeitsprofil eines Aufsichtsrats, insbesondere an seine fachlichen Fähigkeiten und seine Loyalität gegenüber dem Unternehmen.
Sonderregelungen
In der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) verfügt der Aufsichtsrat weder über die Personalkompetenz gemäß § 84 AktG, noch kann er Geschäftsführungsmaßnahmen von seiner Zustimmung abhängig machen (§ 111 Abs. 4 Satz 2 AktG). Die KGaA unterliegt zwar ebenfalls der gesetzlichen Mitbestimmung, wegen der eingeschränkten Befugnisse des Aufsichtsrats spricht man aber auch von der mitbestimmungsrechtlichen Privilegierung der KGaA.
Kritische Diskussion
Die Zusammensetzung und Arbeitsweise von Aufsichtsräten steht in einer Reihe von Punkten in der Diskussion:
- Die Beteiligung der Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat (siehe Artikel Mitbestimmung)
- Hier insbesondere die zwingende Beteiligung betriebsfremder Gewerkschaftsvertreter
- Die Möglichkeit eine Vielzahl von Aufsichtsratsmandate gleichzeitig wahrzunehmen. Diese Mehrfachmandate wurden als Ausdruck der Deutschland AG verstanden und die faktische Unmöglichkeit beklagt, die Kontrolle vieler Unternehmen effektiv wahrzunehmen. Als Ergebnis dieser Diskussion hat der Gesetzgeber die Zahl der möglichen Mandate auf 10 begrenzt.
- Die Möglichkeit gleichzeitig Aufsichtsratsmandate in konkurierenden Unternehmen wahrzunehmen
- Die vielfach anzutreffende Praxis, dass Vorstandsvorsitzende nach ihrem Ausscheiden aus dem Vorstand auf den Stuhl des Aufsichtsratsvorsitzenden wechseln. Während Befürworter die tiefe Kenntnis des Unternehmens als positiv herausheben, sehen Kritiker fehlende Unabhängigkeit und die Gefahr, Fehlentwicklungen aus der Zeit als Vorstand zu kaschieren und nicht zu korrigieren.
Gesetzliche Regelungen in Österreich
Rechtsgrundlage der Arbeit des Aufsichtsrats bilden die §§ 86 bis 99 des Aktiengesetzes.
In Österreich besteht bezüglich der Unternehmenskontrolle das Dualistische System, d.h. Vorstand und Aufsichtsrat sind gesonderte Gremien. In anderen Ländern besteht teilweise das Monistische System, d.h. die Aufsicht und Leitung sind in einem Gremium zusammengefasst.
Die folgende Abschnitte behandeln zunächst die Rechtslage bei Aktiengesellschaften.
Aufgaben und Befugnisse des Aufsichtsrats
Aufgabe des Aufsichtsrats ist es, die Geschäftsführung – also den Vorstand – zu überwachen (§ 95 AktG). Hierzu kann der Aufsichtsrat (oder einzelne Mitglieder) vom Vorstand jederzeit einen Bericht über die Angelegenheiten der Gesellschaft verlangen. Der Aufsichtsrat kann die Bücher der Gesellschaft sowie die Vermögensgegenstände prüfen oder prüfen lassen. Der Aufsichtsrat kann Hauptversammlungen einberufen.
Eine Reihe von Geschäften (z.B. Kauf und Verkauf von Tochtergesellschaften) sollen nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats vorgenommen werden.
Der Aufsichtsrat hat den Jahresabschluss, den Vorschlag für die Gewinnverteilung und den Lagebericht zu prüfen und der Hauptversammlung darüber zu berichten(§ 96 AktG)
Der Aufsichtsrat vertritt die Gesellschaft gegenüber dem Vorstand (§ 97 AktG).
Zusammensetzung und Wahl des Aufsichtsrats
Der Aufsichtsrat besteht aus drei Mitgliedern (§ 86 AktG). Die Satzung kann eine bestimmte höhere Zahl festsetzen. Die Höchstzahl der Aufsichtsratsmitglieder richtet sich nach dem Grundkapital der Gesellschaft und beträgt maximal 20 (bei mehr als 3,5 Mio € Grundkapital).
Die Aufsichtsräte werden von der Hauptversammlung gewählt oder gemäß Satzung von (Groß-)aktionären entsandt (§ 87 AktG).
Auch in Österreich ist eine Beteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat von Aktiengesellschaften vorgeschrieben. Der (Zentral-)Betriebsrat entsendet aus dem Kreise der Betriebsratsmitglieder für je zwei nach dem Aktiengesetz oder der Satzung bestellte Aufsichtsratmitglieder einen Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat (§ 110 ArbVG). Details regelt die Verordung über die Entsendung von Arbeitnehmervertretern in den Aufsichtsrat (AufsichtsratsVO).
Arbeit des Aufsichtsrats
Der Aufsichtsrat wählt einen Vorsitzenden aus seinen Reihen (§ 92 AktG). Die Arbeit des Aufsichtsrats wird durch die Satzung der jeweiligen Aktiengesellschaft geregelt. Daneben verfügen praktisch alle Aufsichtsräte über eigene Geschäftsordnungen. Viele Aufsichtsräte verfügen über Ausschüsse für Spezialthemen, am häufigsten sind hierbei Prüfungsausschuss und Personalausschuss.
Der Aufsichtsrat muss mindestens vier Sitzungen im Kalenderhalbjahr abhalten.
Anforderungen an Aufsichtsräte
Aktive Vorstände dürfen dem Aufsichtsrat – wie in Deutschland – nicht angehören (§ 90 AktG).
Eine Person darf Mitglied des Aufsichtsrates nur bei höchstens zehn Gesellschaften mit gesetzlich vorgeschriebenem Aufsichtsrat sein. Maximal 5 Mandate als Aufsichtsratsvorsitzende sind zulässig.
Aufsichtsräte bei GesmbH
Rechtsgrundlage für die Aufsichtsräte in GesmbH sind die §§ 29-33 das GmbH-Gesetzes (GmbHG).
Ein Aufsichtsrat muss grundsätzlich bestellt werden, wenn das Stammkapital „70 000 Euro“ und die Anzahl der Gesellschafter fünfzig übersteigen, oder die Anzahl der Arbeitnehmer im Durchschnitt dreihundert übersteigt.
Die Regelungen des Aktiengesetzes gelten weitgehend analog.
Gesetzliche Regelungen in der Schweiz
Das vergleichbare Gremium in der Schweiz ist der Verwaltungsrat.
Gesetzliche Regelungen in anderen Ländern
Vergütung der Aufsichtsräte
Aufsichtsräte erhalten üblicherweise für ihre Arbeit Vergütungen. Die Höhe legt die Hauptversammlung fest. Die Vergütungen schwanken (meist in Abhängigkeit von der Größe des Unternehmens) stark und können erheblichen Beträge ausmachen.
Die Gewerkschaftsvertreter führen den größten Teil ihre Aufsichtsratstantieme im Regelfall an die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung ab.
Freiwillig eingerichtete Aufsichtsräte
Auch Vereine oder andere Organisationen können auf freiwilliger Basis Aufsichtsräte einrichten. Aufgaben, Befugnisse, Zusammensetzung und Wahl richten sich in diesen Fällen nach der Satzung der jeweiligen Organisation.
Geschichte
Mit dem allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuch vom 11. Juni 1870 wird die Einrichtung von Aufsichtsräten bei Aktiengesellschaften im Deutschen Reich zur Pflicht. Jedoch bestanden auch vorher in Aktiengesellschaften Aufsichträte[1].
Zeitschrift: Der Aufsichtsrat
Die monatlich erscheinende Fachzeitschrift "Der Aufsichtsrat" erscheint seit 2003 und richtet sich mir juristischen und betriebswirtschaftlichen Artikeln an Mitglieder von Aufsichtsräten.
Nach eigenen Angaben beträgt die Auflage 2000 Exemplare.
Siehe auch
Literatur
Weblinks
Quellen
- ↑ Mayers Konversationslexikon von 1888, S. 66