Boier
Die Boier (Boii, Bojer) waren ein mächtiges, keltisches Volk in Mitteleuropa. Die ursprünglich aus dem Gebiet Rhein, Main, Donau stammenden Boier siedelten im Gebiet der heutigen Staaten Tschechien, Slowakei, Ungarn und bis auf den Balkan, sowie in Oberitalien. Die italienischen Boier wurden um 200 v.Chr. romanisiert und die nördlichen Boier zur Zeitenwende durch die Markomannen assimiliert.
Ursprünge und Aufteilung
Der Name der Boier lässt sich vermutlich auf eine keltische Bezeichnung für Schläger oder Krieger zurückführen. Belegte Namen sind Boiorix (König der Boier) und Boiodurum (Passau). Die Boier sind beispielsweise auch namensgebend für Böhmen (=Bojer-heim), möglicherweise Bayern („Bajuwaren“=Boii-avari) und Bologna.
Das Ursprungsgebiet liegt zwischen Rhein, Main und Donau. Während der Abwanderung aus diesem Gebiet in der Latenezeit A im 4. Jahrhundert v. Chr. teilte er sich in zwei Gruppen von denen eine nach Norditalien zog und die andere Gruppe nach Böhmen (Boihaemum). Auslöser der Abwanderung war wohl ein vermehrter Druck durch eindringende germanische Stämme.
Italienische Boier
Die italienischen Boier vermischten sich bald mit den dort lebenden Etruskern und Umbrern. Sie machten die etruskische Siedlung Felsina zu ihrem Hauptort Bononia (heute Bologna). Allerdings ist nicht bekannt über welche Route der Teilstamm nach Italien wanderte. Einige Historiker wie z.B. Helmut Birkhan nehmen an, dass sie über die Alpen, vielleicht sogar über Hallein wanderten. Wenige andere glauben wiederum, dass die Teilung des Stammes sich erst in Böhmen vollzog bzw. kurz vor der Erreichung dieses Gebiets und die Wanderung über das spätere Noricum und Pannonien nach Illyrien nördlich der Adria und südlich der Alpen durch das Gebiet der Veneter in etruskisches Gebiet geschah.
Wegen des Raummangels bei den keltischen Stämmen Oberitaliens und des Landüberschusses der Etrusker die ihnen trotz des Überschusses davon nichts überlassen wollten kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Dabei wurden die Etrusker von den mit ihnen verfeindeten Römern unterstützt, wobei es auch zu kämpferischen Auseinandersetzungen zwischen einem romanischen Abgesandten und einen keltischen Häuptling kam, der dabei getötet wurde. Über die Einmischung der Römer und der Tötung des Fürsten erbost, sandten die Kelten eine Delegation nach Rom und verlangten die Auslieferung des Römers, was aber Aufgrund des Einflusses dessen Familie der Fabier verweigert wurde. In den Augen der Kelten eine Provokation. So kam es zur Eroberung Roms durch die Semnonen und eventuell auch durch Teile der Boier, Insubrer und Lingonen. Danach siedelten sich die Boier im Gebiet nördlich der Apenninen und südlich des Po bis zur Dreiergabelung des Po an und vermischten sich mit den dort ansässigen Etruskern. Es wurden Fürstengräber mit etruskischen Rüsungselementen und keltischer Bewaffnung gefunden. Die kulturelle Vermischung prägte auch die Ligurer und durch den Handel mit den nördlich der Alpen gebliebenen Boiern gelangten Handelsgüter - wie Fiebeln, etc. die die Vermischung der beiden Kunststiele aufwiesen - in böhmische Keltengräber.
Die Vernichtung der Semonen war ein Anlass für die restlichen Stämme einen gemeinsamen Angriff auf Rom zu unternehmen der aber im Fiasko von Telamon endete. Danach wurden die Boier, dann die Insubrer und die anderen Stämme befriedet und romanisiert. Ein gewisser Teil floh wohl zu den Verwandten in Mitteleurpa. 6 Jahre später erhoben sie sich ein letztes Mal unter Hannibal gegen die Romanen, aber nach der Rückkehr des Puniers nach Karthago wurde seine Armee niedergeschlachtet und die Gebiete erneut und ein letztes Mal unterworfen.
böhmische Boier
Die böhmische Gruppe der Boier breitet sich nach Noricum, Pannonien und Gallien aus. Aus ihrem Stammesgebiet werden die Boier im 1. Jahrhundert v. Chr. von Markomannen und Dakern zum Teil verdrängt. Die verbleibenden gingen in den Markomannen und Dakern auf.
In Böhmen hatten sich die Boier bis Südpolen und Südschlesien ausgebreitet, von wo sie im 3. und 2. Jahrhundert v. Chr. von den erstarkenden frühgermanischen Vandalen zurückgedrängt wurden. Auch nach Osten, in die Ebene Ungarns und vielleicht sogar bis nach Rumänien hatten sie sich augebreitet, wo sie aber von den Thrakern aufgehalten und im 2. und 1. Jahrhundert v. Chr. von den keltisierten Dakern zurückgeschlagen wurden. Auch kämpften sie in ihren Gebieten in Niederösterreich, dem nordöstlichen Oberösterreich und dem nördlichen Burgenland gegen die Kimbern, Teutonen und Ambronen und konnten sie erfolgreich abwehren.
Caesar schrieb, dass die Boier, kurz bevor die Helvetier 32.000 Mann von ihnen zur Unterstützung ihrer Auswanderung erhielten, Noreia belagerten. Das lässt darauf schließen, dass sie sich im Ostalpenraum bis in die Steiermark und das südliche Burgenland, vielleicht sogar auf Teile Kärntens und Salzburgs ausgebreitet hatten. Die in der Schlacht von Bibracte besiegten Boier wurden von Caesar wohl in Südfrankreich angesiedelt.
In den letzten beiden Jahrzehnten der Vorchristlichen Zeit wurden die Boier aus dem tschechischem und ostösterreichischem Stammesgebiet nördlich der Donau von den suebischen Markomannen verdrängt und großteils assimiliert. Im westlichen Ungarn und dem Burgenland wurden die Boier unter Boiorix von den Dakern unter Burebista verdrängt, nachdem sie von ihm in einer Schlacht besiegt wurden. Während des Alpenfeldzuges des Tiberius wurden die Boier, neben weiteren 45 Stämmen im rätischen Teil des heutigen Baiern, als einer der letzten unterworfenen Stämme erwähnt. Der Name eines Limes Grenzers um 278 n. Chr. lautet Boius, was sich vom Stamm der Boier ableiten lässt.
Als letztes kommt noch dazu, dass kurz bevor die Markomannen nach Baiern ziehen und sich dort mit anderen germanischen Stämmen zu den Alamannen vereinigen, im hercynischen Wald, der sich zu dieser Zeit von Baiern bis nach Rumänien nördlich der Donau erstreckte, die Boier erwähnt werden. Was vielleicht ein Hinweis darauf ist, dass die Boier weiterhin als ein angesehener, halbautonomer Teilstamm der Markomannen seit ihrer Assimilation weiterbestanden.
Siehe auch: Liste der keltischen Stämme
Quellen
- Gaius Iulius Caesar-De bello gallico
- Tacitus-Germania
- Helmut Birkhan-Kelten
- Franz Ertl-Topographia Norici 1-3
- Peter Conolly-Hannibal und die Feinde Roms
- Janine Fries-Knoblauch-Die Kelten
- Jaques Moreau-Die Welt der Kelten
- MPZ Themenhefte zur Vor- und Frühgeschicht vom niederbayrischen Vorgeschichtsmuseum Landau a.d. Isar: „Das keltische Bayern“