Sexualität des Menschen
Der Begriff Sexualität (von spätlat.: sexualis; aus lat.: sexus Geschlecht) umfasst die Gesamtheit der im Geschlechtstrieb begründeten Lebensäußerungen, Empfindungen und Verhaltensweisen.
Tieren und Pflanzen
Auch bei Tieren und Pflanzen gibt es Sexualität. Sogar Bakterien zeigen sexuelle Phänomene, sie entwickeln so genannte F-Pili, durch die sie Teile des Erbguts austauschen, unabhängig von der Vermehrung, die durch Zellteilung erfolgt. Bei Eukaryonten sind sexuelle Vorgänge dagegen meist mit der Fortpflanzung und Vermehrung gekoppelt. Neben dem Hauptziel der Fortpflanzung -- Sexualität dient dem Austausch von Erbinformationen -- hat Sex teils auch soziale Bedeutung, insbesondere bei Primaten wie dem Menschen und den Bonobos.
Gesellschaft
Menschliche Zivilisationen haben innerhalb ihrer Entwicklung stets Wege der Familienplanung gesucht und beschritten.
Sexualität weist verschiedene Aspekte des geschlechtlichen Miteinanders auf, z.B.: Geschlechtsverkehr, Fortpflanzung, sexuelle Befriedigung, Liebe.
In jeder Gesellschaft oder Kultur gibt es unterschiedliche Auffassungen darüber, was als 'normales' und was als 'unnormales' Sexualverhalten gilt.
In vielen Kulturen wurden und werden folgende Formen der Sexualität mehr oder minder abgelehnt:
- Selbstbefriedigung (Onanie/Masturbation),
- Fetischismus,
- Prostitution,
- Sexualität außerhalb der Ehe
- Vielehe (Polygamie, Polyandrie)
- Gruppensex
- Homosexualität.
Auch Zeiten und Stellungen des Geschlechtsverkehrs sind teilweise gesellschaftlich oder gesetzlich vorgeschrieben bzw. eingeschränkt.
Sadismus und Masochismus (siehe auch BDSM) in extremeren Formen sind bis heute tabuisiert und werden häufig nicht als Teil einer 'normalen Sexualität', sondern als Perversion betrachtet.
Praktiken, bei denen Gewalt von einem der Sexualpartner nicht als Mittel der Befriedigung gesehen oder gewünscht wird und/oder die zwischen nicht einwilligungsfähigen Partnern abläuft, wie z.B. Sex mit Kindern (sexueller Missbrauch von Kindern), Tieren (Zoophilie, Sodomie) oder die Vergewaltigung eines Menschen gelten als abnorm, sind in vielen Staaten verboten und werden mit Freiheitsstrafen belegt. Allerdings ist in einigen Ländern die Vergewaltigung von Frauen aus niederen Schichten durch Männer aus höheren Schichten legal oder straflos.
In Deutschland und Europa gab es lang das [Recht der ersten Nacht] des jeweiligen Landesfürsten nach der Hochzeit, was in dieser Allgemeinheit nur mit Gewalt durchsetzbar war.
Der Inzest, d.h. Sexualität unter verwandten Menschen, hat diverse biologische Nachteile, da die Variabilität der Gene bei so gezeugten Nachkommen abnimmt, die Homozygotie steigt und der Heterosis-Effekt abnimmt. Dadurch wird das Risiko des Ausbruchs von heterozygoten Erbkrankheiten bei den Kindern erhöht. Folglich hat die Natur diverse Vorkehrungen zur Vermeidung von Inzest getroffen. Bei Pflanzen sind das etwa Blüten, die erst nur Pollen produzieren, und danach zur Bestäubung geeignet sind, oder umgekehrt. Bei Tieren und Menschen ist es der Geruchssinn, der genetisch nahe Verwandte "unangenehm" riechen lässt, und folglich Sex zwischen nahen Verwandten vermeidet (siehe [Beitrag bei Quarks). Angesichts dieser biologischen Vorgaben ist das Inzest-Verbot auch in die Gesetzgebung eingegangen.
Generell gibt es drei ethische 'Mindestregeln' für die Sexualität, die in weiten Bereichen gesellschaftlich akzeptiert sind:
- Die sexuellen Handlungen werden von den Sexualpartnern einvernehmlich vorgenommen, d.h. jeder Partner stimmt diesen Handlungen in vollem Bewusstsein über die Konsequenzen und in freier Entscheidung (d.h. ohne Zwang) zu (Konsensualität).
- Durch die sexuelle Betätigung sollten keine bleibenden körperlichen oder seelischen Schäden hervorgerufen werden.
- Durch die sexuelle Betätigung sollten nur dann Kinder gezeugt werden, wenn man für sie die Verantwortung bis zur Selbständigkeit zu übernehmen im Stande ist.
Heute sehen viele Menschen in vielen Ländern der Erde keine Gründe, alte, überlieferte Tabus aufrechtzuerhalten. Für sie dient Sexualität in erster Linie der geschlechtlichen Befriedigung. Ein Mensch mit einem zufriedenstellenden Sexualleben steigert nach dieser Auffassung seine Lebensqualität.
Literatur
- Meyers Lexikonredaktion: Schülerduden Sexualität (1997)
- Erwin Haeberle: dtv-Atlas Sexualität (1998)
- Ernest Bornemann: Lexikon der Liebe. Materialien zur Sexualwissenschaft. 4 Bde. (1978)
- Erwin Haeberle: Die Sexualität des Menschen (1983)
- Masters und Johnson: Liebe und Sexualität (1993)
- Michael Carrera: Sex. Facts, Acts, Feelings (1981; dt. 1982)
- Alex Comfort: Joy of Sex (1972; dt. Freude am Sex, 1976)
- Lonnie Barbach: Welche Farbe hat die Lust? Frauen erzählen ihre erotischen Phantasien (1987)
- Helen Fisher: Anatomie der Liebe (1993)
Aufklärungs- und Unterhaltungsfilme zum Thema 'Liebe' und 'Sexualität'
- Helga (1967; erster Aufklärungsfilm in Deutschland)
- Oswalt Kolle: Dein Mann, das unbekannte Wesen (1968)
- Woody Allen: Was Sie schon immer über Sex wissen wollten (USA 1972)
- Filme von François Truffaut und Eric Rohmer
- Mike Nichols: Die Reifeprüfung (USA 1967; mit Dustin Hofmann)
- Michel Deville: Die Vorleserin (Frankreich 1988)
- Jean-Charles Tacchella: Der kleine Tod der feinen Damen (Frankreich 1990)
Verwandte Themen:
- AIDS
- Aufklärung
- Empfängnisverhütung
- Erotik
- Impotenz
- Pornographie
- Sexualmoral
- Sexualstörungen
- Sexualsymbol
Weitere wichtige Stichworte zum Thema "Sexualität":
Siehe: Wikipedia:Artikel zum Thema Sexualität