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Asamblea Popular de los Pueblos de Oaxaca

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Die Asamblea popular de los pueblos de Oaxaca (deutsch: Volksversammlung der Völker Oaxacas) (kurz APPO) ist eine linksgerichtete mexikanische Organisation, die seit Juli 2006 Teile des Bundesstaates Oaxaca und seiner Hauptstadt Oaxaca de Juárez kontrolliert. Sie ist ein Zusammenschluss aus mehr als 350 Gruppierungen, zu denen Gewerkschaften, Bauern-, Studenten- und Indígenaorganisationen gehören.[1] Ihr Hauptziel ist der Rücktritt des Gouverneurs Ulises Ruiz Ortiz. Bei den Konflikten zwischen APPO, Paramilitärs und Polizei sind bereits etwa 15 Menschen getötet worden, die meisten von ihnen Sympathisanten waren der APPO. [2]

Die Entstehung der APPO

Lage Oaxacas in Mexiko

Im Bundesstaat Oaxaca wurde 2004 Ruiz zum Gouverneur gewählt. Er gehört der Partei der Institutionellen Revolution (PRI) an, die Mexiko von 1929 bis 2000 regierte. Ruiz wird vorgeworfen, durch Wahlbetrug an die Macht gekommen zu sein und den Bundesstaat korrupt zu regieren. Auch weil Oaxaca einer der ärmsten Bundesstaaten Mexikos ist, in dem besonders die indigene Bevölkerung oft in bitterer Armut lebt, verschärften sich die Konflikte und führten zu zahlreichen Protesten von Indígenaorganisationen und anderen sozialen Bewegungen. Am 22. Mai 2006 begann die Lehrergewerkschaft (SNTE) in Oaxaca mit Protesten, um höhere Löhne und bessere Ausstattung der Schulen zu erreichen. Ruiz lehnte Verhandlungen ab und versuchte eine Lehrerversammlung auf dem Hauptplatz von Oaxaca de Juárez gewaltsam aufzulösen. Bei den Auseinandersetzungen schlugen Protestierende und Einwohner die Polizei zurück, die daraufhin mehrere Monate lang die Hauptstadt von Oaxaca nicht mehr betreten konnte. Nach Angaben der Lehrergewerkschaft kamen bei dieser Konfrontation vier Menschen (drei Lehrer und ein Kind) um. Der aus dem Regierungsgebäude vertriebene Gouverneur versuchte daraufhin, den Bundesstaat vom internationalen Flughafen von Oaxaca zu regieren.[3] [4]

Demonstranten und Bevölkerung fürchteten gewaltsame Reaktionen von Bundespolizei, Paramilitärs und dem Militär. Deshalb bildeten soziale Bewegungen, Gewerkschaften, Bauern- und Indiginaorganisationen die APPO. Wie viele Menschen in der APPO organisiert sind und wieviele sie unterstützen, ist schwer abzuschätzen.

Eskalation des Konflikts

Nach dem Rückzug von Polizei und Regierung aus der Hauptstadt Oaxacas errichteten Anhänger der APPO hunderte Barrikaden, um eine Rückkehr solange zu verhindern, bis der Gouverneur Ruiz zurückgetreten ist. Nach der Zerstörung des Protestradios wurden mehrere Radiostationen besetzt, die zur Koordination des Protestes dienten. Die zentrale Radiostation der APPO befindet sich auf dem Gelände der Universität Oaxacas. Sie ist das wichtigste Element in der Koordination des Protestes, da sich weite Teile der Bevölkerung Oaxacas andere Kommunikationsmedien (etwa Telefon und Internet) nicht leisten können.

Am 27.Oktober 2006 starben bei Zusammenstößen zwischen Aufständischen auf der einen und Polizei und Paramilitärs auf der anderen Seite drei Menschen, unter ihnen der US-amerikanische Indymedia Reporter Brad Will. Will, der als Kameramann den Konflikt in Oaxaca dokumentierte, wurde durch zwei gezielte Schüsse getötet. [5]

Straßenschlachten in Oaxaca

Präsident Vicente Fox ordnete daraufhin den Einmarsch der Bundespolizei PFP an, die schnell den Zócalo der Stadt besetzte, andere Teile von Oaxaca de Juárez jedoch nicht unter Kontrolle bekommen konnte. Am 2.November rückte die Polizei zum Universitätsgeläde vor, auf dem sich die strategisch wichtige Radiostation der APPO befindet. Trotz Einsatz von Hubschraubern, Wasserwerfern und Räumfahrzeugen musste sich sich aufgrund des massiven Widerstands der APPO-Anhänger nach einer mehrstündigen Straßenschlacht zurückziehen. Zudem erklärte sich der Rektor der Universität mit der APPO solidarisch und forderte Studenten und APPO auf, die Universität gegen die Bundespolizei zu verteidigen. Nach mexikanischem Recht darf die Polizei nur mit Zustimmung des Rektors das Universitätsgelände betreten.

In der Nacht vom 5. auf den 6.November erreichte der Konflikt durch drei Bombenexplosionen in Mexiko-Stadt eine neue nationale Dimension.[6] Bei den Anschlägen auf die Zentrale der Partido Revolucionario Institucional, auf die nationale Wahlbehörde und eine Bankfiliale wurden jedoch keine Menschen verletzt. Mittlerweile haben sich fünf Guerillagruppen zu diesen Anschlägen bekannt und erklären, damit den Widerstand gegen Ruiz unterstützen zu wollen. Die APPO hat sich hingegen von derartigen Aktionen distanziert und betont, eine friedliche Bewegung zu sein.

Bedeutung in Mexiko

Die Aktionen der APPO fallen in eine politisch labile Zeit und werden in ganz Mexiko aufmerksam verfolgt und besonders wegen der Todesopfer durch die Polizei kontrovers diskutiert. Am 2. Juli 2006 unterlag der linke Präsidentschaftskandidat Andrés Manuel López Obrador dem Kandidaten der Regierungspartei Partido Acción Nacional de México (PAN), Felipe Calderón. López Obrador und seine Anhänger werfen Calderón jedoch Wahlbetrug vor. Folglich kündigte López Obrador die Gründung einer Gegenregierung an. Vertreter des PAN fürchten, dass eine erfolgreiche Absetzung des Gouverneurs Ruiz die Sache Obradors stärken könnte. Calderón ist außerdem auf die Stimmen von Ruiz' Partei PRI im Kongress angewiesen.

Die mexikanischen Massenmedien berichten überwiegend kritisch über die APPO, die Besetzung der Stadt wird als illegal kritisiert, zudem wird auf wirtschaftliche Schäden und Zerstörungen in der Altstadt hingewiesen. Aktive Unterstützung erhält sie dagegen aus dem linken und linksliberalen Spektrum, etwa von der Zeitung La Jornada und mittlerweile auch von dem gescheiterten Präsidentschaftskandidaten Obrador. Für die meisten Toten werden rechte, paramilitärische Einheiten verantwortlich gemacht. Es wurde auch ein Lehrer umgebracht, der dem Streik kritisch gegenüber stand. Während Ruiz die APPO für diesen Mord verantwortlich macht, weist diese jede Verantwortung zurück. Sie erklärt, dieser Mord sei Teil einer Eskalationsstrategie Ruiz', der das Eingreifen des Militärs in Oaxaca erreichen wolle.[7]

Gelegentlich werden Parallelen zwischen der APPO und den Zapatisten gezogen, die 1994 im benachbarten Bundesstaat Chiapas aufstanden und seitdem Teile des Landes kontrollieren. In Oaxaca und Chiapas ist der Anteil an indigener Bevölkerung sehr hoch, welche die Protestbewegungen wesentlich trägt. Im Gegensatz zu den Zapatisten, die einen militärischen und einen zivilen Arm haben, versteht sich die APPO als rein friedliche Bewegung. Dennoch ist eine verstärkte Zusammenarbeit möglich, da die Zapatisten sich im Rahmen der anderen Kampagne um eine landesweite, außerparlamentarische Opposition bemühen.

Internationale Beachtung

Die internationalen Medien berichteten zunächst nur zögerlich über die Ereignisse in Oaxaca, wobei die Kommentare überwiegend neutral bis verständnisvoll waren.[8] Seit der Ermordung eines US-amerikanischen Journalisten und dem Einmarsch der Bundespolizei hat das Medieninteresse zugenommen. Allerdings wird noch immer von verschiedenen Seiten eine zu geringe internationale Beobachtung beklagt. [9]

Nach der zunehmenden Eskalation des Konflikts kam es in vielen Städten in Europa und Amerika zu Protesten, darunter auch in Berlin, Hamburg und München. Am 3. November wurde zudem ein offener Brief zur Unterstützung der APPO und der Proteste veröffentlicht. Zu den Unterzeichnern gehören Noam Chomsky, Eduardo Galeano, Michael Hardt, Naomi Klein, Michael Moore, Antonio Negri, Arundhati Roy, Starhawk und Howard Zinn.[10]

Quellen

  1. taz, 05.10.06 [1]
  2. Reuters 7.11.06 [2]
  3. La Jornada, 12.08.06, spanisch.
  4. Der Standard, 13.10.06 [3].
  5. Tagesschau 1.11.2006 [4]
  6. El Universal, 6.11.06 [5]
  7. Washington Post 07.10.06 [6].
  8. etwa die Tagesschau [7], der Standard [8], die BBC [9] oder die New York Times [10].
  9. San Jose Mercury News, 6. 11.06 [11]
  10. Letter In Support Of The People Of Oaxaca